Pushpak Mahabharata Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 37 - Das Feld und der Feldkenner

Der Heilige sprach:
Das Körperliche, oh Sohn der Kunti, wird das Feld (Kshetra) genannt. Und denjenigen, der es erkennen kann, nennen die Gelehrten den Feldkenner (Kshetrajna). Erkenne mich, oh Bharata, als den Feldkenner aller Felder. Die Erkenntnis von Feld und Feldkenner betrachte ich als wahrhafte Erkenntnis. Was dieses Feld ist, wie es besteht, wie es sich entwickelt, woher es kommt, was er (der Feldkenner) ist, und welche Macht er hat, das höre nun kurz zusammengefaßt von mir. All das wurde vielfältig und ausführlich durch die Rishis in verschiedenen Hymnen und wohlformulierten Texten besungen, die bedeutungsvoll zum höchsten Brahman weisen.

Die groben Elemente, das Ichbewußtsein, die Intelligenz, das Unentfaltete (Potential), die fünf Handlungsorgane (Hände, Füße, Mund, Anus, Genital), die fünf Sinne, das Denken, die fünf Sinnesobjekte, sowie Zuneigung, Abneigung, Freude, Schmerz, Körperbewußtsein und der Wille, all diese werden kurzgesagt als das Feld mit seinen Gestaltungen bezeichnet. Demut, Bescheidenheit, Gewaltlosigkeit, Vergebung, Wahrhaftigkeit, Belehrbarkeit, Reinheit, Beständigkeit, Selbstzügelung, Entsagung der Sinnesgenüsse, Selbstlosigkeit, Gewahrsein des Leidens von Geburt, Tod, Alter und Krankheit, Freiheit von Anhaftung, Ungebundenheit an Kinder, Ehefrau, Haus usw., Gleichmut des Herzens bezüglich aller Ereignisse, unbeirrbare Hingabe ohne abschweifende Gedanken, das Verweilen an einsamen Orten, kein Gefallen am Gedränge der Menschen, beständige Selbsterkenntnis und alldurchdringende Einsicht, all dies wird als Weisheit bezeichnet, und alles Dagegenwirkende ist Unwissenheit.

So werde ich dir jetzt auch verkünden, was man auf dem Weg zur Unsterblichkeit erkennen sollte: Es ist das Höchste Brahman, das keinen Anfang hat, das man weder als existent noch als nichtexistent bezeichnet, das überall Hände und Füße, Augen, Köpfe, Ohren und Gesichter hat, das alldurchdringend in der Welt wohnt, das alles sinnlich Erkennbare ist, aber selbst keine Sinne besitzt, das ohne Anhaftung bezüglich der Geschöpfe ist, daß ohne Qualitäten ist, aber sich doch daran erfreut, und das außerhalb und innerhalb der Wesen besteht. Es ist belebt und unbelebt und aufgrund seiner Feinheit ungreifbar. Es ist weit entfernt und doch ganz nah. Ungeteilt ist es in allen Wesen und erscheint doch geteilt. Es ist der Erhalter, der Schöpfer und Vernichter aller Wesen. Es wird auch das Licht der Lichter jenseits aller Dunkelheit (der Unwissenheit) genannt. Als Erkennen, Erkennbares und Höchste Erkenntnis wohnt es im Innersten aller Wesen.

So habe ich dir kurz das Feld, das Erkennen und das höchste Ziel des Erkennens erklärt. Wer mir hingegeben dies durchschaut, der vereint sich im Geiste mit mir. So erkenne auch, daß Natur (Prakriti) und Höchster Geist (Purusha) beide anfangslos sind, und daß alle Gestaltungen und alle Qualitäten Erscheinungsformen der Natur sind. Dabei bezeichnet man als „Natur“ die Quelle aller Gestaltungen aufgrund von Ursache und Wirkung und als „Geist“ die Quelle aller Erfahrungen, wie Freude und Schmerz. Denn der Geist, der in der Natur wohnt, genießt die aus der Natur geborenen Qualitäten. So wird die Anhaftung daran zur Ursache für die Geburt unter angenehmen und unangenehmen Umständen. Diesen Höchsten Geist, der dann in einem Körper wohnt, bezeichnet man als Betrachter, Zeuge, Erhalter, Genießer, sowie als mächtigen Herrscher und auch als Höchste Seele.

Wer diesen Geist (Purusha), die Natur (Prakriti) und die Qualitäten (Gunas) tiefgründig erkennt, der muß nicht wiedergeboren werden, in welchem Zustand er auch sein mag. Manche erkennen durch Meditation ganz von selbst ihr Selbst im Selbst, andere erkennen auf dem Weg der Weisheitslehren und wieder andere durch den hingebungsvollen Yoga des Handelns. Manche beten es auch an, um es zu erkennen, nachdem sie von anderen darüber gehört haben. Sogar jene, die sich dem Gehörten widmen, können den Tod überwinden.

So erkenne, oh Stier der Bharatas, daß alle belebten und unbelebten Geschöpfe aus der Verbindung von Feld und Feldkenner (bzw. Natur und Geist) in ihre Existenz kommen. Dann sieh den Höchsten Herrn in allen Geschöpfen gleich wohnen, den ewig Unvergänglichen im Vergänglichen. Denn wer den Herrn überall gleich innewohnend erblickt, der zerstört sich nicht selbst und erreicht seine höchste Bestimmung. Er erkennt alle Handlungen als Erscheinungsformen der Natur und brüstet sich nicht mehr selbst als Täter. Wer auf diese Weise all die vielfältigen Wesen als die ewige Einheit sieht, in der sich alles entfaltet, der gilt als Kenner des Brahman.

Dieses unerschöpfliche Höchste Selbst, oh Kunti Sohn, ist anfangslos und ohne jegliche Eigenschaften, es handelt nicht und wird nicht befleckt, auch wenn es verkörpert ist. Denn wie der alldurchdringende Raum aufgrund seiner Feinheit nicht beschmutzt wird, so wird das (alldurchdringende) Selbst, das in jedem Körper wohnt, nicht befleckt. Wie eine einzelne Sonne diese ganze Erde erhellt, so erleuchtet der Höchste Geist den ganzen Bereich der Natur, oh Bharata. Wer mit diesem Auge der Weisheit die Unterscheidung von Natur und Geist durchschaut und die Erlösung aller Wesen von der Natur erkennt, der erreicht wahrlich das Höchste.


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