Pushpak Mahabharata Buch 1Zurück WeiterNews

Vaka Badha Parva - Tod des Vaka

Kapitel 159 - Die Pandavas leben in Ekachakra

Janamejaya fragte:
Oh du Erster der Brahmanen, was taten die Pandavas, diese mächtigen Wagenkrieger und Söhne Kuntis, nach ihrer Ankunft in Ekachakra?

Vaisampayana antwortete:
Für einige Zeit lebten die Pandavas im Haus eines Brahmanen. Sie ernährten sich von Almosen, wanderten umher und wurden von den Menschen der Stadt wegen ihrer guten Eigenschaften sehr gemocht. Am Abend zeigten sie Kunti alles, was sie auf ihren Almosengängen erhalten hatten. Und Kunti teilte jedem seinen Anteil zu. Dabei nahmen Kunti und ihre Söhne die Hälfte des Ganzen, während Bhima die andere Hälfte allein aß. So lebten die Pandavas für einige Zeit.

Eines Tages waren die Brüder wieder auf Almosengang, und nur Bhima war bei seiner Mutter geblieben. An diesem Tag hörte Kunti ein lautes und herzzerreißendes Weinen, welches aus dem Innern der Gemächer ihres Wirtes kam. Die Bewohner des Hauses klagten und versanken in solch mitleidvolles Gejammer, daß Kunti mit ihrem guten Herzen und voller Mitgefühl das Weinen nicht gleichmütig ertragen konnte. Kummervoll sprach sie zu Bhima: „Wir leben ohne Leid glücklich im Haus dieses Brahmanen, von ihm geachtet und unentdeckt von Dhritarashtras Söhnen. Ach Sohn, schon lange denke ich, was ich diesem Brahmanen Gutes tun könnte, so wie es diejenigen tun sollten, die frohen Herzens im Hause eines anderen leben. Oh Kind, nur der ist ein wahrhafter Mensch, an den eine Gunst niemals verschwendet wird. Denn er zahlt anderen mehr zurück, als er aus ihren Händen erhalten hat. Es gibt keinen Zweifel, irgendein Kummer plagt diesen Brahmanen. Wenn wir ihm nur helfen könnten, um ihm seinen Dienst zu vergelten.“ Daraufhin sprach Bhima zu seiner Mutter: „Bring den Grund und die Art seiner Qual in Erfahrung. Wenn ich alles darüber weiß, dann werde ich ihn davon erlösen, wie schwierig es auch sein mag.“

Während Mutter und Sohn miteinander sprachen, vernahmen sie weiteres, lautes Wehklagen vom Brahmanen und seiner Frau. Eilig betrat Kunti die inneren Gemächer des ruhmreichen Brahmanen, als ob eine Kuh zu ihrem angebundenen Kalb eilt. Dort erblickte sie den Brahmanen, seine Gattin, Tochter und Sohn mit kummervollen Gesichtern.

Die Rede des Brahmanen

Und Kunti hörte den Brahmanen sagen:
Oh Schande über dieses irdische Leben, welches so hohl wie Schilf und letztendlich ohne Früchte ist, welches sich auf Leid gründet, keine Freiheit hat und nur ein Los kennt: Elend. Das Leben ist Kummer und Krankheit und wahrlich eine Geschichte von Qualen. Die Seele ist einzig, doch sie muß Tugend, Wohlstand und Vergnügen verfolgen. Und wenn diese zur gleichen Zeit angestrebt werden, dann gibt es sehr häufig Uneinigkeit, und dies ist die Quelle von so viel Gram. Manche sagen, daß Erlösung das höchste Ziel unserer Wünsche ist. Doch ich glaube, sie kann nie erreicht werden. Und das Erlangen von Reichtum ist die Hölle, denn schon das Streben danach ist mit Elend verbunden. Und die, welche bereits Reichtum erlangt haben, leiden noch viel mehr Elend. Denn wer seinen Besitz liebt, muß um so mehr Kummer ertragen, wenn er ihn verliert.
Ich kann kein Mittel sehen, mit dem ich der Gefahr entgehen oder wie ich mit meiner Familie in gefahrlose Bereiche gelangen kann. Oh erinnere dich, Gattin, daß ich einst bemüht war, zu einem anderen Ort auszuwandern, wo wir glücklich wären. Doch du wolltest nicht auf mich hören. Obwohl ich dich oft bat, hast du einfältige Frau mir gesagt: Ich bin hier geboren und alt geworden. Dies ist meine angestammte Heimat! - Deine verehrten Eltern, oh Frau, stiegen vor langer Zeit in den Himmel auf. Auch all deine Verwandten sind tot. Warum wolltest du trotzdem hier leben? Aus Zuneigung für deine Familie hörtest du nicht auf meine Worte. Doch nun ist die Zeit gekommen, daß du dem Tod eines Verwandten zusehen mußt. Oh wie traurig ist der Anblick für mich! Vielleicht ist der Augenblick meines eigenen Todes gekommen, denn ich kann niemals einen der Meinen grausam aufgeben, solange ich am Leben bin.
Du warst immer mein Gehilfe bei allen guten Taten, hast dich selbst eingeschränkt und warst mir immer zugetan wie eine Mutter. Die Götter gaben dich mir als einen wahren Freund, und du warst immer mein größter Halt. Durch meine Eltern wurdest du zum Teilhaber an allen Dingen meines Haushaltes. Du bist von reiner Abstammung, guten Absichten, Mutter von Kindern, mir immer zugetan und unschuldig. Ich habe dich erwählt und mit allen angemessenen Riten geheiratet. Ich kann dich, meine gelübdetreue Gattin, nicht verstoßen, um mein eigenes Leben zu retten. Und wie könnte ich in der Lage sein, meinen Sohn zu opfern? Dieses Kind im zarten Alter und noch ohne alle Zeichen der Männlichkeit? Wie könnte ich meine Tochter opfern? Die ich selbst zeugte und die mir vom ruhmreichen Schöpfer als Pfand übergeben wurde, damit ich sie einem Ehemann übergebe, durch den ich mich mit meinen Ahnen an den Bereichen erfreuen kann, die für diejenigen bestimmt sind, welche Söhne von einer Tochter haben? Manche Menschen denken, daß die Zuneigung eines Vaters für seinen Sohn größer ist. Und andere meinen, die Tochter wird mehr geliebt. Meine Liebe für euch ist gleich. Wie kann ich nur daran denken, meine unschuldigen Kinder zu verstoßen, von denen die seligen Bereiche, meine eigene Linie und ewige Glückseligkeit abhängen? Doch wenn ich mich selbst opfere und in die andere Welt übergehe, dann werde ich auch keinen Frieden finden. Denn es ist sicher, daß die von mir Verlassenen nicht in der Lage sein werden, ihr Leben zu fristen. Das Opfern eines Mitglieds meiner Familie wäre grausam und tadelnswert. Doch wenn ich mich opfere, werden alle anderen ohne mich vergehen. Ich bin in große Not geraten. Und ich weiß keinen Weg heraus. Weh, welchen Kurs soll ich einschlagen? Ich sollte wohl gemeinsam mit allen meinen Lieben sterben, denn so kann ich nicht länger leben.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter