Pushpak Mahabharata Buch 14Zurück WeiterNews

Kapitel 17 – Über das Sterben

Der Brahmane, der bei mir (Krishna) zu Besuch war, fuhr fort:
Kasyapa berührte die Füße des Brahmanen und stellte viele Fragen, die äußerst schwer zu beantworten waren. Doch der Befreite beantwortete sie alle.

Kasyapa fragte:
Wie löst sich der Körper auf, und wie entsteht er wieder? Wie wird man nach vielen, schmerzvollen Wiedergeburten endlich befreit? Wie erlöst sich die Seele (Atman, Jiva) vom Körper (und von der Natur, Prakriti), nachdem sie sich für eine Weile an der Natur erfreut hat? Wie kommt die nun körperlose Seele in einen anderen Zustand oder Körper? Wie erlebt ein Mensch (die Früchte) seiner guten und schlechten Taten? Und wo sind seine Werke, wenn er keinen Körper mehr hat?

Auf dieses Drängen von Kasyapa antwortete der befreite Brahmane bedächtig. Höre alle seine Antworten, oh Krishna. Der Brahmane sprach:
Erschöpfen sich die Taten, welche das Leben verlängern und den Ruhm eines Menschen vermehren, dann wird die verkörperte Seele vom Niedergang überwältigt und begeht feindliche Handlungen für Leben und Gesundheit, welche sogleich die Lebensspanne verkürzen. Im Nahen dieses Niedergangs wendet sich das Verständnis vom richtigen Weg ab. Ein Mensch mit ungereinigter Seele nimmt zu unregelmäßigen Zeiten unheilsame Nahrung zu sich, und weiß weder um die rechte Zeit noch kann er seine Konstitution und Kraft richtig einschätzen. Damit schadet er sich sehr. (Die Regeln der Gesundheit nach Charaka: In der Jugend ist anderes Essen angebracht, als im Alter, im Winter andere Nahrung als im Sommer etc.) Manchmal ißt er zuviel, manchmal gar nichts, dann trinkt er Ungesundes oder ißt verdorbenes Fleisch. Oder er nimmt Nahrung zu sich, deren Bestandteile nicht zusammenpassen. Manchmal ißt er Mengen, die viel zu schwer für ihn sind, oder er ißt schon wieder, bevor er die vorhergehende Mahlzeit verdaut hat. Er stürzt sich in körperliche Übungen und sexuelle Vergnügungen über jedes Maß hinaus, oder giert so sehr nach Ausarbeitung, daß er die Bedürfnisse seines Körpers unterdrückt, wenn sie sich melden. Dann wieder nimmt er extrem scharfe Nahrung zu sich oder schläft am Tag. Wird Nahrung nicht ordentlich verdaut, dann regt sie mit der Zeit Ungleichgewichte im Körper an (zuviel Schleim, Wind oder Galle). Diese werden zu Krankheiten, die im Tode enden. Manchmal üben solche Menschen auch widernatürliche Handlungen aus, wie sich selbst zu erhängen. Nun, dies alles quält und zerstört den Körper. Versteh mich wohl, wie ich es dir erkläre.

Wird der Wind zu kräftig, erhöht sich die Hitze im Körper, und ein Körperorgan nach dem anderen behindert den Lebensatem. Verteilt sich die Hitze über den ganzen Körper und wird zu stark, dann versengt sie jeden Körperteil, in dem Leben wohnen könnte. Die Seele fühlt dann große Schmerzen und verläßt schnell ihre sterbende Hülle. Ja, wenn alle Teile eines Organismus so gequält sind, flieht die von Schmerzen überwältigte Seele aus dem Körper. Alle lebenden Wesen unterliegen immer wieder Geburt und Tod. Und man kann den Schmerz, den eine Person fühlt, wenn sie ihren Körper verläßt, als dem Schmerz ähnlich ansehen, wenn sie in den Mutterleib (in ein neues Leben) eintritt oder aus ihm geboren wird. Es ist wie das Ausrenken aller Gelenke oder das qualvolle Ertrinken im Wasser.

