Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 37 - Fortsetzung der Belehrung von Vidura

Vidura sprach:
Oh Sohn von Vichitravirya, Manu, der Sohn des Selbstgeschaffenen sprach von den folgenden siebzehn Arten der Menschen, die mit ihren Fäusten in den leeren Raum schlagen, sich bemühen, den Regenbogen des Indra am Himmel zu beugen, oder versuchen, die ungreifbaren Strahlen der Sonne festzuhalten. Oh König, diese siebzehn Arten unwissender Menschen sind folgende: Wer die Kontrolle über einen Höhergestellten sucht. Wer Freude an seiner Kleinlichkeit hat. Wer seinen Feinden dient. Wer festhalten will, was nicht zu halten ist. Wer nach unnützen Geschenken verlangt. Wer prahlt, daß er allein etwas getan hat. Wer in einer edlen Familie geboren wurde und unwürdige Taten begeht. Wer als Schwacher die Feindschaft mit einem Stärkeren sucht. Wer eine Person belehrt, die nur mit Spott zuhört. Wer Unmögliches begehrt. Wer als Schwiegervater mit seiner Schwiegertochter tändelt. Wer prahlt, keinerlei Achtung vor seiner Schwiegertochter zu haben. Wer seinen Samen auf dem Feld eines Anderen verstreut. Wer von seiner Ehefrau schlecht spricht. Wer von jemandem etwas erhalten hat, und sich daran nicht mehr erinnern will. Wer an heiligen Plätzen nur dem Worte nach etwas opfert, aber sein Wort nicht erfüllen will. Und schließlich auch jener, der sich bemüht etwas Illusorisches als Wahres zu beweisen. Solche Leute werden von den Gesandten Yamas mit den Schlingen in ihren Händen zur Hölle geschleppt.

Oh König, andere werde dich immer so behandeln, wie du sie behandelst. Dies ist das Gesetz der Gesellschaft. Wenn du betrügst, werden dich andere betrügen, aber wenn du gerecht bist, wirst du auch Gerechtigkeit erfahren. Bedenke es gut: Alter tötet die Schönheit, Furchtsamkeit die Geduld, Tod das Leben, Weltlichkeit die Tugend, Begierde die Bescheidenheit, üble Gesellschaft das Wohlwollen, Gehässigkeit das Wohlergehen, aber die Selbstsucht tötet alles.

Dhritarashtra fragte:
In allen Veden wird gesagt, das der Mensch hundert Jahre leben kann. Aus welchem Grund erreichen nicht alle Menschen dieses Alter?

Vidura sprach:
Zu viel Ich und zu viel Gerede, ein Übermaß an Nahrung, Haß, Begierde und innere Uneinigkeit, dies sind, oh König, sechs scharfe Schwerter, welche die zugeteilte Lebenszeit der Wesen verkürzen. Sie sind es, welche die Menschen töten, und nicht der Tod. Mit diesem Wissen mögest du gesegnet sein!

Oh Bharata, wer die Ehefrau von jemandem begehrt, der ihm vertraut hat, wer das Bett seines Lehrers beschmutzt, wer als Brahmane der Mann einer Shudra Frau wird oder sich am Wein berauscht, wer Brahmanen bevormundet, ihr Meister werden will oder ihre Lebensgrundlage raubt, oder wer jene tötet, die um seinen Schutz gebeten haben, diese sind alle der Sünde des Brahmanenmordes schuldig. Die Veden erklären, daß jeder Kontakt mit solchen Menschen eine Reinigung fordert. Aber wer die Belehrung der Weisen akzeptiert, wer die Regeln der Moral kennt, wer tolerant ist, wer seine Nahrung erst zu sich nimmt, nachdem sie den Göttern und Ahnen gewidmet wurde, wer niemanden beneidet, wer nichts tun kann, was andere verletzt, wer dankbar, wahrhaftig, bescheiden und weise ist, der kann den Himmel gewinnen.

Die Schönredner, oh König, sind reichlich zu finden. Aber jene sind selten, welche die bitteren, aber heilsamen Worte sprechen und hören wollen. Wer ohne Schmeichelei die Tugend allein im Sinn hat und deshalb ausspricht, was nicht schmackhaft aber heilsam ist, der ist eine wahre Hilfe für den König. Für das Wohl der Familie kann ein Mitglied geopfert werden, für das Wohl des Dorfes eine Familie, für das Königreich ein Dorf, und für das Heil der Seele kann die ganze Welt geopfert werden. Man sollte den Reichtum schützen im Hinblick auf die schlechten Zeiten, die jeden einholen können. Mit dem Reichtum möge man seine Ehefrauen beschützen, und mit den Ehefrauen und dem Reichtum sich selbst.

Bereits vor langer Zeit wurde erkannt, daß die Spielsucht Streit provoziert. Deshalb sollte der Kluge nicht einmal aus Spaß Spielen. Oh Sohn des Pratipa, damals beim Würfelspiel sprach ich zu dir: „Oh König, das ist nicht richtig.“ Aber wie die Medizin dem kranken Menschen unangenehm ist, so waren jene Worte für dich, oh Sohn von Vichitravirya, nur bitter. Du wünschst, oh König, die Söhne des Pandu zu besiegen, die jetzt wie Pfauen mit vielfältigem Gefieder sind, wohingegen deine Söhne wie Krähen erscheinen. Du bekämpfst die Löwen und schützt die Schakale! Oh Herr, wenn die Zeit reif ist, wirst du dich um all das grämen müssen.

Dieser Herrscher, oh König, der niemals seine Launen an den ergebenen Dienern ausläßt, welche eifrig sein Wohl suchen, der erwirbt das Vertrauen seiner Diener. Und so werden sie ihm sogar in schweren Zeiten noch dienen. Wenn man aber den Unterhalt seiner ergebenen Diener kürzt, um den Reichtum für sich selbst anzuhäufen, dann werden sich selbst die vertrautesten Berater abwenden, wenn sie ihr Leben nicht mehr fristen können und keine Freude mehr daran finden. Zuerst sollte ein König über seine Ziele nachdenken und dann die Löhne und Spesen seiner Diener mit seinem Einkommen und Verbrauch abwägen. Dann sollte er die entsprechenden Bündnisse schließen. Denn es gibt nichts, was durch Bündnisse nicht vollbracht werden könnte.

Der Bedienstete, der die Absichten seines königlichen Herrschers versteht, alle Aufgaben bereitwillig erfüllt und dabei anständig und seinem Herrn ergeben ist, der spricht immer zum Nutzen seines Herrn. Und wer noch seine eigene Kraft und die der Gegner kennt, der sollte vom König als sein zweites Selbst betrachtet werden. Dieser Diener, jedoch, der die Befehle seines Herrn ignoriert und sich weigert die gegebenen Aufgaben zu erledigen, der stolz auf seine eigene Klugheit ist und schlecht über seinen Herrn spricht, der sollte ohne zu zögern entlassen werden. Die Gelehrten sagen, daß ein Diener mit den folgenden acht Qualitäten begabt sein sollte: Demut, Erfahrung, Fleiß, Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Loyalität, Gesundheit und angenehmer Rede.

Kein Mensch würde im Dunkeln das Haus eines Unbekannten betreten, oder auf seinem Anwesen herumspazieren, noch sollte man eine Frau begehren, die der König selbst liebt. So sollte man auch niemals gegen die Überzeugungen eines Menschen kämpfen, der gemeine Gesellschaft pflegt und die Gewohnheit hat, jeden zu belehren, der ihm über den Weg läuft. Aber sprich nie zu ihm: „Ich glaube dir nicht!“, sondern finde einen Grund, um dich von ihm zu trennen. Denn niemand würde einen verschwenderischen Herrn, eine leichtsinnige Frau, einen Diener, Sohn oder Bruder eines anderen Herrn, eine arme Witwe mit vielen Kindern, einen verpflichteten Soldaten oder sogar einen Verschuldeten als Verwalter und Verteiler seines Reichtums beauftragen.

Die folgenden acht Qualitäten lassen den Glanz eines Menschen erstrahlen: Weisheit, Würde, Erfahrung der Schriften, Selbstdisziplin, Heldenmut, Mäßigung der Rede, Wohltätigkeit und Dankbarkeit. Oh Herr, diese hohen Qualitäten werden besonders durch den König zusammengehalten. Nur wenn der König solche Personen bevorzugt, können diese Werte durch seine Gunst bewahrt werden und weiter anwachsen. Wer sich innerlich reinigt, der gewinnt zehn gute Eigenschaften: Kraft, Schönheit, klare Stimme, reinen Gesang, Feinfühligkeit, sensiblen Geruch, Reinheit, Anmut, Gesundheit und schöne Frauen. Wer sich bescheiden ernährt, der gewinnt folgende Sechs: Gesundheit, langes Leben, Wohlstand, gesunde Nachkommen, und niemand tadelt ihn wegen übermäßiger Gefräßigkeit. Den folgenden sollte man keinen Schutz in seinem Haus gewähren: Übeltäter, Gefräßige, Gehässige, Betrüger, Grausame, Schamlose und Unanständige. Man sollte selbst im Elend die Folgenden nie um Almosen bitten: Geizige, Verleumder, Vedenunkundige, Waldbewohner, Betrüger, Grausame, Streitsüchtige, Undankbare, oder wer die Verehrungswürdigen verachtet. Den folgenden Sechs sollte man nie dienen: Feinden, Dummen, Lügnern, Gottlosen, Hartherzigen und Selbstsüchtigen.

Der Erfolg im Leben hängt von den Handlungen ab, und die Handlungen sind wiederum von der Motivation abhängig. Handlung und Motivation sind immer eng miteinander verbunden, so daß der Erfolg von beiden abhängt. Nachdem man Kinder gezeugt, sie aufgezogen und selbständig gemacht hat, und nachdem die Töchter an würdige Männer verheiratet wurden, sollte man sich in die Wälder zurückziehen, mit dem Wunsch, als ein Muni zu leben. Und um die Gunst des Höchsten Wesens zu gewinnen, möge man immer zum Wohle aller handeln. Nur dieses Handeln bringt auch das eigene Glück und ist die Wurzel für den Erfolg in allen Unternehmungen. Wer mit Vernunft, Vision, Mut, Kraft, Tatendrang und Ausdauer begabt wurde, warum sollte er das Leben fürchten?

Erkenne doch die Übel welche durch die Uneinigkeit mit den Pandavas entstehen, worüber selbst Indra betrübt wäre: Das erste ist die Feindseligkeit zwischen Brüdern, die alle deine Söhne sind. Das zweite ist ein Leben in andauernder Angst. Das dritte der Verlust des edlen Ruhms der Kurus, und zuletzt auch die Freude, welche deine Feinde darüber haben werden. Oh du mit der Pracht von Indra, der Zorn von Bhishma, Drona und Yudhishthira wird die ganze Welt verbrennen, wie ein Komet, der auf die Erde einschlägt. Doch gemeinsam könnten deine Hundert Söhne mit Karna und die Söhne des Pandu die ganze ausgedehnte Erde bis zu den Meeren beherrschen.

Oh König, ich sehe deine Söhne wie einen Wald, dessen Tiger die Pandavas sind. Oh, fälle nicht den Wald mit seinen Tigern! Laß die Tiger nicht aus diesem Wald vertrieben sein! Es kann keinen Wald ohne Tiger, und keine Tiger ohne einen Wald geben. Der Wald schützt die Tiger, und Tiger schützen den Wald!

Wer selbst sündig ist, bemüht sich stets mehr, die Fehler der anderen zu finden, als ihre guten Qualitäten. Aber wer in Allem den höchsten Erfolg gemeinsam mit weltlichem Gewinn sucht, der sollte von Anfang an Tugend üben, weil wahrer Gewinn vom Himmel niemals getrennt ist. Wessen Seele von der Sünde gereinigt und beständig mit der Tugend verbunden ist, hat alle Dinge in ihren inneren und äußeren Erscheinungen verstanden. Wer Tugend, Gewinn und Liebe (Dharma, Artha und Kama) zur rechten Zeit verfolgt, gewinnt sowohl jetzt als auch später die Frucht aller Drei. Oh König, wer die Kraft sowohl von Zorn als auch von Freude zügeln kann, der verliert sich auch in schweren Zeiten nicht an seine Sinne, und gewinnt schließlich Wohlergehen.

Höre mich, oh König! Es wird gesagt, daß der Mensch fünf verschiedene Kräfte hat. Von diesen ist die Kraft der Arme die niederste. Die Annahme von guten Ratschlägen, gesegnet seist du, ist die zweite Kraft. Und die Gelehrten sagen, daß der Erwerb von Reichtum (Verdienst) die dritte Kraft ist. Oh König, als vierte Kraft wird die Geburt betrachtet, die man natürlicherweise von seinen Vätern und Großvätern erwirbt. Die fünfte jedoch, oh Bharata, ist die Stütze aller anderen vier und die Beste aller Kräfte. Diese Kraft wird als Vernunft bezeichnet. Wer also Feindschaft mit jemandem provoziert, der großen Schaden zufügen kann, der sollte sich nicht mit dem Gedanken beruhigen, daß der Feind noch weit entfernt ist. Wer könnte auf diese Weise einer Frau vertrauen, oder einem König, einer Schlange, seinem Lehrer, Feinden, Vergnügungen oder der Lebensspanne? Wen die Pfeile der Unvernunft bis ins Innere durchbohrt haben, dem helfen weder Ärzte noch Medizin. Für einen solchen Menschen haben weder Mantras, noch Feueropfer, noch heilige Zeremonien, noch die Sprüche des Atharva Veda, noch irgendwelche Gegengifte eine Wirkung.

Nagas, Feuer, Löwen und Verwandte, von diesen, oh Bharata, sollte man keinen unterschätzen, denn sie haben große Macht. Feuer ist eine gewaltige Energie in dieser Welt. Es schlummert im Holz, aber verbrennt es nicht, bis es durch andere entzündet wird. Wenn dieses innere Feuer durch Reibung geweckt wird, verbrennt es mit seiner Energie nicht nur das Holz, in dem es schlief, sondern auch einen ganzen Wald und viele andere Dinge. Menschen mit edler Abstammung sind ebenso ein Feuer in ihrer Energie. Mit der Tugend der Vergebung begabt, verraten sie keine äußeren Symptome des Zornes und sind ruhig, wie das Feuer im Holz.

Du, oh König, gleichst mit deinen Söhnen den Kletterpflanzen, und die Söhne des Pandu sind wie Sala Bäume. Eine Kletterpflanze wächst nie, wenn sie keinen großen Baum zur Stütze findet. Oh König, oh Sohn von Ambika, bedenke auch das andere Gleichnis und betrachte deine Söhne wie einen Wald. Und wisse, oh Herr, daß die Pandavas die Löwen dieses Waldes sind. Ohne seine Löwen ist der Wald schutzlos und zum Untergang verdammt, aber auch die Löwen ohne den Schutz des Waldes.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter