Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 34 – Yudhishthiras Antwort

Nach diesen Worten Bhimas meisterte der hochbeseelte König Ajatacatru (einer ohne Feinde, Yudhishthira) seine Geduld und blieb fest in der Wahrheit verwurzelt. Nach einigen Augenblicken sprach er zu Bhima:
Kein Zweifel, oh Bharata, all dies ist wahr. Ich kann dich nicht rügen, weil du mich mit scharfen Worten quälst. Denn nur wegen meiner Torheit ist dieses Leid über dich gekommen. Ich warf die Würfel, um Dhritarashtras Sohn sein Königreich nebst Herrschaft wegzunehmen. Deswegen hatte ich auch den gerissenen Shakuni im Auftrag von Suyodhana („dur“ impliziert böse oder schlecht, Yudhishthira nennt Duryodhana oft Suyodhana, d.h. ein fair kämpfender Krieger) als Gegenspieler. Shakuni kommt aus den Bergen und ist äußerst trickreich. Vor allen versammelten Königen besiegte er mich in jeglicher List Unerfahrenen auf ganzer Linie. Und so überkam uns diese Misere, oh Bhimasena. Ich konnte meinen Geist kontrollieren, als ich sah, wie die Würfel in geraden und ungeraden Zahlen den Wünschen von Shakuni folgten. Denn Ärger treibt die Geduld davon. Oh Bruder, der Geist kann nicht unter Kontrolle gehalten werden, wenn er von Arroganz, Eitelkeit oder Hochmut beeinflußt wird. Ich tadele dich nicht für deine Worte, oh Bhima. Ich denke lediglich, daß vorbestimmt war, was uns geschieht. Als König Duryodhana unser Reich begehrte, uns ins Elend stürzte und sogar in die Sklaverei, da rettete uns Draupadi aus der Not. Doch erneut wurden wir in die Versammlung berufen, und du weißt genausogut wie Arjuna, was Duryodhana vor allen Bharatas zu mir sagte.

Seine Worte waren:
Prinz Ajatacatru, wenn du verlierst, wirst du mit all deinen Brüdern für zwölf Jahre im Dschungel leben, wo es dir beliebt und allen Menschen bekannt. Das dreizehnte Jahr wirst du verborgen leben. Wenn dich im letzten Jahr die Spione der Bharatas entdecken, wirst du noch einmal zwölf Jahre öffentlich im Walde und ein Jahr heimlich verbringen. Überleg es dir erst, und dann versprich es einzuhalten. Dafür verspreche ich in dieser Versammlung aufrecht, daß wenn du unerkannt von meinen Spionen die Zeit verbringen kannst, dann ist dieses Königreich der fünf Flüsse wieder dein. Wenn wir verlieren, werden wir unseren Reichtum aufgeben und unter denselben Bedingungen ins Exil gehen.

Und ich antwortete ihm vor allen Kurus: „So sei es.“ Und das elende Spiel nahm seinen Lauf. Wir wurden besiegt und ins Exil geschickt. Nun wandern wir kummervoll und verdrießlich von einem Wald zum andern. Doch Duryodhana ist keine Zufriedenheit beschieden. Er gibt sich dem Ärger hin und drängt seine Gefolgsleute, ihre Freude über unser Leid auszudrücken. Doch wer einen Eid inmitten guter Menschen auf sich nahm, kann es nicht wagen, diesen für ein Königreich auf Erden zu brechen. Für einen ehrbaren Menschen ist wohl der Tod einfacher, als sich die Herrschaft mittels eines Verstoßes zu sichern. Während des Spiels wolltest du meine Hände verbrennen. Arjuna hielt dich zurück, und du riebst nur deine Hände aneinander. Wenn du damals deinem Wunsch gefolgt wärst, hätte uns diese Misere dann befallen können? Du warst dir immer deines Heldenmutes bewußt, oh Bhima. Warum hast du nicht vor der Vereinbarung so gesprochen wie eben? Wir tragen nun die Konsequenzen unseres Versprechens. Wozu jetzt, nach so langer Zeit, die groben Worte?

Ach Bhima, mein großer Kummer ist, daß wir nichts tun konnten, als Draupadi so bedrängt wurde. Mein Herz brennt, als ob ich Gift getrunken hätte. Doch ich habe mein Versprechen gegeben und kann es jetzt nicht brechen. Warte auf die Rückkehr besserer Tage, oh Bhima, wie der Drescher auf die Getreideernte. Wer beleidigt wurde und es schafft, an seinem Feind Rache zu nehmen, wenn dessen Feindschaft Blüten und Früchte trägt, dann hat er eine große Tat vollbracht und gewinnt sich unsterblichen Ruhm. Auch erhält er großen Wohlstand, so sagt man. Seine Feinde verbeugen sich vor ihm. Und seine Freunde scharen sich um ihn, wie die Himmlischen um Indra zu seinem Schutze. Doch wisse, oh Bhima, mein Versprechen kann niemals unwahr werden. Ich erachte die Tugend höher als das Leben selbst und als einen gesegneten Zustand himmlischer Existenz. Königreiche, Söhne, Ruhm und Reichtum - sie alle kommen nicht an den sechzehnten Teil der Wahrhaftigkeit heran.


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