Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 92 - Vidura spricht zu Krishna

Vaisampayana fuhr fort:
Nachdem Kesava gespeist und erfrischt worden war, sprach Vidura zu ihm während der Nacht:

Oh Kesava, dein Erscheinen hier ist unvorsichtig gewesen, weil der Sohn von Dhritarashtra die Regeln von Tugend und Verdienst überschreitet. Oh Janardana, er ist übelgesinnt und zornig, beleidigt andere, obwohl er selbst nach Anerkennung begehrt, und mißachtet die Gebote der Altehrwürdigen. Oh Madhava, er übertritt die heiligen Schriften, ist unwissend, engstirnig, hat eine übelgesinnte Seele, die bereits vom Schicksal eingeholt wurde, und ist sogar geneigt, denen Übles zu tun, die sein Wohl suchen. Seine Seele ist von der Begierde und der Lust besessen. Als Unwissender betrachtet er sich als besonders klug. So ist er der Feind seiner wahren Freunde. Stets mißtrauisch, ohne jegliche Selbstkontrolle und undankbar, hat er alle Tugend aufgegeben und ist in die Sünde verliebt. Er ist dumm, ohne tieferes Verständnis, ein Sklave seiner Sinne, stets den Impulsen der Lust und Habgier gehorsam und in jeder Tat unentschlossen, die getan werden sollte. Und neben diesen hat er noch viele andere Laster.

Selbst wenn du ihm aufzeigst, was zu seinem Nutzen ist, wird er dennoch, von Stolz und Wut bewegt, alles ignorieren. Er hat großen Glauben an die Kraft von Bhishma, Drona, Kripa, Karna, den Sohn von Drona und Jayadratha. Deshalb wird er nie nach Frieden streben, oh Janardana. Die Söhne von Dhritarashtra sind zusammen mit Karna überzeugt, daß die Pandavas nicht einmal den Anblick von Bhishma, Drona und den anderen Helden ertragen können, vom Kampf gegen sie gar nicht erst zu sprechen. Der närrische Duryodhana mit der beschränkten Sicht hat eine riesige Armee versammelt und betrachtet damit, oh Madhu Vernichter, seine Ziele als bereits erreicht. Der ahnungslose Sohn von Dhritarashtra ist zu der Schlußfolgerung gelangt, daß Karna nur mit einer Hand fähig wäre, seine Feinde zu besiegen. Er wird deshalb niemals Frieden schließen.

Du, oh Kesava, wünschst Frieden und brüderliche Gefühle zwischen den zwei Parteien hervorzubringen. Aber wisse, daß alle Söhne von Dhritarashtra den Beschluß gefaßt haben, daß sie den Pandavas niemals das geben wollen, worauf sie wahrlich ein Recht haben. Gegen diese Verbohrtheit werden sich deine Worte sicher als nutzlos erweisen. Oh Madhu Vernichter, wo die Worte, seien sie gut oder schlecht, ohne Wirkung bleiben, würde kein kluger Mensch seinen Atem verschwenden, wie ein Sänger vor Gehörlosen. Wie ein Brahmane vor einer Versammlung der Chandalas, werden dein Worte, oh Madhava, unter jenen Unwissenden und Übelgesinnten nicht respektiert werden, die keine Verehrung dafür haben, was Verehrung verdient. Dumm wie er ist, wird er deinen Ratschlägen niemals folgen, so lange er noch Kraft hat. Was auch immer du für Worte an ihn richtest, sie werden völlig sinnlos sein.

Es scheint mir unangebracht, oh Krishna, daß du in die Mitte dieser Versammlung von Übelgesinnten treten willst. Ich erkenne keinen Sinn darin, oh Krishna, daß du zu ihnen gehst und an diese dummen Übeltäter, diese ungerechten Kreaturen, die so zahlreich sind, deine Worte richtest. Infolge ihrer Respektlosigkeit vor dem Alter, infolge ihrer Verblendung durch Reichtum und Stolz und infolge ihrer Überheblichkeit wegen ihrer Kraft und ihrem Zorn werden sie niemals den guten Rat von dir akzeptieren. Duryodhana hat eine mächtige Armee versammelt und hegt Mißtrauen gegen dich, oh Madhava. Er wird deshalb deinen Ratschlägen nie folgen. Die Söhne von Dhritarashtra, oh Janardana, sind von der Überzeugung besessen, daß zur Zeit sogar Indra an der Spitze aller Himmlischen, unfähig wäre, sie im Kampf zu besiegen. Wie eindringlich deine Worte auch immer sein mögen, sie werden sich als wirkungslos bei ihnen erweisen, die von so einer Überzeugung besessen sind und stets den Impulsen der Begierde und des Zornes folgen.

In der Mitte seiner Elefantenreihen und seiner Armee aus Wagen und heroischen Fußsoldaten betrachtete der ahnungslose und übelgesinnte Duryodhana ohne jegliche Furcht die ganze Erde als bereits von ihm unterjocht. Tatsächlich begehrt der Sohn von Dhritarashtra dieses umfassende Reich der Erde ohne irgendwelche Rivalen. Deshalb ist der Frieden mit ihm unerreichbar. Was er in seinem Besitz glaubt, das betrachtet er als unantastbares Eigentum. Ach, der Untergang der Erde scheint sicher zu sein, weil Duryodhana, der vom Schicksal getrieben die Könige der Erde mit allen Kshatriya Kriegern versammelt hat, gegen die Pandavas kämpfen will. Viele dieser Könige, oh Krishna, sind in Feindseligkeit mit dir, weil du ihnen früher ihre Besitztümer genommen hast. Aus Zorn über dich haben sich jene heroischen Monarchen mit Karna und den Söhnen von Dhritarashtra zusammen geschlossen. Ohne Rücksicht auf ihr Leben haben sich diese Krieger mit Duryodhana vereint und werden bereits beim Gedanken an den Kampf gegen die Pandavas mit Entzücken erfüllt.

Oh Held der Dasarhas, ich finde es nicht gut, daß du dich in ihre Mitte begibst. Warum, oh Feindevernichter, willst du dich unter diese zahlreichen Feinde begeben, die sich mit übelgesinnten Seelen vereint haben? Oh Starkarmiger, ich weiß, du bist in Wirklichkeit unbesiegbar, selbst durch die großen Götter, und ich kenne, oh Feindevernichter, auch deinen Kampfgeist und deine Intelligenz. Oh Madhava, meine Liebe zu dir ist die gleiche, wie zu den Söhnen des Pandu. Deshalb spreche ich diese Worte aus Zuneigung, Rücksicht und Freundschaft zu dir. Mein Entzücken, das ich beim Anblick deiner Personen empfinde, brauche ich dir nicht weiter zum Ausdruck bringen, denn du, oh Lotusäugiger, bist die innerste Seele aller verkörperten Wesen.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter