Pushpak Mahabharata Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 2 - Dhritarashtra klagt über das Schicksal

Vaisampayana sprach:
Nachdem die Damen entlassen waren, versank Dhritarashtra, der Sohn von Ambika, wie nie zuvor in die Tiefen des Kummers und begann, oh Monarch, sich im Wehklagen zu verlieren. Er atmete schwer wie im dichten Rauch, erhob wiederholt seine Arme und überlegte lange.

Dann sprach Dhritarashtra:
Ach, oh Suta, mein Geist ist voller Leiden, wenn ich von dir höre, daß die Pandava Brüder alle überlebt haben und keiner im Kampf aus ihrer Mitte gerissen wurde. Zweifellos ist mein hartes Herz aus der Essenz des Donnerkeils, weil es nicht zerbricht, wenn ich vom Tod all meiner Söhne höre. Denke ich an ihre Jugend, oh Sanjaya, und wie sie in ihrer Kindheit gespielt haben, dann will mein Herz zerspringen, wenn ich heute erfahre, daß sie alle vernichtet wurden. Obwohl ich aufgrund meiner Blindheit nie ihre Gestalten gesehen habe, hegte ich dennoch eine große Liebe zu ihnen entsprechend der natürlichen Zuneigung, die man für seine Kinder fühlt. Als ich hörte, wie sie ihre Kindheit durchlebten, in die Zeit der Jugend und dann in die frühe Männlichkeit eingingen, war ich äußerst froh, oh Sündloser. Doch wenn ich heute höre, daß sie getötet wurden und allen Wohlstand und alle Macht verloren, kann ich keine innere Ruhe mehr finden und bin überwältigt von dem Kummer wegen der Qual, die sie eingeholt hat. Ach, komm doch zurück zu deinem Vater, oh König der Könige (Duryodhana), der jetzt ohne jeglichen Beschützer ist! Wenn ich dich verloren habe, oh Starkarmiger, was wird mein qualvolles Ende sein? Warum, oh Herrscher, hast du alle versammelten Könige verlassen und liegst nun tot auf der bloßen Erde, wie ein gewöhnlicher und elender Mensch? Du warst die Zuflucht von Angehörigen und Freunden, oh Monarch. Wohin gehst du jetzt, oh Held, und verläßt mich, der ich blind und alt bin? Wo ist jetzt dein Mitgefühl, mein Sohn, deine Liebe und dein Respekt? Du warst unbesiegbar im Kampf, ach, wie wurdest du von den Pandavas geschlagen? Wer wird mich jetzt, wenn ich zur rechten Stunde vom Schlaf erwache, immer wieder mit lieben und respektvollen Worten ansprechen, wie „Oh Vater!“, „Oh großer König!“ oder „Oh Herr der Erde!“? Wer wird nun liebevoll mit feuchten Augen meinen Hals umarmen und mein Gebot suchen, indem er spricht „Befiehl mir, oh Nachkomme der Kurus!“? Sprich mich doch noch einmal mit deinen süßen Worten an, oh Sohn! Oh liebes Kind, ich hörte so gern von deinen Lippen deine Worte, als du sprachst:

