Pushpak Mahabharata Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 139 – Bhima gegen Karna, die unendliche Geschichte

Sanjaya fuhr fort:
Karna überschüttete Bhima mit zahllosen, schönen Pfeilen und traf ihn mit drei. Der starkarmige Bhima zeigte keinen Schmerz, obwohl er hart getroffen war, und blieb standhaft wie ein Felsen. Im Gegenzug durchbohrte er wohlgezielt Karnas Ohr mit einem Pfeil mit Widerhaken, der mit Öl eingerieben und sehr spitz war. Mit diesem Geschoß beraubte er Karna seines großen und schönen Ohrringes, der wie ein Stern strahlend zu Boden fiel. Zwar lächelnd doch zum Äußersten entschlossen schoß er Karna gleich noch einen breitköpfigen Pfeil mitten in die Brust, dem zehn lange und gerade Pfeile folgten, die zitternd in Karnas Stirn steckenblieben. Mit diesen Pfeilen sah Karna so wunderschön aus, als ob seine Stirn mit einem Kranz blauer Lotusblüten umschlungen wäre. Schwer getroffen mußte sich Karna abstützen und kurz die Augen schließen. Doch schon bald kam ihm das Bewußtsein wieder, und blutgebadet nahm er allen Zorn zu Hilfe. Heftig und wild griff er nun Bhima an und schoß hundert Pfeile mit Geierfedern auf ihn ab. Doch auch diese ignorierte Bhima einfach und so verpuffte Karnas Energie. Weiter ging das Gefecht. Karna traf Bhima mit neun Pfeilen in die Brust, und Bhima antwortete mit heftigen Geschossen. Wie sich zwei Tiger mit Klauen und Zähnen bis in die Eingeweide zerfleischen, so schossen die beiden ihre Pfeile aufeinander ab. Sie versuchten, sich mit Händeklatschen und wilden Manövern einzuschüchtern und die gegnerischen Angriffe zu neutralisieren. Dann gelang es Bhima mit einem sehr scharfen Pfeil, Karnas Bogen zu durchtrennen. Karna warf die Stücke beiseite und packte einen neuen, stärkeren und härteren Bogen. Dabei schaute er auf die gefallenen Helden rings um sich her, und sein Körper loderte im Zorn. Mit stechendem Blick schaute er auf Bhima, spannte seinen goldenen Bogen, schoß die Pfeile ab und sah dabei so strahlend aus wie die funkelnde Herbstsonne zu Mittag. Während seine Hände einen Pfeil aus dem Köcher nahmen, ihn auf die Bogensehne legten, den Bogen spannten und abschossen, konnte niemand eine Pause zwischen diesen Handlungen erkennen. Nach rechts und links flogen die Pfeile nur so davon, und sein Bogen war unablässig zu einem gräßlichen Feuerkreis gespannt. Seine Pfeile erfüllten alle Himmelsrichtungen. In der Luft sah man alle Arten von schönen Flugbahnen, die seine golden blitzenden und spitzen Pfeile nahmen. Seine Pfeile waren alle mit edlen Geierfedern ausgestattet, an Stein gewetzt, mit Gold verziert und mit großer Heftigkeit abgeschossen, so daß die Spitzen im Fluge Funken sprühten. Wie glitzernde Heuschreckenschwärme fielen sie über Bhimas Wagen her, nahmen kein Ende und waren so dicht wie die Regentropfen eines Gewittergusses. Und deine Söhne mußten mit ansehen, wie heldenhaft, energisch und beharrlich Bhima war, denn er schien den Geschoßhagel gar nicht zu bemerken und kämpfte weiter gegen Karna mit seinem formidablen Bogen. Er spannte ihn so schnell und rund, daß er dem Bogen Indras glich. Auch von diesem Bogen schossen die Pfeile nur so davon, erfüllten mit ihren goldenen Schwingen das Himmelsgewölbe und schienen dem Wetterleuchten ebenbürtig. So trafen sich die gegnerischen Pfeile im Himmel und fielen zerstückelt und Flammen speiend zur Erde. Die Sonne verdunkelte sich, und es regte sich kein Lüftchen mehr. Nichts anderes war mehr zu sehen als diese blitzenden Pfeileschauer. Auch Karna blieb diesmal von der energischen Gegenwehr unbeeindruckt und deckte Bhima mit immer mehr Pfeilen ein, um endlich die Oberhand zu gewinnen. So prallten die nächsten Pfeileschauer wie zwei Windsbräute aufeinander, als ob im Himmel eine Feuersbrunst entfacht würde. Karna nahm als nächstes vom Schmied geschärfte und polierte Pfeile mit goldenen Federn, welche Bhima mit seinen eigenen Pfeilen in jeweils drei Stücke zerschnitt. Überlegen rief er: „Warte! Warte nur!“, und schoß weitere, heftige Geschosse mit lautem Knallen der Bogensehne gegen den Lederschutz der Hand auf Karna ab. Dazu kamen das laute Kriegsgeschrei der beiden Helden und das ohrenbetäubende Rattern ihrer Wagenräder. Alle Krieger ringsum hatten aufgehört zu kämpfen, und beobachteten die wagemutige Meisterschaft der beiden Krieger, die sich unbedingt besiegen wollten. Die himmlischen Rishis, Siddhas und Gandharvas applaudierten den beiden und lobten sie: „Exzellent! Hervorragend!“, wobei die Vidyadharas auf sie Blumen regnen ließen.

