Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 20 – Pandya gegen Aswatthaman

Dhritarashtra sprach:
Du hast zwar den Namen des weltweit gefeierten Kämpfers schon erwähnt, doch von den Heldentaten des Pandya hast du mir noch nichts erzählt, oh Sanjaya. Berichte mir in allen Einzelheiten von dem Geschick des großen Helden, seinem Geist, seiner Energie, seinem Stolz und dem Ausmaß seiner Macht.

Sanjaya erzählte:
Du hältst Bhishma, Drona, Kripa, Aswatthaman, Karna, Arjuna und Krishna für vollkommene Meister aller Waffen und die besten Wagenkämpfer. Doch wisse, oh König, Pandya schätzt sich höher als all diese herausragenden Krieger. Niemals war er davon überzeugt, daß irgendein König ihm ebenbürtig wäre. Niemals erachtete er Karna oder Bhishma als ihm gleichgestellt. Und in seinem Herzen lebte niemals der Gedanke, daß er Arjuna und Krishna auf irgendeine Weise unterlegen sein könnte. Ja, so war Pandya, dieser Erste aller Waffenträger und Beste aller Könige. Mit zorniger Entschlossenheit schlachtete er die Armee Karnas nur so dahin. Und das riesige, wogende Heer mit allen Wagen und Tieren begann sich vor ihm zu drehen wie eine Töpferscheibe. Pandya trieb die Krieger wie der Wind vor sich her und zerstörte jegliche Aufstellung, denn er schlug Pferde, Elefanten, Wagen und Fußsoldaten gleichermaßen. Er zerschmetterte die Standarten und Banner der Feinde und überrannte die Kämpfer nebst ihren Reittieren, so daß ihre Waffen wie Splitter von einem Berg abprallten. Auch Wurfpfeile und Lanzen konnten ihn nicht aufhalten, er zerfleischte mit seinen Pfeilen die Pulindas, Khasas, Valhikas, Nishadas, Andhakas, Tanganas, Südländer, Bhojas und alle jene, die sich ihm mit Mut und Hartnäckigkeit entgegenstellten. Erst fielen die Waffen, dann die Rüstungen und am Ende die Krieger selbst.

Als Aswatthaman die große Vernichtung durch Pandya sah, stellte er sich furchtlos dem unter deinen Kriegern wütenden Helden. Lächelnd und mit süßen Worten sprach Aswatthaman zu Pandya und forderte ihn heraus:
Oh König mit den Augen wie Lotusblüten, edel ist deine Geburt und groß dein Können. Deine Macht wird gefeiert, und du bist Indra ebenbürtig. Wenn du mit deinen massigen Armen den Bogen mit der starken Sehne spannst, dann siehst du herrlich aus wie eine große Regenwolke, die ihre Tropfen so dicht ausschüttet wie du deine heftigen Pfeile. Ich sehe niemanden hier außer mir, der es mit dir aufnehmen könnte. Ganz allein zermalmst du ganze Wagen, große Elefanten und zahllose Fußsoldaten und Pferde, wie ein starker Löwe eine Herde Rehe im Wald. Die Erde und das Himmelsgewölbe erklingen vom Gerassel deiner Wagenräder, und du strahlst herrlich wie eine laut brüllende Wolke im Herbst. Zieh die gefährlichen Pfeile aus deinem Köcher und kämpfe nur noch mit mir, wie der Asura Andhaka mit der dreiäugigen Gottheit.

Pandya stimmte zu „So sei es.“, Dronas Sohn gab das Zeichen „Kämpfe!“ und griff mit Heftigkeit an. Pandya (auch Malayadhwaja) schoß als Antwort einen bärtigen Pfeil auf Aswatthaman, der lächelnd gräßliche Pfeile zurücksandte, die tief in die lebenswichtigen Organe eindringen konnten. Größer wurden die Geschosse, die Aswatthaman als nächstes wählte, und spitz und schnell schossen seine Pfeile durch den Himmel: aufwärts, abwärts, gerade und in Kurven. Doch mit neun Pfeilen wehrte Pandya den kunstvollen Angriff ab, und schoß vier Pfeile auf die Pferde seines Gegners, welche daraufhin sofort tot zu Boden fielen. Als nächstes zerschnitt er Aswatthamans gespannte Bogensehne. Doch dieser spannte einen neuen Bogen, und in derselben Zeit hatten seine Leute ihm neue Pferde angespannt. Dann sandte Aswatthaman tausend Pfeile auf seinen Gegner und füllte den Himmel in allen Richtungen mit seinen Waffen. Und obwohl Pandya wußte, daß die Pfeile vom hochbeseelten Sohn des Drona wahrlich unerschöpflich waren, schnitt er sie doch entzwei und tötete sogleich die beiden Beschützer von Aswatthamans Wagenrädern. Aswatthaman bemerkte wohl die Leichtigkeit und das Geschick seines Gegners. Er spannte seinen Bogen zum Kreis und entließ ganze Schauer an Pfeilen. An nur einem Achtel des Tages schoß Dronas Sohn ganze acht Wagenladungen an Pfeilen ab, die von jeweils acht starken Ochsen gezogen wurden. Zu dieser Zeit wähnte jeder, den Zerstörer des Zerstörers zu sehen, und vielen schwanden die Sinne. Wie dichte Schwaden gingen die Geschosse über dem gegnerischen Heer nieder. Doch Pandya zerstreute wie der Wind mit der Vayavya Waffe die unerträglichen Schauer und brüllte freudig. Nun zerschnitt Aswatthaman die Standarte des brüllenden Pandya und tötete seine vier Pferde. Mit einem einzigen Pfeil schlug er den Wagenlenker seines Feindes, zerschnitt mit einem sichelförmigen Pfeil den Bogen des großen Helden Pandya und zerstückelte alsdann seinen Wagen in kleine Teile. Alle Angriffe seines Gegners wehrte er bravourös ab, zerschnitt alle seine Waffen und tötete ihn dennoch nicht, obwohl er die Gelegenheit hatte, dem Zweikampf die todbringende Krone aufzusetzen. Lieber wollte Aswatthaman noch ein wenig mit ihm weiter kämpfen.

In der Zwischenzeit hatte Karna vernichtend gegen die große Elefantenabteilung der Pandavas gekämpft. Er hatte mit zahllosen Pfeilen alles verwundet und geschlagen, was in seiner Nähe war. Und in dem Moment, als Aswatthaman den Pandya noch schonte, kam ein riesiger, führerloser Elefant mit großen Stoßzähnen und allem Kriegsgerät rasend vor Schmerzen herbeigerannt. Er trampelte auf seinem Weg alles nieder und kam brüllend auf Pandya zu. Pandya nutzte die Gelegenheit und erklomm gewandt das große Tier, denn er wußte wohl um die Kunst, vom Rücken eines Elefanten aus zu kämpfen. Er lenkte den bergesgroßen Elefanten kraftvoll mit dem Haken und schoß mit kühlem Kopf und großer Kraft eine glänzende Lanze auf Aswatthaman ab. Wieder und wieder brüllte er: „Du bist besiegt! Du bist besiegt!“. Doch die Lanze zertrümmerte nur das kostbare Diadem, welches Aswatthaman trug, und all die wertvollen Juwelen und Diamanten aus den besten Gewässern, die Goldteile, edlen Stoffe und Perlenschnüre rollten zu Boden. Dies ließ Aswatthaman im Zorn auflodern wie eine getretene Schlange, und er nahm vierzehn todbringende Pfeile zur Hand. Mit fünf von ihnen trennte er dem Elefanten seines Gegners Beine und Rüssel ab. Unter dreien rollten Arme und Kopf des mächtigen Helden zu Boden und mit den restlichen sechs Pfeilen tötete er die sechs Krieger, die König Pandya gefolgt waren. Die schönen, runden und mit Sandelpaste eingeriebenen Arme von Pandya wanden sich am Boden mit ihren Goldringen, dem Diamanten- und Perlenschmuck wie ein Paar Schlangen, welche die Opfer Garudas geworden waren. Und auch der Kopf mit dem strahlenden Gesicht, der markanten Nase und den kupferroten Augen fiel mit seinen glänzenden Ohrringen auf die Erde. Der König war von Aswatthaman mit drei Pfeilen in vier Teile und sein Elefant mit fünf Pfeilen in sechs Teile gespalten worden, welche nun wie zehn Opfergaben für zehn Gottheiten verteilt bereit lagen. Erst hatte König Pandya zahllose Männer und Tiere in Teile geschnitten und sie den Rakshasas als Nahrung angeboten. Doch nun hatten ihn die lodernden Pfeile von Dronas Sohn zum Erlöschen gebracht, wie die Flammen eines Scheiterhaufens mit Wasser gelöscht werden, wenn sie ihre Opfergabe in Gestalt eines leblosen Körpers erhalten hatten. Und dein Sohn, oh König, begab sich zu Aswatthaman, um diesen großen Meister aller Waffen nach seiner vollbrachten Heldentat mit großem Respekt zu ehren, wie einst Indra freudig den Vishnu ehrte, nachdem er den Asura Vali geschlagen hatte.


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