Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 192 - Über die Lebensweisen und den nördlichen Bereich

Bhrigu sprach:
Die Waldeinsiedler (Vanaprashtas), die den Erwerb von Tugend suchen, gehen zu heiligen Seen, Flüssen und Quellen und üben Entsagung in einsamen Wäldern, die voller Hirsche, Büffel, Eber, Tiger und wilder Elefanten sind. Sie entsagen jeglichen luxuriösen Kleidern, Essen und Vergnügungen, woran die Leute in der Gesellschaft Geschmack finden. Sie leben enthaltsam von wilden Kräutern, Früchten, Wurzeln und Blättern verschiedenster Arten. Der bloße Boden ist ihr Sitz. Die blanke Erde, Felsen, Geröll, Kies, Sand oder Asche sind ihr Bett. Sie bedecken ihre Glieder mit Gras, Tierhäuten und Bast. Sie rasieren nie ihre Köpfe und Bärte oder schneiden ihre Nägel. Sie führen regelmäßig ihre Waschungen durch, geben zur rechten Zeit ihre Opfergaben der Erde wie auch dem heiligen Feuer und begeben sich nicht zur Ruhe, bis sie ihr tägliches Sammeln von heiligen Brennstoffen (für ihre Opferfeuer), von heiligem Gras und Blumen (für Opfer und Verehrung) erfüllt haben und (ihr Opferaltar) gekehrt und gereinigt wurde. Sie ertragen ohne jede Rücksicht Kälte und Hitze, Regen und Wind, wodurch ihre Haut wie brüchiges Leder und ihr Körper aus Fleisch, Blut, Haut und Knochen aufgrund der verschiedenen Riten und Gelübde, die sie sich auferlegen, ganz abgezehrt wird. Gesegnet mit großer Geduld und Standhaftigkeit leben sie auf diese Weise und üben stets die Qualität der Güte. Wer mit gezügelter Seele diesen Weg der Lebensaufgaben geht, der ursprünglich durch die großen Rishis gewiesen wurde, verbrennt damit alle seine Sünden wie im Feuer und erreicht die Regionen der Glückseligkeit, die so schwer zu erreichen sind.

Ich werde nun das Verhalten von jenen beschreiben, die Parivrajakas (besitzlose Wandermönche) genannt werden. Sie befreien sich von der Anhaftung an Opferriten, Reichtum, Gattinnen, Kindern, Kleidung, Sitzen, Betten und anderen Dingen des Vergnügens und zerbrechen die Bande der Zuneigung. Sie wandern durch die Welt und betrachten Erde, Stein und Gold als gleichwertig. Der Erwerb oder die Freude der dreifachen Anhäufung (von Dharma, Artha und Kama) ist für sie kein Ziel mehr. Feinde und Freunde, Bekannte oder Fremde betrachten sie mit gleichem Auge. Sie verletzen in Gedanken, Worten oder Taten niemals irgendein Lebewesen, sei es lebendgeboren, aus einem Ei oder aus Feuchtigkeit, selbst Pflanzen nicht. Sie haben keine eigenen Häuser und wandern über Hügel und Berge, an den Ufern der Flüsse oder den Küsten der Meere, unter den Schatten von Bäumen oder in den Tempeln der Götter. Sie können auch die Städte oder Dörfer besuchen, um dort zu wohnen. In einer Stadt sollten sie aber nicht länger als fünf Nächte leben und in einem Dorf nicht länger als eine Nacht. Für den Lebensunterhalt sollten sie dort nur die Häuser von tugendhaften Brahmanen aufsuchen, und damit zufrieden sein, was ihnen als Almosen in ihre Bettelschale gegeben wird. Sie sollten sich von Sinneslust, Zorn, Stolz, Habgier, Wahn, Geiz, Täuschung, Verleumdung, Hochmut und jeglicher Verletzung lebender Wesen befreien.

Dazu gibt es die Verse:
Ein Mensch, der das Schweigegelübde beachtet, wandert umher, ohne daß sich die Wesen vor ihm fürchten müßten und ohne daß ihn die Angst vor irgendeinem Wesen überwältigen könnte. Der Weise, der das Feueropfer in seinem eigenem Körper darbringt und die Opfergaben durch seinen Mund im Lebensfeuer empfängt, der erreicht zahlreiche Regionen der Glückseligkeit aufgrund dieses Opferfeuers, das er durch solche Hingabe mit dem Leben eines Wandermönches ernährt.

Der Zweifachgeborene, der dieser Lebensweise mit reinem Geist und reinem Herzen folgt, welche die Erlösung als Ziel hat, erreicht das Brahman (bzw. das Nirwana) wie ein ruhiges Feuer, das durch keine Brennstoffe mehr genährt wird.

