Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 90 - Kuntis Kummer und die Antwort von Krishna

Vaisampayana sprach:
Nach seinem Treffen mit Vidura, begab sich Janardana am Nachmittag zu Pritha (Kunti), seiner Tante väterlicherseits. Und als sie Krishna, dessen Gesicht wie die Sonne strahlte, in ihrem Haus erblickte, da umarmte sie ihn, und begann über ihn ihr Wehklagen aufgrund der Erinnerung an ihre Söhne auszugießen. Und die Tränen von Pritha liefen schnell über, als sie nach so langer Zeit Govinda aus dem Stamm der Vrishnis, den Begleiter ihrer mächtigen Söhne, vor sich sah. Nachdem Krishna, der Erste der Krieger, seinen Platz eingenommen und die Riten der Gastfreundschaft erhalten hatte, da sprach Pritha mit leidvollem Gesicht und mit tränenerwürgter Stimme zu ihm:

Meine Söhne, die seit frühester Kindheit stets mit Verehrung ihren Vorgesetzten dienten, die in Freundschaft einander verbunden sind, die ihres Königreiches durch Betrug beraubt wurden und in die Abgeschiedenheit gingen, obwohl sie des Lebens inmitten von Freunden und Begleitern würdig sind, sie, die Zorn und Freude gezügelt haben, die den Brahmanen gewidmet sind und wahrhaft in ihrer Rede, diese Söhne von mir, die das Königreich und alle Vergnügungen aufgaben und mich in meinem Jammer zurücklassend in die Wälder gegangen sind, und damit die Wurzeln meines Herzens abschlugen, diese berühmten Söhne des Pandu, oh Kesava, die unverdienterweise so viel Elend ertragen mußten, ach, wie lebten sie im tiefen Wald, der voller Löwen, Tiger und Elefanten ist? Im Säuglingsalter schon wurden sie ihres Vaters beraubt und von mir mit aller Zärtlichkeit erzogen. Wie lebten sie im mächtigen Wald ohne ihre beiden Eltern zu sehen? Von Kindheit an, oh Kesava, wurden die Pandavas in ihren Betten mit der Musik von Muschelhörnern, Trommeln und Flöten geweckt. Meine Söhne, die Zuhause in hohen Palasträumen auf weichen Decken und Fellen des Runku Hirsches schliefen, die am Morgen vom Grunzen der Elefanten erweckt wurden, vom Gewieher der Rosse, vom Geratter der Wagenrädern und der Musik von Muscheln und Becken in der Begleitung von Flöten und Glockenspiel, die in der frühen Morgendämmerung mit den heiligen Hymnen der Brahmanen verehrt wurden, von denen, die selbst solche Verehrung mit Roben, Juwelen und Ornamenten verdienten, und die mit glücksbringenden Segenssprüchen von diesen ruhmreichen Zweifachgeborenen aus Dankbarkeit für den empfangenen Respekt gesegnet wurden, daß sie, oh Janardana, in den tiefen Wäldern mit den schrillen und mißtönenden Schreien der Raubtiere schlafen konnten, ist kaum zu glauben. Wahrlich, so viel Elend haben sie nicht verdient. Wie konnten sie, oh Madhu Vernichter, die aus sanftem Schlummer mit Musik von Becken und Trommeln, Muscheln und Flöten, mit honigsüßen Liedern von Sängerinnen und mit Lobreden von Barden und Rezitationskünstlern aufgeweckt wurden, ach, wie konnten sie in den tiefen Wäldern durch die Schreie von wilden Tieren wachgerüttelt werden?

Und mein Sohn Yudhishthira, der voller Bescheidenheit und Wahrhaftigkeit ist, der seine Sinne unter Kontrolle hat und Mitgefühl mit allen Wesen, der sowohl die Begierde als auch den Haß besiegt hat und stets den Pfad der Rechtschaffenen beschreitet, der gewandt die schwere Last der in alter Zeit geborenen königlichen Weisen Amvarisha, Mandhatri, Yayati, Nahusha, Bharata, Dilip, Sivi, dem Sohn von Usinara und anderer trägt, der einen ausgezeichneten Charakter und Gesinnung hat, der die Tugend kennt, dessen Heldenkraft nie verwirrt werden kann, der infolge seiner umfassenden Fähigkeiten zum Monarch der drei Welten geeignet wäre, der entsprechend den Gesetzen, sowie seiner Gelehrsamkeit und Gesinnung der Erste aller Kurus sein sollte, der ansehnlich und starkarmig ist und keinen Feind kennt, oh, wie geht es Yudhishthira mit der tugendhaften Seele und dem Teint von reinem Gold? Und mein Sohn Bhima, der die Kraft von zehntausend Elefanten und die Geschwindigkeit des Windes hat, der unter den Söhnen des Pandu so mächtig und stets zornvoll ist, der seinen Brüdern immer Gutes tut, und den sie deshalb alle lieben, er, oh Madhu Vernichter, der Kichaka mit all seinen Verwandten tötete, der Krodhavasas, Hidimba und Vaka besiegte, der an Heldenkraft dem Indra und an Kraft dem Windgott gleicht, der furchterregend und im Zorn wie Madhava selbst ist, dieser Erste aller Kämpfer, dieser zornvolle Sohn des Pandu und Feindevernichter, der seine Kraft, Wut und Ungeduld zurückhalten kann und seine Seele kontrolliert, der den Befehlen seines älteren Bruders gehorsam ist, oh Janardana, sprich über ihn, wie es diesem Krieger mit der unermeßlichen Tapferkeit geht, diesem Bhimasena, der seinem Namen alle Ehre macht, diesem Vrikodara mit den Armen wie Keulen, diesem mächtigen zweiten Sohn des Pandu?

Auch Arjuna, oh Krishna, mit den zwei mächtigen Armen, der sich stets höher als sein alter Namensvetter mit den tausend Armen betrachtet, der fünfhundert Pfeile auf einmal abschießen kann, dieser Sohn des Pandu, der im Gebrauch der Waffen dem König Kartavirya gleicht, an Energie dem Aditya, an Selbstbeherrschung seiner Sinne einem großen Weisen, an Vergebung der Erde und an Heldenkraft dem Indra selbst, er, durch dessen Heldenkraft, oh Madhu Vernichter, die Kurus unter allen Königen der Erde dieses umfassende Reich erhalten haben, dieser Glanzvolle, dessen Kraft stets durch die Pandavas verehrt wird, dieser Sohn des Pandu, welcher der Erste von allen Wagenkriegern ist, und dessen Heldenmut in keiner Begegnung gebrochen werden kann, den im Kampf noch niemals ein Feind besiegte, der, oh Krishna, der Eroberer von allen ist, aber den niemand selbst erobern kann, und der die Zuflucht der Pandavas ist, wie Vasava für die Himmlischen, wie, oh Kesava, geht es Dhananjaya jetzt, ihrem Bruder und Freund von dir? Und Sahadeva, der mitfühlend zu allen Wesen ist, voller Bescheidenheit und in mächtigen Waffen erfahren, dieser Sanfte, Zartfühlende und Tugendhafte, der mir lieb ist, dieser mächtige Bogenschütze, dieser Held und diese Zierde aller Versammlungen, er, oh Krishna, der noch jung an Jahren, und dem Dienst seiner Brüder gewidmet ist, der sowohl die Tugend als auch den Gewinn kennt, dessen Brüder, oh Madhu Vernichter, stets die Gesinnung dieses hochbeseelten und wohlerzogenen Sohns von mir loben, berichte mir, oh Vrishni Held, von diesem heroischen Sahadeva, diesem Ersten der Krieger, diesem Sohn von Madri, der seinen älteren Brüdern immer gehorsam, und mir gegenüber so ehrerbietig ist. Und auch Nakula, der so fein und jugendlich, tapfer und ansehnlich ist, dieser Sohn des Pandu, der all seinen Brüdern besonders lieb und in Wahrheit ihr eigentliches Leben ist, obwohl er mit einem von ihnen getrennten Körper umhergeht, er, der die verschiedenen Arten des Krieges kennt, der mit großer Kraft begabt und ein mächtiger Bogenschütze ist, sag mir, oh Krishna, ob dieses geliebte Kind von mir, Nakula, der im Luxus erzogen wurde, körperlich und geistig wohlauf ist? Oh Starkarmiger, werde ich jemals wieder Nakula von mir sehen, diesen mächtigen Wagenkrieger, diesen zartfühlenden Helden, der in jedem Luxus aufgewachsen ist und dieses Elend wahrlich nicht verdient?

Siehe, oh Held, ich lebe heute immer noch, sogar ich, die keinen Frieden kennt, wenn sie den Anblick von Nakula nur für einen Moment missen muß! Doch mehr als alle meine Söhne, oh Janardana, ist mir die Tochter von Drupada lieb. Hochgeboren und von großer Schönheit, ist sie mit allen Vollkommenheiten begabt. Wahrhaftig in ihrer Rede, wählte sie die Gesellschaft ihrer Herren vor der ihrer Söhne. So hat sie ihre geliebten Kinder zurückgelassen und folgte den Söhnen des Pandu (in die Verbannung). Oh Krishna, wie geht es Draupadi jetzt, die alle verheißungsvollen Zeichen und Vorzüglichkeiten besitzt, die einst von einem großen Zug von Dienern behütet und von ihren Männern mit allen Dingen des Vergnügens verehrt wurde? Obwohl sie fünf heroische Männer hat, alles Feindevernichter und mächtige Bogenschützen, ein jeder an Energie dem Agni gleich, ach, dennoch war das Los der Tochter von Drupada solches Elend. Oh Feindebedränger, ich habe die Prinzessin von Panchala seit vierzehn langen Jahren nicht gesehen, diese Schwiegertochter von mir, die bestimmt zur Beute der anhaltenden Angst um ihre Kinder geworden ist, welche sie so lange nicht erblickt hatte. Wenn die Tochter von Drupada mit ihren Vorzüglichkeiten kein anhaltendes Glück genießen kann, dann scheint es mir, oh Govinda, daß das Glück einer Person niemals aus der Frucht ihrer Handlungen erwächst.

Wenn ich mich daran erinnere, wie Draupadi gewaltsam vor die Versammlung geschleppt wurde, dann empfinde ich Sympathie weder zu Arjuna, noch zu Yudhishthira, Bhima, Nakula oder Sahadeva. Niemals zuvor empfand ich so ein schwereres Leiden, als es damals mein Herz durchbohrte, als dieser Schuft Dushasana, von Zorn und Begierde getrieben, Draupadi, in ihrer Periode und deshalb nur in ein Kleid gehüllt, in Gegenwart ihres Schwiegervaters vor die Versammlung schleppte und sie den Blicken aller Kurus aussetzte. Es ist bekannt, daß unter den Anwesenden König Valhika, Kripa und Somadatta bei diesem Anblick höchst gequält waren. Aber von allen in dieser Versammlung kann ich nur Vidura loben. Denn weder durch Wissen noch durch Reichtum wird jemand der Verehrung würdig. Es ist durch die Gesinnung allein, daß man geehrt wird! Oh Krishna, begabt mit großer Intelligenz und tiefer Weisheit, wird der Charakter des berühmten Vidura wie ein vorzügliches Ornament das man trägt, zum Schmuck dieser ganzen Welt.

Vaisampayana fuhr fort:
Voller Freude über die Ankunft von Govinda, und mit Sorgen um ihre Söhne gequält, brachte Pritha (Kunti) all ihren vielfältigen Kummer zum Ausdruck.

