Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 35 – Bhimas Antwort

Bhima erwiderte:
Oh König, wir sind ohne Substanz wie Schaum, instabil wie fallende (reife) Früchte, abhängig von der Zeit und sterblich. Du gingst eine Vereinbarung ein, die sich auf die Zeit bezieht, welche unendlich und unermeßlich ist, schnell vorüberzieht wie ein Pfeil, alles vor sich her treibt und dem Tode gleicht. Wie kannst du meinen, sie sei für dich greifbar? Wie kann einer warten, oh Sohn der Kunti, dessen Leben jeden Moment kürzer wird, wie ein Berg Sand, von dem Krümel für Krümel schwindet? Nur der kann auf den rechten Moment warten, dessen Lebensspanne unbegrenzt ist, oder der sicher um die Länge seiner Jahre und die Zukunft weiß. Wenn wir die dreizehn Jahre warten, oh König, verkürzt dies unsere Lebensspanne und bringt uns näher an den Tod heran. Der Tod ist jedem Wesen mit einer körperlichen Existenz sicher. Wir sollten um den Besitz unseres Königreichs kämpfen, bevor wir sterben. Wer keinen Ruhm erlangt, weil er nicht den Feind verfolgt, ist wie ein unreines Wesen. Er belastet sinnlos die Erde und vergeht glanzlos. Der Mensch, der aus Schwäche und Feigheit seinen Feind verschont, lebt vergebens. Ich erachte so jemanden für unedel. Deine Hände können Gold regnen lassen. Dein Ruhm hat sich über die ganze Erde verbreitet. Oh vernichte deine Feinde in der Schlacht und erfreue dich am Reichtum, den die Kraft deiner Arme dir bietet. Wird ein Verbrecher aus Strafe getötet, dann wird ihm die Hölle, in die er eingehen müßte, zum Himmel.

Oh Feindebedränger, der Schmerz, den einer fühlt, wenn er seinen Zorn unterdrücken muß, brennt heißer als Feuer. Ich brenne so sehr, daß ich weder am Tag noch in der Nacht Schlaf finden kann. Dieser Sohn der Pritha, Arjuna, ist der Beste im Spannen der Bogensehne. Auch er brennt sicherlich vor Kummer, denn er lebt hier wie ein Löwe im Käfig. Er sehnt sich danach, ganz ohne die Hilfe anderer Bogenschützen die Feinde zu schlagen, und der Zorn, den er in seiner Brust unterdrückt, erhebt sich wie ein mächtiger Elefant. Nakula, Sahadeva und die gealterte Kunti, diese Mutter von Helden – sie sind alle ganz benommen, weil sie dich glücklich sehen möchten. Auch alle unsere Freunde möchten dir helfen. Nur ich allein und Draupadi sprechen zu dir, weil wir vor Kummer brennen. All meine Worte sind den anderen angenehm, denn sie alle wünschen sich die Schlacht, tief in Leid versunken, wie sie sind. Oh älterer Bruder, oh Monarch, was kann uns Schlimmeres und Dümmeres passieren, als daß schwache und verächtliche Feinde uns das Königreich wegnehmen und sich daran erfreuen? Deine Neigung zur Vergebung läßt dich Scham über einen gebrochenen Eid fühlen. Doch niemand applaudiert dir für die Schmerzen, die dein freundliches Auftreten bringt. Will dein Verstand nicht die Wahrheit sehen, wie jene unwissenden und törichten Hochgeborenen, denen zwar die Worte der Veden im Gedächtnis weilen, doch ohne deren Sinn zu erkennen? Du bist so sanft wie ein Brahmane. Wie konntest du nur in die Kshatriya Kaste geboren werden? Wer als Kshatriya geboren wird, hat meistens ein betrügerisches Herz. Du hast die Pflichten von Königen gehört, wie sie Manu einst verbreitete. Sie sind voller Trug, Ungerechtigkeit und Regeln, welche Frieden und Tugend entgegenstehen. Warum vergibst du den hinterhältigen Söhnen von Dhritarashtra? Du bist klug, heldenhaft, gelehrt und edel. Warum, oh Tiger unter den Männern, handelst du nicht nach deinen Pflichten, sondern ruhst wie eine große, träge und unbewegliche Schlange?

Wer uns verbergen will, möchte die Berge des Himavat mit einer Handvoll Gras verdecken. Oh Sohn der Pritha, wisse, du bist über alle Grenzen hinaus bekannt. Du wirst niemals unerkannt bleiben, wie die Sonne den Menschen nicht verborgen bleibt auf ihrem Weg durch den Himmel. Und wie sollte Arjuna unerkannt bleiben? Gleicht er doch einem großen Baum in gutem Boden mit weit ausladenden Zweigen, Blüten und Blättern. Er ist so groß wie Indras Elefant! Wie sollten diese Jünglinge, die Brüder Nakula und Sahadeva, die sich gleichen wie zwei junge Löwen, jemals im Geheimen leben? Wie soll dies mit der schönen Draupadi gelingen, dieser Prinzessin und Mutter von Helden, die überall in der Welt bekannt ist? Und ich, mein König, jeder kennt mich, seit meiner Kindheit an. Ich sehe nicht, wie ich mich verbergen könnte. Genausogut könnte man den Berg Meru verstecken wollen. Viele Könige wurden von uns aus ihrem Königreich vertrieben. All diese Könige und Prinzen werden dem üblen Duryodhana folgen, denn beraubt und ins Exil verbannt hegen sie keine freundlichen Gefühle für uns. Sie werden uns verletzen und Dhritarashtra gefallen wollen. Ich bin mir sicher, daß sie viele verkleidete Spione auf uns hetzen werden. Wenn die uns entdecken und ihre Nachricht verbreiten können, droht uns große Gefahr (im dreizehnten Jahr).

Wir haben nun schon für volle dreizehn Monate im Wald gelebt. Betrachte doch einfach die Monate für Jahre, mein König. Selbst die Weisen sagen, daß man einen Monat wie ein Jahr zählen kann, so wie man Putika (ein kräftigendes Gemüse) als Ersatz für Soma nehmen kann. Selbst (wenn du deinen Eid brechen solltest), kannst du dich von dieser Sünde reinigen, indem du einem sanften Bullen, der heilige Lasten trägt, reiche Kost anbietest. So entschließe dich, oh König, deine Feinde zu schlagen. Es gibt keine höhere Tugend für einen Kshatriya als die Schlacht.


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