Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 94 – Rückzug der Kaurava Truppen

Sanjaya sprach:
Shalya, der Herrscher der Madras, beobachtete eine Weile deinen Sohn, wie er mit Angst im Gesicht und Kummer im Herzen versuchte, die Truppen zu sammeln. Dann sprach er zu Duryodhana:
Schau das gräßliche Feld der Schlacht, oh Held, wie es mit Bergen von toten Elefanten, Pferden und Männern bedeckt ist. Viele Pfade sind von den zerfleischten Elefanten ganz versperrt. In ihnen stecken noch die Speere, ihre Rüstungen sind zerschmettert, und all die Schwerter und Pfeile, die sie einst trugen, liegen verstreut in der Gegend herum. Die großen Tiere ähneln Felsen mit ihren Kräutern und Büschen, welche der Blitz spaltete und zu Fall brachte. Die Glocken, Eisenhaken, Lanzen und Standarten liegen auf dem Boden, die sich einst stolz in die Höhe reckten. Zuvor trugen sie Gold am Körper, nun sind sie in Blut gebadet. Andere Wege werden von toten oder verwundeten Pferden verstopft, die unter großen Schmerzen noch schwer atmen, Blut erbrechen und voller Pfeile sind. Manche von ihnen wimmern leise, andere beißen mit rollenden Augen in die Erde und wieder andere wiehern herzerweichend. Ganze Teile des Schlachtfeldes sind mit toten Reitern und Elefantenkriegern gefüllt, welche von ihren Tieren geschleudert wurden. Und auch Wagenkrieger liegen am Boden, gewaltsam wurden sie von ihren Wagen getrennt. Viele sind schon tot, andere liegen in Agonie. Gräßlich sieht die Erde nun aus, mit den Leichnamen, abgetrennten Gliedern und zerbrochenen Wagenteilen. Furchtbar ist der Anblick, von all dem Leben, welches sich nun in Schmerzen wälzt, leise wimmert oder Blut erbricht. Die Rüstungen der Krieger sind fort, auch ihre Flanken oder Rücken beschützenden Kameraden, die Köcher und Waffen und Standarten –alles zerbrochen, vernichtet und tot. Die Erde gleicht nun dem schrecklichen und großen Strom Vaitarani im Reich Yamas, oder dem dunklen und schweren Wolkenhimmel, in dem sich riesige Berge auftürmen. Der Boden mit den vielen Sterbenden und Gestorbenen scheint wie mit erlöschenden Feuern übersät. Karna und Arjuna haben viele tausende Leben ausgelöscht, und ihre Pfeile, die sich erst durch die Körper der Tiere und Menschen bohrten, traten dann in die Erde ein wie mächtige Schlangen sich in die niederen Bereiche zurückziehen. Kaum passierbar ist das Schlachtfeld wegen der Toten, zerbrochenen Wagen und Waffen in großen Haufen. Ach, sieh nur die vielen zertrümmerten Wagen und Waffen. Alle Arten von Bruchstücken liegen herum, immer noch voller Juwelen, Perlen und Gold. Weil so viele königliche Wagen ihrer Krieger beraubt von den Pferden wild davongezogen wurden und weil so viele Krieger flohen, ist deine Armee in alle Winde zerstreut. Sie ließen alles fallen auf ihrer Flucht: goldene Keulen, Streitäxte, gezogene Schwerter, Schlagstöcke, Bögen mit schönen Ornamenten und Pfeile mit Federn aus reinstem Gold. Von den Wagen fielen die Schirme und Wedel. Die Aufbauten der Elefanten sind zerschmettert. Und die Krieger tragen ihre Ornamente, kostbaren Kronen, Blumengirlanden und Halsketten nicht mehr. Viele verloren auch ihre schön geschmückten und allen Luxus gewöhnten Häupter. Sie verließen ihre Körper, Vergnügungen, Kleider und Familien, erlangten großen Verdienst gemäß den Tugenden ihrer Kaste und stiegen unverzüglich in die strahlenden Regionen der Glückseligkeit auf. Kehre dich um, oh Duryodhana. Zieh die Truppen zurück. Laß sie alle im Lager ausruhen, oh Herr. Die Sonne steht bereits tief am Himmel, oh Ehrenspender. Und denke daran, oh Herrscher der Menschen, daß du die Ursache von allem hier bist.

