Pushpak Mahabharata Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 63 - Krishna tröstet Gandhari und Dhritarashtra

Janamejaya fragte:
Aus welchem Grund schickte der gerechte Yudhishthira, dieser Tiger unter den Königen, den Feindevernichter Vasudeva zu Gandhari? Krishna war doch bereits bei den Kauravas gewesen, um Frieden zu stiften. Doch dieses Ziel konnte er nicht verwirklichen, und deshalb fand dieser große Kampf statt. Und jetzt, als alle Krieger geschlagen waren und Duryodhana besiegt, als aufgrund dieses Kampfes das Reich des Pandu Sohns ohne Feinde war, als das ganze Kuru Lager leer und alle Bewohner geflohen waren, als der großer Ruhm des Pandu Sohns gewonnen war, was, oh Zweifachgeborener, war der Grund, weshalb Krishna wieder nach Hastinapura gehen mußte? Es scheint mir, oh Brahmane, daß die Ursache keine ungewichtige war, weil Janardana mit der unermeßlichen Seele höchstselbst diese Reise machen mußte. Oh Erster aller Adhvaryus, erzähle mir ausführlich über den Grund dieser Mission!

Vaisampayana sprach:
Diese Frage, oh König, ist deiner wahrlich würdig! Ich werde dir alles aufrichtig erzählen, wie es geschah, oh Stier der Bharatas. Angesichts von Duryodhana, dem mächtigen Sohn von Dhritarashtra, der von Bhimasena entgegen der Regeln des fairen Kampfes geschlagen wurde, war Yudhishthira, oh Monarch, von großer Furch erfüllt, als er an die hochselige Gandhari dachte, die voller asketischen Verdienstes war. Und so sandte er Krishna zu Gandhari, die im Zorn entflammt war, um sie vor seiner eigenen Ankunft zu beruhigen. Denn der Pandu Sohn überlegte sich:
Sie hat strenge asketische Entsagung geübt und kann deshalb die drei Welten verbrennen. Wenn sie vom Tod ihres Sohnes hört, der von uns so erniedrigt wurde, wird sie uns sicherlich im Zorn mit dem Feuer ihres Geistes zu Asche verbrennen. Wie sollte Gandhari auch solch stechenden Kummer ertragen, wenn sie hört, daß ihr Sohn, der fair kämpfte, von uns auf unfaire Weise geschlagen wurde?

Nachdem der gerechte König Yudhishthira darüber lange Zeit gegrübelt hatte, sprach er voller Angst und Kummer zu Vasudeva:
Durch deine Gnade, oh Govinda, ist mein Königreich von allen Dornen befreit worden. Das, was wir im Geiste kaum noch erhoffen konnten, ist nun unser geworden, oh unvergänglich Ruhmreicher. Mit meinen eigenen Augen, oh Starkarmiger, habe ich die schweren Schläge gesehen, die einem die Haare zu Berge stehen ließen und die du ertragen mußtest, oh Freude der Yadavas. Im Kampf zwischen den Göttern und Dämonen hattest du in alten Zeiten bereits deine Hilfe dem Untergang der Götterfeinde gewidmet, und diese Feinde wurden geschlagen. Ebenso, oh Starkarmiger, hast du uns geholfen, oh unvergänglich Ruhmreicher. Indem du bereit warst, uns als Wagenlenker zu dienen, oh Nachkomme des Vrishni, hast du uns die ganze Zeit beschützt. Wenn du nicht der Beschützer von Arjuna im schrecklichen Kampf gewesen wärst, wie hätten wir dieses Meer an Truppen besiegen können? Zahlreich waren die Schläge der Keulen, Streitäxte und Knüppel sowie die Speere, Pfeile und Lanzen, die du ertragen mußtest. Um unseretwillen, oh Krishna, mußtest du viele harte Worte hören und vielfältige Waffen mit der Gewalt des Donners im Kampf erleiden. All das war nicht unfruchtbar, weil Duryodhana schließlich geschlagen wurde, oh unvergänglich Ruhmreicher. So handle jetzt, damit die Frucht all dieser Taten bewahrt werden kann! Obwohl der Sieg unser ist, oh Krishna, zittert mein Herz noch voller Zweifel. Wisse, oh Madhava, daß der Zorn von Gandhari herausgefordert wurde. Diese höchst gesegnete Dame hat sich selbst gezügelt und die strengste Entsagung geübt. Wenn sie vom Untergang ihrer Söhne und Enkel hört, wird sie uns sicherlich zu Asche verbrennen. Ich denke, oh Held, es ist Zeit, sie zu beruhigen. Doch wer außer dir, oh Erster der Menschen, könnte dieser Dame mit den zornesroten Augen begegnen, die schwer gequält sein wird durch das Unglück, daß ihren Kindern widerfahren ist? Ich denke, oh Madhava, daß es gut wäre, wenn du zu Gandhari gehst, oh Feindevernichter, um die Zornentflammte zu beruhigen. Du bist der Schöpfer und der Zerstörer. Du bist ewig und die erste Ursache aller Welten. Durch Worte voller Vernunft über die Gründe, welche direkt und indirekt das Ergebnis des Schicksals sind, wirst du, oh Weisheitsvoller, Gandhari beruhigen können. Unser Großvater, der heilige Krishna-Dwaipayana, wird ebenfalls dort sein. Oh Starkarmiger, mögest du mit allen Mitteln, die in deiner Macht stehen, den Zorn von Gandhari zerstreuen!

Als der Erhalter des Yadu Stammes diese Worte vom gerechten König Yudhishthira hörte, sprach er sogleich zu Daruka: „Laß meinen Wagen vorbereiten!“ Und nachdem Daruka den Befehl von Kesava erfüllt hatte, kehrt er eiligst zurück und berichtete seinem hochbeseelten Herrn, daß der Wagen bereit stehe. So bestieg dieser Feindevernichter und Führer der Yadus, der herrschaftliche Kesava, den Wagen und fuhr mit großer Schnelligkeit zur Stadt der Kurus. Und bald erreichte der verehrenswerte Madhava auf seinem Fahrzeug die nach dem Elefanten benannte Stadt, die er mit dem Geratter seiner Wagenräder erschallen ließ. Sogleich sandte er eine Botschaft an Dhritarashtra, stieg von seinem Fahrzeug ab und betrat den Palast des alten Königs. Dort erblickte er auch den Besten der Rishis, der vor ihm dort angekommen war. Und so umarmte Janardana die Füße von Vyasa und Dhritarashtra und begrüßte Gandhari. Dann ergriff Vishnu, dieser Erste der Yadavas, Dhritarashtra an der Hand und begann wohlklingend zu weinen, oh Monarch. Nachdem er eine Zeitlang sorgenvolle Tränen verschüttet hatte, wusch er seine Augen und sein Gesicht mit Wasser gemäß der Regeln. Dann sprach dieser Feindevernichter mit sanft fließenden Worten zu Dhritarashtra:
Nichts ist dir, oh Bharata, bezüglich der Vergangenheit und Zukunft unbekannt! Du bist, oh Herr, wohlerfahren im Lauf des Schicksals. Aus Respekt vor dir waren die Pandavas stets bestrebt, den Untergang ihres Stammes und die Vernichtung der Kshatriyas zu verhindern, oh Bharata. Im Einvernehmen mit seinen Brüdern hatte der tugendhafte Yudhishthira friedlich gelebt. Er ging sogar nach der Niederlage im unfairen Würfelspiel in die Verbannung. Mit seinen Brüdern führte er dann ein Leben im Verborgenen unter verschiedensten Verkleidungen. So fielen sie jeden Tag in vielfältiges Leiden, als ob sie völlig hilflos wären. Im Vorfeld des großen Kampfes kam ich dann selbst zu euch und erbat von dir nur fünf Dörfer für sie. Doch gebunden vom Schicksal und bewegt durch Habgier, gewährtest du mir auch diese Bitte nicht. Durch deine Schuld, oh König, wurde damit die ganze Kshatriya Kaste vernichtet. Bhishma, Somadatta, Valhika, Kripa, Drona, Aswatthaman und der weise Vidura baten dich stets um Frieden. Du folgtest jedoch ihren Ratschlägen nicht. Jeder, so scheint es, wird vom Schicksal bedrängt und verwirrt, oh Bharata, wenn sogar du, oh König, in dieser Sache so dumm gehandelt hast. Was sonst könnte es sein, außer die Wirkung des Schicksals? Wahrlich, das Schicksal ist allbestimmend. So gebe, oh Weisheitsvoller, den Pandavas keinerlei Schuld! Denn beurteilt nach den Regeln der Tugend, der Vernunft oder der Zuneigung, kann man nicht die kleinste Verfehlung bei den hochbeseelten Pandavas sehen, oh Feindevernichter. Erkenne all das als die Frucht deiner eigenen Schuld und hege keine übelgesinnten Gefühle gegenüber den Pandavas! Familie, Stamm, Begräbniskuchen und was noch von der Nachkommenschaft abhängt, hängt jetzt für dich und Gandhari von den Pandavas ab. Deshalb solltest du, oh Tiger unter den Kurus, zusammen mit der ruhmreichen Gandhari keinen Groll auf die Pandavas hegen. Dies bedenke, und so begegne in Anbetracht deiner eigenen Fehler den Pandavas gutwillig. Ich verneige mich vor dir, oh Stier der Bharatas! Du kennst, oh Starkarmiger, die Hingabe von König Yudhishthira und seine Zuneigung zu dir, oh Tiger unter den Königen. Nachdem er diese Schlacht gegen seine Feinde, die ihn schwer quälten, begonnen hatte, brennt er nun Tag und Nacht in seinem Innersten und kann keine Seelenruhe finden. Dieser Tiger unter den Männern sorgt sich um dich und Gandhari und kann nicht glücklich sein. Von Scham überwältigt, getraut er sich nicht vor dein Angesicht, solange du im Kummer um deine Söhne brennst, und dein Verstand und deine Sinne von diesem Kummer ganz verwirrt sind.

