Pushpak Mahabharata Buch 16Zurück WeiterNews

Kapitel 8 – Arjunas Besuch bei Vyasa

Vaisampayana sprach:
Arjuna betrat also zutiefst erschüttert die Einsiedelei und erblickte Vyasa an einem einsamen Ort. Er trat vor den Rishi mit den hohen Gelübden und dem Wissen um alle Pflichten hin, sprach: „Ich bin’s, Arjuna.“, und wartete dessen Reaktion ab. Vyasa antwortete: “Sei willkommen. Setz dich.“, und beschaute seinen Gast. Dieser war vollends niedergedrückt und seufzte schwer.

So sprach Vyasa zu ihm:
Wurdest du mit Wasser von Haaren, Nägeln, dem Zipfel eines Gewandes oder aus einem Krug von jemanden verflucht? Oder hast du mit einer Frau geschlafen, bevor ihre Periode vorüber war? Hast du einen Brahmanen getötet? Oder wurdest du in der Schlacht besiegt? Du hast jeglichen Glanz und alle Freude verloren. Noch nie wurdest du von jemandem unterworfen. Warum siehst du so bedrückt aus? Oh erzähle mir alles, Sohn der Kunti, wenn es niemanden verletzt.

Arjuna antwortete:
Krishna mit dem Antlitz einer frischen Wolke und den Augen wie Lotusblüten hat mit seinem Bruder Balarama seinen Körper verlassen und ist in den Himmel zurückgekehrt. Durch den Fluch der Brahmanen löschte die eiserne Keule in Prabhasa den ganzen Stamm der Vrishni Helden aus. Gräßlich war das Gemetzel, kein Held entkam. Sie alle töteten sich gegenseitig, die stolzen, hochbeseelten und mächtigen Helden der Bhojas, Andhakas und Vrishnis. Sie hatten Arme wie Keulen und konnten die Schläge schwerster Waffen einstecken. Und doch starben sie schließlich durch die Halme von Schilfgras. Ach, welch Umschwung des Schicksals! Fünfhunderttausend gewaltige Krieger starben. Sich gegenseitig bekämpfend trafen sie auf den Tod. Ich muß immerzu an diese Katastrophe und den Tod des ruhmreichen Krishna denken und finde keine Ruhe mehr. Der Tod des Trägers von Sarnga ist so unglaublich wie das Austrocknen des Ozeans, das Verrücken eines Gebirges, das Herabfallen des Himmels oder ein kühlendes Feuer. Ohne den Vrishni Helden wünsche ich nicht, in dieser Welt weiterzuleben. Und dann geschah noch etwas, was noch schmerzlicher ist, oh du Bußereicher. Wenn ich daran denke, bricht mir das Herz. Vor meinen Augen wurden tausende Vrishni Damen von den Abhiras aus dem Land der fünf Ströme geraubt. Sie griffen uns an, ich packte meinen Bogen und konnte ihn kaum spannen. Die Kraft meiner Arme scheint verschwunden zu sein. Auch die himmlischen Waffen erschienen mir nicht, oh Asket, und meine Köcher erschöpften sich im Nu. Ich sehe das gelbgewandete Wesen mit der unermeßlichen Seele, mit den vier Armen, mit Muschel, Diskus und Keule, der dunklen Haut und den Lotusaugen nicht mehr. Weh, wie soll sich ohne Krishna mein Leben in Elend dahinschleppen? Er schritt einst stolz und in glänzender, himmlischer Gestalt vor meinem Wagen her und verbrannte alle feindlichen Krieger. Doch nun sehe ich ihn nicht mehr. Erst vernichtete er mit seiner Energie alle Feinde, und dann sandten sie die Pfeile von Gandiva ins andere Reich. Ach, in meinem Kopf dreht sich alles, bester Mann. Verzweiflung hat sich meiner bemächtigt, und ich finde keine Ruhe. Ohne den heldenhaften Krishna wage ich nicht weiterzuleben. Sobald ich hörte, daß Vishnu die Erde verlassen hat, wurden meine Augen trüb, und alles entzieht sich meinen Blicken. Oh bester Mann, sage mir, was nun gut für mich ist, denn ich bin ein Wanderer mit leerem Herzen, der zuerst seine Verwandten und jetzt auch seine Heldenkraft verloren hat.

Vyasa sprach:
Ja, die großen Helden der Vrishnis und Andhakas wurden vom Fluch der Brahmanen vernichtet. Gräme dich nicht um ihren Untergang. Was geschah, war so bestimmt. Krishna selbst duldete ihr Schicksal, obwohl er voll und ganz in der Lage gewesen wäre, es zu ändern. Er könnte sogar den Kurs des Universums ändern mit all seinen belebten und unbelebten Geschöpfen. Wie leicht wäre da der Fluch der Brahmanen für ihn abwendbar gewesen? Als uralter Rishi ging der vierarmige Krishna mit Diskus und Keule vor deinem Wagen her, denn er liebt dich sehr. Nun hat der Hochbeseelte mit den weiten Augen der Erde ihre Last genommen, seinen menschlichen Körper abgelegt und ruht erneut in seiner hohen Stätte. Auch durch dich sowie Bhima und die Zwillinge wurde das hohe Werk der Götter vollbracht. Oh Bester der Kurus, ich erachte dich und deine Brüder als mit Erfolg gekrönt, denn ihr habt den großen Zweck eures Lebens erfüllt. Nun ist die Zeit für eure Abreise aus dieser Welt gekommen. Das ist es, was nun nützlich für euch ist. In den guten Tagen der Welt erheben sich Vernunft, Heldenkraft und Weitblick. Doch das alles vergeht auch wieder, wenn das Übel die Herrschaft übernimmt. Die Zeit ist die Wurzel von allem und der Samen des ganzen Universums, oh Arjuna. Die Zeit gibt alles und zieht nach Belieben auch alles zurück. Mal ist man mächtig und dann wieder schwach. Mal ist man Meister und herrscht über andere, und dann verliert man diese Position wieder und wird zum Diener, der die Befehle anderer befolgt. Deine Waffen haben alle Aufgaben hier gemeistert und sind nun wieder dahin zurückgekehrt, woher sie kamen. Und wenn es wieder an der Zeit ist, werden sie erneut in deine Hand gelangen. Doch nun ist es für euch soweit, das Höchste zu erreichen. Das ist es, was ich als heilsam und gut für euch erachte.

Und Vaisampayana schloß:
Nach diesen Worten begab sich Arjuna mit der unermeßlichen Energie mit Erlaubnis des Rishis nach Hastinapura. Dort trat er vor Yudhishthira hin und berichtete ihm alles, was geschehen war. OM.

Hier endet mit dem 8.Kapitel das Mausala Parva des gesegneten Mahabharata.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter