Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 33 – Bhimas Rede

Während Bhima den Worten Draupadis aufmerksam zugehört hatte, spürte er Zorn in sich. Er seufzte schwer und wandte sich an den König.

Bhima sprach:
Begib dich auf den Pfad, oh Monarch, den gute Männer wegen ihrer Königreiche schon vor dir gegangen sind. Was gewinnen wir schon, wenn wir hier im Asyl der Asketen leben, getrennt von Dharma, Artha und Kama? Nicht mit Tugend, Ehrlichkeit oder Macht hat Duryodhana uns unser Königreich weggeschnappt, sondern durch unfaire Würfel. Wie ein schwacher Schakal, der sich die Innereien aus den Mahlzeiten der gewaltigen Löwen stiehlt, kam er zu unserem Reich! Warum, oh Monarch, verzichtest du um des unwichtigen Verdienstes aus der Einhaltung eines Versprechens willen auf Reichtum, welcher die Quelle für Tugend und Vergnügen ist? Du leidest so sehr darunter, diesem Verspechen gehorsam zu folgen. Wegen deiner Unachtsamkeit, oh König, wurde uns das Königreich vor unser aller Augen weggenommen, obwohl der Träger von Gandiva es beschützte und nicht einmal Indra es ihm aus der Hand hätte reißen können. Wegen dir wurde uns das Reich gestohlen, obwohl wir am Leben sind, wie einem Armlosen die Früchte und einem Beinlosen das Vieh gestohlen werden kann. Du bist dem Ansammeln von Tugend treu ergeben. Nur um dich zu erfreuen, oh Bharata, ließen wir die Wellen der Katastrophe über uns zusammenschlagen. Oh Bulle des Bharata Geschlechts, nur weil wir Diener unter deiner Kontrolle sind, zerreißen wir die Herzen der uns Wohlgesinnten und erfreuen unsere Feinde. Nur aus Gehorsam zu dir, ließen wir davon ab, die Söhne Dhritarashtras zu töten, und diese närrische Unterlassung ärgert mich zutiefst. Deine Behausung hier in den Wäldern, wie die von einem wilden Tier, ist ein Ort, den nur schwache Männer erdulden. Ich bin mir sicher, kein Mann von Macht würde jemals solch ein Leben führen. Dein Lebensweg wird weder von Draupadi, Arjuna, Abhimanyu, den Srinjayas, von mir noch von den Söhnen der Madri gelobt. Von deinen Gelübden geplagt rufst du nach Religion!
Religion! Hat dich das Elend deiner Männlichkeit beraubt? Nur Feiglinge, die sich ihren Reichtum nicht zurückerobern können, loben die Verzweiflung, doch sie ist fruchtlos und zerstörerisch. Du hast Vollkommenheit und Augen. Du siehst, daß in uns Heldentum lebt. Nur, weil du ein Leben in Frieden angenommen hast, fühlst du nicht dieses Leid. Die Söhne von Dhritarashtra denken, daß wir völlig unfähig sind, weil wir vergeben. Und das, mein König, bekümmert mich mehr als der Tod in der Schlacht. Und wenn wir alle im gerechten Kampf stürben, ohne dem Feind den Rücken zuzukehren, wäre das um Vieles besser als dieses Exil, denn im Kampf gewinnen wir uns in der anderen Welt die glückseligen Bereiche. Außerdem wäre es den Versuch wert, sie alle zu schlagen und anschließend im Wohlstand über die ganze Erde zu herrschen. Wer an den Bräuchen unserer Kaste hängt, sich große Taten wünscht und Beleidigungen rächen möchte, fühlt sich an diese Pflicht gebunden. Wem das Königreich geraubt wurde, sollte sich in die Schlacht stürzen, denn solche Tat wird in der Welt bekannt und bringt Ruhm und nicht Verleumdung.

