Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 31 – Am Morgen des siebzehnten Tages der Schlacht

Dhritarashtra sprach:
Mir scheint, Arjuna kann alles und jeden nach Belieben schlagen! Nicht einmal der Vernichter selbst könnte ihm in der Schlacht entkommen, wenn Arjuna seine Waffen gegen ihn erheben würde. Ganz allein raubte er sich Subhadra, und ganz allein erfreute er Agni! Ganz allein unterwarf er die Erde und forderte von allen Königen Tribut. Ganz allein besiegte er mit seinem himmlischen Bogen die Nivatakavachas. Ganz allein kämpfte er mit Mahadeva (Shiva), der als Jäger vor ihm erschienen war. Ganz allein beschützte er die Bharatas und erfreute Bhava. Ganz allein besiegte er die Könige der Erde mit seinem grenzenlosen Heldenmut. Den Kurus kann man keine Schuld geben. Im Gegenteil, sie verdienen Lob (daß sie gegen ihn kämpften). So erzähle mir, was sie nun unternahmen. Und erzähle mir, was Duryodhana als nächstes tat, oh Suta.

Sanjaya antwortete:
Getroffen, verwundet, von ihren Wagen geworfen, ihrer Waffen beraubt und die Tiere verloren – so schleppten sich die Kaurava Truppen mit kläglichem Gejammer und brennend vor Kummer in ihre Zelte. Die Anführer setzten sich zur Beratung zusammen und glichen getretenen Schlangen, denen man die Giftzähne gezogen hatte.

Karna atmete ärgerlich zischend, preßte seine Hände zusammen, blickte auf deinen Sohn und sprach:
Arjuna ist immer wachsam, standhaft, geschickt und klug. Und zur rechten Zeit berät ihn Krishna. Heute wurden wir von seinem plötzlichen Geschoßhagel überrannt. Doch morgen, oh Herr der Erde, werde ich all seine Angriffe vereiteln.

Duryodhana gab zur Antwort „So sei es.“, und erteilte den Königen die Erlaubnis, sich zurückzuziehen. Am nächsten Morgen schauten sie frohen Mutes der Schlacht entgegen, und beschauten sich die unbesiegbare Schlachtordnung, die König Yudhishthira sorgfältig und nach den Regeln von Vrihaspati und Usanas aufgestellt hatte. Und Duryodhana rief sich das Heldentum Karnas ins Gedächtnis, diese Abwehr aller Feinde, den Krieger mit den Nacken eines Stieres, Indra selbst ebenbürtig an Heldenkraft, den Maruts gleich an Macht und den Kartavirya an Energie. Wahrlich, das Herz des Königs neigte sich Karna, dem mächtigen Bogenkrieger, zu, wie auch die Herzen aller Truppen, so wie man sich einem Freund in großer Gefahr zuwendet.

Da fragte Dhritarashtra:
Und was unternahm Duryodhana als nächstes, als alle Hoffnung auf Karna ruhte? Schauten meine Krieger auf den Sohn des Suta wie Erfrierende sich der Sonne zuwenden? Wie kämpfte Karna an diesem Tag? Und wie kämpften die Pandavas mit Karna? Der starkarmige Karna wollte ganz allein die Pandavas und Srinjayas schlagen, denn die Kraft seiner Arme ist der von Indra oder Vishnu ebenbürtig. Seine Waffen sind furchtbar und auch sein Heldenmut. Auf den hochbeseelten Karna vertrauend setzte mein Sohn sein Herz auf Kampf. Und was tat Karna, als er sah, wie die Söhne Pandus ihre Macht ausbreiteten? Weh, mein närrischer Sohn hat voll und ganz darauf vertraut, daß Karna die Pandavas mit ihren Söhnen und auch Krishna besiegt. Und welchen Kummer bereitet es mir jetzt, daß Karna mit all seiner Stärke dies nicht vermochte! Zweifellos ist das Schicksal das Höchste. Weh, das gräßliche Ende dieses Würfelspiels steht nun bevor. Und all diese herzzerreißenden Sorgen aufgrund von Duryodhanas Taten, oh Sanjaya, muß ich nun ertragen, so zahlreich und schmerzhaft wie Pfeile. Oh Herr, Shakuni wurde einst als guter Berater erachtet, und Karna war meinem Sohn Duryodhana immer sehr zugetan. Ach, wenn es denn so wäre, warum muß ich dann beständig von den Niederlagen und Verlusten meiner Söhne hören? Niemand kann den Pandavas in der Schlacht die Stirn bieten. Sie dringen in meine Armee ein, wie ein Mann in eine hilflose Frau. Das Schicksal bestimmt wahrlich alles.

