Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 93 – Das Kaurava Heer auf der Flucht

Dhritarashtra fragte:
Was war der Zustand der beiden Heere, nachdem sie im Kampf zwischen Karna und Arjuna von so vielen Waffen getroffen wurden?

Sanjaya antwortete:
Höre aufmerksam, oh König, welch gräßliches Gemetzel unter Menschen und Tieren geschah. Als Arjuna nach Karnas Fall sein Löwengebrüll ertönen ließ, trat große Furcht in die Herzen deiner Söhne ein. Keiner deiner Anführer dachte mehr daran, die Truppen zu sammeln, zu ermuntern oder sogar selbst zu kämpfen. Die Zuflucht der Truppen war mit Karna zerstört, und wie Schiffbrüchige trieben sie hilflos über den großen Pandava Ozean. Geängstigt, verwundet, ohne Anführer und schutzsuchend benahmen sie sich wie eine Herde Kühe, die von Löwen bedroht wird. Sie flohen wie Stiere mit zerschmetterten Hörnern oder Schlangen ohne Giftzähne davon. Ihr bester Held war nun geschlagen, sie selbst waren von den Pfeilen des Feindes geschwächt und verwirrt flohen sogar deine Söhne vom Schlachtfeld. Die Waffen waren verloren, die Rüstungen zerbrochen, und kaum noch einer konnte sich mit schwindenden Sinnen orientieren. Auf ihrer blinden Flucht verletzten sie sich gegenseitig und riefen ängstlich: „Jetzt ist Arjuna hinter mir her! Es ist Bhima, der mich angreift!“ Sie alle waren bleich, als sie flohen oder fielen. Sie rannten zu Fuß davon, trieben ihre Pferde oder Elefanten hektisch an oder ratterten mit ihren Wagen davon, sich gegenseitig stoßend, erdrückend und zermalmend. Wie Menschen ohne Beschützer, die von Räubern und Raubtieren eingekesselt sind, zitterten deine tapferen Krieger ohne Karna, und sie glichen Männern ohne Waffen und Arme. Überall schien ihnen Arjuna zu erscheinen, und überall lauerte die Angst vor Bhima.

Als Duryodhana seine Leute wehklagend vom Kampf wegrennen sah, rief er entschlossen seinem Wagenlenker zu:
Niemals wird Arjuna mich verletzen können, wenn ich auf meinem Wagen stehe und den Bogen in der Hand halte. Fahr zu und führe die Pferde langsam hinter die Truppen. Wenn ich vom Rücken der Armee aus kämpfe, wird er mich nicht überwältigen können, wie der tiefe Ozean nicht die Ufer übertreten kann. Und wenn ich Krishna, Arjuna, den stolzen Bhima und all meine anderen Feinde schlage, befreie ich mich von der Schuld Karna gegenüber.

Der Wagenlenker folgte den Worten deines Sohnes, die eines Helden würdig waren und jeden Mann ehren. Langsam brachte er die goldgeschmückten Pferde in Position, und fünfundzwanzigtausend Fußsoldaten bereiteten sich zum Kampf vor. Bhima und Dhrishtadyumna zogen ihnen mit allen Kräften des vierfachen Heeres entgegen, um den Kampf zu beginnen. Manche deiner Krieger riefen fordernd Bhimas und Dhrishtadyumnas Namen, was Bhima höchst erregte. Mit der Keule in der Hand sprang er vom Wagen ab, und kämpfte gegen deine Krieger. Fair war sein Verhalten, denn zu Fuß forderte er deine Fußsoldaten heraus. Mit seiner massigen, goldverzierten Keule zermalmte er schon bald viele von seinen Gegnern, wie viele Fußsoldaten ihn zornig und ihres Lebens nicht achtend auch angriffen. Denn wer immer den starken Bhima angriff, so mächtig und tapfer er auch war, der verlöschte wie ein Insekt in der Flamme. Flink wie ein Falke bewegte sich Bhima mit seiner Keule und vernichtete alle fünfundzwanzigtausend Männer, um dann wieder auf seinem Wagen bei Dhrishtadyumna seine Stellung zu beziehen.

Die Zwillinge Nakula und Sahadeva zogen in der Zwischenzeit mit Satyaki gegen Shakuni. Schnell hatten sie sich durch dessen Kavallerie durchgekämpft und griffen nun Shakuni selbst an. Arjuna wollte gegen die Wagenabteilung der Kauravas kämpfen, doch die meisten flohen schon beim Anblick seiner weißen Pferde und seines Banners davon. Nachdem Bhima wieder auf seinem Wagen stand, rückte er mit Dhrishtadyumna vor. Auch Dhrishtadyumnas Wagen hatte weiße Pferde angespannt, und der mächtige Bogenkrieger erschien äußerst schön und prachtvoll. Seine Standarte war hoch und aus dem Stamm eines Kovidar Baumes gemacht. Auch vor ihm flohen deine Krieger in Panik davon. Die Zwillinge und Satyaki kamen von ihrem Angriff auf Shakuni zurück, und Chekitana, Sikhandin und die Söhne der Draupadi hatten erfolgreich gegen deine Einheiten gekämpft, oh König, und bliesen nun ihre Muschelhörner. Und obwohl all diese Helden sahen, wie deine Truppen das Antlitz vom Kampf abwanden und flohen, so verfolgten sie sie doch, wie wütende Stiere den besiegten Gegner noch vor sich her jagen. Arjuna entdeckte einen Rest deiner Armee, der noch standhaft aushielt, und griff ihn unverzüglich mit Schauern an Pfeilen vom gefeierten Gandiva an. Sein heftiger Angriff wirbelte so viel Staub auf, daß eine Weile niemand mehr etwas sehen konnte. In dieser Dunkelheit rannten nun auch noch die letzten Krieger deines Heeres angstvoll davon. So war nur noch Duryodhana übrig, der entschlossen gegen die Pandavas zog und sie forderte wie einst der Asura Bali alle Götter. Die Pandava Helden nahmen die Herausforderung an, vereinten sich und schossen auf den nahenden Duryodhana alle Arten von Waffen und auch Schimpfworten ab. Doch furchtlos schoß dein Sohn hunderte und tausende Pfeile zurück. Sein Heldenmut in diesem Augenblick war wunderbar anzusehen, denn allein und ohne Unterstützung kämpfte er gegen die vereinten Pandavas.

Auch sammelte er ehrenhaft die Truppen, die noch nicht so weit gerannt waren, und rief ihnen ermunternd zu:
Ich sehe keinen Fleck auf Erden oder in den Bergen, wo ihr euch vor den Pandavas verstecken könntet. Welchen Zweck hat diese Flucht? Nur noch wenige Kräfte hat das feindliche Heer zur Verfügung. Auch die beiden Krishnas sind verwundet und erschöpft. Wenn wir alle standhaft bleiben, ist der Sieg unser. Doch wenn wir entzweit davonrennen, werden uns die sündigen Pandavas alle verfolgen und von hinten schlagen. Bevor dies geschieht, ist es besser, im ehrenhaften Kampf zu fallen, denn der Tod in der Schlacht bringt hohen Lohn. Kämpft und folgt den Pflichten eines Kshatriya. Tote kennen kein Elend mehr, denn sie erfreuen sich an den ewigen Bereichen der Glückseligen nach diesem Leben. Hört mich, ihr Krieger, sammelt euch. Yama schont weder den Helden noch den Feigling. Wer würde also so närrisch sein und als pflichtbewußter Kshatriya nicht kämpfen? Würdet ihr euch lieber der Macht des wütenden Feindes Bhima unterstellen? Es frommt euch wahrlich nicht, die Pflichten zu vernachlässigen, die eure Väter und Großväter schon befolgten. Es gibt keine größere Sünde für einen Kshatriya, als vom Kampf zu fliehen. Und es gibt keinen gesegneteren Pfad in den Himmel für euch, als die Pflicht der Schlacht. Und wenn ihr fallt, dann erfreut euch am Himmel!

Doch schwer angeschlagen hörte keiner auf die Worte deines Sohnes, und die Männer rannten nach allen Seiten davon.


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