Pushpak Mahabharata Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 202 – Kampf zwischen Arjuna und Aswatthaman

Sanjaya erzählte weiter:
Als die Truppen brachen, zog Arjuna mit der unermeßlichen Seele gegen Aswatthaman. Nur mit Mühe konnten er und Krishna die Krieger wieder sammeln und in Schlachtordnung bringen. Und einige Zeit war er der Einzige, der, von den Somakas und Matsyas unterstützt, noch seine Pfeile gegen die Kurus sandte.

Schnell drang er zu Aswatthaman vor und sprach zu ihm:
Zeige mir deine Macht, deine Energie, dein Wissen und deine Männlichkeit. Und auch deine Zuneigung für die Armee Dhritarashtras, sowie deinen Haß gegen uns. Bring allen Feuereifer auf, zu dem du imstande bist. Du stehst mir und Govinda sowie Dhrishtadyumna, dem Helden, der so heiß brennt wie das Yuga Feuer, gegenüber. Wir werden deinen Stolz zum Versiegen bringen. Zeige uns deinen kriegerischen Stolz, und dann werde ich ihn stillen.

Da fragte Dhritarashtra:
Der mächtige Sohn des Lehrers verdient allen Respekt. Er spürt eine große Zuneigung zu Arjuna, und auch der hochbeseelte Arjuna liebt ihn sehr. Nie zuvor hat Arjuna so zu ihm gesprochen. Warum hat er seinen Freund so kränkend herausgefordert?

Sanjaya antwortete:
Nach dem Tod von Vrihadkshatra, dem Prinzen der Chedis und Sudarsana, die alle wohlgeübt in Waffen waren, und nach der Niederlage von Dhrishtadyumna, Satyaki und Bhima erinnerte sich Arjuna auch an die Worte Yudhishthiras. Großer Schmerz überkam ihn, und er dachte an all das frühere Leid, so daß sich in ihm ein Zorn erhob, wie er ihn noch nie zuvor erfahren hatte. Deshalb sprach er wie eine vulgäre Person respektlose, bittere, harsche und ungebührliche Worte zu Aswatthaman, der allen Respekt verdient hätte. Nach diesen wütenden und grausamen Worten von Arjuna fühlte auch Aswatthaman großen Zorn, besonders gegen Krishna. Entschlossen stand der große Bogenkrieger auf seinem Wagen, berührte Wasser und rief die Agneya Waffe herbei, der selbst Götter schwerlich widerstehen können. Er zielte auf alle sichtbaren und unsichtbaren Feinde, sprach die nötigen Mantras und entließ zürnend einen lodernden Pfeil. Sofort breiteten sich dichte Schauer von flammenden Waffen nach allen Seiten aus. Meteore fielen blitzend aus dem Himmel, und ein dichter Nebel verhüllte das Pandava Heer. Dunkelheit senkte sich herab, und Rakshasas und Pisachas kreischten gellend auf. Ungünstige Winde bliesen, und die Sonne spendete keine Wärme mehr. Rabenschwärme krächzten laut von allen Seiten, und donnernde Wolken ließen Blut regnen. Die Tiere und auch beherrschte Munis der hohen Gelübde wurden sehr unruhig, denn die Elemente schienen durcheinander geraten. Mir war, als ob sich die Sonne umdrehte, und alles brannte im Fieber. Die Energie der Waffe ließ die Tiere in der Umgebung keuchend fliehen, denn sie suchten Schutz vor dieser gräßlichen Hitze. Die Gewässer heizten sich auf, so daß die Wesen darin beinahe umkamen. Von allen Himmelsrichtungen und auch von oben und unten schossen scharfe und furchtbare Waffen heran, so schnell und heftig wie ein Sturm und töteten die Krieger reihenweise. Sogar riesige Elefanten verbrannten unter den überwältigenden Pfeilen Aswatthamans und fielen brüllend zur Erde oder rannten panisch umher. Auch die Pferde und Wagen wurden durch die Energie der Waffe verbrannt und sahen aus wie verkohlte Baumgipfel nach einem Waldbrand. Furchtbar war das Gemetzel, unglaublich die Verluste, und alle meinten, der himmlische Herr Agni selbst wäre gekommen, die Pandava Armee zu vernichten.

