Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 161 – Kuvera erscheint den Pandavas

Als sie das Kampfgeschrei und Waffengeklirr vernahmen, welches in den Höhlen des Berges widerhallte, und nirgends Bhima entdecken konnten, machten sich alle Zurückgebliebenen große Sorgen. So überließen sie Draupadi der Fürsorge von Arshtishena, ergriffen ihre Waffen und erklommen den Berg. Auf dem Gipfel angekommen sahen die mächtigen Bogenkämpfer Bhima und den von ihm hingestreckten, gewaltigen Rakshasa, wie er ohnmächtig und blutüberströmt am Boden lag. Bhima schaute mit Keule, Schwert und Bogen wie Maghavan (Indra) aus, nachdem er die Heere der Danavas besiegt hatte. So umarmten die Pandavas ihren siegreichen Bruder und setzten sich nieder, so daß der Gipfel mit diesen prächtigen Wagenkämpfern dem Himmel voll himmlischer Lokapalas glich. Und nachdem der König sich die schöne Stadt Kuveras und den hingestreckten Rakshasa betrachtet hatte, sprach er zu seinen Bruder:
Ach Bhima, war es voreilige Unüberlegtheit oder Ignoranz, daß du diese sündige Tat begingest? Oh Held, du führst das Leben eines Einsiedlers, und dieses Schlachten ohne jeglichen Grunde ist unwürdig für dich. Jeder, der die Pflichten kennt, weiß, daß Taten, die einem König mißfallen müssen, nicht begangen werden sollten. Doch du hast sogar die Götter beleidigt. Wer Pflicht und Gewinn (Dharma & Artha) mißachtet, richtet seine Gedanken auf Sünde und muß die Früchte seiner sündigen Taten ernten, oh Bhima. Wenn du mein Wohl im Sinn hast, dann tu dies niemals wieder.

Nach diesen Worten zu Bhima, überlegte der standhafte und energiereiche Yudhishthira eine Weile. In der Zwischenzeit waren die vor Bhima geflohenen Rakshasas bei Kuvera angekommen, und mit lautem und furchtsamen Wehgeschrei, blutverschmierten Rüstungen, zerzaustem Haar, müde und ohne Waffen traten sie vor ihren Herrn und sprachen zu Kuvera:
Oh Herr, alle deine vorzüglichen Rakshasa Wächter sind mit all ihren Keulen, Wurfpfeilen, Lanzen, Speeren und Stachelkeulen geschlagen. Oh Herr der Schätze, ein Sterblicher drang bis zum Gipfel vor und hat ganz allein die ganze Rakshasa Truppe geschlagen. Die besten Yakshas und Rakshas sind tot, dein Freund Maniman liegt geschlagen am Boden, und wir wurden nur von seiner Gunst verschont. All das hat ein Sterblicher vollbracht! Handle nun angemessen, oh Herr des Reichtums.

Als Kuvera von dieser zweiten, aggressiven Tat Bhimas hörte, erhob er sich zürnend und mit roten Augen, rief: „Was?!“, und befahl dann: „Anspannen!“

So wurden die edlen Rosse vor den großen, dunklen Wagen gespannt, welche mit goldenen Girlanden geschmückt waren. Die Pferde wieherten siegessicher. Sie waren stark, energiereich, schnell wie der Wind, trugen Juwelen im Fell und zeigten alle zehn glücksverheißenden Locken. Der göttliche und strahlende König der Yakshas fuhr unter dem Lobgesang der Himmlischen und Gandharvas los und wurde von tausend goldschimmernden Yakshas mit roten Augen, athletischen Körpern, großer Stärke und allen Arten von Waffen begleitet. Die Pferde zogen den Wagen durch das Firmament und erreichten Gandhamadan so schnell, als ob sie den Himmel zu sich heranzögen. Den Pandavas standen die Haare zu Berge, als sie die mächtige Prozession und den strahlenden Kuvera auf sich zukommen sahen. Sich ihres Verstoßes bewußt, erwarteten sie den Gott mit gefalteten Händen und gebeugten Häuptern. Kuvera freute der Anblick der starken Helden, wie sie mit ihren Schwertern und Bögen bewaffnet vor ihm standen, und mit frohem Herzen war er sich der Pflichten der Himmlischen bewußt. So leicht und schnell wie Vögel ließen sich die Yaksha Heere mit Kuvera an der Spitze auf dem Gipfel nieder und traten vor die Pandavas. Ohne alle Regung standen die Yakshas neben ihrem Herrn, war er doch zufrieden mit den Pandavas. Die Apsaras und Gandharvas umringten Kuvera auf dem eleganten Pushpak, diesem farbenfrohen Wagen, den Visvakarma selbst gestaltet hatte, wie die Himmlischen sich um Indra, den Gott der hundert Opfer, scharen. Bhima stand und starrte den Herrn der Schätze unverwandt an, wie er eine wunderschöne, goldene Girlande um den Hals und Schlinge, Schwert und Bogen in seinen Händen hielt. Dabei fühlte Bhima keinerlei Niedergeschlagenheit, weder aufgrund seiner schmerzlichen Verwundung noch durch die Ankunft des Gottes.

Kuvera, welcher auf den Schultern der Menschen wandelt, schaute auf den kampfentschlossenen und standhaften Bhima und sagte zu Dharmas Sohn:
Oh Yudhishthira, alle Kreaturen kennen dich, wie du zu ihrem Wohle wirkst. Lebe ohne Furcht mit deinen Brüdern auf dem Gipfel dieses Berges. Und sei nicht böse mit Bhimasena, denn diese Yakshas und Rakshasas schlug das Schicksal. Dein Bruder war nur das Instrument. Es ist nicht nötig, wegen dieser begangenen Unverschämtheit Scham zu hegen. Die Vernichtung der Rakshasas haben die Götter bereits vorausgesehen. Ich bin nicht wütend mit Bhimasena. Ich bin sogar zufrieden mit ihm, und heiße seine Tat gut.

Dann wandte sich Kuvera an Bhima:
Oh Kind, es ist schon gut. Um Draupadi zu erfreuen hast du die Götter und mich mißachtet und im Vertrauen auf deine starken Arme diesen übereilten Kampf geführt. Ich bin dennoch mit dir zufrieden. Oh Vrikodara, heute wurde ich von einem gräßlichen Fluch befreit. Der große Rishi Agastya hat mich wegen einer Beleidigung im Zorn verflucht. Mit deiner Tat hast du mich von seinem Fluch erlöst, denn meine Mißachtung war schon vor langer Zeit vom Schicksal beschlossen. So wird an dir, oh Sohn des Pandu, diese Schuld in keinster Weise anhaften.

Da fragte Yudhishthira:
Oh Göttlicher, warum wurdest du vom hochbeseelten Agastya verflucht? Ich bin neugierig, großer Gott, und möchte den Grund erfahren. Und ich staune, daß der Zorn des Weisen dich, dein Gefolge und deine Heere nicht im selben Moment verbrannt hat.

Der Herr der Schätze antwortete:
Zu Kushasthali gab es einst eine Versammlung der Götter. Auch ich ging dorthin und wurde von dreihundert Mahapadmas in Waffen, alles Yakshas mit grimmigen Gesichtern, begleitet. Unterwegs begegneten wir dem Weisen Agastya, wie er in strenge Askese vertieft am schönen Ufer der Yamuna saß. Als mein anmutiger Freund Maniman diese strahlende Menge an Energie entdeckte, so flammend und glänzend wie das Feuer, die Arme hocherhoben und das Gesicht der Sonne zugewandt, da überkamen ihn Torheit, Idiotie, Hochmut und Unsinn, und er pinkelte dem Maharshi aufs Haupt. Im Zorn aufflammend sprach da der Asket zu mir:
Weil vor deinen Augen dein Freund mich mißachtet und beleidigt hat, werden er und deine Armee durch die Hand eines Sterblichen auf Vernichtung treffen. Und wenn du Niedriggesinnter wegen deiner gefallenen Soldaten bitter leidest, wird dich der Anblick dieses Sterblichen von deiner Sünde befreien. Doch die Söhne und Enkelsöhne deiner Krieger soll der Fluch nicht berühren, wenn sie deinen Befehlen gehorsam folgen. – So empfing ich den Fluch des großen Rishi, und wurde nun von deinem Bruder Bhima wieder davon befreit.


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