Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Ghosha Yatra Parva – Die Inspektion der Viehherden

Kapitel 235 – Dhritarashtras Kummer

Janamejaya fragte:
Viele Winter und Sommer waren die Söhne der Pritha Wind und Sonne ausgesetzt. Was taten sie, nachdem sie den Wald und auch den See namens Dwaita erreicht hatten?

Vaisampayana erzählte:
Am See angekommen wählten sich die Söhne Pandus ein Heim, was weit ab von allen Dörfern lag. Dort durchstreiften sie die zauberhaften Wälder, entzückenden Hügel und malerischen Flußtäler. Oft kamen ehrenwerte Asketen zu ihnen zu Besuch, welche die Veden sehr gut beherrschten, und immer wurden sie von diesen Besten der Männer mit großem Respekt empfangen. Eines Tages besuchte sie ein gewisser Brahmane, der für seine Redekunst weithin bekannt war. Er unterhielt sich eine Weile mit den Pandavas, und wanderte dann weiter zum Hof von Dhritarashtra, des königlichen Sohnes von Vichitravirya. Auch dieser empfing ihn mit allem Respekt, und nachdem der Brahmane sich bequem niedergelassen hatte, erzählte er auf Bitten des Monarchen von den Söhnen von Dharma, Vayu, Indra und den Aswins, von ihrem dürftigen Leben in Wind und Sonne und daß sie ganz abgemagert waren. Auch erzählte er von Draupadi, die von Kummer überwältigt, ganz schwach geworden war, obwohl sie von diesen Helden, ihren Ehemännern, umgeben war. Nach diesen Worten des Brahmanen wurde Dhritarashtra von tiefer Trauer ergriffen, und er mußte beständig an diese Prinzen von höchster königlicher Abstammung denken, wie sie in einem Fluß von Leiden schwammen. Sein Innerstes litt, er zitterte vor lauter Seufzern, beruhigte sich nur mit großen Mühen und erinnerte sich, daß dies alles wegen seiner Fehler geschehen war.

