Pushpak Mahabharata Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 19 - Die Klage Draupadis

Draupadi sprach:
Oh Bharata, daß ich dir das alles erzählen muß, ist ein weiterer großer Kummer von mir. Du solltest mich dafür nicht tadeln, wenn ich dir mein schwermütiges Herz ausschütte. Doch wessen Kummer würde nicht wachsen, bei deinem Anblick, oh Stier der Bharatas, der das unwürdige Amt eines Kochs ausübt? So völlig unter deiner Ehre, bezeichnest du dich selbst als ein Mitglied der Dienerkaste. Was könnte trauriger sein, als daß die Leute dich als Koch von Virata mit dem Namen Vallava kennen, und damit als einen, der in Knechtschaft gesunken ist? Ach, wenn deine Arbeit in der Küche getan ist, und du einen niederen Platz neben Virata einnimmst, dich selbst als Koch Vallava herabwürdigend, dann greift Verzweiflung mein Herz an. Wenn der Monarch dich zum Vergnügen mit Elefanten kämpfen läßt, und das die Frauen der inneren Gemächer die ganze Zeit amüsiert, dann werde ich unsäglich gequält. Wenn du in den inneren Höfen vor den Augen der Königin Sudeshna (auch Kaikeyi genannt) mit Löwen, Tigern und Stieren kämpfst, dann falle ich fast in Ohnmacht. Und wenn dann Königin und Dienstmädchen ihre Sitze verlassen und herbei kommen, um mir zu helfen, dann erkennen sie statt einer Krankheit, nur eine Ohnmacht, und Sudeshna spricht zu ihren Frauen:

„Sicher kommt es aus Zuneigung und ist der Tribut einer heimlichen Liebschaft, daß sich diese Dame mit dem süßen Lächeln um den äußerst starkarmigen Koch so sehr ängstigt, wenn er mit den wilden Tieren kämpft. Die Sairindhri ist mit besonderer Schönheit begabt und auch Vallava ist höchst ansehnlich. Das Herz einer Frau ist schwer zu erkennen, doch ich denke, sie passen gut zueinander. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Sairindhri aufgrund ihrer Liebesbeziehung in solchen Situationen immer wieder weinen muß. Beide sind ja auch zur gleichen Zeit am Hofe unserer königliche Familie eingetroffen.“

Mit solchen Worten rügt sie mich öfters. Dann schaut sie mich ärgerlich an und verdächtigt mich, eine Liebesaffäre mit dir zu haben. Wenn sie so spricht, dann fühle ich unsäglichen Kummer. Wahrlich, wenn ich dich, oh Bhima, mit deinen fürchterlichen Heldentaten in dieser katastrophalen Situation erblicke, dann versinke ich noch weiter im Elend, wie es bereits durch Yudhishthira geschehen ist. Ich möchte so nicht weiterleben.

Und auch jener Jüngling, der auf einem einzelnen Wagen alle Himmlischen und Menschen besiegt hatte, ist jetzt, ach, der Tanzlehrer der Tochter von König Virata. Der Pritha Sohn mit der unermeßlichen Seele, der im Khandava Wald den Wunsch von Agni erfüllt hatte, lebt jetzt in den inneren Gemächern des Palastes, wie ein gut verborgenes Feuer. Ach, Dhananjaya, der Bulle unter den Männern, der immer der Terror seiner Feinde war, befindet sich nun in einem Zustand, an dem alle verzweifeln würden. Ach! Er, dessen gewaltige Arme durch die Schläge seiner Bogensehne ganz vernarbt sind, ach, dieser Dhananjaya verbringt die Tage im Elend und hat seine Arme mit Muschelbändern bedeckt. Ach, dieser Dhananjaya, dessen sirrende Bogensehne, die von seinen ledernen Fingerschützern gleitet, jeden Feind erzittern ließ, der vergnügt nun die Frauen der inneren Gemächer mit seinem Gesang. Oh, dieser Dhananjaya, dessen Kopf früher mit einem Diadem, so strahlend wie die Sonne, bedeckt war, er trägt jetzt geflochtene Zöpfe, die in unansehnlichen Locken enden. Oh Bhima, wenn ich Arjuna, diesen furchteinflößenden Bogenschützen, mit seinen Zöpfen in der Mitte der Frauen erblicke, da wird mein Herz mit unsäglichem Kummer geschlagen.

