Pushpak Mahabharata Buch 15Zurück WeiterNews

Kapitel 5 – Dhritarashtra belehrt Yudhishthira

Vaisampayana sprach:
Es zog sich also König Dhritarashtra mit Gandhari in seinen Palast zurück, langsam und schwach taumelnd, wie der alte Führer einer Elefantenherde. Vidura, sein Wagenlenker Sanjaya und Kripa folgten ihm. In seinen Gemächern führte der König die Riten durch, und nachdem er die Brahmanen erfreut hatte, nahm er etwas Nahrung zu sich. Auch die pflichtgetreue Gandhari und die kluge Kunti aßen ein wenig, nachdem ihre Schwiegertöchter sie mit Geschenken verehrt hatten. Und als Vidura, die Pandavas und alle anderen ihre Mahlzeiten beendet hatten, kamen sie alle zum alten König und setzen sich um ihn herum nieder.

Und Dhritarashtra legte seine Hand auf den Rücken des dicht bei ihm sitzenden Yudhishthira und sprach zu ihm:
Du solltest immer entschlossen zum Guten deines Königreichs handeln, welches aus den acht Gliedern besteht (Gesetz, Richter, Soldaten, Beamte, Berater, Reichtum, Städte, Spione), oh Entzücken der Kurus, und dafür sorgen, daß die Gerechtigkeit als höchstes Gut bewahrt wird. Du, oh Sohn der Kunti, besitzt Intelligenz und Gelehrtheit. So höre von mir die Mittel, oh König, mit denen ein Königreich gerecht beschützt wird. Du solltest immer die Alten und Weisen ehren, oh Yudhishthira, auf ihren Rat hören und, ohne zu zaudern, danach handeln. Erhebe dich in der Morgendämmerung, ehre die Weisen mit den rechten Riten, und wenn die Zeit zum Handeln kommt, berate dich mit ihnen. Denn wenn du sie mit dem Wunsch ehrst, nach deinen Möglichkeiten Nützliches zu tun, dann werden sie dir immer zum Guten raten, oh Bharata. Deine Sinne solltest du hüten, wie du deine Pferde hütest. Dann werden sie dir nützlich sein wie Reichtum, der nicht verschwendet wird. Umgib dich mit Ministern, die ehrlich, uneigennützig, loyal, mutig und beherrscht sind. Sie sollten das Amt wie ein geschätztes Erbe hüten, ein reines Verhalten haben, beherrscht sein, geschickt im Handeln und gerecht. Durch einheimische und vertrauenswürdige Spione in den verschiedensten Verkleidungen solltest du immer informiert sein. Stell nur sicher, daß deine Feinde deine Spione nicht entdecken. Die Waffenkammern sollten durch dicke Mauern, viele Wachtürme und große Tore geschützt sein. Errichte die Mauern so breit, daß auf ihnen sechs Personen nebeneinander laufen können. Alle Tore sollten groß und ausreichend mächtig sein. An den richtigen Stellen sollten sie errichtet und unablässig bewacht werden. Mögen alle deine Befehle von Menschen ausgeführt werden, die aus guten Familien stammen und deren Verhalten wohlbekannt ist. Beschütze deine eigene Person sorgfältig in Sachen essen und trinken und den Stunden des Vergnügens. Achte auch auf die Girlanden, die du trägst, und die Betten, in denen du schläfst. Die Damen deines Haushaltes sollten immer beschützt und von alten Menschen und vertrauensvollen Dienern umsorgt werden, die ein gutes Betragen an den Tag legen, wohlgeboren sind und gelehrt, oh Yudhishthira. Unter deinen Beratern sollten Brahmanen sein, die gelehrt sind, demütig, von edler Familie, um Wohlstand und Religion wissend und einfach im Betragen. Mit ihnen solltest du dich beraten. Manchmal ist es gut, mit allen deinen Beratern etwas zu besprechen, und manchmal nur mit einigen von ihnen. Besprich dich mit ihnen in einem geschützten Raum, oder auch in einem Wald, doch nicht in hohem Gras oder bei Nacht, damit keine Fremden lauschen können. In deinen Beratungsräumen sollten keine Affen, Vögel oder Tiere anwesend sein, die Menschen nachmachen können, und auch keine Idioten oder Lahmen. Ich bin überzeugt davon, daß vorzeitig aus den Beratungen des Königs Preisgegebenes so viel Böses verursacht, daß es nicht mehr behoben werden kann. Darum belehre deine Berater immer wieder über das Unheil, das aus vorzeitig Preisgegebenem kommt, und über den Verdienst von angemessen bewahrten Beratungen. Du mußt immer dafür sorgen, oh Yudhishthira, daß du sowohl von den verdienstvollen als auch den sündhaften Taten deiner Bürger in Stadt und Land erfährst. Und dann mögen die Gesetze von treuen, zufriedenen und dafür bestellten Richtern ausgeübt werden. Ihre Handlungen sollten dir auch von Spionen berichtet werden. Denn Strafen nach dem Gesetz sollten nur nach ausgiebiger Prüfung des Vorfalls gefällt werden. Wer Bestechungsgeld annimmt, Frauen Gewalt antut, maßlose Strafen verhängt, lügt, verunglimpft, zu gierig ist, mordet, voreilig handelt und schadet, die Versammlungen und Vergnügen anderer stört oder der Vermischung der Kasten schuldig ist, sollte nach Prüfung von Ort und Zeit entweder mit Geldbußen oder dem Tode bestraft werden.

Am Morgen solltest du nach jenen schauen, die dein Geld verwalten. Dann prüfst du deine Toilette und dein Essen. Als nächstes solltest du deine Armee besichtigen und die Männer bei jeder Gelegenheit erfreuen. Der Abend gehört den Berichten der Spione und Boten. Danach solltest du überlegen und entscheiden, was am (nächsten) Tage erledigt werden soll. Die Mitte des Tages und der Nacht gehören deinem Vergnügen. Doch zu jeder Zeit solltest du daran denken, deine Zwecke mit den rechten Mitteln zu erreichen. Wenn es die rechte Zeit ist, Menschen zu belobigen, dann sei bereit und halte reichliche Geschenke parat. So wechseln sich alle Arten von Handlungen ständig nacheinander ab. Bemühe dich immerzu, deinen Schatz auf gerechte Weise zu mehren. Vermeide alle ungerechten Wege. Bringe durch deine Spione ans Licht, wer deine Feinde sind, die auf deine Schwächen warten. Finde ihre Angriffspunkte und versuche, sie mit vertrauensvollen Agenten aus der Ferne zu vernichten. Wähle deine Diener nach ihrem Verhalten aus, und sorge dafür, daß sie all deine Aufträge erfüllen, auch wenn es mühsam für sie ist. Der Kommandant über dein Heer sollte fest entschlossen, mutig, hart im Nehmen und dir treu ergeben sein. Handwerker und Künstler in deinem Reich, oh Sohn des Pandu, sollten dir immer dienen wie Stiere und Esel (die nur soviel gefüttert werden, daß sie gesund ihren Dienst verrichten können). Und achte immer sorgfältig auf deine eigenen Schwächen, wie auf die deiner Feinde. Die Menschen deines Reiches, die geschickt in ihren jeweiligen Berufen zu deinem Besten handeln, sollten von dir immer angemessen unterstützt werden. Ein weiser König, oh Herrscher der Menschen, sorgt dafür, daß die guten Fähigkeiten seiner Untertanen nicht nachlassen. Dann sind die Menschen dir treu ergeben, wenn sie sehen, daß sie nicht von ihren Fertigkeiten abfallen.


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