Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 40 - Krönender Abschluß der Belehrung von Vidura

Vidura sprach:
Oh König, verehrt durch die Guten und Demütigen, gewinnt jener bald Ruhm, der seine Ziele verfolgt, ohne die Grenzen seiner Macht zu überschreiten. Denn die Rechtschaffenen, welche mit ihm zufrieden sind, werden ihm sicherlich Wohlstand bringen. Wer mit innerster Überzeugung sogar einem großen Ziel entsagen kann, wenn es nur durch Ungerechtigkeit erreicht werden kann, der lebt glücklich und hat alle Feinde abgeworfen, wie eine Schlange ihre Haut. Denn ein Sieg, der durch Lüge, Betrug des Königs oder des Lehrers gewonnen wurde, der entspricht der Sünde eines Brahmanenmordes. Übermäßiger Neid, Egoismus und Erstarrung sind die Ursachen für den Untergang des Wohlergehens. Achtlosigkeit beim Dienst am Lehrer, Ungeduld und Trägheit sind die drei Feinde der Gelehrsamkeit. Untätigkeit, Unachtsamkeit, Verwirrung, Unrast, Ablenkung, Arroganz, Stolz und Habgier werden als die Feinde der Lernenden beim Studium bezeichnet. Wie könnten jene Wissen finden, die nur vergnügliche Zerstreuung suchen? Denn Studenten, die intensiv lernen, können keinen Zerstreuungen nachhängen. Verehrer der Lustbarkeiten müssen die Gelehrtheit aufgeben, und Verehrer der Gelehrtheit die Lustbarkeiten.

Ein Feuer kann niemals durch immer neuen Brennstoff gesättigt werden, so wie der große Ozean nie durch die vielen Flüsse. Der Tod wird selbst mit allen Lebewesen niemals gesättigt sein, und ein begehrendes Weib nie durch immer neue Männer. Oh König, Erwartung tötet Geduld, Yama tötet Wachstum, Haß tötet Wohlstand, Geiz tötet Ruhm, schlechte Pflege tötet das Vieh, und ein zornentbrannter Brahmane zerstört ein ganzes Königreich. Deshalb laß Messing, Silber, Honig, Ziegen, Vögel, Medizin, vedenkundige Brahmanen, alte Verwandte und verarmte Menschen aus edler Geburt immer in deinem Haus anwesend und willkommen sein. Oh Bharata, bereits Manu hat gesagt, daß Ziegen, Stiere, Sandelholz, Musikinstrumente, Spiegel, Honig, geklärte Butter, Eisen, Kupfer, Muschelschalen, ein Shaligram (steinernes Symbol für Vishnu mit Gold) und Go-Rochana (gelbe Farbe) in jedem Haus für die Verehrung der Götter, Brahmanen und Gäste aufbewahrt werden sollten, weil diese Dinge verheißungsvoll sind.

Oh Herr, ich möchte dir noch eine andere heilige Lehre geben, die große Früchte tragen kann, und die von allen bisherigen Lehren die höchste ist: Die Tugend sollte niemals aus Begierde, Angst oder Versuchung verlassen werden, nicht einmal um des Lebens Willen. Denn Tugend (Dharma) ist immerwährend, doch Freude und Leiden sind vorübergehend. So ist auch das Leben selbst in Wahrheit immerwährend, nur seine speziellen Erscheinungen sind vorübergehend. Entsage dem Vorübergehenden und sei selbst das Immerwährende. Dann wird die Zufriedenheit dein sein, weil Zufriedenheit von allen Errungenschaften die Höchste ist. Denn wer zufrieden ist, der hat alles.

Betrachte doch die berühmten und mächtigen Könige, die über Länder geherrscht haben, die voller Reichtum und Getreide waren, bis sie die Opfer des Universalen Zerstörers wurden, und ihre Königreiche und übervollen Quellen des Vergnügens zurücklassen mußten. Auch ihre Kinder, die mit besonderer Sorge großgezogen wurden, mußten sterben und wurden von den Leuten zum Verbrennungsplatz getragen. Mit zerzausten Haaren und mitleiderregendem Geschrei legen sie dann den Körper auf den Scheiterhaufen, als ob er ein Stück Holz wäre. Danach genießen andere den Reichtum des Verstorbenen, während die Vögel und das Feuer die Elemente seines Körpers verspeisen. Nur zwei Dinge nimmt er in die kommende Welt mit, seine Verdienste und seine Sünden. Diese bleiben mit ihm verbunden. Denn die Verwandten, Freunde und Söhne, oh Herr, lenken ihre Schritte wieder ins Leben zurück, nachdem sie den Körper bestattet haben, wie die Vögel jene Bäume verlassen, die ohne Blüten und Früchte sind. Nur die eigenen Taten folgen jener Person, die auf den Scheiterhaufen gelegt wurde. Deshalb sollte der Mensch achtsam und beständig den Verdienst von Tugend und Gerechtigkeit gewinnen. Denn über und auch unter dieser Welt gibt es Bereiche mit großer Leere und Finsternis. Wisse, oh König, daß sich in jenen Bereichen die begierigen Sinne äußerst quälen. Oh, mögen jene Bereiche nie dein sein.

Höre achtsam diese Worte. Wenn du entsprechend handeln kannst, wirst du großen Ruhm in dieser Welt der Menschen erhalten, und Angst wird weder hier noch später dein sein. Oh Bharata, die Seele kann wie ein heiliger Fluß betrachtet werden: Die Wahrheit ist sein Wasser, religiöse Verdienste bilden die heilsamen Badestellen, Selbstdisziplin sichert das Ufer, und die Wellen sind (göttliche) Gnade. Der Rechtschaffene reinigt sich durch ein Bad in diesem Fluß, weil die Seele heilig ist und die Überwindung der Begierde der höchste Verdienst. Auch das weltliche Leben ist wie ein Fluß: Das Wasser sind die fünf Sinne, und die Schlangen und Krokodile sind die Begierden und Gehässigkeiten. Oh König, gewinne dir ein Floß aus Selbstkontrolle und überquere diesen Fluß mit seinen gefährlichen Wirbeln, die durch wiederholte Geburten entstehen!

Wer jene verehrt und ihnen dient, die in Weisheit, Tugend, Gelehrtheit und Alter erfahren sind, wer ihren Rat erfragt, was er tun oder lassen sollte, der wird nie fehlgeleitet. Man sollte die Begierde und den Hunger durch Geduld zügeln, die Hände und Füße durch Achtsamkeit, die Augen und Ohren durch Erkenntnis, und das Denken und Reden durch Handeln. Jene Brahmanen, die nie ihre Reinigungen versäumen, immer die heilige Schnur bewahren, stets dem Studium der Veda hingegeben sind, die unreines Essen vermeiden, immer die Wahrheit sprechen und ihrem Lehrer dankbar dienen, fallen nie aus dem Bereich von Brahma. Die Veden studiert, Opfer ins Feuer gegeben, Wohltätigkeit geübt, die Untertanen beschützt, die Seele geheiligt im Kampf um Kühe und Brahmanen (um körperlichen und geistigen Wohlstand), und gestorben auf dem Kampffeld, gelangt der Kshatriya in den Himmel. Die Veden studiert, zur rechten Zeit seinen Reichtum unter den Brahmanen, Kshatriyas und seinen Abhängigen verteilt, und den geheiligten Rauch der drei Feuer eingeatmet, genießt der Vaisya die himmlische Seligkeit in der kommenden Welt. Brahmanen, Kshatriyas und Vaisyas in der rechten Weise verehrt, seine Sünden verbrannt durch den Dienst an ihnen und zufrieden seinen Körper aufgegeben, findet auch der Shudra die Seligkeit des Himmels. So habe ich dir die Aufgaben der vier Kasten dargelegt. Höre jetzt den Grund dafür: Yudhishthira, der Sohn des Pandu, fällt von den Aufgaben der Kshatriya Kaste ab. Oh König, übergib ihm deshalb eine Position, um die Aufgaben eines Königs zu erfüllen.

Dhritarashtra sprach:
Es ist wohl so, wie du mich schon so oft belehrt hast. Oh Lieber, auch mein Herz sucht diesen wahrhaften Weg, von dem du gesprochen hast. Doch obwohl sich mein Geist zu den Pandavas neigt, genauso, wie du mich belehrt hast, so wendet er sich doch auch ins Gegenteil, sobald ich mit Duryodhana in Berührung komme. Kein Wesen ist fähig, das Schicksal abzuwenden. Wahrlich, das Schicksal, so denke ich, wird sicher seinen Lauf nehmen. Eigene Anstrengung (gegen das Schicksal) ist sinnlos.

Hier endet mit dem 40. Kapitel das Prajagara Parva im Udyoga Parva im gesegneten Mahabharata.


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