Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 45 – Und immer so fort...

Karna fuhr fort:
All dies solltest du wissen, oh Shalya. Und ich werde dir noch etwas sagen, höre nur aufmerksam zu. Einmal kam ein Brahmane in unser Haus als Gast. Als er unsere Lebensweise beobachtete, war er höchst erfreut und sprach zu uns: Ich lebte für lange Zeit ganz allein auf einem Gipfel des Himavat. Danach reiste ich durch viele Länder, die verschiedenen Religionen folgten. Und lange Zeit begegnete ich keinem Volk, in dem wirklich alle Leute ungerecht handelten. Sie alle waren einverstanden, daß die wahre Religion dort ist, wo die Veden lebendig sind. Doch dann kam ich zu den Valhikas. Und dort hörte ich, daß man erst Brahmane wird und dann Kshatriya. Und danach würde ein Valhika ein Vaisya, Shudra und dann Friseur werden. Dann käme er in den Status eines Brahmanen zurück, und dann würde er ein Sklave. Nur einer aus der Familie wird ein Brahmane, und alle anderen verlassen die Tugend und handeln, wie es ihnen beliebt. Auch die unwissenden Gandharas und Madras denken so. Und nachdem ich durch die ganze Welt gewandert bin, habe ich so von der untugendhaften Lebensweise der Valhikas gehört.

Du solltest all dies wissen, oh Shalya. Und nun gebe ich noch die folgenden häßlichen Worte über die Valhikas an dich weiter, die mir von anderen gesagt wurden: Einst wurde eine keusche Frau von Räubern aus Attara entführt und grob vergewaltigt. Die Frau verfluchte die Männer daraufhin: Weil ihr einem hilflosen Mädchen Gewalt angetan habt, die nicht ohne Ehemann ist, sollen die Frauen eurer Familien schamlos werden. Niemals sollt ihr niederen und sündigen Männer den Konsequenzen eurer gräßlichen Sünde entkommen.

Und deshalb, oh Shalya, werden die Neffen (die Söhne der Schwestern) der Arattas, und nicht ihre eigenen Söhne, die Stammhalter. Die Kauravas, Panchalas, Shalwas, Matsyas, Naimishas, Kosalas, Kashapaundras, Kalingas, Magadhas und Chedis sind höchst gesegnet, denn sie wissen um ewigwährende Religion. Sogar die Hinterhältigen einiger anderer Länder wissen das. Doch die Valhikas leben ohne Gerechtigkeit. Die Matsyas, die Bewohner des Kuru Landes, die Panchalas und auch die Naimishas sowie alle Frommen kennen die ewigwährenden Tugenden der Religion. Doch das kann man nicht von den Madras sagen und diesen krummherzigen Bewohner des Landes der fünf Flüsse. Erkenne all dies, oh König, und zügele deine Zunge was Religion und Tugend anbelangt, oh Shalya, wie einer der nicht reden kann. Du bist der Beschützer und König dieser Menschen, und erhältst daher den sechsten Teil ihrer Verdienste und Sünden. Oder vielleicht ist in dir nur der sechste Teil ihrer Sünden, denn du beschützt sie nicht. Nur ein König, der beschützt, bekommt auch seinen Anteil an den Verdiensten seiner Untertanen. Du kannst also keinen Anteil an Tugend haben. Als vor langer, langer Zeit in allen Ländern die ewige Religion verehrt wurde, sah der Schöpfer auf das Land der fünf Flüsse und rief „Schande!“ Und wenn Brahma sogar im Krita Zeitalter die Praktiken dieser Gefallenen tadelte, was soll man da von den heutigen Bewohnern sagen? Ja, der Große Vater hat ihre Lebensweise verdammt und ihren Makel bestätigt.

Das alles solltest du wissen, oh Shalya. Und ich bin noch lange nicht am Ende. Höre, was der Rakshasa Kalmashapada sprach, als er in einer Wasserstelle badete: Betteln ist der Schmutz eines Kshatriya, das Nichtbefolgen von Gelübden der Schmutz der Brahmanen, die Valhikas sind der Schmutz der Erde, und die Madra Frauen der Schmutz aller Frauen. Während der Rakshasa im Wasser versank, zog ihn ein König wieder heraus. Der König befragte ihn, und der Rakshasa antwortete. Höre, wie ich es dir erzähle: Die Mlechas sind der Schmutz der Menschheit, die Ölmenschen (Clay: Kamelhirten) sind der Schmutz der Mlechas, Eunuchen sind der Schmutz der Ölmenschen, und die, welche sich die priesterlichen Dienste bei den Opfern der Kshatriyas zunutze machen, sind der Schmutz der Eunuchen. Und die Sünde der Madras und derer, die sich diese Letztgenannten zu ihrem Priester machen, sei dein, wenn du mich nicht los läßt.

