Pushpak Mahabharata Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 61 - Euphorie und die Frage der Schuld

Dhritarashtra fragte:
Angesichts des im Kampf durch Bhimasena geschlagenen Duryodhanas, was taten die Pandavas und Srinjayas, oh Sanjaya?

Und Sanjaya sprach:
Angesichts des Sieges von Bhimasena über Duryodhana im Kampf, oh König, der wie ein wilder Elefant durch einen Löwen geschlagen wurde, waren die Pandavas und Krishna voller Freude. Die Panchalas und Srinjayas schwenkten beim Fall des Kuru Königs ihre Oberkleider und ließen ihr Löwengebrüll ertönen. Die Erde schien all diese euphorischen Krieger kaum ertragen zu können. Manche erhoben ihre Bögen, manche ließen ihre Bogensehne sirren, manche bliesen ihre riesigen Muschelhörner, andere schlugen ihre Trommeln oder sprangen vergnügt umher und jubelten laut. Viele Helden sprachen wiederholt zu Bhimasena:
Äußerst schwierig und groß war die Leistung, die du heute im Kampf vollbracht hast, indem du den Kuru König, der selbst ein großer Krieger war, mit deiner Keule bezwungen hast! Alle diese Männer sahen deinen Sieg über den Feind, wie den Sieg von Indra über den Dämonen Vritra. Wer sonst, außer dir, oh Bhima, konnte den heroischen Duryodhana im Keulenkampf mit seinen vielfältigen Manövern schlagen? Du hast damit das sichere Ufer dieses Ozeans der Feindschaft erreicht, diese Küste, die niemand sonst erreichen konnte. Diese Tat, die du vollbracht hast, konnte wahrlich kein anderer Krieger vollbringen. Durch ein gutes Schicksal hast du, oh Held, wie ein wütender Elefant mit deinem Fuß das Haupt von Duryodhana auf dem Schlachtfeld zertreten. Durch ein gutes Schicksal hast du, oh Sündloser, nach einem wunderbaren Kampf das Blut von Dushasana getrunken, wie ein Löwe das Blut eines Büffels. Durch ein gutes Schicksal hast du aus eigener Kraft deinen Fuß auf das Haupt all derer gesetzt, die den rechtschaffen König Yudhishthira verletzt hatten. Durch ein gutes Schicksal konntest du deine Feinde und sogar Duryodhana besiegen, oh Bhima, und dein Ruhm wird sich über die ganze Welt ausbreiten. So wie die Barden und Lobsänger Indra nach dem Fall von Vritra besangen, so loben wir dich heute, oh Bharata, nach dem Fall deiner Feinde. Wisse, oh Bharata, daß diese Freude, die wir nun beim Fall von Duryodhana fühlen, uns vollkommen erfüllt!

Mit solchen Worten wurde Bhimasena durch die versammelten Lobsänger verehrt. Doch während jene Tiger unter den Männern, die Krieger der Panchalas und Pandavas alle voller Euphorie waren, sprach der Madhu Vernichter zu ihnen:
Ihr Herrscher der Menschen, es ist nicht recht, einen geschlagenen Feind mit entwürdigenden Reden immer wieder neu zu schlagen. Dieses übelgesinnte Geschöpf ist nun besiegt. Dieser sündhafte, schamlose und habgierige Übeltäter, der von sündhaften Beratern umgeben war und die Ratschläge seiner Wohlgesinnten mißachtete, wird nun auf seinen Tod treffen und sein Königreich verlieren, obwohl er wiederholt durch Vidura, Drona, Kripa und Sanjaya gedrängt wurde, den Pandu Söhnen ihren väterlichen Anteil am Königreich zu geben, den sie aus seinen Händen erbeten hatten. Dieser Übeltäter sollte jetzt weder als Freund noch als Feind betrachtet werden. Wozu diesen bitteren Atem auf einen ausschütten, der jetzt wie ein Stück Holz ist? So besteigt schnell eure Wagen, ihr Könige, denn wir sollten nun diesen Ort verlassen! Glücklicherweise ist dieser sündige Schuft mit seinen Beratern, Angehörigen und Freunden heute endlich geschlagen worden.

