Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 185 – Atri und Gautama über die Größe des Königs

Markandeya sprach:
Nun hört noch eine Geschichte von der Herrlichkeit der Brahmanen. Es wird erzählt, daß einst, als der königliche Weise Vainya mitten in der Ausübung eines Pferdeopfers war, Atri beschloß, ihn um Almosen zu bitten. Doch schon wenig später gab Atri den Wunsch nach Besitz wieder auf, denn ihm kamen religiöse Bedenken. Lange dachte der höchst Machtvolle nach, entschied sich dann, im Wald zu leben und rief Ehefrau und Söhne zu sich, um ihnen folgendes zu sagen:
Mögen wir die höchst sorgenfreien und vollkommenen Früchte unserer Wünsche erlangen. Und möge es euch daher angenehm sein, mit mir in den Wald zu gehen, denn ein solches Leben bringt großen Verdienst.

Doch seine Frau antwortete voller Tugend:
Eile zum ruhmreichen König Vainya und bitte ihn um reichliche Güter. Wenn du ihn bittest, wird der ins Opfer vertiefte königliche Weise dir Reichtum gewähren. Und wenn du stattliche Schätze empfangen hast, oh zweifachgeborener Rishi, so verteile sie unter deinen Söhnen und Dienern. Dann kannst du gehen, wohin es dir beliebt. Dies ist die höchste Tugend, wie sie in Religion gegründete Menschen üben.

Atri erwiderte:
Oh Tugendhafte, der hochbeseelte Gautama hat mich informiert, daß Vainya ein frommer König ist, welcher der Sache der Wahrhaftigkeit hingegeben ist. Gautama hat mir aber auch erzählt, daß den König Brahmanen umgeben, welche mir nicht wohlgesinnt sind. Daher wollte ich nicht wagen, zu ihm zu gehen. Denn wenn ich dort jemandem raten müßte, was gut und fromm ist und seine Wünsche erfüllen kann, dann könnte man mir mit Worten widersprechen, welche dem Guten nicht nützen. Doch ich stimme deinem Rat zu und werde gehen. Vainya wird mir Kühe und Berge von Reichtümern geben.

Sprach’s und eilte zum Opfer des Vainya. Er trat vor den Opferaltar, ehrte grüßend den König und lobte ihn mit wohlgemeinten Worten:
Gesegnet seist du, oh König. Du bist der Beste aller Herrscher über die Erde! Die Munis preisen dich, und neben dir ist niemand so gelehrt in religiösen Traditionen.

Empört sprach da der Rishi Gautama von großem asketischen Verdienst zu ihm:
Atri, sprich doch nicht schon wieder solchen Unsinn. Mir scheint, du bist nicht ganz bei Trost. In dieser, unseren Welt ist Mahendra, der Herr aller geschaffenen Wesen, allein der Beste aller Herrscher.

Atri antwortete ihm:
So wie Indra, der Herr aller Kreaturen, über unsere Schicksale herrscht, so herrscht auch dieser König hier. Du irrst dich. Und du bist derjenige, welcher nicht ganz bei Trost ist, denn dir fehlt die spirituelle Sicht.

Und Gautama gab zurück:
Ich weiß, daß ich nicht irre. Du bist in dieser Sache in einem Mißverständnis befangen. Um dir die Zuneigung des Königs zu sichern, schmeichelst du ihm vor allen Leuten. Du weißt nicht, was höchste Tugend ist, und fühlst auch kein Verlangen danach. Du bist wie ein Kind in Unwissenheit getaucht. Wofür wurdest du nur so alt an Jahren?

Während die beiden so stritten, fragten sich die mit dem Opfer beschäftigten Munis:
Worüber zanken diese Weiber dort? Wer gewährte ihnen Zugang zum Hof des Königs? Was ist nur los mit ihnen, daß sie so lautstark streiten?

So trat der gelehrte und fromme Kasyapa zu den beiden und fragte nach dem Grund ihres Disputs. Gautama wandte sich sogleich an die Versammlung der großen Munis:
Hört den Grund unseres Streites, ihr großartigen Brahmanen. Atri hat gesagt, daß Vainya der Herrscher über unsere Schicksale ist, und das bezweifle ich sehr.

Da begab sich die ganze Schar der Munis sofort zum gelehrten Sanatkumar, um diesen Zweifel aus dem Weg zu räumen. Jener hörte sich die Sache an und sprach folgende bedeutsame Worte:
So wie Feuer mit der Hilfe des Windes einen Wald niederbrennt, so vernichtet die Energie eines Brahmanen gemeinsam mit der Energie eines Kshatriya alle Feinde. Der Herrscher ist der vorzügliche Spender aller Gesetze und der Beschützer seiner Untertanen. Er ist (ein Beschützer der Kreaturen) wie Indra, (ein Verfechter der Moral) wie Sukra, (ein Berater) wie Vrihaspati und somit auch ein Herrscher über das Schicksal der Menschen. Wer würde es nicht für angemessen halten, einen zu loben, auf den solche Ausdrücke wie Beschützer der Geschöpfe, königlich, Herrscher, Kshatriya (oder Retter der Erde), Herr der Erde und Herrscher der Menschen zutreffen? Zum König sagt man auch wichtigstes Glied der sozialen Ordnung, Verkünder des Gesetzes, Sieger in der Schlacht (und damit Bewahrer von Frieden), Wächter, der Glücklicher, Herr, Führer zur Erlösung, der einfach Siegreiche, der Vishnu Ebenbürtige, der wirksam Zornige, der Gewinner von Kämpfen und der Bewahrer der wahrhaften Religion. Die Rishis haben aus Furcht vor Sünde die (zeitweilige) Macht den Kshatriyas übergeben. Und wie unter den Göttern im Himmel die Sonne die Dunkelheit mit ihrem Glanz vertreibt, so entwurzelt der König gründlich die Sünde auf Erden. Die Größe des Königs ist auf die heiligen Bücher zurückzuführen, und wir sind an die Seite gebunden, welche zum Wohle des Königs spricht.

Nach diesen Worten sprach der ruhmreiche König hocherfreut zu Atri, welcher ihn zuvor gepriesen hatte:
Verehrter Rishi, du hast mich hier zum größten und besten Mann gemacht und mit den Göttern verglichen. Dafür werde ich dir vielfache Schätze gewähren. Ich meine, du bist allwissend. Und so gebe ich dir, oh Wohlgekleideter und schön Geschmückter, hundert Millionen Goldmünzen und zehn Bharas Gold.

Und Atri mit der großen Tugend und der spirituellen Macht nahm die Gaben des Königs mit höchstem Anstand an und kehrte nach Hause zurück. Dort gab er alles seinen Söhnen, zügelte sein Selbst und begab sich freudig in den Wald mit der Absicht, Buße zu üben.


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