Pushpak Mahabharata Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 80 – Arjunas Traum

Sanjaya sprach:
Auch Arjuna überlegte, wie er den morgigen Sieg sichern könnte, und erinnerte sich an die Mantras, die ihm gegeben wurden. Schon bald umschlangen ihn, der im Kampfe den Affen in seinem Banner trägt, die Arme des Schlafs, und im Traum erschien ihm Krishna, der Garuda im Banner trägt. Und wie im Wachen hätte Arjuna mit der aufrechten Seele nie die Gelegenheit versäumt, sich vor Krishna zu erheben und ihm einige Schritte entgegenzugehen. So empfing er nun Govinda auch im Traum und bot ihm einen Sitz an. Er selbst jedoch hegte keinen Gedanken im Herzen, sich niederzulassen. Der energetische Krishna wußte um die Beschlüsse von Arjunas Herzen und sprach sitzend zum vor ihm Stehenden:
Hänge dein Herz nicht an Kummer, oh Partha. Die Zeit ist unbesiegbar. Sie zwingt alle Kreaturen auf ihren unvermeidlichen Kurs. Oh bester Mann, wozu nützt dir dieser Gram? Niemals sollte man sich im Leiden versinken lassen, oh du Bester der Gelehrten. Denn Leid ist ein Hindernis für Taten. Und du mußt handeln. Wenn Kummer sich vor alle Mühen stellt, dann ist er ein Feind. Wer sich solchem Kummer hingibt, der stärkt seine Feinde und schwächt seine Freunde, während er selbst immer schwächer wird. Drum traure nicht länger.

Der unbesiegte Arjuna antwortete ihm mit bedeutungsschweren Worten:
Ernst ist der Eid den ich schwor, Jayadratha zu töten. Doch morgen werde ich es vollbringen, denn ich habe es geschworen. Damit ich nicht erfolgreich sei, wird sich Jayadratha im Rücken aller Könige aufhalten, die ihn alle abschirmen werden. Und selbst der Rest von elf Akshauhinis an Truppen ist schwierig zu überwinden, oh Madhava. Wie sollen wir den hinterhältigen Herrscher der Sindhus überhaupt zu Gesicht bekommen? Ich fürchte um die Einhaltung meines Eides, doch wie kann ein Mann wie ich sein Gelübde nicht erfüllen? Oh Krishna, schnell geht die Sonne unter und ich sorge mich um die Erfüllung meines Eides.

Als Krishna diese Worte vernahm, berührte er Wasser und wandte sein Gesicht gen Osten. Dann sprach der lotusäugige Held mit der überaus großen Energie bedacht und wohlmeinend zu Arjuna, der so fest entschlossen war, den Herrscher der Sindhus zu schlagen:
Oh Partha, es gibt eine ewige und alles überragende Waffe namens Pashupata. Mit ihr schlug der Gott Mahadeva die Daityas in der Schlacht. Wenn du dich jetzt an sie erinnerst, wirst du morgen in der Lage sein, Jayadratha zu töten. Doch wenn sie nicht in deinem Geist auftaucht, dann verehre in deinem Herzen den Gott mit dem Bullen als Zeichen. Konzentriere dich auf Mahadeva, den großen Gott, oh Arjuna. Du bist sein Anhänger. Und durch seine Gnade wirst du reich werden.

So berührte auch Arjuna Wasser, setzte sich mit konzentriertem Geist nieder und dachte an den Gott Shiva. Es war die glücksverheißende Stunde namens Brahma, und schon bald sah sich Arjuna mit Krishna durch den Himmel reisen. In Gedankenschnelle schienen die beiden den Fuß des heiligen Himavat und dann den Manimat zu erreichen, welcher voller glänzender Juwelen ist und immer von Siddhas und Charanas besucht wird. Auch schien es Arjuna, das Lord Krishna seinen linken Arm hielt. Viel Wunderbares erblickte Arjuna mit der gerechten Seele, bis er an den weißen Berg im Norden gelangte. Dort waren inmitten der Lustgärten von Kuvera entzückende Seen mit Lotusblüten, und dieser beste Strom, die Ganga, rauschte voller Wasser hinan. Als er in die Gegend des Mandara Berges kam, waren überall Bäume, die sowohl Blüten als auch Früchte trugen. Der Boden war mit glitzernden und kristallklaren Steinen bedeckt, und Löwen und Tiger schritten stolz einher. Viele schöne Einsiedeleien mit Asketen hallten von lieblichem Vogelgezwitscher und dem Gesang der Kinnaras wider, und goldene und silberne Hügel mit satten Kräutern, blühenden Bäumen, Sträuchern und bunten Blumen erfreuten das Auge. Dann erreichte Arjuna den Berg Kala, welcher ganz aus Antimon erschien. Weiter ging es zum Gipfel Brahmatunga mit seinen vielen Flüssen und den vielen bewohnten Provinzen, dann nach Satashringa mit dem Wald Saryati, zum heiligen Ort mit Namen Pferdekopf, zur Region Atharvan, zum Prinzen der Berge Vrishadansa und schließlich dem großen Mandara voller schöner Apsaras und Kinnaras. Dort sah er sich mit Krishna um und erblickte einen Ort mit reinen Quellen, goldglänzenden Mineralien, dem Glanz der Mondstrahlen und vielen Städten. Auch sah er schöne Seen und viel Reichtum. Weiter ging die Reise durch Himmel, Firmament und Erde, bis die beiden an den Ort namens Vishnupada kamen. Staunend und mit Krishna an seiner Seite kam Arjuna so schnell herab, wie ein Pfeil vom Bogen abgeschossen wird. Vor seinen Augen erschien ein wie Feuer strahlender Berg.

Lob der Gottheit

Auf seinem Gipfel saß der hochbeseelte Gott mit dem Bullen im Zeichen, der immer in asketische Enthaltsamkeit vertieft ist und wie tausend Sonnen in seiner eigenen Energie strahlt. Er hielt den Dreizack in der Hand, trug verfilzte Locken und Kleider aus Bast und Fellen und war schneeweiß. Auf seinem Körper wachten tausend Augen, und an seiner Seite thronte Parvati nebst vielen Geschöpfen der seltsamsten Gestalt. Sein Gefolge sang und spielte auf allen Arten von Musikinstrumenten, lachte und tanzte, sprang herum und zeigte vielerlei Gebärden unter lauten Rufen. Es roch himmlisch, und die Rishis verehrten ihn mit trefflichen Hymnen, wie sie auch Brahma ehren. Er war der Beschützer aller Kreaturen mit niemals verlöschendem Glanze und hielt den Bogen (Pinaka). Krishna und Arjuna berührten die Erde zu seinen Füßen und murmelten die ewigen Worte aus den Veden. Krishna ehrte mit Worten, Seele, Verständnis und Taten diesen Gott, welcher die erste Quelle der Welten ist, den selbst unerschöpflichen Schöpfer des Universums, den höchsten Herrn mit niemals vergehender Pracht, das höchste Ziel des Geistes, welcher Raum und Wind ist, die Quelle aller leuchtenden Körper, den Verursacher von Regen und diese allererste Substanz der Erde. Er ist das Ziel aller Verehrung der Götter, Danavas, Yakshas und menschlichen Wesen. Er ist der hohe Brahma, den die Yogis erkennen, und die Zuflucht aller Brahmakennenden. Er ist der Schöpfer aller belebten und unbelebten Kreaturen und auch ihr Zerstörer. Er ist der Zorn am Ende der Yugas, welcher alles verbrennt. Er ist die höchste Seele, ist Indra, Surya und der Ursprung aller Eigenschaften. So bat Krishna um Zuflucht bei Bhava (Shiva), den die erkennenden Menschen das Subtile und Spirituelle nennen und die Seele aller Ursachen. Auch Arjuna ehrte unablässig die Gottheit, wissend, daß sie die Ursache für alle Kreaturen, nebst Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist.

Lächelnd empfing Sarva (der Gott, der mit Pfeilen tötet) mit freudiger Seele die beiden Besucher, Nara und Narayana, und sprach zu ihnen:
Seid willkommen, ihr besten Männer. Erhebt euch und werft die Müdigkeit der Reise ab. Was ist der Wunsch eures Herzens, ihr Helden? Möge es unverzüglich ausgesprochen sein. Welche Absicht brachte euch her? Ich werde euch helfen und tun, was euch nützt. Ich werde euch gewähren, was auch immer ihr wünscht.

Beide erhoben sich und priesen mit gefalteten Händen, großer Weisheit und ohne Makel die hochbeseelte Gottheit mit einer Hymne. Krishna und Arjuna sprachen:
Wir verbeugen uns vor Bhava, Sarva, Rudra und der segenspendenden Gottheit. Wir verbeugen uns vor dem Herrn aller Wesen, die mit Leben gesegnet sind. Wir verbeugen uns vor dem Gott, der immer furchtbar ist und Kapardin genannt wird. Wir verbeugen uns vor Mahadeva, Bhima, dem Dreiäugigen, und vor ihm, der Frieden und Zufriedenheit ist. Wir verbeugen uns vor Ishana, dem Vernichter des Opfers (von Daksha). Wir grüßen den Vernichter von Andhaka, dem Vater von Kumara. Wir grüßen den Blaukehligen, welcher der Schöpfer ist. Möge ihm Ehre geschehen, der den Pinaka hält, der die verkörperte Enthaltsamkeit ist, Wahrheit und der alles erhaltend. Wir verbeugen uns vor dem Roten, dem Rauchigen, dem Jäger und dem Unbesiegten. Wir verbeugen uns vor ihm, der immer blaue Locken trägt, mit dem Dreizack bewaffnet ist und die himmlische Sicht hat. Wir ehren ihn, welcher der Hotri ist, alle beschützt, drei Augen hat, die Kraft der Zerstörung ist und dessen Lebenssamen ins Feuer fiel. Wir grüßen den unfaßbaren Herrn von Ambika, den alle Götter ehren. Wir ehren den Energiereichen, der den Stier als Zeichen hat, der verfilzte Locken trägt und ein Brahmacharin ist. Wir verbeugen uns vor ihm, der als Asket im Wasser steht, der Brahma hingegeben ist, der niemals besiegt wurde, der die Seele des Universums ist, dessen Schöpfer und Allerhalter. Wir verbeugen uns vor dir, denn du bist das Objekt der Verehrung aller, und du bist der Ursprung aller Kreaturen. Du wirst Brahmachakra genannt, Sarva, Sankara und Shiva. Du bist der Herr des Universums und aller großen Wesen. Du hast tausend Köpfe, Augen und Beine und wirst auch Tod genannt. Deine Taten sind unzählbar. Wir verbeugen uns vor dir, dessen Antlitz golden ist, der du in goldene Rüstung gehüllt bist und immer mitfühlend mit deinen Anhängern. Oh Herr, möge unser Wunsch erfüllt werden.

Sanjaya sprach:
So erfreuten Krishna und Arjuna die Gottheit mit ehrenvoller Hymne, um die große Waffe (Pasupata) zu erhalten.


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