„Diese weite Erde ist viel mehr unser, als Yudhishthira, dem Sohn der Pritha. Bhagadatta, Kripa, Shalya, die zwei Prinzen von Avanti, Jayadratha, Bhurisrava, Shala, Somadatta, Valhika, Aswatthaman, der Führer der Bhojas, der mächtige Prinz von Magadha, Vrihadvala, der Herrscher von Kasi, Shakuni, der Sohn von Suvala, und viele Tausende Mlechas, Sakas, Yavanas sowie Sudakshina, der Herrscher der Kambojas, der König der Trigartas, der Großvater Bhishma, Drona, der Sohn von Bharadwaja, der Sohn von Gotama (Kripa), Srutayus, Ayutayush, Satayush, Jalasandha, der Sohn von Rishyasringa, der Rakshasa Alayudha, der starkarmige Alambusha und der große Wagenkrieger Suvala - diese und viele andere Könige, oh Bester der Monarchen, haben für meine Sache ihre Waffen aufgenommen und sind bereit, ihr Leben im großen Kampf zu opfern. Zwischen ihnen auf dem Schlachtfeld aufgestellt und von meinen Brüdern umgeben, werde ich gegen all die Pandavas, Panchalas, Chedis, Söhne der Draupadi, Satyaki, Kuntibhoja und den Rakshasa Ghatotkacha kämpfen. Jeder von unseren Helden, oh König, könnte in seinem Zorn entbrannt allein im Kampf den Pandavas widerstehen, wenn sie angreifen. Was soll ich dann noch sagen, wenn sie vereint sind, die alle irgendwie von den Pandavas beleidigt wurden und nach Rache dürsten? Alle diese Krieger, oh Monarch, werden gegen die Anhänger der Pandavas kämpfen und sie im Kampf schlagen. Karna allein könnte mit mir zusammen die Pandavas besiegen. Danach werden alle heroischen Könige unter meiner Herrschaft leben. Ihr Führer, der mächtige Vasudeva, hat mir versichert, daß er für ihre Sache nicht seine Rüstung anlegen (bzw. seine Waffen erheben) wird, oh König.“

Auf diese Weise, oh Suta, hat Duryodhana häufig zu mir gesprochen. Ich hörte seine Worte und glaubte ihm, daß die Pandavas im Kampf geschlagen werden können. Wenn jedoch meine Söhne in der Mitte dieser Helden standen und selbst ihre ganze Kraft im Kampf gezeigt haben, aber trotzdem alle getötet wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn dieser Herr der Welt, der tapfere Bhishma, im Kampf auf Sikhandin traf und seinen Tod fand, wie ein Löwe von einem Schakal geschlagen wird, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn der Brahmane Drona, dieser Meister aller offensiven und defensiven Waffen, von den Pandavas im Kampf besiegt wurde, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn Bhurisravas im Kampf fiel, sowie Somadatta und König Valhika, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn Bhagadatta, der im Kampf vom Rücken der Elefanten höchst erfahren war, geschlagen wurde, sowie Jayadratha, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn Sudakshina, Jalasandha aus dem Puru Stamm, sowie Srutayus und Ayutayush geschlagen wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn der mächtige Pandya, dieser Erste aller Waffenträger, im Kampf durch die Pandavas getötet wurde, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn Vrihadvala und der mächtige König der Magadhas sowie der tapfere Ugrayudha, dieser Inbegriff aller Bogenschützen, die zwei Prinzen von Avanti (Vinda und Anuvinda), der Herrscher der Trigartas und auch unzählige Samsaptakas getötet wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn König Alambusha, der Rakshasas Alayudha und der Sohn von Rishyasringa getötet wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn die im Kampf unschlagbaren Truppen der Narayanas und Gopalas geschlagen wurden, sowie viele Tausende Mlechas, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn Shakuni, der Sohn von Suvala, und der mächtige Uluka, der Sohn dieses Glücksspielers, diese Helden an der Spitze ihrer Armee getötet wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Wenn unzählige hochbeseelte Helden, die im Gebrauch von allen Arten der Angriffs- und Verteidigungswaffen vollendet waren und an Kraft dem Indra glichen, im Kampf geschlagen wurden, oh Suta, wenn all die Kshatriyas aus verschiedensten Ländern in der Schlacht fielen, was kann es anderes sein als das Schicksal, oh Sanjaya? Wenn meine Söhne und Enkelsöhne sowie deren Freunde und Brüder, die mit größter Kraft gesegnet waren, getötet wurden, was kann es anderes sein als das Schicksal? Zweifellos wird der Mensch als Untertan des Schicksals geboren. Mit einem guten Schicksal trifft er immer auf das Gute. Ich habe kein gutes Schicksal und deshalb all meine Söhne verloren, oh Sanjaya. So alt, wie ich bin, wie soll ich jetzt der Herrschaft meiner Feinde gehorchen? Ich denke, nur das Exil in den Wäldern ist angebracht für mich, oh Herr. Ohne Verwandte und Angehörige, werde ich in die Wälder gehen. Nichts anderes als der Rückzug in die Wälder kann für mich besser sein, der ich in diese Notlage gefallen bin und meiner Flügel beraubt wurde, oh Sanjaya. Wenn Duryodhana getötet wurde, ebenso wie Shalya, Dushasana, Vivinsati und der mächtige Vikarna, wie sollte ich imstande sein, das Siegesgebrüll von Bhimasena zu ertragen, der allein meine hundert Söhne im Kampf geschlagen hat? Er wird immer wieder von dem Sieg über Duryodhana vor meinen Ohren sprechen. Voller Kummer und in Sorge brennend, werde ich seine grausamen Worte nicht ertragen können.