Die Worte des Rakshasa sind die Formel, die man benutzen sollte, wenn man jemanden heilen möchte, der von einem Rakshasa besessen ist oder vergiftet wurde. Und auch die folgenden Worte sind alle wahr: Die Panchalas befolgen die Pflichten aus den Veden. Die Kauravas folgen der Wahrheit. Die Matsyas und Surasenas führen Opfer durch. Die Völker des Ostens handeln wie Shudras. Die Südländer sind gefallen. Die Valhikas sind Diebe, und die Surashtras sind Bastards. Wer von Undankbarkeit beschmutzt ist, Diebstahl, Trunkenheit, Geschlechtsverkehr mit der Ehefrau des Lehrers, Grobheit der Rede, Schlachten von Kühen, wollüstige Ausflüge während der Nacht außerhalb des eigenen Heimes und das Tragen anderer Leute Ornamente – welche Sünde lebt nicht in solchen Menschen? Pfui über die Menschen im Fünf-Strom-Land. Pfui über die Arattas. Nur die Panchalas, Kauravas, Naimishas und Matsyas wissen, was Religion ist. Die alten Männer unter den Nordländern, Angas und Magadhas folgen noch den Praktiken der Frommen. Und viele Götter, allen voran Agni, residieren im Osten. Die Pitris sind im Süden, der von Yama mit den gerechten Taten beherrscht wird. Den Westen beschützt die Macht Varunas, der auch die anderen Götter dort regiert. Und im Norden herrscht der himmlische Soma mit den Brahmanen. Die Rakshasas und Pisachas beschützen den Himavat, diesen Besten der Berge, wie die Guhyakas den Berg Gandhamadan, oh König. Und es gibt keinen Zweifel, daß Vishnu alle Geschöpfe beschützt. Die Maghadas verstehen Zeichen, und die Kosalas verstehen das, was sie sehen. Die Kurus und Panchalas verstehen auch halbausgesprochene Sätze, und die Shalwas verstehen nicht, bis der ganze Satz ausgesprochen ist. Die Bergvölker, wie die Sivis, können nur mit großen Schwierigkeiten verstehen. Die Yavanas sind allwissend und die Suras teilweise. Die Mlechas sind mit der Schöpfung ihrer eigenen Phantasie verbunden. Alle anderen Völker zählen als unwissend, darunter auch die Valhikas und Madras, die über jeden segenspendenden Rat zornig werden. Und so bist auch du, oh Shalya. Du solltest mir nicht einmal antworten. Die Madras werden als der Abschaum aller Völker der Erde betrachtet, so wie die Madra Frauen der Abschaum aller Frauen sind. Alle Sünden sind bei denen, die sich dem Alkohol hingeben, die das Bett ihres Lehrers entweihen, die Fehlgeburten einleiten und damit den Embryo vernichten und die anderen ihren Reichtum stehlen. Pfui über die Arattas und die Menschen im Land der fünf Flüsse. Erkenne dies und sei still. Versuche nicht, mich zu beleidigen. Sonst töte ich erst dich und dann Krishna und Arjuna.

Shalya erwiderte:
Das im- Stich- Lassen von Schutzsuchenden und der Verkauf von Ehefrauen und Kindern ist unter den Angas weit verbreitet, und deren König bist du, oh Karna! Erinnere dich an deine Fehler, wie sie Bhishma einst aufzählte, als er über Rathas und Atirathas sprach, und laß deinen Zorn fahren. Sei nicht wütend. Brahmanen findet man überall, so auch Kshatriyas, Vaisyas und Shudras. Und auch keusche Frauen mit vorzüglichen Gelübden sind überall zu finden. Überall findet man Menschen, die gern über andere lästern und sie kränken, und auch wollüstige Menschen leben in jedem Land. Und überall zu jeder Gelegenheit können Menschen ausführlich über die Fehler anderer sprechen. Nur die eigenen Fehler wollen sie nicht sehen, denn dann würden sie Scham fühlen. Überall sind die Könige ihrer jeweiligen Religion hingegeben und strafen die Übeltäter. Und überall findet man tugendhafte Menschen. Es kann nicht sein, oh Karna, daß alle Menschen eines Landes sündhaft sind. In jedem Land gibt es Menschen, die sogar die Götter in ihrem Betragen überflügeln.

Doch nun gebot König Duryodhana dem Streit der beiden Einhalt, sprach zu Karna als lieber Freund und besänftigte Shalya mit gefalteten Händen. Karna beruhigte sich und sprach nicht weiter. Und auch Shalya wandte seine Aufmerksamkeit nun dem Feind zu.

Und Karna sprach noch einmal lächelnd zu Shalya:
Fahr los!


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