Deine Soldaten, oh König, jubelten freudig über die Verluste des Feindes, ließen ihr Löwengebrüll ertönen und bliesen die Trompeten, daß es weithin schallte. Schnell hüllte die Dunkelheit die gesamte Pandava Armee ein, so daß selbst Arjuna nicht zu sehen war. Niemals zuvor haben wir von so einer gräßlichen Waffe vernommen, wie sie Aswatthaman an diesem Tag in großem Zorn entfesselte. Doch Arjuna rief die Brahma Waffe zur Hilfe, denn der Lotusgeborene (Brahma) hatte sie zu diesem Zweck geschaffen, nämlich daß sie jede andere Waffe stoppen konnte. Im Nu war die Dunkelheit verflogen. Kühle Winde bliesen, und die Sicht wurde wieder hell und klar. Da erst sahen wir, daß ein volles Akshauhini an Pandava Truppen vernichtet war. Die Energie von Aswatthamans Waffe war so gewaltig gewesen, daß man die Formen der Toten nicht mehr erkennen konnte. Doch Arjuna und Krishna, diese beiden Helden, waren unverwundet und erschienen unseren Augen so strahlend wie zuvor. Alle Waffen waren intakt, auch der Wagen selbst strahlte mit Banner und Pferden wie am ersten Tag. Bei dem Anblick erhob sich erleichtertes Trommelschlagen, Rufen und Muschelblasen in den Reihen der Pandavas. Beide Armeen waren überzeugt gewesen, daß es Arjuna und Krishna nicht mehr gab. Und nun staunten die Kurus, und die Pandavas freuten sich. Kraftvoll, freudig und unverwundet bliesen die beiden Helden ihre Muschelhörner, und so sehr sich die Panchalas freuten, so niedergeschlagen waren deine Soldaten, oh König.

Vyasa kommt, Verehrung des Rudra

Auch Aswatthaman wurde traurig, und er überlegte, was wohl geschehen war. Er seufzte schwer, und Verzweiflung erfüllte ihn. Er legte seinen Bogen weg, sprang vom Wagen ab und rief hoffnungslos und enttäuscht: „Pfui, Schande, alles ist unwahr!“. Dann rannte er fort. Unterwegs begegnete er Vyasa, dieser Heimstatt der Sarasvati, dem Sammler der Veden, der Wohnstatt aller Schriften, unbefleckt von Sünde und von der Farbe regenschwerer Wolken. Mit tränenerstickter Stimme, völlig niedergeschlagen und mit kummervoller Seele grüßte ihn Aswatthaman und sprach ihn an:
Oh Herr, oh Herr, ist es Illusion oder ein launenhaftes Schicksal? Warum war meine Waffe wirkungslos? Gab es einen Fehler? Ist es unnormal oder ein Sieg über die Natur, daß Krishna und Arjuna immer noch leben? Ach, die Zeit ist unverständlich. Weder die Asuras, Gandharvas, Pisachas, Rakshasas, Nagas, Yakshas, Vögel oder Menschen können diese Waffe abwehren, wenn ich sie abschieße. Und doch hat sie nur ein Akshauhini an Truppen vernichtet, bis sie sogleich wieder befriedet wurde. Und dabei sollte sie in der Lage sein, alle geschaffenen Wesen zu verbrennen. Warum konnte sie nicht Krishna und Arjuna töten, die beide alle Eigenschaften von Menschen haben? Oh Heiliger, beantworte meine Fragen wahrhaft, ich möchte alles darüber erfahren, großer Muni.

Vyasa antwortete:
Höchst bedeutungsvoll ist die Sache, die du mit Staunen von mir wissen möchtest. Ich werde dir alles erzählen, höre nur gut zu. Der, der Narayana genannt wird, ist älter als die Ältesten. Für seine Zwecke nahm der Schöpfer des Universums seine Geburt als Sohn von Dharma. In den Bergen des Himavat übte er schwerste asketische Enthaltsamkeit, indem er mit erhobenen Armen stand und an Energie der Sonne glich. Mit seinen Lotusaugen magerte er sich für sechsundsechzigtausend Jahre ab und lebte nur von Luft. Und weiter widmete er sich der Enthaltsamkeit für doppelt so lange und erfüllte mit seiner Energie den Raum zwischen Himmel und Erde. In dieser Buße wurde er zu Brahma, und erblickte Meister, Ursprung und Wächter des Universums, den Gott der Götter, die Höchste Gottheit, welche sehr schwer zu schauen ist, denn sie ist kleiner als das Kleinste und größer als das Größte. Sie wird Rudra (der Schreckliche) genannt, der Herr aller Hohen Wesen, und Hara, auch Sambhu, mit den verfilzten Locken auf seinem Haupt, der allen Formen Leben einhaucht, die erste Ursache aller beweglichen und unbeweglichen Dinge, unwiderstehlich, von grausigem Anblick, mit heftigem Zorn und großer Seele, der Allesvernichter, das große Herz, Träger von himmlischem Bogen und einem Paar Köcher, in goldene Rüstung gehüllt, mit ursprünglicher Energie, Träger von Pinaka, Donnerkeil, glänzendem Dreizack, Streitaxt, Knüppel und großem Schwert, der mit den schönen Augenbrauen, den wirren Locken, der kurzen, schweren Keule, dem Mond auf der Stirn und den Tigerfellen als Kleidung. Ihn zieren die schönsten Angadas, Schlangen bilden seine heilige Schnur, ihn umgeben alle Arten von Wesen nebst zahllosen Geistern und Kobolden, er ist das Eine, die Heimstatt der asketischen Enthaltsamkeit und höchst verehrt von den ehrenwerten Alten. Er ist Wasser, Himmel, Raum, Erde, Sonne, Mond, Wind und Feuer und das Maß der Lebensdauer des Universums. Personen mit unreinen Gedanken können den Ungeborenen niemals schauen, diesen Vernichter von Brahmanenhassern und Verleiher von Unsterblichkeit. Nur Brahmanen mit rechtem Betragen und von Sünden gereinigter Seele, welche aus dem Griff des Leidens befreit sind, können ihn mit ihrem geistigen Auge schauen.

So gewann also Narayana durch seine lange Askese einen Blick auf den Unvergänglichen, die Verkörperung der Gerechtigkeit, den Ehrenwerten und das Wesen mit der Gestalt des Universums. Als er die Höchste Wohnstatt der Herrlichkeit erblickte, diesen Gott mit der Girlande aus Akshas um den Hals, da erfüllte seine Seele Zufriedenheit und höchstes Entzücken, und er suchte dieses Gefühl in Worten, im Herzen, durch Verständnis und den Körper auszudrücken. Und Narayana ehrte den Göttlichen Herrn, diese erste Ursache des Universums, den Segenspender, den Energievollen, der sich mit der schöngliedrigen Parvati vergnügt, das hochbeseelte Wesen mit den Goblins und Geistern an seiner Seite, den Ungeborenen, höchsten Herrn, die Verkörperung des Unmanifesten, die Essenz aller Ursachen, den Einen von unerschöpflicher Macht.

Der lotusäugige Narayana grüßte Rudra, den Vernichter des Asuras Andhaka, und pries mit Hingabe im Herzen den dreiäugigen Gott wie folgt:
Oh Verehrungswürdiger, du Erster aller Götter, Schöpfer von allem und den Regenten der Welten (Prajapatis). Sie alle, welche in die Erde eingegangen sind und sie beschützen, deine erste Schöpfung, sie alle kommen aus dir. Götter, Asuras, Nagas, Rakshasas, Pisachas, Menschen, Vögel, Gandharvas, Yakshas und alle anderen Wesen, sie und das gesamte Universum kommen von dir. Alles, was Indra, Yama, Varuna, Kuvera, den Pitris (Ahnen), Tashtri und Soma dargeboten wird, wird wahrlich dir geopfert. Form und Feuer (Licht), Klang und Raum, Wind und Berührung, Geschmack und Wasser, Geruch und Erde, Zeit, Brahman selbst, die Veden, die Brahmanen, alle belebten und unbelebten Geschöpfe – sie alle kommen von dir. Die Dämpfe erheben sich aus den verschiedenen Gewässern, werden Regentropfen und fallen einzeln und getrennt voneinander zur Erde zurück. Und wenn die Zeit der universalen Auflösung gekommen ist, vereinen sich all diese Tropfen wieder und werden ein großes Meer auf der ganzen Erde. Die Wissenden beobachten den Ursprung und das Vergehen aller Dinge und verstehen deine Einheit. Zwei Vögel (Ishvara und Jiva bzw. Selbst und Ich), vier Aswatthas mit ihren Wortzweigen (die Veden), sieben Wächter (die fünf Sinne oder Elemente, das Denken und die Vernunft) und die zehn anderen, welche die Stadt erhalten (die zehn Funktionen, welche den Körper bilden), wurden alle von dir geschaffen. Doch du bist jenseits von ihnen und unabhängig. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die kein Geschöpf beherrschen können, hast du geschaffen, wie auch die sieben Welten und das Universum. Ich bin dein ergebener Verehrer, sei mir gnädig. Strafe mich nicht, indem du üble Gedanken in mein Herz einläßt. Du bist die Seele der Seelen und unergründlich. Wer dich als den universalen Samen erkennt, gelangt zu Brahma. Ich preise dich, um dir meinen Respekt zu zeigen und deine wahre Natur zu erkennen. Oh du, den sogar die Götter nicht verstehen, von mir verehrt, gewähre mir den Segen, der schwierig zu erlangen ist. Verhülle dich nicht selbst in deiner Illusion.

Vyasa fuhr fort:
Der blaukehlige Gott von unergründlicher Seele, der Träger von Pinaka, der himmlische Herr, den die Rishis allseits loben – nun, er gewährte Vasudeva alle Segen, weil er sie verdiente.

Der große Gott sprach:
Oh Narayana, durch meine Gnade wirst du unter Menschen, Göttern und Gandharvas von unermeßlicher Macht und Seele sein. Kein Wesen des Universums, wird deine Heldenkräfte ertragen können, sei es Gott, Asura, Naga, Pisacha, Gandharva, Mensch, Rakshasa oder Vogel. Nicht einmal die Himmlischen werden dich in der Schlacht besiegen können. Durch meine Gunst wird dir niemand Schmerz zufügen können, nicht durch Waffen wie den Donnerblitz, Feuer, Wind oder mit irgendetwas anderem, sei es naß oder trocken, belebt oder nicht. Selbst wenn du gegen mich kämpfst, sollst du überlegen sein.

Und Vyasa fuhr fort:
Dies waren die Segen, die Narayana einst erhielt. Und dieser Gott schreitet nun (als Krishna) über die Erde und täuscht das Universum mit seinen Illusionen. Aus Narayanas Askese entstand auch der große Muni namens Nara, der Narayana gleicht. Wisse, daß Arjuna niemand anders als Nara ist. Man sagt, daß die beiden Rishis älter sind als der älteste Gott. Sie nehmen ihre Geburt in jedem Yuga, um der Welt zu dienen. Auch du bist mit deinem großen Herzen ein Teil von Rudra, aufgrund von Askese und hoher Buße verbunden mit enormer Energie und Zorn. Du warst einst mit großer Weisheit gesegnet und dem Gott ebenbürtig. Du hast schon einmal erkannt, daß das Universum nur aus Mahadeva besteht, und hast dich abgemagert mit vielen Gelübden, um den Gott zu erfreuen. Du nahmst die Gestalt einer sehr hohen und strahlenden Person ein, und hast, oh Segenspender, mit Mantras, Homa und Opfern den großen Gott verehrt. Zufrieden mit deiner Hingabe gewährte dir der Gott in einem früheren Leben viele Segen, die du in deinem Herzen hegtest. Oh Kluger, deine Geburt, deine Taten und deine enthaltsame Buße sind ebenso groß wie die von Krishna und Arjuna. Wie sie hast du in jedem Yuga den großen Gott in seiner phallischen Form verehrt. Ja, Krishna ist der hingebungsvolle Verehrer von Rudra, der von Rudra selbst kam. Er ehrt den Herrn Shiva und betrachtet sein phallisches Zeichen als den Ursprung des Universums. In Krishna lebt immer das Wissen, mit dem er die Einheit von Brahma und dem Universum erkennen kann, und auch das Wissen, mit dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die kleinen und die fernen Dinge im Ganzen vor seinem Auge erscheinen. Die Götter, Siddhas und großen Rishis ehren Krishna, weil er das Höchste im Universum erkannt hat, nämlich Mahadeva. Der Ewige Krishna soll immer mit Opfern geehrt werden. Lord Krishna ehrt immerzu Shiva in Gestalt seines Phallus als Ursprung aller Wesen. Und der Gott mit dem Stier als Zeichen (Shiva) hegt für Krishna noch größere Achtung.

Sanjaya sprach:
Nach diesen Worten von Vyasa verbeugte sich der mächtige Bogenkrieger Aswatthaman vor Rudra und erkannte, daß Krishna der höchsten Verehrung würdig wäre. Seine Seele war wieder befriedet und gezügelt, er fühlte höchste Freude, und sein Körper zeigte alle Anzeichen davon. Auch beugte er sich vor dem großen Rishi, blickte dann auf die Kuru Armee und ließ sie (zur nächtlichen Ruhe) zurückrufen. Auch die Pandavas zogen sich daraufhin zurück, nachdem der Brahmane Drona für fünf Tage ein riesiges Gemetzel unter den feindlichen Truppen vollbracht hatte und nun, oh König, in die Region Brahmas eingegangen war.


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