Pushpak Mahabharata Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 143 – Tod des Bhurisravas

Sanjaya fuhr fort:
So fiel Bhurisravas Arm mit dem Schwert in der Hand zur Erde, und alle lebenden Wesen fühlten Trauer. Dieser Arm wollte eben noch Satyakis Haupt abschlagen und fiel nun selbst durch den unsichtbaren Arjuna wie eine fünfköpfige Schlange zu Boden.

Der nun nicht mehr kampffähige Bhurisravas ließ Satyaki los und tadelte zornig den Sohn des Pandu:
Oh Arjuna, du hast eine grausame und herzlose Tat vollbracht, denn ohne mich zu fordern und mit mir zu kämpfen, hast du mir den Arm abgetrennt, wobei ich dich nicht einmal sehen konnte. Wirst du nun dem Sohn des Dharma sagen: „Ich schlug Bhurisravas, der mit einem anderen kämpfte.“? Haben dir Indra, Rudra, Drona oder Kripa solchen Gebrauch der Waffen gelehrt? Du kennst die Regeln besser als jeder Mann in dieser Welt. Warum hast du mir dann den Arm abgetrennt, obwohl ich nicht mir dir kämpfte? Die Gerechten schlagen niemals den Achtlosen, Ängstlichen, Sorglosen, Leidenden oder um Hilfe Flehenden. Warum also, oh Arjuna, hast du solche unwürdige und sündige Tat begangen, die nur niederen und hinterhältigen Lumpen gebührt? Für einen respektablen Mensch sind respektable Handlungen ganz einfach. Doch eine hinterhältige Tat ist sehr schwer für einen respektablen Menschen. Ein Mensch paßt sich schnell an das Verhalten derjenigen an, mit denen er verkehrt. Das sieht man an dir, oh Partha. Zwar bist du in einer königlichen Linie geboren, sogar im Geschlecht der Kurus, doch wie konntest du von den Pflichten eines Kshatriya abfallen, trotz deines guten Betragens und deiner hervorragenden Gelübde? Diese gemeine Tat zur Rettung von Satyaki entspricht zweifellos den Ratschlägen von Krishna. Für dich ziemt sich solche Handlung nicht. Nur ein Freund Krishnas würde solch Übel an einem Krieger begehen, der sich nur auf seinen Kampf konzentriert. Die Vrishnis und Andhakas sind unedle Kshatriyas, die von Natur aus zu sündigen Taten und tadelnswertem Betragen neigen. Warum, oh Arjuna, hast du sie dir zum Vorbild erwählt?

Und Arjuna antwortete Bhurisravas:
Es ist offensichtlich, daß ein geschwächter Körper auch einen geschwächten Intellekt bedeutet, da du, oh Herr, solch sinnlose Worte aussprichst. Du kennst Krishna und mich sehr gut und tadelst uns doch. Ich weiß um die Regeln der Schlacht und die Bedeutung der heiligen Schriften und würde niemals eine sündige Tat begehen. Das weißt du, und tadelst mich doch. Kshatriyas kämpfen mit dem Feind mit all ihren Brüdern, Vätern, Söhnen, Verwandten, Gefolgsleuten und Freunden. Sie alle kämpfen und vertrauen gegenseitig auf die Kraft ihrer Arme. Warum sollte ich also Satyaki nicht beschützen, meinen Schüler und lieben Gefolgsmann, der um meinetwillen sein Leben in diesem Kampf wagt, von dem es so schwer ist, sich loszusagen? Er ist mein rechter Arm in der Schlacht und unbesiegbar. Man sollte nicht nur sich selbst beschützen, wenn man in die Schlacht fährt. Und wer für einen anderen handelt, sollte von diesem auch beschützt werden. So kann dem König geholfen werden, wenn er in Gefahr ist. Wenn ich ruhig zugesehen hätte, wie Satyaki getötet wird, dann hätte ich mich für diese Nachlässigkeit mit Sünde beladen. Warum zürnst du mir also, weil ich Satyaki beschützt habe?

Du sagst: „Während ich mit einem anderen kämpfte, hast du mich verstümmelt.“ In dieser Sache lautet meine Antwort: Das habe ich anders beurteilt. Ich habe mit diesem weiten Meer an Feinden gekämpft, voller Wagen, Elefanten, Pferde und Fußsoldaten, indem ich meine Waffen schwenkte, auf dem Wagen fuhr oder an der Bogensehne zog. Freunde und Feinde kämpfen hier gegeneinander, wie konnte es sein, daß Satyaki mit nur einer Person kämpfte?

Satyaki jedoch hatte schon mit vielen Feinden gekämpft und sie besiegt. Er war müde, seine Pferde auch, und von Wunden geplagt war er bereits angeschlagen. Unter solchen Umständen hast du ihn besiegt, unter deine Kontrolle gebracht und versucht, deine Überlegenheit zu nutzen. Du wolltest ihm mit dem Schwert den Kopf abschlagen. Ich konnte nicht mit Gelassenheit zusehen, wie Satyaki in dieser Notlage war. Du solltest lieber dich tadeln, weil du auf dich selbst nicht besser geachtet hast. Denn wie konntest du das einem antun, der von dir abhängig war, oh Held?

Sanjaya erzählte weiter:
Nach dieser Antwort Arjunas wandte sich Bhurisravas, der den Opferpfahl im Banner trug, von Duryodhana und der Schlacht ab und wünschte nach Praya (Yoga) Art zu sterben. Von vielen gerechten Taten gezeichnet streute er mit seiner linken, verbliebenen Hand ein Bett aus Pfeilen aus und übergab den Göttern die Kontrolle über seine Sinne, um in die Regionen Brahmas zu gelangen. Seinen Blick richtete er auf die Sonne, sein gereinigtes Herz auf den Mond, dachte an die große Upanishad und übergab sich schweigend dem Yoga.

Da begannen alle umstehenden Männer schlecht über Krishna und Arjuna zu sprechen und lobten Bhurisravas, diesen Bullen unter den Männern. Krishna und Arjuna sprachen kein Wort, und Bhurisravas fühlte keine Freude über das Lob. Doch dann konnte Arjuna die Worte der Tadler nicht mehr ertragen, und er sprach betroffen, um sich ihrer zu versichern, aber nicht mit ärgerlichem Herzen:
Alle Könige kennen mein großes Gelübde, daß keiner von unserer Seite getötet werden kann, wenn der Angreifer in Reichweite meiner Pfeile ist. Wenn du dich daran erinnerst, oh Bhurisravas, dann darfst du mich nicht tadeln. Ohne die Moral zu kennen, sollte man andere nicht verurteilen. Daß ich dir den Arm abschlug, als du bewaffnet (den unbewaffneten) Satyaki töten wolltest, ist kein Widerspruch zur Moral. Doch welcher gerechte Mann würde den Mord am Jüngling Abhimanyu loben, der ohne Waffen, ohne Wagen und ohne Rüstung war?

Nach diesen Worten berührte Bhurisravas mit der Stirn den Boden und opferte seinen abgeschlagenen, rechten Arm. Mit geneigtem Haupt blieb er still und strahlte. Und Arjuna sprach weiter:
Oh ältester Bruder von Shala, ich liebe dich wie meine Brüder. So geh mit meiner und Krishnas Erlaubnis in die Region der Gerechten ein, wo auch Sivi, der Sohn Usinaras, ist.

Und Krishna sprach:
Du hast beständig Opfer und Agnihotras ausgeführt. So geh nun, ohne weiter zu zögern, zu diesen reinen Regionen von mir, die immerfort strahlen und von allen Göttern begehrt werden, welche Brahman folgen. Werde mir gleich und laß dich auf dem Rücken Garudas tragen.

Sanjaya fuhr fort:
Doch Satyaki, den Bhurisravas ja freigelassen hatte, stürmte plötzlich mit erhobenem Schwert los und wollte Bhurisravas den Kopf abschlagen, welcher sündenlos saß, bereits von Arjuna besiegt, die Sinne vom Kampf zurückgezogen und mit nur einem Arm. Die Krieger schrien entsetzt auf. Krishna, Arjuna, Bhima, die beiden Beschützer der Wagenräder Arjunas, also Satyaki und Uttamaujas, Aswatthaman, Kripa, Karna, Vrishasena, der Herrscher der Sindhus – sie alle riefen „Nein!“ zu Satyaki. Und doch schlug dieser mit dem Schwert Bhurisravas das Haupt ab, der im Praya saß, um seine Seele aus dem Körper zu befreien. Niemand lobte ihn dafür. Nur die Götter, Siddhas, Charanas schauten auf den Indra gleichen Bhurisravas und freuten sich über ihn und seine Errungenschaften.

Und die Soldaten diskutierten untereinander:
Satyaki ist nicht schuld. Das muß vorbestimmt gewesen sein. Und daher sollten wir uns nicht der Wut ergeben. Denn Wut ist die Wurzel allen menschlichen Übels. Es war bestimmt, daß Satyaki den Bhurisravas schlägt, und es ist sinnlos, darüber zu urteilen. Der Schöpfer hat es so gewollt.

Satyaki rief jedoch laut:
Ihr sündigen Kauravas tragt zwar das äußerliche Gewand der Rechtschaffenheit. Doch ihr werft mir in tugendhaften Worten vor, daß Bhurisravas nicht so sterben sollte. Wo war eure Rechtschaffenheit, als ihr den waffenlosen Sohn der Subhadra getötete habt, dieses halbe Kind? In einem Anflug von Hochmut hatte ich einst geschworen, daß jeder, der mich lebendig in der Schlacht niederwirft und absichtlich mit dem Fuß tritt, von meiner Hand sterben muß, und folgte er auch dem Gelübde der Askese. Ich habe mich noch mit Händen und Füßen gewehrt, und doch er hat mich schon wie einen Toten behandelt. Wie töricht ihr doch seid. Daß ich Bhurisravas getötet habe, war angemessen und richtig. Als Arjuna aus Zuneigung zu mir Bhurisravas den Arm mit dem Schwert abtrennte und damit sein Gelübde erfüllte (alle Freunde zu beschützen), hat er nur meinen Kampf fortgesetzt. Was bestimmt ist, muß geschehen. Es ist das Schicksal, das wirkt. Bhurisravas wurde in der Hitze der Schlacht getötet. Welche Sünde habe ich begangen? Vor langer Zeit sang Valmiki diesen Vers hier auf Erden: „Du sagst, oh Affe, daß Frauen nicht getötet werden sollen. Doch in allen Zeitaltern sollten Menschen immer und mit entschlossener Achtsamkeit alles tun, was den Feinden schadet.“

Sanjaya sprach:
Nach diesen Worten schwiegen alle still, doch in Gedanken lobten sie Bhurisravas. Niemand freute der Tod des ruhmreichen Sohnes Somadattas, welcher einem Asketen in den Wäldern ebenbürtig gewesen war oder einem mit Mantras Geheiligtem. Der mit schönen, dunklen Locken und roten Taubenaugen geschmückte Kopf ähnelte dem abgeschlagenen Haupt eines Pferdes beim Pferdeopfer, welches bei der geklärten Opferbutter lag. Sein Heldenmut hatte ihn geheiligt und auch der Tod durch die Waffe. Er, der selbst viele Segen gespendet hatte und nun aller Segen würdig war, warf seinen Körper ab in dieser großen Schlacht und stieg in die hohen Bereiche auf, den Himmel mit seinen Tugenden erfüllend.


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