Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 37 – Gespräch zwischen Shalya und Karna

Sanjaya erzählte weiter:
Als Karna seine Position auf dem Wagen eingenommen hatte und deutlich Kampfbereitschaft zeigte, da schrien die Kaurava Truppen vor Freude laut auf. Mit Trommelwirbel, Waffensirren und Kriegsgeschrei marschierten die Armeen zum Schlachtfeld und machten nur den Tod zu ihrem Haltepunkt. Als auch Karna sich in Bewegung setzte, zitterte die Erde und dröhnte laut. Die sieben großen Planeten inklusive der Sonne schienen sich aufeinander zu zu bewegen. Man sah Meteoritenschauer, und die Himmelsrichtungen loderten auf. Donner grollte aus einem wolkenlosen Himmel, und scharfe Winde bliesen. Die Tiere und Vögel blieben in großem Scharen der Armee zur Rechten und zeigten damit großes Elend an. Gleich zu Anfang stolperten Karnas Pferde, und ein gräßlicher Knochenregen fiel zur Erde herab. Die Waffen der (Kuru) Krieger leuchteten auf, ihre Standarten schwankten, und ihre Tiere, oh Monarch, weinten dicke Tränen. Viele solcher böser Omen erschienen an jenem Morgen und sprachen von der Vernichtung der Kurus. Doch vom Schicksal betäubt achtete niemand auf diese Vorzeichen. Den Blick auf Karna gerichtet schrien alle Anführer „Sieg!“, und erachteten die Pandavas als bereits geschlagen.

Karna dachte an den Tod von Bhishma und Drona und loderte auf in feuriger Pracht. Auch die Fähigkeiten Arjunas bedachte er und brannte in Selbsttäuschung, Hochmut und Zorn, so daß er hart und tief atmete und zu Shalya sprach:
Wenn ich auf meinem Wagen stehe und den Bogen gespannt halte, dann fürchte ich nicht einmal Indra, wenn er zürnend und mit dem Blitz bewaffnet auf mich zielte. Wenn ich all die großen Krieger erschlagen auf dem Feld liegen sehe, dann spüre ich keine Besorgnis. Die unbesiegbaren und makellosen Helden Bhishma und Drona, diese vorzüglichen Kämpfer und Vernichter von Wagen, Pferden, Elefanten und Männern wurden vom Feind geschlagen, doch ich empfinde keine Angst vor dem Kampf. Warum vernichtete nicht Drona, dieser Erste aller Brahmanen, unsere Feinde, wo er doch sah, wie die Mächtigsten unserer Anführer mitsamt Wagen und Elefanten geschlagen wurden und er um die höchsten Waffen wußte? Wenn ich dies so bedenke, dann sage ich dir aufrecht – und hört mir alle zu, ihr Kurus – es gibt außer mir niemanden weit und breit, der in der Lage wäre, dem angreifenden Arjuna zu stehen, diesem Krieger, welcher dem Tod in seiner schrecklichsten Form gleicht. In Drona waren Geschick und Praxis, Macht, Tapferkeit, Erfahrung und die höchsten Waffen. Wenn sogar dieser Hochbeseelte dem Tod unterliegen mußte, dann erachte ich alle anderen als schwach und schon an der Schwelle des Todes. Auch nach reiflicher Überlegung finde ich in dieser Welt niemanden, der standhaft wäre im Angesicht unvermeidbarer Tatsachen. Der Lehrer ist tot, und wer könnte jetzt noch sicher sein, den heutigen Lauf der Sonne zu überleben? Wenn der Lehrer starb, dann können weder gewöhnliche noch himmlische Waffen, Macht, Heldentum, Erfolge oder kluge Politik das Glück eines Menschen sichern. In Energie glich Drona der Sonne, in Heldenmut dem Vishnu und in Erfahrung dem Vrihaspati. Er war unwiderstehlich, und doch konnten ihn seine Waffen nicht bewahren. Doch wenn unsere Frauen und Kinder weinen und laut klagen, und wenn der Heldenmut unserer Truppen am Boden liegt, dann weiß ich, oh Shalya, daß ich derjenige bin, der kämpfen muß. So bring mich vor die Armee des Feindes. Wer, außer mir, kann sich diesen Truppen entgegenstellen, unter denen sich der königliche Sohn des Pandu, welcher fest in der Wahrheit gegründet ist, Arjuna, Bhima, Satyaki und die Zwillinge befinden? Oh Herrscher der Madras, bring mich schnell vor die Panchalas, Srinjayas und Pandavas. Entweder vernichte ich sie oder gehe selbst den Pfad ins Reich Yamas, den Drona schon genommen hat. Denke nicht, oh Shalya, daß ich vor diesen Helden fliehe! Diese inneren Streitigkeiten kann ich nicht tolerieren, auch wenn ich dem Pfade Dronas folgen werde. Ob weise oder dumm, jeder wird nach Ablauf seiner Zeitspanne vom Vernichter gleichermaßen in Empfang genommen, und niemand kann entkommen. Schon darum, oh Gelehrter, werde ich gegen die Pandavas ziehen. Auch ich kann meinem Schicksal nicht entgehen. Duryodhana war mir immer wohlgesonnen, oh König. Für seine Ziele werde ich meinen geliebten Lebensatem geben und diesen Körper, der so schwer aufzugeben ist. Diesen schönen Wagen mit den Tigerfellen, dem goldenen Sitz, der geräuschlosen Achse, dem dreifachen Banner aus Silber und diese vorzüglichen Pferde – dies alles gab mir Rama. Schau auch diese schönen Bögen, die Standarte, die Keulen, die Speere mit der gefährlichen Form, das blinkende Schwert – all diese mächtigen Waffen, und auch das Muschelhorn mit dem Schrecken erregenden, lauten Dröhnen. Auf diesem Wagen, unter dem tiefen Rattern seiner Wagenräder und von den weißen Pferden gezogen werde ich all meine heldenhaften Kräfte zeigen und Arjuna, diesen Bullen unter den Kriegern, töten. Und wenn der Tod selbst, dieser universale Vernichter, ihn mit Feuereifer beschützen würde, ich schlüge und besiegte ihn doch, damit er Bhishma folge. Ach, was mache ich viele Worte – selbst Yama, Varuna, Kuvera und Indra könnten vereint den Sohn des Pandu nicht vor mir bewahren!