Das Blatt wendet sich

Mit großer Macht schoß Karna auf Bhima neun gerade Pfeile, welche Bhima abwehrte und auf Karna einen gräßlichen Pfeil entließ, welcher der Schlinge des Todes glich. Lächelnd zerstückelte Karna dieses Geschoß noch im Fluge, wie auch alle anderen Pfeile, die Bhima zornig auf ihn abschoß. Karna zerschoß sogar Bhima den Köcher, die Bogensehne und die Zügel seiner Pferde. Dann tötete Karna die Pferde und traf Bhimas Wagenlenker mit fünf Pfeilen, so daß jener schnell davonrannte und auf Yudhamanyus Wagen Zuflucht suchte. Als nächstes fällte Karna Bhimas Fahnenmast und Standarte. Bhima hatte in der Zwischenzeit einen Wurfpfeil ergriffen und schleuderte ihn mit großer Kraft auf Karna. Mit zehn Pfeilen zerschnitt Karna mit großem Geschick die wie ein brennender Meteor heransausende Waffe, so daß die Teile zur Erde fielen. Als nächstes nahm Bhima ein goldenes Schild und blankes Schwert, fest entschlossen um Sieg oder Niederlage kämpfend. Immer weiter lächelnd zerstückelte Karna den Schild mit vielen, heftigen Pfeilen, was Bhima ganz verrückt vor Rage werden ließ. Schnell warf er sein Schwert, welches den Bogen Karnas traf und zerbrach. Die Stücke fielen wie wütende Schlangen zu Boden, während Karna gelassen einen neuen, stärkeren und zerstörerischeren Bogen zur Hand nahm. Tausend Pfeile schoß er von ihm ab, die mit großer Energie auf Bhima zuflogen. Doch jener sprang plötzlich so hoch in die Luft, daß Karna für einen Moment erschrak und sich in seinem Wagen verbarg, um Bhima zu täuschen. Bhima packte daraufhin entschlossen den Fahnenmast von Karnas Wagen, und alle lobten ihn dafür. Denn sogar ohne Wagen und Bogen folgte er den Pflichten der Kshatriya Kaste und versuchte entschlossen, Karna von seinem Wagen zu werfen und zu packen, wie Garuda eine Schlange packen würde. Doch zornvoll stellte sich Karna seinem auf den Kampf wartenden Gegner. Laut brüllend standen sie sich gegenüber, nur hatte Bhima ja gar keine Waffen mehr zur Verfügung. Also rannte Bhima so schnell zwischen einige von Arjuna erschlagene Elefanten, daß Karna mit dem Wagen nicht folgen konnte. Bhima hob einen der toten Elefanten hoch und stand da, wie Hanuman einst mit dem Gipfel des Gandhamadana. Karna zerstückelte mit seinen Pfeilen den hocherhobenen, riesigen Leichnam, so daß Bhima mit Leichen- und Wagenteilen nach ihm zu werfen begann. Alles, was er ringsumher finden konnte, schleuderte er auf Karna, was jener jedoch mit Leichtigkeit noch im Ansatz zerstückelte. Dann hob Bhima seine geballte Faust, um Karna im Zweikampf zu erschlagen, doch er erinnerte sich an Arjunas Eid und hielt inne. Auch Karna kam sein Versprechen Kunti gegenüber in den Sinn, als Bhima unter seinen spitzen Pfeilen zu wanken begann, und er tötete Bhima nicht. Er sprang schnell herzu und berührte Bhima mit der Wölbung seines Bogens. Das ließ Bhima wütend auflodern. Wie eine Schlange zischend riß er Karna schnell den Bogen aus der Hand und schlug ihn damit auf den Kopf.

Spöttisch beschimpfte ihn da Karna mit zornesroten Augen:
Bartloser Eunuch! Dummer Narr! Vielfraß! Wenn du kein Geschick in der Waffenkunst hast, dann kämpfe gar nicht erst mit mir. Du bist so zögerlich wie ein Kind im Kampfe. Sei du dort, wo es viel zu essen und zu trinken gibt, doch nicht hier in der Schlacht. Oder ernähre dich von Früchten und Wurzeln und lebe enthaltsam in den Wäldern, denn du bist nur ungeschickt im Kampf. Groß ist der Unterschied zwischen einer Schlacht und dem genügsamen Leben eines Muni. Drum zieh dich lieber in die Wälder zurück, oh Kind, denn du bist nicht fürs Kämpfen geeignet. Deine Begabung liegt im Rückzug in den Wald. Und wenn du die Köche und Diener zur Eile antreibst, dann reicht dein Zorn nur für dein Abendessen. Ach nein, sammle dir lieber wie ein Muni deine Früchte selber, denn du verstehst rein gar nichts. Verschwinde im Wald, denn du kannst nicht kämpfen. Versorge dich selbst und warte auf Gäste, doch meide jeden Waffengang, oh Bhima.

So wurde Bhima von Karna in groben Worten an all das Elend erinnert, was ihm in letzter Zeit geschehen war. Schwach stand er da, und Karna berührte ihn laut lachend noch einmal mit dem Bogen, um ihn dann weiter zu verhöhnen:
Kämpfe mit anderen, doch niemals mit mir, mein Kind. Denn wer mit jemandem wie mir kämpft, muß so etwas aushalten. Renne schnell zu Krishna und Arjuna, sie werden dich beschützen. Oder geh nach Hause, denn was hast du schon mit dieser Schlacht zu schaffen?

Nun lachte Bhima laut auf und antwortete Karna so, daß alle es hören konnten:
Du kleiner Wicht, wie kannst du nur so prahlen, wo ich dich bereits mehrmals besiegt habe? Die Alten haben in diesen Welten schon Sieg und Niederlage beim großen Indra selbst erlebt. Oh du von unedler Abstammung, kämpfe mit mir Faust gegen Faust. Und wie ich den riesigen Kichaka schlug, so werde ich dich vor allen Königen besiegen.

Der kluge Karna verstand sehr wohl Bhimas Absicht, und zog sich vor allen Königen von diesem Ringkampf zurück. Krishna und Arjuna hatten mit angesehen, wie Karna erst dem Bhima Wagen und Waffen abgenommen und ihn dann beschimpft hatte. Schnell kamen die beiden auf ihrem Wagen herangeflogen, und Gandiva schickte viele scharfe Pfeile auf Karna, die wie zischende Schlangen in seinen Körper eintraten. Karna zog sich auf seinem Wagen zurück und fuhr von Bhima weg. Und Bhima bestieg Satyakis Wagen, um mit ihm seinem Bruder Arjuna zu folgen. Arjuna schickte Karna noch einen tödlichen Pfeil hinterher, der schnell wie Garuda sein Ziel suchte. Doch Aswatthaman, der Sohn Dronas, wollte Karna retten und schoß den Pfeil Arjunas ab.

Zornig schoß da Arjuna vierundsechzig Pfeile gegen Aswatthaman und rief ihm zu:
Warte nur einen Augenblick, flieh nicht davon, oh Aswatthaman!

Doch Aswatthaman machten die Pfeile Arjunas schwer zu schaffen, und er zog sich in die Kuru Armee mitten zwischen sich schnell bewegende Elefanten und Wagen zurück. Arjuna ließ die Sehne von Gandiva erklingen, die alle anderen Geräusche der Schlacht übertönte, folgte Aswatthaman noch eine Weile und bedrängte ihn mit seinen Pfeilen. Dabei zermalmte er mit seinen Pfeilen mit Pfauen- und Kankafedern auch die Körper von Menschen, Elefanten und Pferden dieser Abteilung des Kuru Heeres und begann es auszulöschen.


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