Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 87 – Beschreibung der Helden Arjuna und Karna

Sanjaya fuhr fort:
Als Karna gegen Arjuna zog, liefen ihm die Tränen der Verzweiflung und Wut über das Gesicht, denn der Tod seines Sohnes Vrishasena schmerzte ihn sehr. Als die beiden Wagen ihre Stellungen einnahmen, da strahlten sie wie zwei Sonnen. Beide zogen weiße Pferde, und beide Krieger strahlten in himmlischem Glanze, als ob Sonne und Mond am Himmel beieinander stünden. Die Wesen schauten staunend zu, als sich die beiden auf den Kampf vorbereiteten, denn es schien, Indra und Bali wären bereit, um die drei Welten zu streiten. Die Krieger beobachteten ebenfalls mit Verwunderung, wie sich die beiden Standarten einander näherten, der Elefantengurt und der Affe, und unter das Rattern der Wagenräder und Sirren der Bogensehne von Karna und Arjuna mischte sich das Kriegsgeschrei der Könige auf beiden Seiten. Die Kauravas und Pandavas bliesen die Muscheln und trommelten laut, um Karna bzw. Arjuna zu unterstützen. Und mit Händeklatschen und lautem Gebrüll wurde der Lärm ohrenbetäubend, schon bevor sich die beiden Krieger trafen.

Alle betrachteten die beiden Tiger unter den Männern mit ihren vorzüglichen Bögen, den vielen Pfeilen und anderen Waffen sowie den hohen Standarten. Beide waren in Rüstungen gehüllt und hatten das Schwert am Gürtel befestigt. Beide hatten edle Schimmel, welche den Wagen zogen, und treffliche Muschelhörner. Der eine hatte Krishna und der andere Shalya zum Wagenlenker. Beide waren große Krieger und schauten auch so aus. Beide hatten kräftige Nacken und lange Arme, rote Augen und goldglänzende Girlanden. Beider Bögen schienen Blitze auszusenden, und beide hatten reiche Vorräte an Waffen. Beide hatten schöne Yakwedel und weiße Schirme über ihren Häuptern. Beide verfügten über schöne Köcher und waren ausgesprochen gutaussehend. Die Glieder hatten sie mit Sandelpaste bedeckt, und beide hatten die Ausstrahlung gereizter Stiere. Beide hatten eine breite Brust und große Stärke. Sie forderten sich auf Leben und Tod, und stürmten aufeinander zu wie zwei mächtige Stiere, zwei wütende Elefantenbullen oder zwei gewaltige Schlangen. Prachtvoll sahen sie aus in ihrer Kampfbereitschaft, und ihr Zorn glich zwei Planeten, die sich zur Vernichtung der Welten am Ende der Yugas erheben. Sie beide waren von himmlischen Vätern gezeugt worden und waren so schön und so energiereich wie Götter. Wahrlich, es schien, als ob Sonne und Mond beschlossen hatten, gegeneinander zu kämpfen. Sie beide waren mächtig und fühlten großen Stolz auf ihre Meisterschaft im Kampf. Alle Truppen sahen mit Freude, wie energisch die beiden aufeinander losgingen. Doch beim Anblick dieser beiden Tiger fragten sich viele, wer wohl gewinnen würde. Denn beide waren erfahren, geschickt und wohl geübt. Beide hatten die Macht über viele himmlische Waffen. Und beide hatten sich schon großen Ruhm erworben, denn ihre Künste im Kampf glichen denen von Indra und dem Asura Samvara. Ja, man konnte sie beide mit Kartavirya, oder Rama, dem Sohn des Dasaratha vergleichen, was die Meisterschaft in der Schlacht anbelangte. Und beide verfügten über Energie wie Vishnu oder Shiva selbst.

Im Himmel bilden sich Parteien

Auch die Scharen der himmlischen Siddhas und Charanas kamen herbei, um die beiden strahlenden Helden auf ihren prächtigen Wagen zu bestaunen. Die Truppen der Kauravas umringten sogleich Karna, wie die Truppen der Pandavas es auch voller Freude mit Arjuna taten. Und so wurden die beiden Helden zum Einsatz der ganzen Armeen, während die Soldaten die Mitglieder der Versammlung und die Zuschauer des Spiels waren. Nur Niederlage oder Sieg waren noch möglich. Der Zorn der Helden wuchs ins Unermeßliche, als sie sich wie zwei zerstörerische Kometen gegenüberstanden. Sogar im Himmel begannen Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten und Schmähungen in Sachen Karna und Arjuna. Denn die Bewohner des Himmels waren gespalten. Götter, Danavas, Gandharvas, Pisachas, Schlangen und Rakshasas nahmen unterschiedliche Seiten ein, hielten es entweder mit Karna oder Arjuna. Das Firmament mit den Sternen sorgte sich um Karna, während die weite Erde wie eine Mutter für Arjuna fühlte. Auch die Flüsse, Meere, Berge und Pflanzen waren auf Seiten des diademgeschmückten Arjuna. Während die Asuras, Yatudhanas, Guhyakas, Raben und anderen Wanderer der Lüfte es mit Karna hielten. Die Juwelen und kostbaren Edelsteine, die vier Veden mit den Geschichten als der fünften, die Upavedas und Upanishaden mit all ihren Mysterien, auch (die großen Schlangen) Vasuki, Chitrasena, Takshaka, Upatakshaka, die Nagas und Giftschlangen, überhaupt alle Abkömmlinge der Kadru mit ihren Kindern und Enkelkindern sowie die Berge waren für Arjuna. Indras Elefant Airavata und seine Kinder, die Kinder der wünscherfüllenden Kuh Surabhi, die Nachfahren von Vaishali und die Bhogins (ebenfalls Schlangen) – auch sie waren für Arjuna. Die ganz kleinen Schlangen jedoch waren auf Seiten Karnas. Wölfe, Hirsche und glücksverheißende Tiere wünschten Arjuna den Sieg. Auch die Vasus, Maruts, Saddhyas, Rudras, Vishwadevas, Aswins, Agni, Indra, Soma, Pavana und die zehn Himmelsrichtungen waren für Arjuna. Dafür eiferten alle Adityas für Karnas Sieg, wie auch die Vaisyas, Shudras, Sutas und vermischten Kasten. Die Himmlischen mit den Pitris, Yama, Kuvera und Varuna waren für Arjuna, wie auch die Brahmanen, Kshatriyas, Opfer und Geschenke namens Dakshina. Die Preta Geister, Pisachas, aasfressenden Tiere, Rakshasas, Meeresmonster, Hunde und Schakale traten für Karnas Sieg ein. Die Scharen der Himmlischen, zweifachgeborenen Rishis und Gandharvas mit Tumburu an der Spitze feuerten Arjuna an. So kamen alle Apsaras und himmlischen Musiker, welche die Nachfahren von Pradha und Mauni waren, auf allen Arten von Tieren oder Wagen heran, auch zu Fuß oder auf Wolken und mit dem Wind, und wollten den Kampf zwischen Arjuna und Karna sehen. In diesem großen Gewimmel und Getöse nahmen auch die Askese, die Wissenschaft und die himmlischen Kräuter mit den verschiedenen Tugenden ihren Platz im Himmel ein.

Dann kam Brahma mit den großen Rishis und dem Herrn aller Geschöpfe, Shiva selbst, auf seinem Wagen. Und Indra bat Brahma: „Möge mein Sohn Arjuna gewinnen und Karna besiegen.“, während Surya bat: „Möge mein Sohn Karna gewinnen und Arjuna schlagen.“ Ja, sogar Indra und der Sonnengott, diese beiden höchsten Wesen, hatten unterschiedliche Seiten eingenommen und stritten miteinander. Und die drei Welten erzitterten bei dem Anblick, wie die Götter und Asuras sich gegenüber standen. Die Götter baten Brahma sogar: „Mögen die beiden Helden gleichen Erfolg gewinnen, damit nicht das ganze Universum vernichtet wird, wenn die beiden gegeneinander kämpfen. Oh Selbstgeborener, sprich ein Unentschieden aus.“

Der Sieger wird von Shiva und Brahma verkündet

Da verbeugte sich Indra vor dem Großen Vater und sprach auch zu Shiva, dem Gott der Götter, diesem Klügsten aller Wesen:
Es wurde einst vom Heiligen Selbst gesagt, daß die beiden Krishnas immer den Sieg erringen. Möge es sein, wie du gesprochen hast. Sei gnädig mit mir, oh Heiliger.

Und Brahma und Shiva antworteten dem Herrn der Himmlischen:
Der Sieg des hochbeseelten Arjuna ist gewiß, denn er hat Agni, dem Verschlinger der geklärten Butter, im Khandava Wald willig gedient, und als er in den Himmel kam, hat er dir, oh Indra, alle Hilfe gewährt. Karna ist auf Seiten der Danavas, daher wird er auf Niederlage treffen. Somit geht ein jeder den Weg, der richtig ist. Der hochbeseelte Arjuna ist der Tugend und Wahrhaftigkeit ergeben, er muß siegreich sein. Außerdem hat er den großen Gott mit dem Bullen im Zeichen erfreut (Shiva) und Vishnu, den Herrn des Universums, zum Wagenlenker. Mit großer Energie von Körper und Geist ist er ein wahrer Held. Neben seinem Geschick in Waffen verfügt er auch über asketischen Verdienst und trägt das ganze Wissen der Waffen in sich. Wahrlich, er ist würdig. Aufgrund seiner Größe überschreitet er das Schicksal selbst, sei es nun günstig oder nicht, was eine große Vernichtung der Geschöpfe bedeutet. Sind die beiden Krishnas von Zorn erfüllt, vernichten sie alles. Die beiden sind die Schöpfer aller realen und unrealen Dinge. Die beiden sind Nara und Narayana, die Ältesten und Besten der Rishis. Niemand könnte über sie herrschen, denn sie sind die Herrscher von allem. Sie sind vollkommen furchtlos und die Geißel aller Feinde. Weder im Himmel noch auf Erden könnte sich jemand mit nur einem von ihnen messen. Die drei Welten, die Charanas und die himmlischen Rishis schreiten hinter ihnen her. Auch alle Götter und Geschöpfe. Das gesamte Universum existiert durch ihre Macht. Möge Karna, dieser Bulle unter den Männern, die besten Regionen der Glückseligkeit hier erlangen. Möge er die Identität der Vasus oder Maruts erhalten. Möge er mit Drona und Bhishma im Himmel geehrt sein, denn er ist tapfer und heldenhaft. Und möge der Sieg den beiden Krishnas gelten.

Indra ehrte die beiden Götter Brahma und Shiva, grüßte auch alle Wesen und sprach zu ihnen:
Ihr habt vernommen, was die beiden Götter zum Wohle des Universums gesprochen haben. So sei es und nicht anders. Seid wieder frohen Herzens.

Nach diesen Worten Indras fühlten alle Wesen Verwunderung und lobten die Gottheit. Die Himmlischen ließen duftende Blüten regnen und bliesen ihre Trompeten. Und alle blieben, um den unvergleichlichen Kampf zwischen den beiden Löwen unter den Männern zu bezeugen.

Da standen die beiden Wagen mit ihren weißen Pferde und hohen Standarten. Mit lautem Rattern bewegten sie sich und waren von den eigenen Leuten umgeben. Überall wurden Muschelhörner geblasen. Und die Schlacht, die nun folgte, war heftig und furchtbar und erfüllte alle Ängstlichen mit Grausen. Die Standarten der beiden Helden strahlten hoch und prachtvoll wie die Planeten Rahu und Ketu am Firmament zur Zeit der universalen Auflösung. Der Elefantengurt auf Karnas Banner glich einer tödlichen Giftschlange. Aus Juwelen und Edelsteinen gemacht war das Bild sehr stark und so schön wie Indras Bogen. Und Arjunas vorzüglicher Affe hatte sein Maul weit geöffnet und sah mit seinen gefährlichen Zähnen schrecklich aus. Wie die Sonne am Mittag konnte man ihn kaum ansehen. Kampfeslustig sprang Arjunas Affe auf Karnas Banner und bearbeitete es heftig mit Zähnen und Klauen, wie Garuda über eine Schlange herfällt. Doch mit seinen klingenden, eisenharten Glöckchen schlang sich Karnas Elefantengurt zornvoll um den Affen. So kämpften erst die beiden Banner der Helden gegeneinander in diesem wilden Zweikampf, der damals im Würfelspiel begonnen hatte. Auch die Pferde der Helden wieherten gegeneinander an. Shalya und Krishna warfen sich harte Blicke zu, doch Krishna überwältigte mit seinen Blicken den Gegner, wie auch Arjuna den seinen.

Doch lächelnd sprach Karna zu Shalya:
Wenn Arjuna mich heute schlägt, sag mir aufrecht, oh Freund, was wirst du dann tun?

Shalya antwortete:
Wenn du tot bist, werde ich selbst Krishna und Arjuna schlagen. Ja, auf einem einzigen Wagen werde ich gegen die beiden kämpfen, wenn du fällst.

Auch Arjuna wollte dies von Krishna wissen, doch Krishna antwortete gelassen:
Vielleicht fällt die Sonne vom Himmel, die Erde spaltete sich in tausend Teile oder das Feuer erkaltet. Doch Karna wird dich nicht schlagen können, oh Arjuna. Wenn dies nämlich geschehen sollte, dann stünde die Zerstörung des Universums bevor. Und was mich anbelangt, mit bloßen Händen werde ich Karna und Shalya besiegen.

Da sprach auch Arjuna lächelnd zum niemals ermüdenden Krishna:
Selbst vereint sind Shalya und Karna mir nicht ebenbürtig. Du wirst es sehen, wie ich Karnas Banner und Standarte, Shalya und den Wagen, Schirm und Bogen und alle Waffen mit meinen Pfeilen in Stücke schneide. Zu Staub wird er werden, vom Sturm zermalmt wie ein Baum im Wald. Heute werden seine Ehefrauen zu Witwen. Bestimmt haben sie letzte Nacht schon von schlechten Omen geträumt. Ich kann meinen Zorn kaum zügeln, wenn ich daran denke, wie der Lump handelte, lachte und scheußliche Worte sprach, als Draupadi in die Versammlung gezerrt wurde. Bald, oh Krishna, wirst du sehen, wie ich ihn zertrümmere wie ein wütender Elefant einen blühenden Baum. Heute wirst du Karnas Fall bezeugen und die süßen Worte hören: „Welch gutes Schicksal, oh du aus dem Geschlecht der Vrishnis, denn der Sieg ist dein.“ Heute kannst du Abhimanyus Mutter trösten, denn die Schuld an den Feind ist abgegolten. Und auch Kunti, deine Tante, kannst du mit leichtem Herzen trösten, wie auch Draupadi, die so viele Tränen vergoß, und König Yudhishthira, den Gerechten, mit Worten so süß wie Nektar.


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