Oh König, die Tugend, welche einen selbst und Freunde und Familie quält, ist in Wahrheit keine Tugend. Sie ist eher ein Laster, welches noch mehr Leid bringt. Tugend ist manchmal auch die Schwäche eines Menschen. So kann er sich manchmal noch so sehr in der Tugend üben, doch wahre Tugend und Wohlstand bleiben aus, wie Freude und Leid einen Toten nicht heimsuchen. Wer Tugend um der Tugend willen übt, leidet und kann wahrlich nicht weise genannt werden, denn den eigentlichen Sinn von Tugend kennt er nicht, wie ein Blinder das Sonnenlicht nicht sieht, oder wie jemand den Sinn des Reichtums nicht kennt, wenn er der Meinung ist, daß Reichtum nur für ihn allein existiert. Er gleicht einem Diener, der im Wald Kühe hütet. Wer dem Reichtum (Artha) zu sehr verfallen ist, ohne an Tugend (Dharma) und Freude (Kama) zu denken, der verdient Tadel und Züchtigung von allen Menschen. Wer allerdings nur der Freude und nicht auch Tugend und Wohlstand folgt, der verliert seine Freunde ebenso wie Tugend und Wohlstand. Dieser Mensch wird am Ende seines Schwelgens auf sichere Vernichtung treffen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Deshalb achten die Weisen sorgfältig auf sowohl Tugend als auch Reichtum, denn nur die Verbindung der beiden ist die nötige Grundlage für Freude, wie das Öl die Grundlage für Feuer ist. Freude hat immer Tugend zur Wurzel, und die Tugend verbindet sich mit der Freude. Wisse, oh Monarch, die beiden hängen voneinander ab wie der Ozean und die Wolken. Denn der Ozean bildet die Wolken, und die Wolken füllen den Ozean. Das Glück, das man spürt, wenn man etwas berührt oder besitzt, wird Freude (Kama) genannt. Sie existiert im Geist und hat keine körperliche Existenz, die man vielleicht sehen könnte. Wer sich Reichtum wünscht, sucht auch nach großer Tugend, um seinen Wunsch mit Erfolg zu krönen. Wer sich Freude wünscht, sucht auch nach Reichtum (um seinen Wunsch zu erfüllen). Doch Freude liefert nichts weiter. Eine Freude kann nicht zur nächsten führen und Früchte tragen, wie man zwar Asche aus Holz gewinnt, doch nichts weiter aus Asche. Oh König, wie ein Jäger die Vögel, so tötete die Sünde die Kreaturen der Welt. Wer also von der Begierde nach Freude verleitet nicht das Wesen der Tugend erkennt, verdient es, von allen geschlagen zu werden und wird zum Lumpen in dieser und der nächsten Welt. Es ist offensichtlich, oh König, daß du weißt, daß die Freude aus dem Besitz vieler schöner Dingen kommen kann. Du kennst auch ihre gewöhnlichen Erscheinungen so wie die großen Veränderungen, denen sie unterliegen. Ihr Verlust oder ihr Zerfall mit dem Alter oder dem Tod verursacht das, was Leiden genannt wird. Solches Leid hat uns nun übermannt, oh König. Das Glück, das aus den fünf Sinnen, dem Herzen und dem Intellekt kommt, wird Freude (Kama) genannt. Und diese Freude, oh König, ist eine der besten Früchte unserer Taten (als Menschen), so meine ich.

In dieser Reihenfolge sollte man auf Tugend, Wohlstand und Freude (Dharma, Artha, Kama) achten, oh Monarch. Man sollte sich nicht einzig und allein der Tugend widmen, noch Reichtum als höchstes Gut erachten oder das Vergnügen. Alle drei sind zu verfolgen. Die Schriften sagen, man sollte Tugend am Morgen üben, Reichtum am Mittag und Vergnügen am Abend. Sie sagen auch, daß man das Vergnügen im ersten Teil des Lebens suchen sollte, den Wohlstand im zweiten Teil und die Tugend zuletzt. Deshalb teilen die Weisen ihre Zeit überlegt zwischen den Dreien auf, oh du bester Redner. Überlege es sorgfältig, oh Sohn des Kuru Geschlechts, ob nun der Verzicht von den Dreien oder das Streben nach allen Dreien besser ist, um glücklich zu sein. Und wenn du es entschieden hast, dann handle ohne zu zögern: Erringe oder verbanne die Drei, oh König. Denn wer sich zwischen den beiden Möglichkeiten nicht entscheiden kann und hin- und herschwankt, führt ein elendes Leben. Es ist allseits bekannt, daß dein Betragen immer von der Tugend gelenkt wird. Wir, deine Freunde, wissen das und raten dir zur Tat. Gaben, Opfer, Respekt für die Weisen, Studium der Veden und Ehrlichkeit sind die höchsten Tugenden und wirken heilsam in dieser und der nächsten Welt. Doch, oh Tiger unter den Männern, sie können nicht von einem angewandt werden, der keinen Reichtum hat, mag er auch viele andere Fähigkeiten haben. Das ganze Universum hängt von Tugend ab. Nichts ist höher. Doch Tugend, oh König, wird nur von einem erlangt, der genügend Wohlstand hat. Und Wohlstand kann nicht gewonnen werden, indem man das Leben eines Bettlers oder ein Leben der Schwäche führt. Wohlstand erlangt man, wenn Tugend die Intelligenz anführt. In deinem Fall, mein König, ist Betteln nicht angebracht, denn dies führt nur für Brahmanen zum Erfolg.

Drum strebe nach dem Gewinn von Wohlstand, indem du Macht und Energie beweist. Weder ein Leben als Bettelmönch noch als Shudra ist geeignet für dich. Macht und Energie machen die Tugend für Kshatriyas aus. So folge der Tugend deiner Kaste und schlage deine Feinde. Vernichte die Macht von Dhritarashtras Sohn mit meiner und Arjunas Hilfe, oh Sohn der Pritha. Die Weisen bestätigen es: Souveränität ist Tugend. Erwirb Souveränität, denn es ziemt sich nicht für dich, ein niederes Leben zu leben. Erwache, mein König, und erkenne die ewigen Tugenden. Per Geburt gehörst du zu einer Klasse, deren Taten gewaltsam und für Menschen eine Quelle von Schmerz sind. Beschütze damit deine Untertanen und ernte die Früchte dafür. Dies kann niemals getadelt werden. Es ist die Pflicht, welche Gott der Kaste zuteilte, der du angehörst. Wenn du davon abfällst, wirst du dich lächerlich machen. Das Abweichen von den Pflichten der eigenen Kaste wird niemals gelobt. So halte dein Herz im Einklang mit der Klasse, zu der du gehörst, wie es sein sollte. Wirf diese Schwäche ab, sammle deine Energien und trage deine Last wie ein Mann. Kein König kann die Herrschaft über die Erde, Wohlstand oder Reichtum nur durch Tugend erreichen, oh Monarch. Wie ein Vogelfänger seine Nahrung fängt, indem er leckere und leichte Bissen verteilt, um ganze Schwärme einzufangen, so gewinnt sich ein kluger König schwache und habgierige Feinde mit Bestechung. Erinnere dich, oh Bulle unter den Königen, wie die älteren, reicheren und mächtigeren Dämonen von den Göttern durch Taktik besiegt wurden. Alles, oh König, gehört den Mächtigen. So töte deine Feinde, du Starkarmiger, und nutze die Taktik. Niemand gleicht Arjuna im Bogenkampf, und schwingt die Keule so wie ich. Starke Männer vertrauen auf ihre Macht im Kampf und nicht so sehr auf die Kraft der Zahlen oder die Informationen der Spione über die Pläne des Feindes. So übe deine Macht aus, oh Sohn des Pandu. Macht ist die Wurzel von Reichtum, und nichts sonst, egal was andere darüber sagen. Wie der Schatten eines Baumes im Winter nichts nützt, so wird alles fruchtlos ohne Macht. Wünscht man sich mehr Reichtum, sollte man ihn verwenden, wie man Samen auf die fruchtbare Erde streut. Zweifle nicht daran, oh Sohn der Kunti. Und wo man ihn nicht mehr vermehren kann, sollte man ihn nicht verwenden. Denn Reichtum zu verschleudern ist wie sich am Hinterteil kratzen: angenehm zu Beginn, doch später schmerzhaft. So werden auch die als weise angesehen, die ein wenig ihrer Tugend wie Samen ausstreuen, um ihre Tugend damit zu vermehren.

Es ist zweifellos, wie ich sage, oh König der Menschen. Weise Menschen entfremden die Freunde ihres Feindes, bis sie ihn verlassen, und geschwächt bringen sie ihn dann unter ihre Herrschaft. Die Starken vertrauen auf ihren Mut in der Schlacht. Ohne Mut können auch ständige Bemühungen oder alle Künste der Versöhnung nicht zuverlässig ein Königreich unterwerfen. Manchmal vereinen sich die Schwachen und können in der Menge einen starken Feind schlagen, so wie Bienenschwärme den Honigdieb vertreiben. Oh König, nimm die Natur der Sonne an, die mit ihren Strahlen die Kreaturen sowohl erhält als auch vernichtet. Das Königreich und sein Volk zu beschützen, wie es unsere Ahnen taten, ist auch eine Art der Askese. Durch andere Askese kann ein Kshatriya nicht die Regionen der Glückseligkeit erlangen, wie durch fairen Kampf, ob er nun in Sieg oder Niederlage endet. Im Angesicht deines Leids, oh König, kam die Welt zu der Schlußfolgerung, daß das Licht die Sonne und die Anmut den Mond verlassen könnte, (aber niemals du deine Tugend). Die guten Menschen, ob in Versammlung oder allein, loben dich und tadeln die anderen (Duryodhana usw.). Und noch viel mehr sprechen die Kurus und die Brahmanen freudig über deine Beständigkeit in der Wahrheit, denn du hast niemals aus Unwissenheit, Gemeinheit, Habsucht oder Angst ein unwahres Wort gesprochen. Wenn ein König eine Sünde beging während er sein Reich ausbaute, so wird diese Sünde später in großen Opfern mit reichen Almosen gesühnt. Wie der Mond die Wolken hinter sich läßt, so wird ein König von allen Sünden gereinigt, wenn er den Brahmanen Häuser und Kühe schenkt. Nahezu alle Bürger des Landes, ob jung oder alt, preisen dich, oh Yudhishthira. Sie sagen zueinander, daß die Herrschaft in Duryodhana wie die Milch in einer Hundehaut, wie die Veden in einem Shudra, wie die Aufrichtigkeit in einem Räuber oder die Stärke in einer Frau sei. Sogar die Kinder und Frauen wiederholen dies ständig, als ob es eine Lektion sei, die sie in Erinnerung behalten möchten.

Oh du Feindebezwinger, du fielst mit uns in diesen Status herab. Mit dir sind auch wir in diesem Elend verloren. So besteige deinen wohlausgestatteten Wagen, laß die Brahmanen dich segnen und marschiere noch heute nach Hastinapura, damit du den Brahmanen die Schätze deines Sieges übergeben kannst. Deine Brüder sind heldenhaft, in allen Waffen geübt und so tödlich wie giftige Schlangen. Sie stehen an deiner Seite. So marschiere los wie der Vernichter von Vritra mit seinen Maruts. Oh Sohn der Kunti, du bist mächtig. So zermürbe den schwachen Feind wie Indra die Dämonen, und hol dir von Duryodhana die Schätze wieder, an denen er sich jetzt erfreut. Kein Sterblicher kann die Berührung der Pfeile ertragen, die mit Geierfedern geschmückt sind, dem Gift der Schlagen gleichen und von Gandiva abgeschossen wurden. Es gibt keinen Krieger, keinen Elefanten und kein Pferd, was den Schwung meiner Keule ertragen könnte, wenn ich in der Schlacht erzürne. Warum, oh Sohn der Kunti, sollen wir nicht mithilfe der Srinjayas, Kaikeyas und Vrishni Helden unser Königreich vom Feind zurückgewinnen? Warum sollten wir nicht siegreich sein, uns die Herrschaft über die Erde wiederzuholen, die nun in den Händen des Feindes ist, wenn wir es nur versuchen?


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