Pushpak Mahabharata Buch 2Zurück WeiterNews

Kapitel 69 – Draupadi befragt noch einmal die Versammlung

Draupadi sprach:
Warte einen Moment, du grober Mann, du übelgesinnter Dushasana. Ich habe eine hohe Pflicht, welcher ich noch nicht folgen konnte. Wenn mir auch durch des Lumpen starke Arme meine Sinne vergehen, grüße ich nun doch die Altehrwürdigen in dieser Versammlung der Kurus. Es ist nicht meine Schuld, daß ich es nicht eher tat.

Dann fiel die von Dushasana gezogene, hilflose und bebende Draupadi zu Boden und weinte vor aller Augen:
Weh! Nur einmal wurde ich von der Versammlung der Könige gesehen, und das war bei meiner Gattenwahl im Amphitheater. Nicht einmal Wind oder Sonne erblickten mich im Palast, und nun bin ich den starren Blicken der Menge preisgegeben. Weh! Die Söhne des Pandu konnten es zuvor nicht leiden, wenn der Wind mich berührte. Doch nun müssen sie mit ansehen, wie dieser Grobian mich gewaltsam ergreift. Weh! Die Kauravas leiden bei diesem Anblick auch um ihre zitternde Tochter und Schwiegertochter, welche diese Behandlung nicht verdient. Es scheint, die Zeit ist aus den Fugen. Was könnte schlimmer für eine keusche und hochgeborene Dame sein, als vor aller Augen zu Hofe gezwungen zu werden? Wo ist die Tugend, für die all diese Könige bekannt sind? Es ist bekannt, daß in alter Zeit die Könige niemals ihre Ehefrauen vor den Königshof brachten. Weh! Der alte Brauch ist den Kauravas verloren gegangen. Denn wie sonst könnte es geschehen, daß die züchtige Ehefrau der Pandavas und die Schwester von Prishatas Sohn, dem Freund von Vasudeva, hier vor alle Augen gebracht wird? Ihr Kauravas, ich bin die rechtmäßige Gattin von König Yudhishthira, dem Gerechten, und von selbem Rang wie der König. Sagt mir, ob ich wirklich eine Dienerin bin, und ich werde freudig eure Antwort akzeptieren. Doch dieser grausame Lump, der Vernichter des Ruhmes der Kurus, bedrängt mich hart. Ich kann dies nicht länger ertragen. Gebt mir eure Antwort, ob ich gewonnen wurde oder nicht. Ich werde eure Antwort akzeptieren, egal wie sie lauten möge.

Da sprach Bhishma erneut:
Ich habe schon gesagt, oh gesegnete Dame, daß die Wege der Moral subtil sind. Sogar die berühmten Weisen verfehlen sie manchmal in dieser Welt. Was ein Starker als Moral beschreibt, wird von anderen geachtet, wie es auch immer sein möge. Doch wenn ein Schwacher über Moral spricht, wird dies kaum beachtet. Deine Frage betrifft eine Sache, die bedeutend, aber verworren und subtil ist. Ich bin nicht in der Lage, sie mit Sicherheit zu beantworten. Sicher ist nur, daß alle Kurus die Sklaven von Habsucht und Torheit geworden sind und die Vernichtung unseres Geschlechts bevorsteht. Doch die Familie, oh Gesegnete, in welcher du Schwiegertochter geworden bist, weicht niemals vom Pfad der Tugend ab, auch wenn sie von größtem Elend angegriffen wird. Und dein Verhalten, oh Prinzessin von Panchala, ist deiner äußerst würdig, denn selbst in größter Not richtest du deinen Blick auf Tugend und Moral. Die Älteren hier, wie Drona und die anderen, sitzen mit gesenkten Häuptern und leblosen Körpern. Doch mir scheint, daß Yudhishthira die Frage beantworten sollte, ob du gewonnen wurdest oder nicht.


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