Nachdem dieser Erste der Yadus diese Worte zu Dhritarashtra gesprochen hatte, oh Monarch, wandte er sich mit folgenden, höchst bedeutungsvollen Worten an die tieftraurige Gandhari:
Oh Tochter des Suvala mit den ausgezeichneten Gelübden, höre, was ich spreche! Oh vorzügliche Dame, keine Frau ist jetzt in der Welt mit dir vergleichbar. Du erinnerst dich, oh Königin, an jene Worte, die du in der Versammlung in meiner Anwesenheit gesprochen hattest, diese Worte voller Gerechtigkeit und Nutzen für beide Parteien, die deine Söhne, oh beste Dame, nicht befolgten. Du hattest Duryodhana, der den Sieg begehrte, bittere Vorwürfe gemacht und sagtest schließlich zu ihm: „Höre, meine Worte, oh Übelgesinnter! Der Sieg ist stets dort, wo die Gerechtigkeit ist!“ Diese Worte von dir, oh Königin, sind jetzt Wirklichkeit worden. Erkenne das, oh beste Dame, und verliere dich nicht im Kummer. Neige dein Herz nicht dem Untergang der Pandavas! Denn aufgrund der Kraft deiner Entsagung kannst du, oh höchst Gesegnete, mit deinen Augen, wenn sie im Zorn auflodern, die ganze Erde mit ihren belebten und unbelebten Geschöpfen verbrennen!

Diese Worte von Vasudeva hörend, antwortete Gandhari:
Es ist wohl, wie du sagst, oh Kesava! Mein Herz brennt im Kummer und begann zu schwanken. Doch nachdem ich deine Worte gehört habe, oh Janardana, ist es wieder beständig geworden. Und wahrlich, für den blinden alten König, der nun kinderlos ist, bist du, oh Erster der Männer, mit jenen Helden, den Söhnen des Pandu, die Zuflucht geworden!

So sprach Gandhari und im Kummer über den Tod ihrer Söhne brennend, bedeckte sie ihr Gesicht mit ihrem Kleid und begann, laut zu weinen. Der starkarmige Kesava tröstete daraufhin die tieftraurige Königin mit Worten, die voller Vernunft und Symbolik waren. Doch nachdem er Gandhari und Dhritarashtra beruhigt hatte, erkannte Kesava aus dem Madhu Stamm (durch seine Intuition) das Übel, das der Sohn von Drona beabsichtigte. So stand er schnell auf, verehrte die Füße von Vyasa und sprach mit geneigtem Kopf zu Dhritarashtra:
Ich muß mich nun verabschieden, oh Erster der Kurus! Verliere dich nicht im Kummer! Der Sohn von Drona verfolgt ein übelgesinntes Ziel. Aus diesem Grund habe ich mich so plötzlich erhoben. Es scheint, daß er einen Plan gefaßt hat, um die ganze Pandava Armee während der Nacht zu zerstören.

Diese Worte hörend, sprachen sowohl Gandhari als auch Dhritarashtra zu Kesava, diesem Vernichter von Keshi: „Geh schnell, oh Starkarmiger, und beschütze die Pandavas, damit wir uns bald wiedertreffen, oh Janardana!" Danach fuhr der unvergänglich ruhmreiche Kesava mit Daruka davon. Und nachdem Vasudeva gegangen war, oh König, begann Vyasa mit der unergründlichen Seele, der von der ganzen Welt verehrt wird, König Dhritarashtra zu trösten. So verabschiedete sich der rechtschaffene Vasudeva, der seine Mission in Hastinapura erfolgreich vollendet hatte, um das Lager der Pandavas aufzusuchen. Und nachdem er (in der Nacht {Clay} bzw. gegen Morgen) das Lager erreicht hatte, ging er sogleich zu den Pandavas, setzte sich zu ihnen und erzählte alles (über seine Mission in der Hauptstadt).


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