Vaisampayana fuhr fort:
So sprach der König im lodernden Kummer, und seiner Verwandten und Angehörigen beraubt, und wurde er immer wieder ohnmächtig, überwältigt von den Sorgen wegen des Todes seiner Söhne. Nachdem er lange Zeit geweint hatte, atmete Dhritarashtra, der Sohn von Ambika, schwere und heiße Seufzer bei jedem Gedanken an seinen Mißerfolg. Überwältigt vom Leiden und im Kummer brennend, befragte dann dieser Stier der Bharatas noch einmal seinen Wagenlenker Sanjaya, den Sohn von Gavalgana, über die Einzelheiten von dem, was geschehen war.

Dhritarashtra sprach:
Nachdem Bhishma und Drona sowie Karna, der Sohn des Suta, geschlagen wurden, wen machten meine Krieger zu ihrem Generalissimus? Die Pandavas töteten bald jeden, den meine Krieger zu ihrem Kommandanten im Kampf ernannten. Bhishma wurde an der Spitze der Armee vom diademgeschmückten Arjuna vor den Augen aller gestürzt. In gleicher Weise wurde auch Drona vor euren Augen geschlagen und sogar der tapfere Karna, der Sohn des Suta, wurde vor allen Königen getötet. Lange zuvor sagte mir der hochbeseelte Vidura voraus, daß durch die Schuld von Duryodhana unser Kuru Stamm ausgerottet würde. Nur Unwissende erkennen nicht, was direkt vor ihnen steht. Ich war so unwissend, als Vidura diese Worte zu mir gesprochen hatte. Was Vidura mit der rechtschaffenen Seele vorhersagte, der die Eigenschaften von allem kennt, ist genauso gekommen, und seine Worte waren nichts anderes als die Wahrheit. Doch getrieben vom Schicksal handelte ich nicht gemäß seinen Worten. Die Früchte dieses üblen Weges haben sich nun heute gezeigt. Oh Sanjaya, beschreibe mir noch einmal diese Früchte! Wer wurde der Führer unserer Armee nach dem Fall von Karna? Wer waren die Wagenkrieger, die gegen Arjuna und Krishna Vasudeva ankämpften? Wer beschützte im Kampf das rechte Rad vom Herrscher der Madras (Shalya)? Wer beschützte das linke Rad dieses Helden, als er in den Kampf zog? Wer beschützte seine Rückfront? Und wie konnten, während ihr alle versammelt ward, der mächtige König der Madras sowie meine Söhne durch die Pandavas geschlagen werden, oh Sanjaya? Erzähle mir ausführlich über diesen großen Untergang der Bharatas. Erzähle mir, wie mein Sohn Duryodhana im Kampf fiel. Erzähle mir, wie all die Panchalas mit ihren Anhängern sowie Dhrishtadyumna, Sikhandin und die fünf Söhne der Draupadi fielen. Erzähle mir, wie die fünf Pandavas und die zwei Satwatas (Krishna und Satyaki), sowie Kripa, Kritavarman und Aswatthaman, der Sohn von Drona, mit dem Leben davonkamen. Ich wünsche alles darüber zu hören, wie der Kampf geschah und welcher Art er war. Du bist, oh Sanjaya, im Erzählen wohlerfahren. So erzähle mir alles!


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