Mit Trauer im Herzen schwieg Shalya, während Duryodhana verzweifelt weinte und klagte: „Oh Karna, oh Karna!“. Aswatthaman und die anderen Könige trösteten Duryodhana und führten ihn sacht ins Lager, während sie sich immer wieder nach Arjunas hochaufragender Standarte umschauten, die vor Ruhm aufzulodern schien. Es war eine unheimliche Stunde, in der zwar alles ringsum strahlte, doch die sonst bis zum Äußersten entschlossenen Kaurava Krieger konnten nicht mehr durchhalten, als sie das Schlachtfeld sahen, so voller blutiger Leichname zwischen denen das Gold der Ornamente hervorblitzte. Sie selbst waren unkenntlich geworden, wegen des Blutes in ihren Gesichtern, und alle beklagten Karnas Tod. So zogen sie gemeinsam in ihr Lager, als die Sonne sich rötlich färbte.

Nachruf für Karna

Und Karna blieb zurück, den Körper mit Arjunas goldenen und scharfen Pfeilen gespickt, und doch strahlend und heldenhaft sogar im Tode. Es schien, als ob der ruhmreiche Sonnengott, welcher seine Anhänger immer freundlich behandelt, mit seinen glänzenden Strahlen Karnas blutigen Körper noch einmal streichelte, und dann kummervoll und sich verdunkelnd zum anderen Ozean ging, um sich zu reinigen. All die anderen, himmlischen Geschöpfe taten es ihm nach und gingen wieder ihrer Wege, genauso wie die Krieger auf Erden, welche den grausigen Zweikampf zwischen Arjuna und Karna staunend oder furchtsam miterlebt hatten. Karnas Gesichtszüge blieben schön, der Tod konnte ihn nicht entstellen, obwohl er zuletzt große Schmerzen gelitten hatte. Allen erschien sein toter Körper wie in Gold getaucht, glänzend und noch am Leben, was viele mit Ehrfurcht erfüllte. Als ob er gleich seine Befehle rufen würde, so unverändert kam er allen vor. Sein schöner Hals ragte aus der Rüstung, das Gesicht wetteiferte noch immer mit dem glänzenden Mond, die Kleider zeigten ihre edle Herkunft, und die schönen Ornamente schmückten den Helden nach wie vor. Er lag hingestreckt wie ein großer Baum, der noch all seinen Schmuck an Blättern und Zweigen trug. Doch sein Feuer hatten Arjunas Pfeile gelöscht, und seine Energie war nun gestillt. Er verließ diese Welt und nahm seinen strahlenden Glanz mit sich, den er sich auf Erden mit tapferem Kampf errungen hatte. Mit der Energie seiner Waffen hatte er die Pandava Heerscharen verbrannt, Schauer von Pfeilen ausgesandt und damit wie der große, tausendstrahlige Surya das Universum aufgeheizt. Mit seinen Söhnen und Gefolgsleuten war der Held gegangen, der eine Hilfe für Bittsteller war, wie ein Kalpa Baum die Zuflucht für viele Vogelschwärme ist. Wenn sie ihn baten, dann war seine Antwort immer: „Ich gebe.“, und niemals „Ich habe nicht.“. Die Gerechten haben ihn dafür stets gelobt, und nun war er im Zweikampf gefallen. All seinen Reichtum hatte er den Brahmanen gewidmet, und es gab nichts in seinem Leben, was er jenen nicht gegeben hätte. Er war der Liebling der Damen, außerordentlich freigebig und ein mächtiger Wagenkrieger. Von Arjunas Waffen geschlagen, gelangte er zum höchsten Ende. Auf ihn vertrauend schürte dein Sohn die Feindschaften in der Familie. Doch nun ging Karna in den Himmel ein und nahm alle Hoffnung auf Sieg mit sich, allen Frohsinn und jedweden Schutz. Als Karna fiel, standen die Flüsse still, die Sonne wurde bleich und ging unter, und Merkur, der Sohn des Mondes, leuchtete hell auf und schien schräg durchs Firmament zu gleiten. Auf einmal schien sich der Himmel zu spalten, die Erde schrie auf und heftige und gewaltsame Winde bliesen. Alle Himmelsrichtungen loderten auf, obwohl sie mit Rauch gefüllt waren. Die Meere waren aufgewühlt und brüllten unheimlich. Die Berge und Wälder erzitterten, und alle Geschöpfe fühlten Schmerz, oh Herr. Jupiter griff die Konstellation Rohini an, und strahlte so hell wie der Mond. In allen Richtungen strahlte es am Horizont, doch das Himmelsgewölbe selbst war dunkel. Dann bebte die Erde, und lodernde Meteore fielen herab. Rakshasas und viele Wanderer der Nacht jubilierten, während andere Geschöpfe im Himmel und auf Erden wehklagten, als Arjuna mit seinem scharfen Pfeil den schönen Kopf Karnas abschlug, welchen Gandharvas, Götter und viele Menschen verehrten.

Arjuna selbst strahlte göttlich nach seinem Sieg. Er fuhr auf seinem laut ratternden und sonnengleich glänzenden Wagen, dessen Banner weithin sichtbar und achtungsvoll wehte. Die Pferde hatten die Farbe kostbarer Muscheln und glichen denen Indras, und die beiden Männer auf dem Wagen verfügten über himmlische Energie. Mit Gold, Juwelen, Perlen, Edelsteinen, Diamanten und Korallen wurden die Helden verehrt, und bewegten sich gemeinsam und völlig furchtlos über das Schlachtfeld. Mit aller Kraft nahm er dem Feind seinen Glanz, indem Arjuna seinen Bogen Gandiva spannte und Schauer an Pfeilen über das Kuru Heer niederregnen ließ. Arjuna mit dem Affenbanner und Krishna mit Garuda im Banner nahmen freudig ihre laut tönenden Muschelhörner in die Hand, eine jede mit Gold verziert und so weiß wie Schnee. Gleichzeitig führten sie die Muscheln an ihre Lippen und bliesen hinein, so daß der Ton sich schmerzhaft in die Herzen der Feinde schnitt. Das Dröhnen von Panchala und Devadatta erfüllte Himmel und Erde und die Feinde mit Furcht. Das Echo hallte von Bergen, Wäldern und Flüssen aus allen Richtungen wider, und erfreute Yudhishthira sehr. Und die letzten Kuru Krieger verließen das Schlachtfeld und zogen sich bei diesem Klang zurück. Viele Wesen kamen zu Arjuna und Krishna, und beglückwünschten die strahlenden Helden zu ihrem Erfolg. Von Karnas Pfeilen durchbohrt sahen auch die beiden so prächtig wie aufgehende Sonnen aus, deren Strahlen sich nach allen Seiten ausbreiten. Sie zogen sich die Pfeile heraus, warfen sie beiseite, und von Freunden und wohlmeinenden Männern umgeben zogen sie in ihr Lager wie die Herren Vasava und Vishnu, welche von Opferpriestern gerufen wurden. Auch die Götter, Gandharvas, Charanas, großen Rishis, Yakshas und Nagas gratulierten den energievollen Helden und ehrten sie nach ihrem gräßlichen Kampf mit Karna. Und sie empfingen ihre Freunde gemäß ihres Alters, wurden von ihnen gelobt und gepriesen, und freuten sich wie die Himmlischen und Vishnu, nachdem Bali besiegt worden war.


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