Bharadwaja fragte:
Jenseits unserer Welt gibt es einen Bereich, von dem wir zwar gehört, aber den wir nie gesehen haben. Ich wünsche, alles darüber zu wissen. Mögest du mich belehren!

Bhrigu sprach:
Im Norden, auf der anderen Seite des heiligen und verdienstvollen Himavat, gibt es einen Bereich, der heilig, gesegnet und höchst wünschenswert ist. Diese Welt ist anders als unsere. Die Menschen, die dort wohnen, sind in ihren Taten rechtschaffen, fromm, von reinem Herzen, frei von Habgier und Verblendung und keinerlei Beschwerden unterworfen. Wahrlich, dieser Bereich ist aufgrund seiner ausgezeichneten Qualitäten dem Himmel gleich. Dort gibt es keinen frühzeitigen Tod, und die Bewohner sind von Krankheiten unberührt. Keiner begehrt die Ehefrauen anderer, und jeder ist seiner eigenen Ehefrau treu. Die Leute quälen oder töten sich dort nicht gegenseitig oder begehren den Besitz ihrer Nachbarn. Dort gibt es keine Sünde und keine Illusion. Die Früchte aller Taten erscheinen unmittelbar (so daß sich kein Karma ansammelt). Nach Belieben erfreuen sich dort manche an Sitzen, Speisen und Getränken der besten Art und wohnen in Palästen. Manche sind mit Ornamenten aus Gold geschmückt und von allen Dingen des Vergnügens umgeben. Andere leben enthaltsam, nur um Körper und Seele zusammenzuhalten, zügeln den Atem und üben Yoga.

Dagegen sind hier (in unserm Bereich) einige Menschen der Gerechtigkeit gewidmet und andere der Täuschung verfallen. Manche sind glücklich und manche jämmerlich. Manche sind arm und andere sind reich. Hier erscheinen Mühe, Angst, Wahngebilde und schmerzhafter Hunger. Hier sieht man Habgier nach Reichtum und Leidenschaft, die sogar die Gelehrtesten unten den Menschen verstrickt. Hier herrschen gegensätzliche Meinungen und Ansichten, geprägt von rechtschaffenen oder sündhaften Taten. Nur der Weise, der all diese gegensätzlichen Ansichten durchschaut, wird hier von Sünde nicht befleckt. Illusion voller Lüge, Diebstahl, Verleumdung, Böswilligkeit, Unterdrückung, Verletzung, Verrat und Betrug erscheinen in dieser Welt als Laster aus fehlendem Verdienst an Entsagung. Der Weise, der diese vermeidet, kann damit seinen Verdienst an Entsagung vermehren. Hier gibt es viel Nachdenken (bzw. Zweifel) über unsere Taten, ob sie rechtschaffen sind oder nicht. Damit wohnen wir im Reich der Taten. Wer hier handelt, erntet Gutes durch tugendhafte und Leidvolles durch sündhafte Taten. Hier haben einst Prajapati, die Götter und Rishis wahrhafte Entsagung geübt und gereinigt das Höchste Brahman erreicht.

Der nördliche Teil der Erde ist höchst verheißungsvoll und heilig. Wer in unserer Welt rechtschaffen handelt oder Yoga übt, der kann in diesem Bereich geboren werden. Andere nehmen ihre Geburten in leidgeplagten Geschöpfen oder sinken noch tiefer, wenn ihre zugeteilte Lebenszeit abgelaufen ist. Verhaftet an diese Welt, wo sich die Geschöpfe gegenseitig verzehren und wo die Menschen von Habgier und Illusion verunreinigt sind, kehren sie immer wieder in diesen Bereich (der karmischen Taten) zurück, ohne jene nördlichen Bereiche erlangen zu können. Nur jene Weisen, die mit Gelübden und Entsagung verehrungsvoll die Belehrungen ihrer Meister hören, können jene hohen Ziele erkennen, wofür die Menschen eigentlich geboren werden. Damit habe ich dir kurzgefaßt den Weg der Lebensaufgaben beschrieben, wie er von Brahma bestimmt wurde. Wer in dieser Welt erkennt, was Gerechtigkeit (Dharma) und ihr Gegenteil ist, der gilt wahrlich als ein Weiser unter den Menschen.

Bhishma fuhr fort:
So, oh König, sprach Bhrigu zu Bharadwaja mit der großen Energie. Tugendhaft wie er war, wurde er von Bewunderung erfüllt und verehrte den großen Weisen mit Hingabe. Und so, oh Monarch, wurde auch dir der Ursprung dieses Weltalls ausführlich erklärt. Was möchtest du, oh Weisheitsvoller, weiterhin noch hören?


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