Pushpak Mahabharata Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 27 - Der Yoga des Handelns

Arjuna sprach:
Wenn du, oh Janardana, die Hingabe höher als das Werk betrachtest, warum, oh Kesava, verpflichtest du mich dann zu solch schrecklicher Tat? Durch doppelsinnige Worte scheinst du meinen Verstand zu verwirren. Deshalb offenbare mir nun ohne Umschweife das Eine, wodurch ich das Heil erreichen kann.

Krishna belehrt Arjuna

Der Heilige antwortete:
Ich sagte bereits, oh Sündenloser, daß die Hingabe hier in dieser Welt zweifach ist, der Yoga der Entsagung und der Yoga des Handelns. Der Mensch erreicht weder die Freiheit vom Handeln durch Untätigkeit, noch die Erlösung durch Verzicht. Denn kein Lebewesen kann auch nur für einen Augenblick ohne Handeln existieren, weil es durch seine Natur zum Handeln gezwungen wird. So gilt der unwissende Mensch als ein Heuchler, der zwar die äußeren Sinnesorgane zügelt, aber im Inneren deren Objekte begehrt. Wer aber, oh Arjuna, Sinne und Gedanken zügelt und voller Hingabe und ohne Anhaftung mit den ihm gegebenen Mitteln handelt, der ist vorzüglich. Deshalb widme dich stets dem Werk, denn Handeln ist besser als nicht Handeln. Nicht einmal dein Körper könnte ohne Handeln erhalten werden. Doch jede Handlung, die nicht als selbstloses Opfer dargebracht wird, bindet dich an diese Welt. Deshalb, oh Sohn der Kunti, handle entsprechend ohne Anhaftung.

In alten Zeiten schuf der Herr der Schöpfung die Menschen und das Opfer gemeinsam und sprach: „Gedeihet durch das Opfer! Möge es euch eine wunscherfüllende Kuh sein! Fördert damit die Götter, auf daß die Götter euch fördern. Wenn ihr einander Sein gebt, wird euch das zum Wohle gereichen. Besänftigt durch Opfer, werden die Götter euch alles geben, was ihr wünscht. Wer aber ihre Gaben ohne Gegengaben genießt, der lebt wahrlich wie ein Dieb. Die Guten leben von den Resten des Opfers und sind frei von allen Sünden. Wer aber nur für sich selbst kocht, der wird sich zweifellos mit Sünde beladen.“

Die Lebewesen entstehen durch Nahrung, die Nahrung durch den Regen, der Regen durch die Opfer, und das Opfer entsteht durch das Handeln. Erkenne, daß das Handeln von Brahma kommt, und Brahma aus dem Selbst, das keinen Zerfall kennt. So ist das Opfer für ewig im alldurchdringenden Selbst gegründet. Wer sich diesem Rad des Lebens widersetzt, das sich nun einmal so dreht, dieser sündhafte Mensch ist ganz in eigensinniger Begierde gefangen und lebt vergeblich, oh Arjuna. Aber der Mensch, der allein im Selbst gegründet, im Selbst befriedet und selbst zufrieden ist, der hat wahrlich alles erreicht. Was sollte er darüber hinaus noch durch Handeln oder nicht Handeln gewinnen? An keines unter all den Geschöpfen ist er besonders gebunden. Nur so kann er wahrlich ohne Anhaftung das tun, was getan werden soll. Und der Mensch, der ohne Anhaftung handelt, erreicht das Höchste. Allein durch Handeln haben Könige wie Janaka alles erreicht. So ziemt es sich auch für dich, mit Rücksicht auf das Wohl aller Wesen zu handeln. Denn was die Großen und Starken in der Welt tun, das wirkt als Vorbild für alle anderen. Welche Ideale sie auch setzen, das Volk richtet sich danach.

Sieh mich an, oh Arjuna! In allen drei Welten gibt es nichts, was ich noch tun müßte, denn ich habe alles erreicht. Dennoch handle ich unermüdlich. Denn würde ich nicht unermüdlich handeln, schon bald würden es mir die Menschen überall gleichtun, oh Partha. Die Welten würden untergehen, wenn ich mein Werk nicht vollbringen würde. Ich würde Unordnung in den Kasten verursachen und Schöpfung zerstören.

Oh Bharata, so wie die Unwissenden ihre Werke vollbringen und daran persönlich anhaften, so sollte auch der Weise handeln, aber ohne persönliche Anhaftung, um den Menschen ihre Aufgaben zu zeigen. Der Weise sollte niemals noch mehr Verwirrung im Verstand der Unwissenden verursachen, die voller Begierde für sich selbst arbeiten. Er sollte mit selbstloser Hingabe handeln und ihnen im Handeln ein Vorbild sein.

Jegliche Handlungen sind karmische (wesenhafte bzw. natürliche) Eigenschaften. Nur, wer durch seine Ichhaftigkeit getäuscht wird, betrachtet sich persönlich als den Handelnden. Wer aber die Beziehung zwischen Eigenschaften und Handlungen erkannt hat, der weiß, daß hier nur Eigenschaften auf Eigenschaften wirken (das Spiel der Gunas wird später noch erklärt). Wer durch diese karmischen Eigenschaften getäuscht wird, beginnt an seinen Handlungen persönlich anzuhaften, die doch nur ein Spiel der Eigenschaften sind. Wer das alles durchschaut, sollte die Menschen mit unvollkommener Sicht nicht (durch Gleichgültigkeit) verwirren. Deshalb handle, aber richte deinen Geist auf das Selbst und widme dein ganzes Handeln nur Mir allein! So kämpfe, aber ohne Begehren, ohne Anhaftung und ohne diese Schwäche deines Herzens!

Der Mensch, der sich in dieser, meiner Lehre übt, voller Glauben, Hingabe und ohne Nörgelei, wird von den karmischen Fesseln der Handlungen befreit. Wer aber klagt und seinem Eigensinn folgt, der wird sich in Unwissenheit und Narrheit verlieren. Auch ein Weiser handelt gemäß seiner karmischen Natur, so wie alle Geschöpfe ihrem Karma folgen. Was sollte Unterdrückung da nützen? So sind die Sinne bezüglich ihrer Objekte entweder mit Zuneigung oder Abneigung konditioniert. Aber man sollte sich hüten, unter ihre Gewalt zu kommen, denn schnell werden sie zu Hindernissen auf dem Weg. So ist es weit besser, die dir gegebenen Aufgaben zu erfüllen, selbst wenn es dir unvollkommen erscheint, als die Aufgaben eines anderen (bzw. einer anderen Kaste) mit dem Anspruch auf Vollkommenheit. Besser ist (für den Kshatriya) der Tod bei eigener Pflichterfüllung, denn das Greifen nach anderen Herausforderungen birgt stets die Gefahr (des Eigennutzes).

Arjuna fragte:
Oh Krishna, was treibt aber nun den Mensch zur Sünde, selbst gegen seinen Willen, als ob er gewaltsam dazu gezwungen würde?

Der Heilige sprach:
Es ist die Begierde und damit auch der Haß, die aus der Qualität der Leidenschaft (Rajas) geboren werden. Sie sind höchst gefräßig und sündhaft. Erkenne sie als den wahren Feind in dieser Welt. Wie ein Feuer durch Rauch verhüllt wird, ein Spiegel durch Staub und ein Embryo vom Mutterleib, so wird das Eine von den Begierden verdeckt. Dieser hartnäckige Feind der Weisheit, der als Begierde die Erkenntnis verhüllt, brennt unersättlich, wie ein Feuer. Die Sinne, das Denken und der Verstand bezeichnet man als seine Wohnstätte. Damit täuscht er die Person und verstrickt sie in Unwissenheit. Deshalb zügle zuerst die Sinne, oh Stier der Bharatas, dann überwinde diese unheilsame Begierde, die nur Unwissenheit ansammelt.

Man sagt, die Sinne sind höher (als das Körperliche), das Denken ist höher als die Sinne, der Verstand ist höher als das Denken, doch höher noch als der Verstand ist Er. So erkennend, was jenseits von jeglichem Wissen ist, zügle dein Ich durch das Selbst und überwinde, oh Starkarmiger, den Feind in Gestalt der Begierde, der wahrlich schwer zu überwinden ist!


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