Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 66 – Yudhishthira wähnt Karna bereits tot

Mit vor Jubel bebender Stimme sprach Yudhishthira:
Willkommen Dir, der du Devaki zur Mutter hast, und auch willkommen Dir, oh Arjuna. Euer Anblick ist mir eine außerordentliche Freude. Denn ich sehe, daß ihr beiden unverletzt den mächtigen Wagenkrieger Karna geschlagen habt. Er war in der Schlacht wie eine gefährliche Schlange, die ihr tödliches Gift versprüht. Er war ein Meister aller Waffen. Er war der Anführer der Söhne Dhritarashtras und ihr Beschützer wie eine Rüstung. Wenn er kämpfte, wurde er immer von Vrishasena und Sushena begleitet, die selber große Bogenkämpfer waren. Der Energiereiche hat seine Lektionen bei Rama empfangen und war unbesiegbar im Kampf. Als Wagenkrieger wurde dieser Beste in der ganzen Welt gefeiert. Er war der Retter der Söhne Dhritarashtras und stand an ihrer Spitze. Er vernichtete große Scharen von Feinden. Und als einer, der immer Duryodhana zu Gefallen handelte, war er stets bereit, uns Kummer zuzufügen. Ach, nicht einmal die Götter mit Indra hätten ihn in der Schlacht besiegen können. In Energie und Macht glich er den Göttern des Feuers und des Windes. Standhaft war er und unergründlich wie die Unterwelt. Er erfreute seine Freunde und lehrte die Feinde das Fürchten. Es ist ein großes Glück, daß ihr beiden ihn nun geschlagen habt und wie zwei Himmlischen vor mir steht, die einen Asura vernichtet haben. Heute, oh Krishna und Arjuna, kam es zu einer großen Schlacht zwischen mir, der ich ohne zu zögern kämpfte, und dem Helden, der dem Vernichter aller Geschöpfe glich. Er fällte meine Standarte, meine beiden Parshni Wagenlenker, die Pferde und den Wagen direkt vor den Augen Satyakis, Dhrishtadyumnas, der Zwillingen Nakula und Sahadeva, des heldenhaften Sikhandins, der Söhne der Draupadi und aller Panchalas. Erst schlug er mit gewaltiger Energie unzählige Krieger, und dann besiegte er mich, obwohl ich bis zum Äußersten kämpfte. Danach verfolgte er mich, schüttelte alle meine Beschützer ab und beschimpfte mich grob. Daß ich noch am Leben bin, habe ich nur der Anwesenheit Bhimas zu verdanken. Was soll ich noch sagen, oh Arjuna? Es ist unmöglich, solche Demütigung zu ertragen. Aus Angst vor Karna habe ich dreizehn Jahre des Nachts keinen Schlaf gefunden und am Tag keine Ruhe. Dieser Unfriede ließ mich brennen, oh Bruder. Und ich floh vor ihm wie der Vogel Vaddhrinasa (Clay/Bowles: wie ein Elefant mit abgetrenntem Rüssel), denn ich wußte, der Moment meiner Vernichtung würde kommen. Die ganze Zeit erfüllte mich der Gedanke, wie man Karna in der Schlacht besiegen könne. Und ob ich wach war oder schlief, immer sah ich Karna vor mir. Die ganze Welt war mir voller Karna! Die Frucht vor ihm ließ ihn mich immer sehen, egal wohin ich ging. Und dann, als er mich besiegt hatte, ließ er ab von mir, der Held, der sonst niemals in der Schlacht zurückweicht. Welchen Nutzen haben noch Königreich oder Leben für mich, nachdem Karna „pfui“ über mich rief? Nie zuvor geschah mir dies bei Bhishma, Kripa oder Drona in der Schlacht, was mir heute durch die Hand des Sohnes eines Suta geschah. Und deshalb, mein Bruder, erkundige ich mich nun nach deinem Wohlbefinden.

Oh erzähle mir ganz genau, wie du Karna, diesen gewaltigen Wagenkrieger, besiegt hast! Er glich Indra im Kampf, Yama an Heldenmut und Rama in der Waffenkunst. Wie konnte er geschlagen werden? Alle achteten ihn als großen Wagenkrieger, der alle Kriegskünste beherrschte. Er war unter den besten Bogenkämpfern – dieser eine Mann unter allen Männern. Oh Prinz, wegen dir wurde er von Dhritarashtra und seinen Söhnen immer geehrt. Wie konntest du ihn schlagen? In allen Dingen hat Duryodhana den Karna als deinen Tod erachtet, oh Bulle unter den Männern. Wie hast du es geschafft, ihn im Kampf zu besiegen? Wie hast du ihm vor seinen Freunden das Haupt vom Rumpf getrennt - wie ein Tiger einem Ruru Hirsch den Kopf abreißt? Karna hat in der Schlacht die ganze Gegend nach dir abgesucht und jedem einen Wagen mit sechs riesenhaften Bullen versprochen, der dich ihm zeigt. Und nun frage ich dich, liegt dieser Karna mit der niederen Seele nun endlich auf dem blanken Boden, von deinen spitzen Pfeilen mit Kanka Federn getötet? Oh, wenn du diesen Sohn eines Suta geschlagen hast, vollbrachtest du eine mir äußerst freudige Tat. Hast du ihn wirklich besiegt, diesen arroganten, stolzen und ständig von seinem Heldenmut prahlenden Mann? Hast du den sündhaften Karna wirklich geschlagen, der dich immer herausgefordert und anderen wegen dir prachtvolle Wagen aus Gold mit Elefanten, Pferden und Stieren versprochen hat? Hast du heute endlich diesen sündigen Lumpen getötet, der dem Duryodhana so lieb war, und der vor den Kurus immer hochmütig aufgetreten ist? Liegt er auf der Erde, die Glieder zerfleischt und blutgetränkt von deinen himmelsstürmenden Pfeilen? Sind die beiden Stützen Duryodhanas nun endlich zerbrochen? Und gingen seine überstolzen und närrischen Worte also nicht in Erfüllung, als er damals vor allen prahlte: „Ich töte Arjuna!“? Oh Sohn von Indra, hast du den kaum wissenden Karna getötet, der einst schwur, so lange seine Füße nicht zu waschen, solange du lebst? Diesen Karna, der damals zu Draupadi sprach: „Warum verläßt du nicht die Pandavas, die keine Macht haben und schwach und gefallen sind?“. Diesen Karna, der gelobte, nicht von der Schlacht zurückzukehren, ohne Krishna und Arjuna getötet zu haben. Und ich frage dich noch einmal: Liegt er leblos auf dem Schlachtfeld, dieser Mann mit den sündigen Verständnis? Du weißt um die Natur der Schlacht zwischen den Srinjayas und Kauravas, in der ich in diese gräßliche Notlage geriet. Hast du ihn mit deinen lodernden Pfeilen von Gandiva getötet und ihm den strahlenden Kopf mit seinen goldenen Ohrringen vom Rumpf getrennt? Als mich Karnas Pfeile trafen, habe ich an dich gedacht, mein Held. Und hast du meinen Gedanken an seinen Tod wahr gemacht? Nur weil Karna ihm allen Schutz versprach, hat uns Duryodhana immer mißachtet. Und hast du ihm heuten diesen Schutz mit deiner heldenhaften Macht genommen? Du weißt doch, Karna hat uns damals vor allen Kurus taube Sesamsamen ohne Kerne genannt. Ist er tot? Mit gemeiner Seele hat er gelacht und Dushasana geboten, Draupadi gewaltsam in die Versammlung zum Würfelspiel zu zerren. Fand er wirklich den Tod durch deine Hand? Karna wurde damals lediglich als halber Wagenkrieger eingeschätzt, als die Rathas und Atirathas von Bhishma aufgezählt wurden, und dafür hat er Bhishma, unseren Großvater, gerügt. Ist er nun wirklich tot? Oh lösche dieses Fieber in meinem Herzen, oh Arjuna, das aus Rachsucht geboren und vom Wind der Demütigung angefacht wurde. Und erzähl mir ganz genau, wie du mit ihm gekämpft und ihn geschlagen hast. Die Nachricht von seinem Tod erleichtert mich sehr. Also erzähl mir alles. Wie der göttliche Vishnu auf die Ankunft Indras wartete, um vom Tode Vritras zu erfahren, so lange habe ich auf dich gewartet, oh Held.


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