Diese Rüge von Krishna hörend, erhob sich noch einmal der Zorn in König Duryodhana, oh Monarch, und er versuchte, sich zu erheben. Halb sitzend und auf seine Arme gestützt, zog er seine Augenbrauen zusammen und warf zornige Blicke auf Vasudeva. So erschien Duryodhana, dessen Körper halb erhoben war, wie eine Giftschlange, oh Bharata, die ihren Schwanz verloren hatte. Und ungeachtet seiner stechenden und unerträglichen Schmerzen, begann Duryodhana mit scharfen und bitteren Worten Vasudeva anzugreifen:
Oh Sohn des Sklaven von Kansa, du hast, so scheint es, keinerlei Scham, weil du bereits vergessen hast, daß ich auf unfairste Weise niedergeschlagen wurde, in Anbetracht der Regeln, die für solch einen Keulenkampf aufgestellt wurden. Du warst es, der unfairerweise diese Tat heraufbeschworen hat, indem du Bhima mit einem Hinweis an das Brechen meiner Schenkel erinnert hast! Dachtest du, ich habe es nicht gesehen, wie Arjuna (auf deine Anweisung hin) das entsprechende Zeichen an Bhima gab? Nachdem du durch verschiedene Arten der unfairen Mittel den Tod von tausenden Königen verursacht hast, die stets fair kämpften, fühlst du denn gar keine Scham und keinen Abscheu bei solchen Taten? Tag für Tag hast du dieses große Gemetzel von heroischen Kriegern unterstützt und dafür gesorgt, daß unser Großvater mit Sikhandin als Schutzschild geschlagen wurde. Du hattest auch diesen Elefanten namens Aswatthaman töten lassen, oh Übelgesinnter, damit unser Lehrer Drona seine Waffen niederlegte. Denkst du vielleicht, daß ich das nicht weiß? Und während dieser tapfere Held von Dhrishtadyumna auf grausame Art getötet wurde, hast du ihn bewußt nicht zurückgehalten! Du hast auch den Speer auf Ghatotkacha abgelenkt, den Karna (als Segen von Indra) für den Tod von Arjuna erbeten hatte. Wer ist mehr von Sünde erfüllt als du? So warst du auch die Ursache, daß der mächtige Bhurisravas, dem bereits ein Arm abgeschlagen wurde, durch den hochbeseelten Satyaki getötet wurde, während dieser das Praya Gelübde beachtete. Auch Karna hatte eine große Leistung vollbracht, um Arjuna zu besiegen. Doch du sorgtest dafür, daß Aswasena, der Sohn des Königs der Schlangen (Takshaka), (in seinem erfolgsverheißenden Angriff) gestoppt wurde. Und als das Rad von Karnas Wagen im Schlamm versank und Karna damit schwer behindert war und eigentlich schon besiegt, wahrlich, als dieser Erste der Männer beschäftigt war, das Rad zu befreien, ließest du Karna töten. Wenn ihr mich, Karna, Bhishma und Drona auf faire Weise bekämpft hättet, wäre der Sieg zweifellos niemals der eure gewesen. Durch höchst unfaire und ungerechte Mittel hast du den Tod von unzähligen Königen verursacht, welche die Aufgaben ihrer Kaste bewahrten, und sogar mich selbst geschlagen!

Darauf sprach Vasudeva:
Du, oh Sohn der Gandhari, wurdest mit deinen Brüdern, Söhnen, Verwandten, Freunden und Anhängern nur aufgrund des sündhaften Weges geschlagen, den du selbst gegangen bist. Durch deine übelgesinnten Taten sind diese beiden Helden, Bhishma und Drona, gefallen. Auch Karna wurde geschlagen, weil er dein Verhalten angenommen hatte. Sogar von mir gebeten, oh Übeltäter, wolltest du aus Habgier den Pandavas ihren väterlichen Anteil nicht geben, sondern handeltest gemäß dem Ratschlag von Shakuni. Du selbst gabst Bhimasena das Gift! Du selbst gabst ihnen das Feuer, oh Übelgesinnter, als die Pandavas mit ihrer Mutter im Palast aus Lack verbrennen sollten! Du selbst gabst ihnen den Zorn, als du Draupadi, die Tochter von Yajnasena, während ihrer Periode vor die Versammlung brachtest, um sie zu beleidigen! Schamlos wie du warst, hast du dir damit den Tod verdient. Du hattest mithilfe von Shakuni, der im Würfelspiel wohlerfahren war, auf betrügerische Weise den tugendhaften Yudhishthira geschlagen, der in dieser Art des Spielens völlig unerfahren war. Dafür wurdest du heute auf diese Weise geschlagen! Erinnere dich auch, wie der sündhafte Jayadratha damals Draupadi raubte, als die Pandavas, ihre Ehegatten, auf die Jagd zur Klause von Trinavindu gegangen waren. Hast du nicht auch Abhimanyu, der noch ein Kind und ganz allein war, von vielen umzingeln lassen, um diesen jugendlichen Helden zu töten? Auch aufgrund dieser Untat wurdest du geschlagen, oh Sündhafter. Alle diese ungerechten Taten, die du uns zugesprochen hast, sind in Wirklichkeit durch dich begangen worden aus deiner sündhaften Natur heraus! Du hörtest nie auf die Lehren von Vrihaspati und Usanas. Du dientest nie demütig den Altehrwürdigen. Du hörtest nie ihre heilsamen Worte. Als Sklave deiner ungezügelten Habgier und deines Durstes nach Gewinn begingst du viele, wirklich ungerechte Taten. So ertrage jetzt die Folgen dieser Handlungen!

Darauf entgegnete Duryodhana:
Ich habe studiert, ordnungsgemäß viele Geschenke gegeben, die weite Erde mit ihren Meeren regiert und stand über den Häuptern meiner Feinde. Wer war so erfolgreich wie ich? Schließlich habe ich das Ende erreicht, das alle pflichtbewußten Kshatriyas verehren, den Tod im Kampf. Wer ist deshalb erfolgreicher als ich? Ich habe die menschlichen Vergnügungen genossen, die sogar Göttern würdig waren und nur schwer von anderen Königen erreichbar sind. Ich habe Wohlstand der höchsten Art besessen. Wer war glücklicher als ich? Mit all meinen Wohlgesinnten und jüngeren Brüdern steige ich zum Himmel auf, oh unvergänglich Ruhmreicher. So möget ihr mit unerreichten Zielen und voller Kummer in dieser unglücklichen Welt weiterleben!

Sanjaya fuhr fort:
Mit diesen Worten des intelligenten Königs der Kurus fiel eine dichte Dusche duftender Blüten vom Himmel herab. Die Gandharvas spielten auf ihren bezaubernden Musikinstrumenten, und die Apsaras besangen gemeinsam den Ruhm von König Duryodhana. Sogar die Siddhas riefen: „Lob dem König Duryodhana!“ Ringsherum erhoben sich duftende und köstliche Brisen. Alle Himmelsrichtungen wurden klar, und der Himmel erschien so blau wie Lapislazuli. Angesichts dieser äußerst wunderbaren Erscheinungen und der Verehrung, die Duryodhana dargebracht wurde, waren die von Vasudeva geführten Pandavas sehr beschämt. Sie hörten die Vorwürfe, daß Bhishma, Drona, Karna und Bhurisravas auf ungerechte Weise geschlagen wurden, so daß sie vom Kummer gequält sorgenvolle Tränen weinten. Und als Krishna die Pandavas voller Furcht und Kummer sah, da sprach er mit einer Stimme, so tief wie das Trommeln der Gewitterwolken:
Sie alle waren große Wagenkrieger und höchst vollendet im Gebrauch der Waffen. Mit all eurer ganzen Heldenkraft wärt ihr nicht imstande gewesen, sie im fairen Kampf zu schlagen. König Duryodhana konnte in einem fairen Duell niemals besiegt werden. Dasselbe galt für all jene mächtigen Wagenkrieger, die von Bhishma angeführt wurden. Mit dem Wunsch, euch Gutes zu tun, wandte ich wiederholt meine Macht zur Illusion an und sorgte dafür, daß sie durch verschiedene geschickte Mittel im Kampf geschlagen wurden. Wenn ich diese Mittel der Illusion im Kampf nicht genutzt hätte, wäre weder der Sieg noch das Königreich noch der Wohlstand euer gewesen. Diese vier Krieger waren wahrlich hochbeseelt und galten als Atirathas in der Welt. Die mächtigsten Regenten der Erde hätten sie im fairen Kampf nicht schlagen können. Entsprechend konnte auch der Sohn von Dhritarashtra, trotz seiner Erschöpfung, im fairen Kampf nicht einmal vom Stab Yamas besiegt werden, solange er mit seiner Keule bewaffnet war. Ihr solltet es nicht in eure Herzen lassen, daß dieser Feind von euch mit unfairen Mitteln geschlagen wurde. Wenn die eigenen Feinde in der Übermacht sind, dann sollte man ihren Untergang durch geschickte Mittel bewirken. Die Götter selbst haben im Kampf gegen die Dämonen diesen Weg beschritten. Deshalb kann dieser Weg, den die Götter gegangen sind, auch von allen anderen betreten werden. Auf diesem Weg sind wir mit Erfolg gekrönt worden. Doch es ist nun Abend, und wir sollten besser mit unseren Rossen, Elefanten und Wagen zu unseren Zelten aufbrechen. Dort laßt uns alle ruhen, ihr Könige!

Diese Worte von Vasudeva hörend, brüllten die Krieger der Pandavas und Panchalas voller Freude wie eine Schar von Löwen. Sie bliesen ihre Muschelhörner und Vasudeva selbst blies auf Panchajanya voller Heiterkeit angesichts des geschlagenen Duryodhanas, oh Bulle unter den Männern.


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