Und sie sprach:
Kann das Spielen und das Jagen von Hirschen, oh Feindebezwinger, das alle übelgesinnten Könige seit Alters her einholte, eine erfreuliche Beschäftigung für die Pandavas sein? Der Gedanke verzehrt mich, oh Kesava, daß Draupadi durch die Söhne von Dhritarashtra vor allen Kurus in die Versammlung geschleppt wurde. Diese Beleidigung, die schlimmer als der Tod war, oh Feindevernichter, die Verbannung meiner Söhne aus ihrer Hauptstadt und ihre Wanderung durch die Wildnis, diese und andere Qualen, oh Janardana, sind meine Last. Und nichts konnte mir oder meinen Söhnen schmerzhafter sein, oh Madhava, als ihre Zeit im Verborgenen zu verbringen, unerkannt im Haus eines Fremden. Volle vierzehn Jahre sind seit jenem Tag vergangen, als Duryodhana meine Söhne verbannte. Doch wenn das Leiden die Früchte von Sünden zerstören kann, und das Glück von den Früchten religiöser Verdienste abhängig ist, dann scheint es mir, daß auch nach so vielem Elend noch eine glücklichere Zukunft unser sein kann.

Ich machte (bezüglich der mütterlichen Zuneigung) nie einen Unterschied zwischen den Söhnen von Dhritarashtra und den meinen. Bei diese Wahrheit, oh Krishna, werde ich dich zweifellos zusammen mit den Pandavas siegreich aus dem gegenwärtigen Streit hervorgehen sehen, ihre Feinde geschlagen und das Königreich wiedererlangt. Die Pandavas selbst haben ihr Gelübde mit solcher Wahrhaftigkeit dem Dharma gegenüber erfüllt, daß sie niemals durch ihre Feinde besiegt werden können. Hinsichtlich meiner gegenwärtigen Sorgen jedoch, mache ich weder mich selbst noch Duryodhana verantwortlich, sondern nur meinen Vater allein. Wie ein wohlhabender Mensch einen Geldbetrag verschenkt, so gab mich mein Vater an Kuntibhoja (als Adoptivkind) weg. Während ich als Kind noch mit dem Ball in meinen Händen spielte, da verschenkte mich dein Großvater, oh Kesava, an seinen Freund, dem berühmten Kuntibhoja. Erst aufgegeben durch meinen eigenen Vater, und dann noch durch meine Schwiegerfamilie, oh Feindevernichter, und gequält mit diesem unerträglichem Elend, welcher Sinn, oh Madhava, liegt noch in meinem Leben?

In der Nacht als Arjuna geboren wurde, sprach im Entbindungsraum eine unsichtbare Stimme zu mir: „Dieser Sohn von dir wird die ganze Welt überwinden, und seine Berühmtheit wird den Himmel erreichen. Dein Sohn Dhananjaya wird die Kurus im großen Kampf besiegen und das Königreich zurückerobern, und danach mit seinen Brüdern drei großartige Opfer durchführen.“ Ich bezweifle die Wahrheit dieser Offenbarung nicht. Ich verbeuge mich vor Dharma, der die Stütze dieser Schöpfung ist. Wenn Dharma nicht nur ein Mythos ist, dann wirst du, oh Krishna, sicher alles erreichen, was die unsichtbare Stimme sprach.

Oh Madhava, weder der Verlust meines Mannes, noch der Verlust des Reichtums, noch unsere Feindschaft mit den Kurus, brachten mir jemals solche herzzerreißenden Schmerzen, wie diese Trennung von meinen Kindern. Welchen Frieden könnte mein Herz finden, wenn ich Arjuna, den Träger des Gandiva, und Ersten aller Waffenträger, nicht vor mir sehe? Seit vierzehn Jahren, oh Govinda, habe ich Yudhishthira, Arjuna und Bhima nicht gesehen. Die Menschen führen Trauerriten für diejenigen durch, die seit langem vermißt werden und halten sie für tot. Praktisch, oh Janardana, sind mir meine Kinder wie Tote, und ich bin ihnen ebenfalls tot.

