Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 150 – Hanuman zeigt sich Bhima

Doch Bhimasena sprach:
Ich gehe nicht davon, ohne deine einstige Gestalt zu sehen. Wenn ich dein Wohlwollen habe, dann zeig sie mir.

Lächelnd gab Hanuman nach und nahm für seinen Bruder die riesige Gestalt an, mit der er damals über den Ozean sprang. Sein Körper wurde in Länge und Breite gigantisch und sein inneres Strahlen unermeßlich. Er blickte auf die Platanen Wälder und die hohen Bäume hinab und erreichte an Höhe sogar die Vindhya Berge. Erhaben stand der Affe wie ein zweiter Berg, mit seinen kupferroten Augen, den scharfen Zähnen, das Gesicht mit Runzeln bedeckt, die ganze Gegend erfüllend und mit dem Schwanz den Boden peitschend. Als Bhima den riesigen Körper seines Bruders schaute, standen ihm die Haare am ganzen Körper zu Berge. Er erschien ihm wie die strahlende Sonne, der goldene Berg oder das leuchtende Firmament, und Bhima mußte seine Augen schließen.

Sanft sprach da Hanuman zu ihm:
Oh du Sündenloser, bis zu diesem Ausmaß kannst du meine Größe noch ertragen. Doch ich kann noch viel größer werden, wenn ich es nur wünsche. Und unter Feinden vergrößere ich mich noch viel mehr durch meine eigene Energie, oh Bhima.

Beim Anblick des schrecklichen und gleichzeitig wunderbaren Körpers von Hanuman, wurde Bhima ganz verwirrt. Mit gefalteten Händen sprach Bhima mit edlem Geist:
Oh Herr, ich habe deine gewaltigen Ausmaße gesehen. So bitte, mach dich wieder kleiner, denn ich kann dich nicht länger ertragen, so unermeßlich und unbezähmbar ist deine Macht wie die der Sonne oder des Berges Mainaka. Doch nun, oh Held, ist mein Herz höchst verwundert, daß Rama mit Ravana selbst kämpfen mußte, wo du doch an seiner Seite warst. Mit der Kraft deiner Arme konntest du bestimmt ganz allein ganz Lanka mit allen Kriegern, Pferden, Elefanten und Streitwagen besiegen. Es gibt sicher nichts, oh Sohn des Windgottes, was du nicht erreichen kannst. Und Ravana mit all seinen Kämpfern war dir doch niemals in der Schlacht gewachsen, selbst wenn du einhändig gekämpft hättest.

Voller Zuneigung und mit feierlichen Worten antwortete Hanuman:
Oh Starkarmiger, es ist, wie du sagst. Ja, Bhima, dieser Schlimmste unter den Rakshasas war mir nicht ebenbürtig. Doch wenn ich Ravana, diesen Stachel im Fleisch der Welten, getötet hätte, wäre die Herrlichkeit von Rama vermindert worden. Und daher habe ich Ravana verschont. Denn durch seinen Sieg über den Herrn der Rakshasas und seine Rückkehr mit Sita in seine Stadt wurde sein Ruhm unter den Menschen fest gegründet.

Doch nun, du höchst Weiser, denke an das Wohl deiner Brüder und folge, vom Windgott beschützt, deinem glücksverheißenden Pfad. Dieser Weg hier führt zum Saugandhika Wald. Dort wirst du die von Yakshas und Rakshas bewachten Gärten von Kuvera sehen. Doch pflücke keine Blumen mit eigener Hand, denn die Götter verdienen den Respekt der Sterblichen. Sie gewähren den Menschen ihre Gunst, wenn sie durch Opfer, Homas, Gebete, Mantras und Verehrung milde gestimmt werden. So handle nicht voreilig, mein Kind, und schweife nicht von den Pflichten deiner Kaste ab. Sei deiner Pflicht treu, bedenke und folge verständnisvoll der höchsten Tugend. Denn ohne das Wissen um die eigenen Pflichten und ohne den Dienst an den Älteren, könnte nicht einmal Vrihaspati (der Lehrer der Götter) Pflicht und Verdienst (Dharma und Artha) verstehen.

