Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 193 - Über das gute Verhalten

Yudhishthira sprach:
Oh Großvater, ich denke, du kennst dich auf allen Gebieten aus, oh Pflichtkundiger. So wünsche ich, oh Sündenloser, deine Belehrung über die Gebote des guten Verhaltens zu hören.

Bhishma sprach:
Mit unheilsamem Verhalten, schlechten Taten, übelgesinntem Verstand und unmäßiger Überstürztheit gilt man als ein schlechter Mensch. Die sogenannten Guten sind durch die Reinheit ihres Verhaltens und ihrer Methoden ausgezeichnet. Gute Menschen können sich zügeln und werden ihre Notdurft nie auf öffentlichen Straßen, in Kuhställen oder Kornfeldern verrichten. Wenn das Tagewerk vollbracht ist, werden sie ihre Waschungen in Flüssen durchführen und die Götter mit den Opfergaben des Wassers befriedigen. Das gilt als Aufgabe aller Menschen. Surya (der Sonnengott) sollte stets verehrt werden und nach dem Sonnenaufgang möge man nicht mehr schlafen. Am Morgen und Abend sollten die Gebete mit dem Gesicht nach Osten bzw. Westen gesprochen werden. Die fünf Glieder (Hände, Füße und Gesicht) gereinigt, sollte man schweigsam mit dem Gesicht nach Osten essen. Man sollte die vorgesetzte Nahrung nie gering achten und das Schmackhafte genießen. Nach dem Essen möge man die Hände waschen (bzw. etwas Wasser in die Hand gießen, den Mund spülen und ausspucken) und sich erheben. Man sollte auch des Nachts nie mit nassen Füßen schlafen gehen. Dies hat der himmlische Rishi Narada als Merkmale von gutem Verhalten beschrieben. Man sollte jeden Tag einen heiligen Platz (rechtsherum) umrunden, einen Ochsen, ein heiliges Bild, eine Kuhherde, eine Kreuzung, wo sich vier Wege treffen, einen frommen Brahmanen oder einen heiligen Baum. Bezüglich des Essens sollte man nicht zwischen Gästen, Angestellten und Angehörigen unterscheiden. Dieser Respekt für die Diener wird gelobt. Nach der göttlichen Ordnung sollte man am Morgen und Abend essen (zweimal täglich). Zwischenmalzeiten sind nicht geboten. Wer gemäß dieser Regel ißt, erwirbt das Verdienst eines Fastenden. Wer zur rechten Zeit die Opfergaben ins heilige Feuer gießt und seine Ehefrau nur in ihrer fruchtbaren Phase besucht, ohne die Frauen anderer zu begehren, der sammelt das Verdienst von Brahmacharya. Die Reste, nachdem man Götter und Brahmanen genährt hat, sind dem Amrit, dem Nektar der Unsterblichkeit, ähnlich. Die Leute schätzen diese Reste hoch. Die Guten, welche sich von diesen Resten ernähren, gelangen zu Brahma. Wer Lehmziegel klopft (für Opferaltäre), heiliges Gras schneidet (für das Opferfeuer), mit seinen Fingern ißt und von den Resten der Opfergaben lebt, der wird durch Vertrauen und Hingabe diese Welt bald überwinden. Wer dem Fleischessen entsagt hat, sollte auch kein Fleisch essen, selbst wenn es im Opfer mit Mantras geheiligt wurde. Auch sonst sollte man jedes unreine Fleisch vermeiden, das nicht mit dem Opfergedanken geschlachtet wurde (sondern aus Begierde, Gewinnsucht usw.). Ob zu Hause oder in fremden Ländern, niemals sollte man einen Gast hungern lassen. Alle Geschenke oder den Lohn aus tugendhaften Taten sollte man zuerst seinen Eltern und Lehrern widmen. Man sollte ihnen Sitze anbieten und sie mit Ehrfurcht grüßen. Indem man die Älteren verehrt, erreicht man ein langes Leben, Ruhm und Wohlstand.

Wie die aufgehende, grelle Sonne, so sollte man auch keine nackte Frau anstarren. Die Begattung seiner Ehefrau (in ihrer fruchtbaren Zeit) ist keine Sünde, aber eine Tat, die man im Verborgenen tun sollte. Das Herz aller heiligen Orte und Schreine ist der geistige Lehrer. Das Herz aller reinen und reinigenden Dinge ist das Opferfeuer. Und rein sind alle Handlungen eines guten und tugendhaften Menschen, selbst wenn er den Schwanz einer Kuh berührt. Überall, wo man andere trifft, sollte man sich höflich nach ihrem Wohl erkundigen und jeden Morgen und Abend die Brahmanen ehren. In Göttertempeln, unter heiligen Kühen, bei der Durchführung der religiösen Riten, die für Zweifachgeborene bestimmt sind, beim Lesen der Veden und beim Essen sollte man die rechte Hand gebrauchen. Die Verehrung der Brahmanen am Morgen und Abend gemäß den traditionellen Riten bringt großes Verdienst. Damit wächst der Umsatz der Händler und die Ernten der Bauern. Reichlich wird der Ertrag aller Arten des Getreides, und der Wohlstand nimmt zu. Wenn man anderen Essen gibt, sollte man stets fragen „Ist es genügend?“. Wenn man Getränke gibt, sollte man fragen „Ist es befriedigend?“, und beim Geben von Milch, Reis, süßem Haferschleim oder Milch mit Sesam oder Erbsen sollte man fragen „Gefällt es?“. Nach dem Rasieren, Niesen, Baden oder Essen sollte man sich reinigen. Eine solche Reinigung wird zweifellos die Langlebigkeit und Gesundheit fördern. Man sollte nicht mit dem Blick zur Sonne gewendet urinieren, noch sollte man seine eigenen Exkremente anstarren. Man sollte mit einer Frau nicht auf einem Ruhebett liegen, noch mit ihr essen. Beim Ansprechen von Ältesten sollte man nie das Pronomen „du“ verwenden noch ihren Namen nennen. Das Duzen oder das Nennen beim Namen ist nur bei Jüngeren oder Gleichaltrigen angemessen.

Die Herzen sündiger Menschen verraten die von ihnen begangenen Sünden. Die Sünder, die ihre bewußten Sünden vor der Reinigung verbergen, werden damit leidvoll untergehen. Nur unwissende Narren bemühen sich, die Sünden zu ignorieren und zu verdrängen, welche sie bewußt begangen haben. Vielleicht sehen sie die Leute nicht, aber die Götter sehen sie sicherlich. Jede Sünde, die sündhaft verborgen wird, vermehrt nur die sündige Last. Jedes Verdienst dagegen, das tugendhaft verborgen wird, vermehrt das Verdienst, und die Taten eines Tugendhaften folgen zunehmend der Tugend. Wenn auch der Unwissende, der die Gesetze (des Karmas) ignoriert, seine begangenen Sünden vergessen will, sie holen ihn dennoch wieder ein. Wie Rahu zur rechten Zeit den Mond verschlingt, so verzehren jene sündigen Taten den unwissenden Menschen. Alle Reichtümer, die voller Erwartungen angesammelt werden, bringen künftiges Leiden. Solche Ansammlungen werden von den Weisen nicht gelobt, weil der Tod keinen verschont (und jede Ansammlung bedroht). Die Weisen sagen, die Gerechtigkeit zu allen Wesen ist eine Frage der Gesinnung. Deshalb sollte man bereits in seinem Geist allen Wesen Gutes tun. Diese Tugend sollte jeder in seinem Inneren allein üben. Dafür benötigt man keine Hilfe der anderen. Wie könnte auch jemand anderes die heiligen Gebote in deiner Gesinnung bewahren? Tugend ist die Basis der Menschlichkeit. Tugend ist das Amrit der Götter. Durch Tugend und Gerechtigkeit genießen die Menschen zeitlose Glückseligkeit über den Tod hinaus.


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