Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 134 – Ashtavakra und Vandin

Ashtavakra rief:
Oh König, du Befehlshaber über furchteinflößende Legionen, in dieser Versammlung von unvergleichlich mächtigen Monarchen kann ich nirgends Vandin entdecken, diesen großen Wortverfechter. Doch ich suche nach ihm, wie ein Schwan nach einem großen See. Oh Vandin, du meinst, du wärst der beste Redekünstler, doch wenn du dich mit mir mißt, wirst du nicht weiterfließen wie die Wasser eines Stromes. Ich bin voll feuriger Flammen.

Da erwiderte Vandin:
Besser sei still vor mir und erwecke nicht den schlafenden Tiger. Denn du wirst nicht unverletzt davonkommen, nachdem du mit deinem Fuß auf eine Giftschlange getreten bist, welche sich schon die Mundwinkel leckt. Wenn ein schwacher Mann aus Hochmut einen Berg schlägt, wird er sich nur die eigene Hand verletzen und dem Berg keine Wunde zufügen.

Und Ashtavakra erwiderte:
So wie alle Berge niedriger stehen als Mainaka und Kälbchen den Ochsen unterlegen sind, so sind alle anderen Könige der Erde dem Herrscher von Mithila (Janak) unterlegen. Indra ist der Erste der Götter und Ganga die Beste der Flüsse. Und du, oh König, bist der größte Monarch. Gib Anweisung, daß Vandin mir gegenüber tritt.

Mit diesen Worten donnerte Ashtavakra in die Versammlung und bestürmte Vandin:
Beantworte du meine Fragen, und ich werde deine beantworten!

Und Vandin begann:
Nur ein Feuer flammt in vielen Gestalten auf. Nur eine Sonne erleuchtet die ganze Welt. Nur ein Held vernichtet die Feinde wie Indra, der Herr der Himmlischen. Und nur ein Yama ist der alleinige Herrscher über die Pitris.

Ashtavakra antwortete:
Die beiden Freunde, Indra und Agni, wandern immer als Paar. So auch die beiden himmlischen Weisen Nara und Narayana. Die Aswins sind Zwillinge. Zwei Räder hat der Karren. Ehemann und Ehefrau bilden ein Paar und leben zusammen, wie es die Gottheit bestimmt hat. (Es gibt eine vedische Erzählung von zwei Vögeln, die auf einem Baum leben. Einer ißt die Früchte, der andere schaut ihm zu. Auch ein Symbol dafür, daß es zwei gegensätzliche Führer der Sinne gibt. Es gibt eine zweite Instanz neben dem Intellekt..., die bewußte Achtsamkeit...)

Vandin:
Drei Arten von geborenen Wesen entstehen durch Handlungen. Die drei Veden formen zusammen das Opfer Vajapeya. Zu drei unterschiedlichen Zeiten beginnen die Adhwaryus (Opferpriester) die Riten. Drei ist die Zahl der Welten und der Himmelslichter (Sonne, Mond und Sterne).

Ashtavakra:
Es gibt vier Ashrams (Lebensweisen) für Brahmanen. Es sind vier Kasten, welche opfern. Vier ist die Zahl der großen Himmelsrichtungen, der heiligen Schriften und, wie überall bekannt, der Beine einer Kuh. (Vier ist die Zahl der Vollkommenheit.)

Vandin:
Es gibt fünf Arten von Feuer. Fünf Füße bilden ein Maß namens Punkti. Es gibt fünf Opfer. Die Veden sagen, daß die Apsaras fünf Haarsträhnen auf ihrem Haupt haben. Und fünf heilige Flüsse kennt diese Welt.

Ashtavakra:
Man sagt, daß sechs Kühe als Zuwendung für das Entzünden des heiligen Feuers gezahlt werden. Sechs Jahreszeiten gehören zum Rad der Zeit. (Mit dem Denken) ist sechs die Zahl der Sinne. Sechs Sterne bilden das Sternbild Kirtika (Plejaden). Und sechs, wie man in allen Veden finden kann, ist die Zahl der Sadyaska Opferriten.

Vandin:
Es gibt sieben Haustiere und sieben wilde Tierarten. Sieben Maße gehören zu einem vollständigen Opfer. Es gibt sieben heilige Rishis und sieben Arten der Ehrerbietung. Und jeder weiß, sieben Saiten hat die Vina.

Ashtavakra:
Acht Gefäße sind es, die das Hundertfache enthalten. Acht Beine hat ein löwenjagender Sarabha. Wir haben gehört, es gibt acht Vasus unter den Himmlischen. Und acht Ecken hat ein Yupa Pfahl in allen Opferriten.

Vandin:
Es gibt neun Mantras, die das Opferfeuer für die Pitris schüren. Neun Funktionen sind es, die den Schöpfungsprozeß kennzeichnen. Neun Silben bilden den Fuß des Versmaßes Vrihati. Und neun Ziffern nutzt man zum Zählen.

Ashtavakra:
Man spricht von zehn Richtungen (des Raumes), welche der Mensch in dieser Welt erkennen kann. Zehn mal hundert macht ein Tausend. Es sind zehn Monate, in denen Frauen schwanger sind. Es gibt zehn Lehrer mit wahrhaftem Wissen, zehn, welche das Wissen hassen, und zehn, die zum Lernen fähig sind.

Vandin:
Es gibt elf Dinge des Vergnügens für die Wesen. Elf ist die Zahl der Yupas (Opferpfähle, oder auch Gefühle). Wer Leben hat, geht durch elf Verwandlungen. Es gibt elf Rudras unter den Göttern im Himmel (Rudras sind auch gefürchtete Sturmgötter.).