Dieser hochbeseelte Held, der ein Meister aller himmlischen Waffen ist, der alle Wissenschaften in sich bewahrt, er trägt jetzt Ohrringe wie eine schöne Frau. Dieser jugendliche Mann, den selbst Könige mit unvergleichlichen Heldentaten im Kampf nicht überwältigen konnten, gerade wie das Wasser des mächtigen Ozeans die Kontinente nicht überdecken kann, er ist jetzt Tanzlehrer der Töchter von König Virata und wartet ihnen in seiner Verkleidung auf. Oh Bhima, dieser Arjuna, dessen Wagenräder mit ihrem Geratter die ganze Erde mit Bergen und Wäldern, mit allem Belebten und Unbelebtem erschütterten, und dessen Geburt allen Kummer von Kunti zerstreute, dieser herausragende Held, dein jüngerer Bruder, oh Bhimasena, bringt mich wahrlich zum Weinen. Wenn er mir begegnet, geschmückt mit goldenen Ohrringen und anderen Ornamenten, die Muschelbänder an den Armen, dann wird mein Herz von Verzweiflung gequält. Dieser Dhananjaya, der keinen Bogenschützen auf Erden kennt, der ihm an Heldenmut gleicht, verbringt jetzt seine Tage mit Gesang in der Gemeinschaft von Frauen. Sehe ich den Sohn von Pritha, der an Tugend, Heldentum und Wahrheit der am meisten Bewunderte in der Welt war, wie er jetzt als Eunuch lebt, wird mein Herz mit endlosem Kummer gequält. Wenn ich den göttliche Partha in der Musikhalle inmitten der vielen Frauen erblicke, wie ein Elefant mit trockenen Schläfen unter Elefantenkühen, und wie er König Virata seine Aufwartung darbringt, dann weiß ich nicht mehr, wo oben und unten ist.

Sicher weiß meine Schwiegermutter nicht, daß Dhananjaya so schlimm gequält wird. Noch weiß sie, daß der Nachkomme der Kurus Yudhishthira, dem unglückseligen Würfeln verfallen ist, um im Elend zu versinken. Oh Bharata, auch wenn ich den jüngsten von euch sehe, Sahadeva, der in Gestalt eines Kuhhirten die Rinder beaufsichtigt, werde ich ganz blaß. An den traurigen Zustand von Sahadeva denkend, kann ich, oh Bhimasena, keinen Schlaf finden. Soll ich noch weiter sprechen? Ich weiß nicht, oh Starkarmiger, was Sahadeva für eine Sünde begangen haben soll, wofür dieser Held mit beständiger Tapferkeit solches Elend ertragen muß. Oh Erster der Bharatas, sehe ich deinen geliebten Bruder, dieser Stier unter den Männern, wie er von Matsya für seine Rinder angestellt ist, dann erfüllt mich endlose Sorge. Beim Anblick dieses stolzen Helden, der jetzt Virata dient und an der Spitze seiner Kuhhirten lebt, die in rotgefärbte Roben gekleidet sind, werde ich vom Fieber ergriffen. Meine Schwiegermutter lobte immer den heroischen Sahadeva, weil er mit Adel, ausgezeichnetem Verhalten und Rechtschaffenheit begabt ist. Leidenschaftlich ihren Söhnen verbunden, umarmte die weinende Kunti besonders Sahadeva, als er mit uns zum großen Wald aufbrach. Und sie sprach: „Sahadeva ist scheu, aber mit sanfter Rede und Tugend begabt. Er ist eines meiner Lieblingskinder. Deshalb, oh Yajnaseni (Draupadi), behüte ihn im Wald Tag und Nacht. Feinfühlig und tapfer, dem König und seinem älteren Bruder immer hingegeben, mögest du, oh Panchali, auf ihn besonders achten.“

Oh Pandava, wenn ich sehe, wie Sahadeva, dieser Erste der Krieger, mit dem Hüten von Kühen beschäftigt ist und nachts auf Kalbsfellen schläft, wie könnte ich das Leben noch ertragen? Und auch jener, der mit den drei Attributen der Schönheit, Kraft und Intelligenz gekrönt ist, arbeitet jetzt als Oberaufseher der Rosse von Virata. Schau nur, welche Veränderung die Zeit verursacht! Granthika (Nakula), bei dessen Anblick die feindlichen Heerscharen vom Schlachtfeld flohen, trainiert jetzt die Pferde in Gegenwart des Königs und treibt sie in ihrem Lauf an. Oh weh! Ich sehe nun diesen hübschen jungen Mann, wie er dem prächtig geschmückten und ausgezeichneten Virata, dem König der Matsyas, aufwartet und ihm die Pferde vorführt.

Oh Pritha Sohn, gequält mit all diesem hundertfachen Elend wegen Yudhishthira, wie könntest du, oh Feindebedränger, noch denken, daß ich glücklich bin? Höre mich jetzt, oh Kunti Sohn, wie ich dir von weiterem Schmerz erzähle, der noch alles übertrifft. Was könnte trauriger sein als dieses verschiedenartige Elend, das mich schmachten läßt, während ihr auf eure Weise lebt.


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