Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 135 - Fortsetzung der Geschichte

Kunti fuhr fort:
Als der Sohn diese Worte seiner Mutter hörte, da antwortete er:
Oh lieblose und zornige Mutter, du sprichst wie ein Krieger und dein Herz scheint aus Stahl geformt zu sein. Schande auf diese Kshatriya Pflichten, wodurch du mich zum Kämpfen nötigst, als ob ich ein Fremder für dich wäre, und wegen derer du zu mir, deinem Sohn, solche Worte sprichst, als ob du nicht meine Mutter wärst. Wenn du mich nicht mehr erblicken würdest, wenn du von mir, deinem Sohn, getrennt sein müßtest, welchen Nutzen hätte dann diese ganze Erde für dich, oder all deine Ornamente und Vergnügungen? Wahrlich, welchen Sinn hätte selbst das Leben noch für dich?

Die Mutter sprach:
Die Klugen, oh Sohn, vollbringen alle Taten für die Tugend und den Gewinn. Genau deswegen, oh Sanjaya, nötige ich dich zum Kämpfen. Die rechte Stunde ist gekommen, um deine Heldenkraft zu zeigen. Wenn du in dieser Zeit nicht handelst, dann wäre das für mich unerträglich, und auch die Leute würden dich verachten. Wenn du dabei bist, oh Sanjaya, dich mit Schande zu beflecken, und ich aus Zuneigung nicht zu dir sprechen würde, dann wäre das die gleiche wertlose und unvernünftige Zuneigung, die eine Eselin für ihr Junges hat. Beschreite nicht den Pfad, der von den Weisen gemieden und von den Dummköpfen angenommen wird. Groß ist die Unwissenheit auf diesem Pfad, und viele irdische Wesen gehen ihn. Nur wenn du das Verhalten der Weisen annimmst, bist du mir ein liebenswürdiger Sohn. Wahrlich, wenn du zu Tugend und Gewinn Zuflucht nimmst, wenn du dich mit Gottes Hilfe auf menschliche Anstrengung verläßt, wenn dein Verhalten voller Edelmut ist, dann sind das die Gründe, und sonst keine, weshalb du mir lieb bist.

Wer seine Freude an Söhnen und Enkeln findet, die gut unterwiesen sind, der genießt wahre Freude. Wer andererseits einen Sohn liebt, der ohne Kampfgeist ist, widerspenstig und übelgesonnen, hat das wahre Ziel noch nicht erkannt, weshalb ein Sohn wünschenswert ist. Jene üblen Menschen, die nie das Rechte tun, sondern stets das Tadelnswerte, erreichen weder in dieser Welt noch in der folgenden ihr Glück. Ein Kshatriya, oh Sanjaya, ist für den Kampf und den Sieg geschaffen worden. Ob er nun gewinnt oder zugrunde geht, immer gelangt er in den Bereich von Indra. Und das Glück, das ein Kshatriya findet, wenn er seine Feinde unterwirft, ist sogar noch höher als das der heiligen Bereiche von Indra im Himmel. Wie das glimmende Feuer sollte ein Kshatriya mit großer Energie auf die Gelegenheit warten, um seine Feinde zu schlagen, auch wenn er selbst viele Male besiegt wurde. Wie könnte er sonst geistigen Frieden finden, bis er entweder sein Leben läßt oder all seine Feinde besiegt hat?

Wer Weisheit hat, der betrachtet alles Kleinliche als unangenehm. Denn wer das Kleinliche als angenehm empfindet, dem wird es schließlich zur Quelle des Leidens. Der Mensch, der das Wünschenswerte nicht erreicht, wird schnell im Elend enden. Tatsächlich fühlt er bald immer mehr Wünsche und wird sich darin verlieren, wie die Ganga im Ozean.

Der Sohn sprach:
Oh Mutter, du solltest solche Ansichten nicht vor deinem eigenen Sohn äußern. Sei gütig zu ihm und steh an seiner Seite, wie ein stilles und ruhiges Wesen.

Und die Mutter sprach:
Ich bin sehr froh, wenn du so sprichst. Denn du drängst mich zu meinen Pflichten, und so kann ich dich um so mehr zu den deinen drängen. Wahrlich, ich werde dich achten, wenn ich dich mit vollem Erfolg gekrönt sehe, nachdem du all die Saindhavas besiegt hast!

Der Sohn antwortet:
Wie könnte ich siegen, ohne Reichtum und ohne Verbündete? In Anbetracht meines äußerst erbärmlichen Zustandes habe ich den Wunsch nach dem Königreich aufgegeben, wie ein Übeltäter den Wunsch nach dem Himmel. Wenn du aber, oh weise Dame, irgendwelche hilfreichen Mittel siehst, dann sprich jetzt offen zu mir, denn ich werde alles tun, was du mir gebietest.

Die Mutter sprach:
Erniedrige deine Seele nicht durch Hoffnungslosigkeit, oh Sohn! Unerreichtes wird erreicht und Erreichtes wieder verloren! Die Erfüllung von Zielen sollte niemals mit Haß und Dummheit gesucht werden. Es gibt wahrlich keine Tat, oh Sohn, wo der Erfolg garantiert ist. Doch obwohl die Menschen diese Unsicherheit kennen, handeln sie dennoch, so daß sie manchmal erfolgreich sind und manchmal nicht. Wer jedoch auf das Handeln ganz verzichtet, der erreicht niemals Erfolg. Ohne Anstrengung gibt es nur ein Ergebnis, nämlich die Abwesenheit des Erfolges. Dagegen bringt die Anstrengung zwei Ergebnisse, nämlich den Erwerb von Erfolg oder den Erwerb von Mißerfolg. Wer sich, oh Prinz, in Anbetracht der Unsicherheit in allen Taten bereits im Vorfeld geschlagen gibt, für den bleiben Erfolg und Wohlstand immer unerreichbar. „Alles ist erreichbar!“ Mit diesem Glauben sollte man alle Faulheit abwerfen, sich anstrengen, erwachen und tätig sein.

Der kluge König, oh Sohn, welcher handelt, alle verheißungsvollen Riten ausführt und die Götter und Brahmanen auf seiner Seite hat, der gewinnt bald Erfolg. Wie die aufgehende Sonne den Osten umarmt, so umarmt ihn die Göttin des Wohlstandes. Ich sehe, daß du dich offen für die verschiedenen Vorschläge, Mittel und ermutigenden Reden zeigst, die du von mir erhalten hast. So zeige jetzt auch deine Heldenkraft! Es ziemt sich für dich, durch jegliche Anstrengung das Ziel zu gewinnen, welches vor dir liegt. Versammle auf deiner Seite all diejenigen, die mit deinen Feinden unzufrieden sind, die sich Wohlergehen wünschen, die unter deinen Feinden geschwächt wurden, die sie nicht dulden wollen, die von ihnen erniedrigt wurden, die sie aus Stolz und Würde herausfordern möchten sowie andere dieser Art. Dadurch wirst du fähig sein, die mächtige Heerschar deiner Feinde zu schlagen, wie ein heftiges und wild aufkommendes Gewitter die Wolken zerstreut.

Gib deinen Verbündeten Reichtum, bevor sie ihn erwarten, suche ihren Nutzen, sei dienstbereit und sprich freundlich zu ihnen. Dann werden sie dir nützlich sein und dich als Führer anerkennen. Wenn der Feind erfährt, daß sein Gegner die Lebensangst überwunden hat, dann wird er beginnen, dich zu fürchten wie eine Schlange im eigenen Haus. Und wenn deine Stärke erkannt wurde, dann wird er sich zurückhalten, dich zu unterwerfen. Er wird dich vorerst mit den Künsten der Versöhnung, mit Geschenken und ähnlichen zum Freund gewinnen wollen. Doch auch das käme einer Unterwerfung gleich. Denn durch die Künste der Versöhnung schafft er sich nur Zeit, um seinen Reichtum zu vermehren. Und wenn der Reichtum zunimmt, wird man verehrt und gewinnt neue Verbündete. Aber wem sein Reichtum geraubt wird, den verlassen die Freunde und Verwandten, und darüber hinaus wachsen Mißtrauen und sogar Verachtung. Es ist völlig unmöglich, sein Königreich jemals wiederzugewinnen, wenn man sich mit seinen Feinden verbündet und leichtgläubig lebt.


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