Ashtavakra:
Zwölf Monate bilden das Jahr. Zwölf Buchstaben bilden den Fuß des Versmaßes Jagati. Die kleineren Opfer sind zwölf an der Zahl. Und nach Meinung der Gelehrten gibt es zwölf Adityas.

Vandin:
Der dreizehnte Tag des Monats wird als der glücksverheißendste angesehen. (Buitenen: .. ist zum Fürchten.) Und es gibt dreizehn Inseln auf Erden...

Doch da verstummte Vandin. Und Ashtavakra vollendete das Sloka.

Ashtavakra:
Keshi wacht über dreizehn Opfer. Und dreizehn werden vom Versmaß Atichhandas in den Veden umschlungen (jene, die Unwissenheit überwunden haben).

Bei diesen Worten Ashtavakras ließ Vandin nachdenklich den Kopf hängen und schwieg. Die Versammlung brach in ein lautes Getöse aus, und mitten im Tumult während des glänzenden Opfers Janaks traten die Brahmanen mit gefalteten Händen vor Ashtavakra und priesen ihn.

Dann ergriff Ashtavakra noch einmal das Wort:
Bis jetzt hat dieser Mann die von ihm im Wortgefecht besiegten Brahmanen ins Wasser geschickt. Er möge heute auf dasselbe Schicksal treffen. Ergreift und ertränkt ihn.

Und Vandin sprach:
Oh König Janak, höre meine Worte: Ich bin der Sohn von König Varuna. Zu gleicher Zeit mit deinem Opfer gab es im Meer ein anderes Opfer für zwölf Jahre. Für dessen Zeremonien habe ich die großen Brahmanen ins Wasser geschickt. Sie gingen, um Varunas Opfer zu sehen, und kehren bald zurück. Ich zolle dem ehrenwerten Ashtavakra meine Hochachtung, denn durch seine Gunst verbinde ich mich nun wieder mit dem, der mich zeugte.

Ashtavakra sprach:
Vandin hat die Brahmanen mit scharfsinnigen Worten besiegt und sie ins Meer werfen lassen. Kraft meines Wissens habe ich sie heute gerettet. Mögen nun unvoreingenommene Männer richten. Wie Agni, welcher den Charakter der Guten und Bösen gleichermaßen kennt und mit seiner Hitze die Körper jener verschont, die aufrechte Gedanken haben, so mögen nun gute Menschen über die Behauptungen von Knaben richten und ihnen gnädig gestimmt sein, wenn sie noch nicht über die Macht der Rede (bzw. Justiz) verfügen. Oh Janak, du hörtest zwar meine Worte, doch scheinst betäubt zu sein, als ob du die Früchte des Sleshmataki Baumes gegessen hast. Oder haben dich Schmeicheleien deiner Vernunft beraubt, daß du durchbohrt von meinen Worten sie dennoch nicht achtest?

Janak antwortete:
Ich höre deine Worte und halte sie für hervorragend und übermenschlich, wie auch deine Gestalt. Weil du heute Vandin im Wortstreit besiegt hast, mögest du über ihn verfügen.

Ashtavakra sprach:
Oh König, wenn Vandin am Leben bleibt, dient das keinem meiner Ziele. Wenn sein Vater wirklich Varuna ist, dann soll er im Meer ertränkt werden.

Und Vandin bestätigte:
Ich bin der Sohn von König Varuna. Ich fürchte kein Ertränken im Meer. Unverzüglich wird Ashtavakra seinen lang vermißten Vater Kahoda wiedersehen.

Da erhoben sich all die verloren geglaubten Brahmanen vor Janak aus dem Meer, nachdem sie vom ehrenwerten Varuna herrlich verabschiedet worden waren. Unter ihnen war Kahoda, welcher sprach:
Dies ist der Grund, oh Janak, warum Männer mit verdienstvollen Taten um Söhne bitten. Worin ich gefehlt habe, hat mein Sohn gesiegt. Mögen schwache Menschen starke Söhne haben, Dummköpfe weise Söhne und Ungebildete gelehrte Söhne.

Vandin sagte:
Oh Monarch, mit deiner scharfen Axt trennt Yama die Köpfe deiner Feinde ab. Mögest du immer wohlhabend sein! In diesem Opfer des Janak wurden die großen Hymnen zu den Uktha Riten gesungen und Soma Saft getrunken. Die Götter selbst nahmen mit frohen Herzen ihren heiligen Anteil entgegen.

Dann nahm Vandin, der Sohn des Suta (su = hervorragend, uta = Opfer, also der Vollbringer hervorragender Opfer) vom König Abschied und ging mit dessen Erlaubnis ins Meer. Ashtavakra grüßte ehrend seinen Vater, und wurde selbst von den Brahmanen geehrt. Dann kehrte Ashtavakra mit Vater und Onkel nach Hause in die Einsiedelei zurück, wo sein Vater vor seiner Mutter zu ihm sprach:
Mein Sohn, tauche du eilends in diesen Fluß ein.

Ashtavakra folgte dem Wort seines Vaters, und sobald er im Wasser eingetaucht war, wurden alle seine krummen Glieder wieder gerade. Von diesem Tage an nannte man den Fluß auch Samanga, und er wurde dafür bekannt, daß er Sünden bereinigen kann. So geht zu diesem Fluß, ihr Pandava Brüder mit Draupadi, und führt eure Waschungen aus. Hier, oh Yudhishthira, wirst du fröhlich und glücklich mit deiner Familie und den Brahmanen leben und mit mir gute und verdienstvolle Handlungen ausführen, welche zu deinem Wohl gereichen.


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