Die Pflichten der Menschen

Sorgfältig sollte man die Fälle prüfen, in denen das Übel im Namen der Tugend und die Tugend im Namen von Übel einhergeht. Menschen ohne Vernunft sind dabei immer sehr verwirrt. Die Beachtung der religiösen Ordnung bringt Verdienst hervor. Und in diesem Verdienst sind die Veden gegründet. Von den Veden rühren die Opfer her. Und durch Opfer etablieren sich die Götter. So erhalten die Opfer sowohl die Götter als auch die religiöse Ordnung. Die Menschen erhalten sich, indem sie den Geboten von Vrihaspati (Lehrer der Götter) und Usanas (Lehrer der Dämonen) und all den anderen Beschäftigungen folgen, welche die Welt erhalten, wie Lohnarbeit, Steuern, Handel, Landwirtschaft und Viehzucht. Die Welt lebt von Berufungen. Das Studium der drei Veden, Landwirtschaft, Handel und Regierung sind die Berufe der Zweifachgeborenen (Brahmanen, Kshatriyas, Vaisyas), so haben es die Weisen bestimmt. Jede Kaste erhält sich, indem sie ihren Berufen folgt. Wenn diese Gebote eingehalten werden, existiert die Welt mit Leichtigkeit. Doch wenn die Menschen ein unrechtes Leben führen, dann verliert die Welt ihre Gesetze, und vedischer Verdienst und gerechte Regierung erleiden Mangel. So vergehen die Menschen, wenn sie nicht ihren vorbestimmten Berufungen folgen. Nur durch Einhaltung der drei Berufe kann die Religion wachsen. Und die Religion der Zweifachgeborenen besteht darin, das Selbst zu erkennen. Das Wesen dieser Ordnung ist überall gleich. Das Durchführen von Opfern, das Studium und die Wohltätigkeit sind die drei wohlbekannten Pflichten für alle. Die Pflichten eines Brahmanen sind das Anleiten von Opfern, das Lehren und die Annahme von Gaben. Die Pflicht eines Kshatriya ist das Regieren. Die Pflicht eines Vaisya ist es, das Vieh zu hüten. Und die Shudras dienen pflichtgemäß den Zweifachgeborenen. Shudras sollten keine Almosen erbitten, Homas durchführen oder Gelübde befolgen. Sie sollten in der Wohnstatt ihrer Herren leben.

Deine Aufgabe, oh Sohn der Kunti, ist die eines Kshatriya, nämlich das Beschützen der Untertanen. Erfülle deine Pflichten in einem demütigen Geist und zügle deine Sinne. Nur der König kann regieren, der sich mit erfahrenen Menschen berät und dem aufrechte, kluge und gelehrte Minister helfen. Doch ein König, der dem Würfelspiel verfallen ist, trifft auf Niederlage. Nur dann ist die Ordnung in der Welt gesichert, wenn der König sowohl maßvoll bestraft als auch belobigt. Dazu benötigt man Spione, welche den Zustand feindlicher Länder auskundschaften, ihre Befestigungen und verbündeten Heere, ihren Wohlstand und Verfall, und die Art und Weise, wie sie ihre Verbündeten an sich binden. Spione sind wichtige Helfer des Königs, ebenso wie Takt und Diplomatie, Heldenmacht und Strafe, Gunstbeweise und List. Sie alle führen im rechten Moment zum Erfolg, ebenso Versöhnung, Geschenke, Uneinigkeit säen, Bestrafung und Kränkung, einzeln oder gemeinsam angewandt. Nun, oh Führer der Bharatas, ein Staat hat als Wurzel die Diplomatie, und Diplomatie ist auch die Hauptqualifikation für Spione. Wenn der Staat wohlberaten wird, ist er erfolgreich. Daher sollte man immer die Ratschläge von Brahmanen einholen und keine Klatschweiber, Säufer, Knaben, Irren, gierigen oder hinterhältigen Menschen befragen. Nur weise Menschen sollten befragt und fähige Menschen mit der Ausführung von Aufgaben betraut werden. Politik sollte von freundlichen Menschen betrieben werden. Dummköpfe sollten von allen Staatsaffären ausgeschlossen werden. Um religiöse Dinge sollten sich weise Menschen kümmern, um die Bewachung der Frauengemächer Eunuchen und um verworrene Dinge listige Menschen. Immer sollte man wissen, ob die Entschlossenheit des Feindes echt oder unecht ist. Die Stärken und Schwächen des Feindes erkunde man mit eigenen und fremden Spionen. Gunst erweise man aufrechten Menschen, welche besonnen um Hilfe und Schutz bitten. Doch gesetzlose und ungehorsame Individuen gehören bestraft. Wenn der König auf rechte Weise straft und Gunst gewährt, dann wird die Würde des Gesetzes bewahrt. Oh Sohn der Pritha, so habe ich dir die schwierigen Pflichten eines Königs erklärt, die nicht einfach zu verstehen sind. Befolge sie mit Gleichmut, wie es deiner Kaste ansteht. Die Brahmanen erlangen den Himmel durch Verdienst, Zügelung der Sinne und Opfer. Die Vaisyas kommen in einen hervorragenden Status durch Gaben, Gastfreundschaft und religiöse Handlungen. Und die Kshatriyas erlangen die himmlischen Bereiche durch das Beschützen ihrer Untertanen und deren gerechte Bestrafung, ohne von Wollust, Groll, Habsucht und Zorn beeinflußt zu sein. Wenn Könige angemessen strafen, dann gehen sie dorthin, wohin verdienstvolle Menschen gehen.


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