Sanjaya gab zur Antwort:
Oh König, bedenke wohl deine Taten, die gerechten wie auch das Würfelspiel. Die Gedanken der Menschen kreisen oft um Vergangenes, doch dies sollte man nicht tun. Denn solches Grübeln ruiniert einen. Wie oft wurde dir gegen einen Krieg mit den Pandavas geraten? Damals hast du Wissender nicht überlegt, ob deine Handlungen angemessen sind oder nicht. Und nun ist das Ergebnis deiner Taten weit vom Erwarteten entfernt. Denn du hast schwerwiegende sündige Taten gegen die Pandavas begangen, und daher werden die Könige nun vernichtet. Doch all dies ist Vergangenheit. So traure nicht, oh König mit dem niemals endenden Glanz, und höre im Detail wie das Gemetzel geschah.

Karnas Bitte an Duryodhana

Bei Tagesanbruch begab sich Karna zu König Duryodhana und sprach zu ihm:
Heute werde ich mich in die Schlacht mit Arjuna, dem ruhmreichen Sohn des Pandu, versenken. Entweder schlage ich heute den Helden oder er mich. Es war wohl den Umständen geschuldet, daß dieser Zweikampf zwischen uns bisher nicht stattfand. So höre meine Worte, oh Monarch, die ich entschlossen spreche. Ohne Arjuna getötet zu haben, komme ich heute nicht zurück. Unsere Armee wurde vieler großer Krieger beraubt, und ich stehe an der Spitze. Daher wird Arjuna den Kampf mit mir suchen, vor allem auch, weil ich den Speer von Indra nicht mehr habe. Nun höre, oh Herrscher der Menschen, was günstig wäre. Die Energie meiner himmlischen Waffen ist der von Arjuna ebenbürtig. Doch im Abwehren der Angriffe mächtiger Feinde, in der Leichtigkeit der Hand, im Schußbereich der Pfeile, in Geschick und Zielsicherheit ist mir Arjuna nicht gewachsen. Auch was die körperliche Stärke, den Mut, das Wissen um Waffen und den Heldenmut anbelangt, gleicht Arjuna mir nicht. Mein Bogen Vijaya ist die Beste aller Waffen. Visvakarma schuf ihn für Indra, und mit ihm hat Indra die Daityas besiegt. Schon sein Klang hat die Daityas meinen lassen, der Himmel sei leer. Indra gab den geachteten Bogen an Bhrigus Sohn Rama (mit der Axt), und dieser gab ihn mir. Und mit diesem himmlischen und vorzüglichen Bogen werde ich den starkarmigen Arjuna, diesen siegreichen Bogenschützen, bekämpfen wie Indra die Daityas bekämpfte. Mein Bogen, dieses Geschenk von Rama, ist Gandiva überlegen. Mit ihm überrannte Rama dreiundsiebzig mal die ganze Erde. Heute werde ich dich und deine Freunde glücklich machen, oh Duryodhana, indem ich den heldenhaften Arjuna mit dem Bogen von Rama schlage. Heute wird die ganze Erde mit ihren Bergen, Seen und Wäldern dein sein, ohne daß ein mächtiger Krieger dir entgegensteht. Und du wirst über die Erde herrschen, wie auch deine Söhne und Enkelsöhne. Heute gibt es nichts, was ich nicht erreichen werde, zumal das Ziel dir angenehm ist. Heute werde ich erfolgreich sein, wie asketischer Verdienst nicht an einem vorübergeht, der beständig nach Tugend strebt und seine Seele zügelt. Arjuna wird mich heute nicht ertragen können, wie ein Baum die Berührung des Feuers. Doch ich muß dir auch sagen, in welchem Punkt ich Arjuna unterlegen bin. Die Sehne seines Bogens ist himmlisch, der Bogen selbst unzerstörbar in der Schlacht, und seine beiden Köcher sind unerschöpflich. Trotzdem ist mein Bogen dem seinen überlegen. Doch sein Wagenlenker ist Krishna. Ich habe keinen solchen. Krishna ist in allen Welten verehrt. Sein himmlischer, goldverzierter Wagen wurde ihm von Agni gegeben und ist undurchdringlich. Seine Pferde sind so schnell wie der Gedanke, und sein Banner mit dem lodernden Affen ist außerordentlich wunderbar. Und Krishna, der Schöpfer des Universums, hält seine Zügel und beschützt den Wagen. In diesen Dingen bin ich Arjuna unterlegen. Doch ich wünsche, mit ihm zu kämpfen.

Nur Shalya, dieses Juwel in der Schlacht, ist Krishna ebenbürtig. Wenn er mein Wagenlenker würde, wird dir der Sieg gewiß sein. So laß den unbesiegbaren Shalya meinen Wagen führen. Laß eine große Anzahl Karren mit meinen Langpfeilen und den Pfeilen mit Geierfedern beladen. Laß viele Wagen mit exzellenten Pferden anspannen, die mir immer folgen, oh Bulle der Bharatas. Wenn du dies veranlaßt, werde ich Arjuna überlegen sein. Shalya ist besser als Krishna, und ich bin besser als Arjuna. So wie Krishna aus dem Geschlecht der Dasarhas das Wissen um die Pferdeführung hat, so hat es auch Shalya. Niemand kommt an Shalya, den Herrscher der Madras, heran, was die Kraft seiner Arme anbelangt. Ich kenne die Waffen am besten und Shalya die Pferde. Wenn diese Umstände eintreten, bin ich Arjuna überlegen. Und dann werden selbst die Götter es nicht wagen, meinen Wagen anzugreifen. Wenn du all das arrangierst und ich meinen Platz auf dem Wagen einnehme, dann werde ich Arjuna in allen Eigenschaften eines Kriegers übertreffen und ihn besiegen. Oh Bester der Kurus, ich möchte, daß du dies alles für mich tust, oh Monarch. Mögen meine Wünsche erfüllt werden, ohne Zeit zu verlieren, oh Geißel deiner Feinde. Wenn du dies tust, gewährst du mir die wirksamste Hilfe in allen Dingen. Und du wirst sehen, was ich im Kampf alles erreichen kann. Mit allen Mitteln will ich die Söhne Pandus besiegen, wenn sie mich angreifen. Selbst die Götter und Dämonen können nicht gegen mich bestehen, was also noch von den menschlichen Söhnen des Pandu reden?

Sanjaya fuhr fort:
Nach diesen Worten ehrte dein Sohn den Karna und antwortete mit frohem Herzen:
Tue, was du wünschst, oh Karna. Mit guten Köchern und Pferden ausgestattet, werden dir die Wagen in die Schlacht folgen. Mögen so viele Wagen mit allen Arten von Pfeilen beladen werden, wie du es wünschst. Und wir alle werden dir in den Kampf folgen, oh Karna.

Dann begab sich dein Sohn entschlossen zum Herrscher der Madras, um mit ihm zu sprechen.


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