Pushpak Mahabharata Buch 14Zurück WeiterNews

Kapitel 91 – Über das Opfern und den Verdienst

Janamejaya sprach:
Nun, frommer Rishi, einem König liegt das Opfern am Herzen, einem Rishi die Buße. Gelehrte Brahmanen achten auf einen stillen Geist, friedfertiges Verhalten und Selbstzügelung. Und ich bin überzeugt, daß es nichts in der Welt gibt, was sich mit den Früchten von Opfern vergleichen kann. Daran habe ich keinen Zweifel. Zahllose Könige haben die Götter in Opfern verehrt, sich hier hohen Ruhm und hernach den Himmel gewonnen. Selbst Indra mit den tausend Augen und der unermeßlichen Energie hat sich die Herrschaft über die Götter mit vielen Opfern und reichen Gaben gewonnen und damit alle seine Wünsche erfüllt. König Yudhishthira mit Bhima und Arjuna an seiner Seite glich dem Indra an Heldenmut und Wohlstand. Warum nur hat der Mungo sein großes Pferdeopfer so gering geschätzt?

Vaisampayana antwortete:
So höre aufmerksam, oh König, wie ich dir genauestens die Opfer und ihre Früchte mittels einer alten Geschichte erkläre. Einst führte Indra ein spezielles Opfer durch, bei dem die Opferpriester sehr beschäftigt waren, die Riten nach den Schriften durchzuführen. Ein Priester schüttete die geklärte Butter ins Opfer, während die großen Rishis ihn umringten. Die Götter wurden einer nach dem anderen herbeigerufen von gelehrten Brahmanen mit sanften Stimmen und den rechten Mantras. Dabei ermüdeten sie niemals, und so erklangen die Mantras des Yajur Veda unablässig. Es kam der Augenblick, an dem die Opfertiere geschlachtet werden sollten. Doch als sie gebunden bereitlagen, fühlten die großen Rishis Mitgefühl mit ihnen.

Beim Anblick der traurigen Tiere traten die asketischen Rishis vor Indra hin und sprachen:
Diese Art des Opferns ist nicht glücksverheißend. Zwar möchtest du großen Verdienst erlangen, doch dies ist ein sicheres Anzeichen dafür, daß du das Opfern nicht wirklich kennst. Tiere sind nicht zum Schlachten bestimmt, oh Indra. Deine Vorbereitungen vernichten deinen Verdienst, oh Frommer, und dein Opfer ist nicht tugendhaft. Denn die Vernichtung von lebenden Wesen kann niemals ein Akt der Tugend sein. Wenn du möchtest, dann möge dein Priester das Opfer gemäß der vedischen Tugend (Agama) durchführen. Und wenn dies nach der wahren Bedeutung der Schriften geschieht, dann wirst du großen Verdienst erlangen. Oh du mit den hundert Augen, opfere drei Jahre alte Getreidekörner. Das wird gerecht und höchst fruchtbar sein.

Doch von Hochmut und Dumpfheit überwältigt, akzeptierte Indra die Worte der Rishis nicht. So erhob sich ein großer Disput unter den Asketen, wie Opfer ausgeführt werden sollten – mit Tieren oder Pflanzen. Schnell ermüdeten die Redner, denn Einigung war nicht in Sicht. So kamen die Wahrheit schauenden Rishis mit Indra überein, König Vasu als Schiedsrichter zu befragen:
Oh hoch Gesegneter, wie lautet die vedische Auslegung über Opfer? Ist es besser, Opfer mit Tieren durchzuführen oder lieber mit Samen und Säften?

König Vasu wußte wohl um die Stärken als auch Schwächen beider Seiten und antwortete, ohne zu urteilen:
Opfer sollte man ausführen mit dem, was man zur Verfügung hat.

Nach dieser Antwort mußte der fromme König in die niederen Bereiche absinken, denn seine Antwort war voreilig gewesen. Niemals sollte jemand, wie weise er auch sein mag, ganz allein etwas Zweifelhaftes entscheiden. Das ist dem Herrn aller Geschöpfe, dem selbstgeborenen Gott allein vorbehalten. Geschenke und Opfer, die ein Sünder mit unreinem Verständnis macht, gehen verloren, egal, wie reich sie sind. Der ungerechte Geber wird zum Vernichter und kann sich niemals Ruhm verdienen, nicht hier und nicht in der nächsten Welt. Und wer opfert, um sich Verdienst zu erlangen, und die Mittel dafür auf ungerechte Weise erworben hat, dieser Narr wird ohne Verdienst ausgehen. Wer sich nur in den Mantel der Gerechtigkeit hüllt und Brahmanen beschenkt, aber eigentlich ein Übelgesinnter mit sündiger Seele ist, der kann nur Menschen täuschen, aber niemals echten Verdienst gewinnen. Auch ein ungezügelter Brahmane, der von Leidenschaft und Torheit getrieben sich Reichtum auf sündhafte Weise erwirbt, der bekommt die Früchte der Sünde zu spüren. Wer von Habgier und Trägheit betäubt ist, will immer nur Reichtum ansammeln. Damit und mit seinem unreinen und sündigen Gedanken belästigt er alle Geschöpfe. Auch wenn er dann opfert und schenkt, wird er sich in der anderen Welt an keinen angenehmen Früchten erfreuen können. Doch die Menschen, deren Reichtum die Enthaltsamkeit ist, und die dann auch in bescheidenen Maßen gesammelte Körner, Früchte, Wurzeln oder auch nur etwas Wasser, Blätter oder Gemüse geben, die erlangen großen Verdienst und den Himmel. Dies sind die Gaben, die mit Gerechtigkeit verbunden sind und hoher Askese gleichen. Solche Gaben, Mitgefühl mit allen Wesen, Brahmacharya, Wahrhaftigkeit, Freundlichkeit, Offenheit und Vergebung bilden die ewigen Grundpfeiler der Gerechtigkeit, die selbst ebenfalls ewig ist. Wir wissen von Vishvamitra, Asita, Janaka, Kakshasena, Arshtishena, Sindhudwipa und anderen Königen aus alter Zeit. Sie waren reich an Buße, verschenkten ihren Reichtum, den sie gerecht erworben hatten, und gelangten zu höchstem Erfolg. Sei es ein Brahmane, Kshatriya, Vaisya oder Shudra – wer sich der Enthaltsamkeit zuneigt, sich mit Gaben und anderen gerechten Taten reinigt, der gelangt in den Himmel.


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