Oh Krishna, sprich zum tugendhaften König Yudhishthira: „Deine Tugend, oh Sohn, nimmt täglich ab. Handle deshalb auf solche Art und Weise, daß dein religiöses Verdienst sich nicht weiter verringern kann.“ Schande auf jene, oh Janardana, die nur auf Kosten von anderen leben. Sogar der Tod wäre besser, als ein ungerecht erworbener Lebensunterhalt. Mögest du auch zu Arjuna und dem stets bereiten Bhima sprechen: „Die Zeit für jenes Ereignis ist gekommen, wofür eine Kshatriya Frau einen Sohn zur Welt bringt. Wenn ihr diesen Moment vergehen laßt, ohne irgendetwas zu erreichen, dann werdet ihr genau das tun, was als verächtlich betrachtet wird, obwohl euch zur Zeit die ganze Welt noch respektiert. Und wenn euch diese Verächtlichkeit berührt, dann werde ich euch für immer verlassen. Denn wenn die Zeit gekommen ist, sollte sogar das Leben, das einem so lieb ist, gelassen werden.“

Oh Bester der Menschen, du sollst auch zu den Söhnen der Madri sprechen, welche stets den Kshatriya Traditionen gewidmet sind: „Mehr als um das Leben selbst, möget ihr um die Dinge des Wohlstandes kämpfen, welche durch Heldenkraft erreichbar sind. Denn nur das, was durch Heldenkraft gewonnen wurde, kann das Herz von jenen erfreuen, die nach einem Leben gemäß den Kshatriya Traditionen streben.“ Oh Starkarmiger, geh zu ihnen und sprich zum Besten aller Waffenträger, zu Arjuna, dem heroischen Sohn des Pandu: „Beschreite du den Pfad, welcher dir durch Draupadi gewiesen wird!“ Du weißt, oh Kesava, daß wenn Bhima und Arjuna in ihrem Zorn gereizt werden, jeder von ihnen, wie der universale Zerstörer selbst, sogar die großen Götter besiegen könnte. Ihnen wurde eine große Beleidigung angetan, als ihre Ehefrau Draupadi vor die Versammlung geschleppt und von Dushasana und Karna mit demütigenden Worten angeredet wurde. Und Duryodhana selbst hat den mächtigen Bhima in Gegenwart der Kuru Führer beleidigt. Ich bin überzeugt, daß er die Frucht dieses Verhaltens ernten wird, weil Bhima, wenn er von einem Feind provoziert wurde, keinen Frieden kennt. Wahrlich, einmal provoziert, vergißt Bhima über lange Zeit nichts, bis dieser Feindevernichter den Feind und seine Verbündeten ausgerottet hat.

Der Verlust des Königreiches und die Niederlage beim Würfeln betrübte mich wenig. Aber daß die berühmte und schöne Prinzessin von Panchala vor die Versammlung geschleppt wurde, in nur einem Kleid, und diese bitteren Worte hören mußte, das hat mich zutiefst getroffen. Was, oh Krishna, könnte mir ein größerer Kummer sein? Ach, stets den Kshatriya Bräuchen gewidmet und mit großer Schönheit begabt, erlebte die Prinzessin diese grausame Behandlung während ihrer Periode. Und obwohl sie mächtige Beschützer hatte, blieb sie dabei ohne Hilfe wie eine verlassene Frau. Oh Madhu Vernichter, ich habe dich und deinen Bruder Balarama, sowie den mächtigen Wagenkrieger Pradyumna als Beschützer für mich und meine Kinder. Und meine Söhne, der unbesiegbare Bhima und der standhafte Arjuna, sind beide lebendig. Ist es da nicht sonderbar, oh Krishna, daß ich solchen Kummer ertragen muß?

Vaisampayana fuhr fort:
So angesprochen von ihr, tröstete Krishna, der gute Freund von Arjuna, seine Tante väterlicherseits, die vom Kummer um ihre Söhne so gequält wurde.

Und Vasudeva sprach:
Wo gibt es in dieser Welt, oh Tante, eine Frau wie dich? Als Tochter von König Surasena bist du durch die Ehe mit dem Stamm von Ajamida verbunden. Hochgeboren und hoch geheiratet bist du einer Lotusblume ähnlich, die von einem mächtigen See in einen anderen umgepflanzt wurde. Du hattest jeden Wohlstand und großes Glück und wurdest von deinem Mann verehrt. Und als Ehefrau eines Helden hast du wiederum heroische Söhne zur Welt gebracht. Begabt mit jeglicher Tugend und großer Weisheit ziemt es sich für dich, sowohl Glück als auch Elend mit Geduld zu ertragen.

Schlaf und Ermüdung, Zorn und Euphorie, Hunger und Durst, und auch Kälte und Hitze überwindend erfreuen sich deine Kinder beständig jener Heiterkeit, welche sie als Helden haben sollten. Voller Energie und Macht bewahren deine Söhne beständig die Leichtigkeit der wahren Helden, ohne sich von den sinnlichen Vergnügungen hinreißen zu lassen, an denen sich nur die Gemeinen befriedigen wollen. Niemals sind sie wie kleinliche Menschen zufrieden, die mittelmäßige Wünsche haben. Die Weisen genießen oder erleiden das ganze Maß von dem, was freudvoll und leidvoll ist. Wahrlich, gewöhnliche Personen, die jenen Annehmlichkeiten anhaften, welche nur die niederen Freuden befriedigen, begehren einen mittelmäßigen Zustand der Trägheit, der ohne Leben ist. Die Höherstrebenden jedoch, wünschen das Höchste des Leides und der Freude zu ertragen, was dem Menschen zugedacht ist. Denn der Weise findet das Glück im Außergewöhnlichen. Sie finden kein Vergnügen am Mittelmaß, denn sie sehen im Ungewöhnlichen das Glück, und im gewöhnlichen Bereich das Leidvolle.

Die Pandavas mit Draupadi grüßen dich durch mich. Sie haben mir ihr Wohlsein zum Ausdruck gebracht und fragen nach deinem Wohlergehen. Du wirst sie bald sehen, wie sie die Herren der ganzen Welt geworden sind, ihren Feind geschlagen und selbst wieder im Wohlstand leben.

Vaisampayana fuhr fort:
So von Krishna getröstet, zerstreute sich bald die Dunkelheit, die vorübergehend durch Unwissenheit entstand. Und Kunti, die wegen ihrer Söhne so viel Kummer ertrug, antwortete Janardana:

Was du auch immer, oh Starkarmiger, oh Madhu Vernichter, als richtig betrachtest, das möge geschehen, ohne die Gerechtigkeit zu opfern und ohne die kleinste Hinterlist, oh Feindevernichter. Ich weiß um die Macht deiner Wahrhaftigkeit und deiner Abstammung, oh Krishna. Ich weiß auch um dein Urteilsvermögen, und welche Heldenkraft du aufbringst, um die vielfältigen Sorgen deine Freunde zu bewältigen. Unter den Menschen bist du die Tugend selbst. Du bist die Wahrheit und die Verkörperung der asketischen Entsagung. Du bist der große Brahma und alles ruht in dir. Deshalb muß es wahrhaftig sein, was du gesprochen hast.

Vaisampayana fuhr fort:
Nachdem der starkarmige Govinda ihr Lebewohl gesagt und sie respektvoll umrundet hatte, ging er zum Herrenhaus von Duryodhana weiter.


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