Und es klagte der Monarch:
Weh, wie kann es sein, daß mein ältester Sohn Yudhishthira, der wahrhaft, fromm und tugendhaft im Betragen ist und keinen Feind kennt, nun auf dem blanken Boden schlafen muß, wo er doch zuvor nur auf feinsten Betten aus weichem Ranku Fell ruhte? Ach, einst weckten ihn morgens Sutas, Maghadas und andere Sänger mit Lobeshymnen, und nun quält diesen Indra ebenbürtigen Prinzen der harte Boden in den kurzen Stunden der Nacht, und Scharen von Vögel reißen ihn aus dem Schlaf. Wie mag der zornvolle, von Wind und Sonne ausgezehrte Bhima neben der Prinzessin von Panchala schlafen, wo doch auch er nicht dazu geschaffen wurde, so sehr zu leiden? Vielleicht kann der kluge und empfindsame Arjuna gar nicht schlafen des Nachts. Zwar folgt er gehorsam Yudhishthiras Willen, doch ihn peinigen die Erinnerungen an all die Demütigungen, die ihm angetan wurden. Wenn er mit ansehen muß, wie die Zwillinge, Draupadi, Bhima und Yudhishthira im Elend versinken, seufzt er wohl zischend wie eine Schlange voller Energie, und der Zorn hält ihn wach. Und erst die Zwillinge, die dem gesegneten Götterpaar im Himmel gleichen, sind zweifellos im Kummer versunken und verbringen ihre Nächte in ruheloser Schlaflosigkeit. Dabei sind Tugend und Wahrhaftigkeit ihr einziger Schutz. Der mächtige und ebenso starke Sohn des Windgottes wird sicher nur stöhnend seinen Zorn zügeln können, denn noch halten ihn die Bande der Wahrhaftigkeit seines älteren Bruders. Allen Kriegern in der Schlacht überlegen, liegt er auf den rechten Augenblick wartend auf dem Boden, ebenfalls von Tugend und Wahrhaftigkeit gezügelt, und brennt darauf, meine Kinder zu töten. Die grausamen Worte Dushasanas, die er nach der betrügerischen Niederlage Yudhishthiras im Würfelspiel sprach, sanken tief in Bhimas Herz. Dort verbrennen sie ihn, wie ein abgebranntes Bündel Stroh einen trockenen weiterschwelen läßt. Doch der Sohn von Dharma handelt niemals sündig, und Arjuna gehorcht ihm immer. Nur Bhimas Zorn wird durch das Exil im Walde immer größer wie ein Feuer, welches der Wind anfacht. Wenn Arjuna und Bhima einmal entfesselt werden, dann sind sie wie Yama und Kala, und ihre Pfeile werden zu Blitzen und löschen die Reihen der Feinde vollkommen aus. Ach weh, Duryodhana, Shakuni, Karna und auch der hinterhältige Dushasana raubten den Pandavas ihr Königreich mit den Würfeln und scheinen sich nur am Honig zu erfreuen, ohne den gräßlichen Fall zu beachten. Jeder Mensch erwartet die Früchte seiner Taten, seien sie nun gut oder schlecht. Doch dann verwirren ihn die Früchte so sehr, daß er gelähmt zurück bleibt. Wie kann ein Mensch davon Erlösung erlangen? Ist die Erde gepflügt, der Samen ausgebracht, und läßt es der Gott zur rechten Zeit regnen, dann mag es trotzdem geschehen, daß die Saat nicht aufgeht. Das hört man oft. Doch wie kann das sein, außer, so denke ich, daß hier alles vom Schicksal abhängt? So hat der Spieler Shakuni den ehrlichen Yudhishthira betrogen. Die Zuneigung für meine Söhne ließ mich ebenso handeln. So ist wohl nun auch die Stunde der Zerstörung für die Kurus gekommen. Ach ja, was unvermeidlich ist, muß geschehen. Angetrieben oder nicht, der Wind weht immer. Die Frau, welche empfängt, wird gebären. Die Dunkelheit wird am Morgen von der Dämmerung abgelöst, und der Tag verschwindet am Abend. Was wir oder andere erlangen, was die Menschen wieder ausgeben oder auch nicht, wenn die Zeit kommt, werden unsere Besitztümer uns ins Elend stürzen. Warum streben die Menschen nur so emsig nach Besitz? Und gibt uns dann das Schicksal wirklich Besitz, so will er beschützt sein, damit er nicht zerfällt. Denn unbeschützt, droht er in hundert Stücke zu zerbröckeln. Doch was auch immer die Art unserer Güter sein mag, unsere Taten gehen niemals verloren in der Welt. Schau nur die Energie Arjunas, der aus den Wäldern ins Reich Indras gelangte. Dort meisterte er die vier Waffenkünste der Himmlischen und kehrte doch in diese Welt zurück. Welcher Mann lebt hier, der es in seiner menschlichen Gestalt in den Himmel schaffte und wieder zurückwollte? Dies wäre niemals geschehen, wenn er nicht die zahllosen Kurus bereits am Rande des Todes gesehen hätte, wie es die allmächtige Zeit gebietet. Dieser fantastische Bogenschütze Arjuna kann seinen Bogen mit der linken und rechten Hand gleichermaßen bedienen, und sein Bogen ist Gandiva mit der schrecklichen Durchschlagskraft. Und er besitzt die himmlischen Waffen. Wer könnte der Energie dieser Drei standhalten?

Als Shakuni, dem Sohn von Suvala, die Worte des Monarchen zu Ohren kamen, begab er sich zu Duryodhana, welcher mit Karna beisammen saß, und berichtete ihm alles im Geheimen. Und obwohl Duryodhana nur wenig Sinn dafür besaß, erfüllte ihn doch Sorge, bei dem, was er hörte.


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