Shalya hörte die Worte des euphorisch auf den Kampf brennenden und prahlenden Karna eine Weile an, dann lachte er laut und höhnisch und gab ihm folgende, dämpfende Worte:
Halt ein, halt ein, oh Karna und prahle nicht weiter! Du bist euphorisch erregt und sagst Dinge, die du nie sagen solltest. Wo steht Arjuna, dieser Beste der Männer, und wo stehst du, oh niederer Mann? Wer außer Arjuna konnte ungestraft die jüngere Schwester von Krishna rauben und damit das Haus der Yadus aufwühlen, welches vom jüngeren Bruder Indras beschützt wird wie Indra den Himmel selbst beschützt? Wer außer dem heldenhaften Arjuna konnte in einem Streit um ein Tier den Herrn der Herren und Schöpfer der Welten, Shiva, zum Kampf fordern? Um Agni zu erfreuen vernichtete er Asuras, Götter, große Schlangen, Menschen, Tiere, Pisachas, Yakshas und Rakshasas mit seinen Pfeilen und übergab sie dem Gott zur gewünschten Nahrung. Erinnerst du dich an die Gelegenheit, oh Karna, als Arjuna mit seinen vorzüglichen, sonnenhell strahlenden Pfeilen Duryodhana und seine streitbaren Brüder aus den Händen der Gandharvas befreite? Und erinnerst du dich auch daran, daß du bei dieser Gelegenheit als erster geflohen warst? Und als die Kauravas Viratas Kühe stahlen und vor Hochmut beinahe platzten, weil sie an Kriegern und Tieren in großer Überzahl waren und auch noch Drona, Aswatthaman und Bhishma als ihre Beschützer dabei hatten, und dann doch von Arjuna besiegt wurden – warum hast du damals Arjuna nicht geschlagen? Es zeigt sich nun eine neue, vorzügliche Schacht, welche die Gelegenheit zu deiner Vernichtung bietet. Wenn du aus Angst vorm Feind diesmal nicht wegrennst, oh Sohn eines Suta, dann sei gewiß, daß du heute geschlagen wirst.

Heftig und bewegt hatte Shalya harte Worte zu Karna gesprochen und dabei dessen Feind so sehr gelobt, daß Karna wutentbrannt antwortete:
Laß es sein! Laß es sein! Warum suhlst du dich in Lobpreisungen Arjunas? Uns steht eine Schlacht bevor. Erst wenn er mich besiegt hat, sind deine Lobeshymnen zur rechten Zeit gesungen.

Shalya erwiderte kurz „So möge es sein!“ und gab keine weitere Antwort. Und als Karna auf den Tigerfellen seines schönen Streitwagens ihm noch einmal kampfbegierig gebot: „Fahre weiter!“, da brachte ihn Shalya mit seinen weißen Pferden vor den Feind, wie die Sonne sich vor eine dunkle Wolkenwand schiebt.


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