Wird der Wind zu schwach und von Kälte überwältigt, dann läßt er die Verbindungen der Materie (auch Körper genannt) schwinden, bis alles wieder in die fünf Elemente zerfallen ist. Dieser Wind, der im Lebensatem (Prana und Apana, Aus- und Einhauch) wohnt und die fünf Elemente zusammenhält, steigt im Tod unter Qualen auf und verläßt das verkörperte Wesen. Der Körper wird atemlos und verliert Wärme, Schönheit und Bewußtsein. Wird die Person von Brahma verlassen(denn die Seele ist Brahma), dann sagt man, daß die Person tot ist. Alle ihre Sinneskanäle sind nun empfindungslos geworden. Denn es ist die ewige Seele, welche die Lebenskanäle und den Atem des Körpers bewahrt, welcher auf Nahrung beruht. Binden sich die Elemente in einigen Teilen fest zusammen, dann bilden sie die Organe. Das sagen die Shastren. Werden die Organe durchbohrt, erhebt sich die Seele, sammelt sich im Herzen des Geschöpfes und stoppt sofort das Prinzip der Bewegung. Zwar hat das Geschöpf dann noch Bewußtsein, doch es erkennt nichts mehr. Denn wenn die lebenswichtigen Organe gestört sind, dann wird die Erkenntnis von Dunkelheit überwältigt. Die Seele hat nun ihren Halt verloren und wird vom Wind hin- und hergeschleudert. Mit langem und schmerzhaftem Röcheln verläßt der Wind den unbeweglichen Körper und läßt ihn erzittern.

Wenn die individuelle Seele (Jiva) nun den Körper verläßt, dann umgeben sie ihre Taten (ihr Karma). Von allen Seite wird sie von guten, verdienstvollen Taten sowie von Sünden umringt. Wissende und sehende Brahmanen erkennen an gewissen Zeichen, ob die Seele von Verdienst oder Sünde besessen ist. Wie gewöhnliche Menschen mit ihren Augen die Leuchtkäferchen in der Dunkelheit aufblitzen und wieder verschwinden sehen, so erkennen asketische Menschen mit spiritueller Sicht die Seele, wenn sie den Körper verläßt, und, um wiedergeboren zu werden, in den Mutterleib eintritt. Drei Bereiche sind der Seele auf ewig zugewiesen (Erde, Himmel und Hölle). Diese Welt, in der die Geschöpfe leben, wird das Feld der Taten genannt. Mittels ihrer guten oder schlechten Taten gelangen die verkörperten Wesen immer zu den jeweiligen Früchten ihrer Handlungen. Und schon hier genießen die Geschöpfe Glück oder erdulden Leid. Menschen von üblen Taten gelangen in die Hölle, welches dem mit dem Kopf nach unten Sinken gleicht. In großem Elend werden sie nun gekocht, und eine Rettung aus diesem gräßlichen Zustand ist nur sehr schwer möglich. Daher sollte man sich tapfer bemühen, sich vor dem Elend in der Hölle zu bewahren.

Ich werde dir nun die Regionen erklären, in welchen die Geschöpfe leben, wenn sie von dieser Welt aufsteigen. Höre mir aufmerksam zu, denn dadurch gewinnst du Standhaftigkeit im Verständnis und eine klare Auffassung von (guten und schlechten) Taten. Die Sternenwelten, die am Himmel erstrahlen, der Mond und die Sonne, welche im Universum in ihrem eigenen Licht erstrahlen – dies sind die Bereiche der Geschöpfe mit den gerechten Taten. Erschöpft sich ihr Verdienst, fallen sie wieder hinab. Im Himmel unterscheidet man zwischen geringer, mittlerer und höchster Glückseligkeit. Und nicht einmal hier gibt es vollkommene Zufriedenheit beim Anblick von Herrlichkeit, die größer sein mag als die eigene.

Dies sind die Ziele und Wege, ich habe sie dir genau erklärt. Höre nun, wie die Seele dazu kommt, in den Mutterleib einzugehen. Lausche meinen Worten mit konzentrierter Aufmerksamkeit.


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