Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 141 - Maheshvara über die Aufgaben im Leben

Der Heilige sprach:
Vor langer Zeit erschuf Brahma eine gesegnete Frau namens Tilottama, in welcher er die Schönheit aller Geschöpfe im Universum vereinte. Und eines Tages, oh Göttin, kam diese bezaubernde Dame, die an formhafter Schönheit im Weltall unvergleichlich war, zu mir und umrundete mich mit dem Wunsch, mich zu verführen. Um die Dame mit den schönen Zähnen überall anschauen zu können, erschien mir in jeder Richtung ein neues Gesicht, und damals waren alle diese Gesichter freundlich. So wurde ich aufgrund meines Wunsches, Schönheit zu sehen, viergesichtig. Wahrlich, solcherart zeigte ich meine Yoga-Macht und bekam diese vier Gesichter. Mit dem Gesicht nach Osten übe ich die Herrschaft über das Weltall aus. Mit dem Gesicht nach Norden vergnüge ich mich mit dir, oh Makellose. Mit dem Gesicht nach Westen, das besonders angenehm und verheißungsvoll ist, bestimme ich das Glück aller Wesen. Und mit dem Gesicht nach Süden, das so furchterregend erscheint, zerstöre ich alle Geschöpfe. Als entsagender Brahmacharin (der seinen Lebenssamen zügelt) lebe ich mit verfilzten Locken zum Wohl aller Wesen, um ihnen Gutes zu tun. Der Bogen Pinaka ist stets in meiner Hand, um die Ziele der Götter zu vollbringen. Und mein Hals ist blau, weil Indra vor langer Zeit bestrebt war, meinen Wohlstand zu erwerben und seinen Donnerkeil gegen mich schleuderte. Von seiner Waffe wurde mein Hals verbrannt und erscheint nun blau.

Und Uma fragte weiter:
Oh Erster aller Wesen, wenn es so viele ausgezeichnete und schöne Fahrzeuge gibt, warum hast du gerade den Stier als dein Reittier gewählt?

Maheshvara sprach:
Vor langer Zeit erschuf Brahma, der Große Vater, die himmlische Kuh Surabhi, um reichlich Milch zu geben. Von ihr stammen viele weitere Kühe ab, die große Mengen an Milch geben, die so süß wie Nektar ist. So geschah es eines Tages, das etwas Milchschaum vom Mund eines ihrer Kälber auf meinen Körper tropfte. Ich wurde daraufhin zornig und verbrannte mit diesem Zorn alle Kühe, die dadurch verschiedene Farbtöne annahmen. Doch schnell wurde ich von Brahma beruhigt, dem Vater aller Welten, der alles kennt. Er schenkte mir diesen Stier als Reittier, um mich zu tragen, und auch als Symbol in meinem Banner.

Uma fragte:
Du hast so viele Wohnstätten im Himmel in verschiedenen Formen und mit jeder Bequemlichkeit. Warum, oh Heiliger, wohnst du auf Leichenplätzen und nicht in diesen herrlichen Palästen? Die Leichenplätze sind voller Haare und Knochen, voller Geier und Schakale und mit Hunderten Scheiterhaufen übersät. Überall liegen Kadaver, Eingeweide und Schädel, die Erde ist ein Sumpf aus Blut und Fett und vom Heulen der Schakale erfüllt. Das ist sicherlich kein reiner Ort!

Maheshvara sprach:
Ich wandere stets über die ganze Erde auf der Suche nach einem heiligen Ort. Ich finde jedoch keinen, der heiliger wäre als ein Leichenplatz. Deshalb erfreuen unter allen Wohnstätten vor allem die Leichenplätze mein Herz, die gewöhnlich von den Zweigen der Banian Bäume beschattet und mit zerrissenen Blütengirlanden geschmückt sind. Oh Süßlächelnde, auch die Scharen der Geisterwesen, die meine Begleiter sind, wohnen gern an diesen Orten. Oh Göttin, ich möchte nicht irgendwo ohne diese Geisterwesen an meiner Seite wohnen. Deshalb sind die Leichenplätze eine heilige Wohnstätte für mich. Wahrlich, oh verheißungsvolle Dame, dort scheint mir der wahre Himmel zu sein. Höchst heilsam und voller Verdienst werden Leichenplätze von jenen gelobt, die sich eine heilige Wohnstätte wünschen.

Uma fragte:
Oh Heiliger, oh Herr aller Wesen, oh Bewahrer aller Aufgaben und heilsamen Riten, ich habe noch einen großen Zweifel. Oh Träger des Pinaka und Geber von Segen, diese Asketen haben verschiedene Arten der Entsagung geübt, und in der Welt sieht man sie überall in verschiedenen Formen und Kleidungen umherwandern. Um dieser großen Versammlung der Rishis zu nützen und mich zu erfreuen, bitte ich dich, oh Feindevernichter, meinen Zweifel zu lösen. Woran erkennt man die Tugend bezüglich der Lebensaufgaben? Wie werden die Menschen unwissend in der Tugend und Erfüllung ihrer Aufgaben? Oh mächtiger Herr, oh Kenner der Tugend, belehre mich darüber!

Narada fuhr fort:
Als die Tochter des Himavat diese Frage stellte, wurde die Göttin von den versammelten Rishis mit Versen aus dem Rig Veda und bedeutungsvollen Lobeshymnen verehrt.

Und Maheshvara antwortete ihr:
Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Mitgefühl zu allen Wesen, innere Stille und Wohltätigkeit, so gut man kann, sind die ersten Aufgaben eines Hausvaters. Eheliche Treue, Schutz des Wohlstandes und der Frauen des Hauses, nur Gegebenes zu nehmen und die Enthaltung vom Alkohol- und Fleischgenuß sind die fünf Hauptpflichten. Wahrlich, die tugendhaften Aufgaben haben viele Wege voller Glück. Eben das sind die Lebensaufgaben, welche die verkörperten Wesen auf dem Pfad der Tugend beachten und üben sollten. Das sind ihre wahren Quellen für Verdienste.

Uma sprach:
Oh Heiliger, ich möchte dir noch eine andere Frage stellen, über die ich große Zweifel habe. Mögest du mir darauf antworten und meine Zweifel zerstreuen. Was sind die lobenswerten Aufgaben der vier verschiedenen Kasten? Wahrlich, welche Aufgaben haben die Brahmanen, Kshatriyas, Vaisyas und Shudras?

Der Heilige sprach:
Oh selige Dame, die Frage, die du gestellt hast, ist gut. Jene Personen, die der Brahmanen Kaste angehören, gelten als hochgesegnet und sogar als Götter auf Erden. Zweifellos ist die Entsagung stets ihre erste Aufgabe. Wenn der Brahmane seine Aufgaben auf rechte Weise beachtet, gelangt er zur Einheit mit dem Brahman. Die rechte Beachtung der Brahmacharya Gebote ist ihr wichtigstes Ritual, oh Göttin, und die Beachtung von Gelübden und die Initiation mit der heiligen Schnur sind ihre weiteren Aufgaben. Dadurch werden sie wahre Zweifachgeborene. Man wird ein Brahmane durch die Verehrung seiner Lehrer, der Ältesten und der Götter. Wahrlich die hohe Tugend, die als Wesen die Erkenntnis der Veden hat, ist die Quelle ihres ganzen Vertrauens. Eben das ist die Religion, welche diese verkörperten Wesen, die dem Glauben und ihren Lebensaufgaben gewidmet sind, beachten und üben sollten.

Uma sprach:
Oh Heiliger, meine Zweifel sind noch nicht zerstreut. Mögest du mir noch ausführlicher erklären, was die Aufgaben der vier Kasten der Menschen sind.

Und Maheshvara sprach:
Über die Mysterien der Tugend und Aufgaben zu hören, das Beachten der Gelübde gemäß der Veden, das Bewahren des heiligen Feuers, die Dienste für den Lehrer, ein Leben von Almosen, das Tragen der heiligen Schnur, beständige Rezitation der Veden und Beachtung des Brahmacharya Gelübdes sind die Aufgaben der Brahmanen. Nachdem die Zeit des Studiums beendet ist, sollte der Brahmane mit Erlaubnis seines Lehrers dessen Wohnstätte verlassen und zum Haus seines Vaters zurückkehren. Dort sollte er der Tradition gemäß eine Ehefrau heiraten, die für ihn passend ist. Die Aufgaben für den Brahmanen sind das Vermeiden von unreiner Speise, das Wandern auf dem Pfad der Gerechtigkeit, beständiges Fasten, Keuschheit und Enthaltsamkeit. Der Hausvater sollte stets sein häusliches Feuer für die tägliche Verehrung bewahren. Er sollte die Veden studieren, Trankopfer zu Ehren der Ahnen und Götter darbringen, seine Sinne unter rechter Kontrolle halten und nur die Reste essen, die nach der Versorgung der Götter, Gäste und aller Abhängigen übrigbleiben. Er sollte im Essen enthaltsam sein, in der Rede ehrlich und sowohl äußerlich als auch innerlich rein. Die Gastfreundschaft ist für ihn eine ebenso große Aufgabe wie das Bewahren der drei Opferfeuer. Der Hausvater sollte sich auch um die gewöhnlichen Opfer kümmern, die unter dem Namen Ishti zusammengefaßt werden, und den Göttern auch Tiere gemäß den Geboten darbringen. Wahrlich, die Ausführung der Opfer ist seine hohe Aufgabe, wie auch die Gewaltlosigkeit zum Wohle aller Wesen und das Essen, nachdem Götter, Gäste und Abhängige versorgt wurden. Wahrlich, von dieser Nahrung, die man Vighasa nennt, und die übrigbleibt, nachdem alle anderen gespeist wurden, sollte der Hausvater leben. Das gilt als eine ganz besondere Aufgabe eines zweifachgeborenen Hausvaters, der mit den Veden bekannt ist. Und wie der Ehemann sich im Hausleben verhält, dementsprechend sollte auch die Ehefrau folgen. Sie sollten jeden Tag Blumen und andere Dinge den führenden Hausgöttern darbringen und dafür sorgen, daß ihr Haus täglich (mit Kuhmist und Wasser) richtig gereinigt wird. Sie sollten im Essen mäßig sein und in einem wohlgereinigten Raum jeden Tag den Opferrauch der geklärten Butter aufsteigen lassen, die der Hausvater zu Ehren der Götter und Ahnen in das heilige Feuer gießt. Das sind die Aufgaben, die zur Lebensweise als brahmanischer Hausvater gehören. Diese Aufgaben sind die wirkliche Stütze der Welt. Wahrlich, diese Aufgaben fließen für immer und ewig von jenen Rechtschaffenen unter den Brahmanen, die ein Leben der Häuslichkeit führen.

Höre nun mit konzentrierter Aufmerksamkeit, oh Göttin, wie ich dir die Aufgaben der Kshatriyas beschreibe, nach denen du mich gefragt hast. Grundlegend muß man sagen, daß die Hauptaufgabe der Kshatriyas im Schutz aller Wesen besteht. Damit erwirbt der König einen festen Anteil aller Verdienste seiner Untertanen, und nur dann ist der König mit der Gerechtigkeit verbunden. Ein Herrscher der Menschen, der seine Untertanen gerecht regiert und beschützt, erwirbt durch ihren Schutz viele Bereiche der Glückseligkeit in der kommenden Welt. Weitere Aufgaben einer Person der königlichen Kaste bestehen in der Selbstzügelung, dem Vedenstudium, dem Gießen des Trankopfers in das heilige Feuer, der Wohltätigkeit, der Wissenschaft, dem Tragen der heiligen Schnur, dem Opfern, der Ausführung religiöser Riten, der Versorgung von Dienern und Abhängigen, sowie dem Durchhaltevermögen in Werken, die er begonnen hat. Eine andere Aufgabe ist das Festlegen von Strafen gemäß begangener Straftaten in gleicher Weise wie das Opfern und andere religiöse Riten nach den vedischen Geboten. Beständigkeit in der Schlichtung von Streitigkeiten, die ihm vorgetragen werden, Beständigkeit in der Wahrhaftigkeit seiner Rede und Beständigkeit in der Hilfe für die Gequälten sind weitere Aufgaben, mit deren Erfüllung der König großen Ruhm sowohl in dieser als auch der kommenden Welt erwirbt. Schließlich sollte er sein Leben auf dem Feld des Kampfes opfern, nachdem er seine Heldenkraft für die Sache der heiligen Kühe und Brahmanen gezeigt hat. Solch ein König erwirbt im Himmel jene Bereiche der Glückseligkeit, die sonst nur durch ein Pferdeopfer gewonnen werden.

Die Aufgaben der Vaisyas bestehen in der Viehhaltung und der Landwirtschaft, im Gießen des Trankopfers in das heilige Feuer, in der Wohltätigkeit und im Vedenstudium. Der Handel, das Wandeln auf dem Pfad der Gerechtigkeit, die Gastfreundschaft, die innere Ruhe, die Selbstzügelung, das Versorgen von Brahmanen und das Hingeben von Dingen (zugunsten der Brahmanen) sind weitere ewige Aufgaben der Vaisyas. Solche Vaisyas, die den Handel pflegen und stets den Pfad der Gerechtigkeit gehen, sollten niemals Sesam, Parfüme, Säfte oder andere Getränke verkaufen. Sie sollten die Aufgaben der Gastfreundschaft stets zu allen erfüllen, und es steht ihnen frei, die drei Lebensziele von Tugend, Reichtum und Vergnügen gemäß ihren Mitteln zu verfolgen, solange diese vernünftig sind.

Der Dienst für die drei anderen zweifachgeborenen Kasten ist die hohe Aufgabe der Shudras. Der Shudra, der in der Rede ehrlich ist und seine Sinne zügelt, sammelt viele lobenswerte Verdienste durch solche Hingabe. Wahrlich, wenn ein Shudra die Aufgaben der Gastfreundschaft erfüllt, gilt dies bereits als Erwerb des Verdienstes von hoher Entsagung. So wird ein kluger Shudra, der sich rechtschaffen verhält und die Götter und Brahmanen verehrt, den wünschenswerten Lohn der Tugend empfangen.

Oh schöne Dame, damit habe ich dir die Aufgaben der vier Kasten erklärt. Wahrlich, oh Selige, das sind ihre Aufgaben im Leben. Was möchtest du sonst noch hören?

Darauf sprach Uma:
Du hast mir die besonderen Aufgaben der vier Kasten erklärt, die vorzüglich und nützlich sind. Doch sage mir auch, oh Heiliger, was sind die allgemeinen Aufgaben aller Kasten?

Maheshvara sprach:
Das Erste aller Wesen im Universum, nämlich Brahma, der Schöpfer, der stets nach Gerechtigkeit strebt, hat die Brahmanen geschaffen, um alle Welten zu retten. Unter allen Geschöpfen sind sie wahrlich wie Götter auf Erden. Ich werde dir von Anfang an erzählen, welche tugendhaften Taten sie vollbringen sollen, und welchen Lohn sie dafür erhalten. Die Tugend, die den Brahmanen bestimmt worden ist, ist die Höchste aller Tugenden. Für die Gerechtigkeit in der Welt wurden vom Selbstgeborenen drei Arten der Tugend geschaffen. Wann auch immer eine Welt entsteht, die Wege der Tugend werden vom Großen Vater geschaffen. Dies sind die ewigen Tugenden. Die Höchste Tugend wird in den heiligen Veden verkündet. Als nächstes kommt die Tugend, welche in den Smritis (den traditionellen Regeln) beschrieben wird, und als drittes die Tugend, die man praktisch von denen lernen kann, die als Rechtschaffene gelten. Gelehrte Brahmanen sollten die drei Veden studieren, aber niemals das Wissen der Veden zum Mittel ihres Lebenserwerbs machen. Sie sollten stets ihre drei wohlbekannten Aufgaben beachten (Entsagung, Vedenstudium und Opfern) sowie die drei Hindernisse überwinden (Begierde, Zorn und Unwissenheit). Brahmanen sollten stets die Freunde aller Wesen sein. Wer diese Qualitäten hat, kann Brahmane genannt werden. Denn schon der Herr der Welten hat erklärt, daß diese sechs Qualitäten von den Brahmanen gepflegt werden sollen. Höre nun über diese ewigen Aufgaben! Die Ausführung von Opfern, das Helfen in den Opfern von anderen, das Geben und Annehmen von Geschenken, das Lehren und Studieren sind die sechs Taten, durch die ein Brahmane religiöses Verdienst erwirbt. Wahrlich, das tägliche Studium der Veden ist seine heilige Pflicht. Die Entsagung und das Opfer ist seine ewige Aufgabe. Das Geben von Geschenken gemäß seinen Möglichkeiten und den vedischen Geboten bringt ihm höchstes Lob. Die innere Stille ist eine hohe Aufgabe aller Rechtschaffenen, aber auch das Hausleben mit tugendhaftem Geist bringt größtes Verdienst. Wahrlich, wer seine Seele durch die Ausführung der fünf Opfer reinigt, wer in der Rede ehrlich und von Böswilligkeit frei ist, wer Geschenke macht, die Gastfreundschaft pflegt und alle Gäste ehrt, wer in wohlgereinigten Häusern lebt, von übermäßigem Stolz frei und in allen Dingen ehrlich ist, wer freundlich und würdevoll zu anderen spricht, wer sich über Gäste und Besucher in seinem Haus freut und nur das ißt, was nach dem Versorgen der Familienmitglieder und Abhängigen übrigbleibt, der wird großen Verdienst gewinnen. Wer seinen Gästen Wasser zum Waschen der Füße und Hände reicht, wer das übliche Gastgeschenk darbringt, um den Empfänger zu ehren, wer auf rechte Weise Sitze und Betten sowie Lichter gibt, um die Dunkelheit zu zerstreuen, und denen Schutz bietet, die zu seiner Wohnstätte kommen, wird als höchst rechtschaffen betrachtet. Ein Hausvater, der sich bei Tagesanbruch erhebt, Mund und Gesicht wäscht, seine Gäste bewirtet, verehrt, auf rechte Weise verabschiedet und ihnen noch eine kleine Strecke folgt (als Zeichen der Ehre), der erwirbt ewiges Verdienst.

Gastfreundschaft zu allen und die drei Lebensziele (Dharma, Artha und Kama) sind die Hauptaufgaben jedes Hausvaters, auch eines Shudras. So sagt man, daß der Weg der Hausväter hauptsächlich im Handeln besteht (Pravritti). Dieser Weg ist höchst nützlich für alle Wesen, wie ich im folgenden erklären werde. Der Hausvater sollte immer Geschenke gemäß seinen Möglichkeiten machen und auch Opfer auf diese Weise durchführen. Denn wahrlich, wer sein Wohlergehen sucht, sollte stets tugendhaft handeln. Deshalb sollte der Hausvater seinen Reichtum immer durch gerechte Mittel erwerben und entsprechend den Forderungen der Gerechtigkeit sorgfältig in drei Teile teilen. Einen Teil sollte er für Tugend und Gerechtigkeit (Dharma) verwenden, um verdienstvolle Taten zu vollbringen. Mit einem anderen Teil sollte er sich bemühen, seine Wünsche nach Vergnügen (Kama) zu befriedigen. Und den dritten Teil sollte er als Reichtum ansammeln (Artha).

Ein anderer Weg ist das Nichthandeln (Nivritti) mit dem Ziel der Befreiung (Moksha, das vierte Lebensziel, die Erlösung von der Wiedergeburt durch das Verschmelzen im Brahman). Auch diesen Weg möchte ich dir ausführlich beschreiben, oh Göttin. Die höchste Aufgabe auf diesem Weg zur Befreiung ist das Mitgefühl zu allen Wesen. Wer ihn geht, sollte nicht länger als einen Tag an einem Ort wohnen, und sich von allen Fesseln der Hoffnungen und Wünsche befreien. Er sollte weder Anhaftung an seinen Wohnort pflegen, noch an das Gefäß, womit er Wasser schöpft, die Kleidung, die seine Lenden bedeckt, den Sitz, worauf er ruht, den dreifachen Asketenstab, den er in seinen Händen hält, das Bett, in dem er schläft, das Feuer, das er verehrt, oder den Raum, der ihn umgibt. Wer diesen Weg geht, sucht das innere Wirken seiner Seele. Sein Geist ist dem Höchsten Brahman gewidmet, und das Ziel ist das Verschmelzen im Brahman. Er ist beständig der Yoga Praxis und der Sankhya Philosophie hingegeben. Er sucht keinen anderen Schutz als den Fuß eines Baumes oder eine verlassene Hütte. Er schläft an den Ufern der Flüsse und erfreut sich dort am Fließen des Wassers. Wenn er von jeder Anhaftung und Bindung durch Zuneigung befreit ist, dann verschmilzt die Existenz seiner eigenen Seele mit der Höchsten Seele. Er verweilt still wie ein Holzpfahl, enthält sich aller Nahrung und übt Yoga und jegliche Entsagung, die zur Befreiung führt. Das sind die ewigen Aufgaben dessen, der dem Nichthandeln auf dem Weg zur Befreiung folgt. Er lebt in Einsamkeit, von allen Anhaftungen befreit, und wohnt nicht länger als einen Tag am gleichen Ort. Ungebunden wandert er durch die Welt und schläft nicht einmal am gleichen Flußufer für länger als einen Tag. Das ist die Tugend jener, die den Weg zur Befreiung kennen, wie er in den Veden erklärt wird. Das ist der Weg der höchsten Tugend, wie ihn Rechtschaffene gehen. Wer ihm folgt, läßt keine Spur hinter sich zurück. Solche Entsagende sind von viererlei Art. Man nennt sie (entsprechend ihrer Vollkommenheit) Kutichakas, Vahudakas, Hansas und Paramahansas. Der zweite ist höher als der erste, der dritte ist höher als der zweite und der vierte ist höher als der dritte. Es gibt nichts Höheres als einen Paramahansa, noch gibt es irgendetwas Niederes oder etwas daneben oder davor. Dieses Eine, dieses Höchste, ist frei von Glück und Leid, frei von Alter und Tod, unvergänglich und unwandelbar.

Uma sprach:
Du hast die Tugend der Hausväter, die Tugend der Befreiung und die Tugend der rechtschaffenen Vorbilder erklärt. Diese Wege sind hoch und äußerst nützlich für die Welt der lebenden Wesen. Oh Kenner aller Wege, ich wünsche jetzt über den hohen Weg zu hören, den die Rishis gehen. Ich habe stets Zuneigung für jene, die in asketischer Einsamkeit wohnen. Der Duft, der im Rauch der Trankopfer von geklärter Butter aus dem heiligen Feuer aufsteigt, scheint alle Einsiedeleien zu erfüllen und macht sie höchst entzückend. Auch mein Herz, oh großer Gott, wird davon stets mit Entzücken gefüllt. Doch ich habe einige Zweifel bezüglich der Wege der Asketen. Du, oh Gott der Götter, kennst alle Wege und deshalb belehre mich ausführlich zu diesem Thema, oh großer Gott.

Und der Selige und Heilige sprach:
Ja, ich werde dir die hohen und ausgezeichneten Wege der Asketen erklären. Indem sie diesen Geboten folgen, oh verheißungsvolle Dame, erreichen sie Vollkommenheit durch die strenge Entsagung, die sie üben. Oh hoch Gesegnete, höre zuerst über den Weg jener rechtschaffenen Rishis, die jede Lebensaufgabe kennen und als Phenapas bekannt sind. Brahma, der Große Vater, lebt von nektargleichem Wasser. Dieses Wasser war im Himmel aus einem großen Opfer geflossen, und der Schaum von diesem himmlischen Wasser ist höchst segensreich, weil er nah am Höchsten Wesen ist. Deshalb werden jene Rishis, die von diesem Schaum leben, Phenapas (Schaum-Trinker) genannt. Solcherart, oh Dame, ist das Verhalten jener reinbeseelten Rishis mit dem Reichtum der Entsagung.

Höre auch über eine weitere Gruppe namens Valakhilyas. Die Valakhilyas sind Asketen, die durch ihre Entsagung Vollkommenheit erreicht haben und in der Sonnenscheibe wohnen. Diese Rishis, die mit jeder Aufgabe der Gerechtigkeit bekannt sind, leben nach der Unccha Weise wie die Vögel von herabgefallenen Körnern. Ihre Kleidung besteht aus Hirschfellen oder Bast von den Bäumen. So gehen die Valakhilyas mit dem Reichtum der Entsagung und befreit von allen Gegensätzen den Weg der höchsten Tugend und Gerechtigkeit. Sie sind nicht größer als ein Daumen, und in Gruppen verteilt, lebt jede Gruppe entsprechend der ihnen gegebenen Aufgaben. Ihr einziger Wunsch ist die Entsagung, und durch ihr rechtschaffenes Verhalten erreichen sie höchste Verdienste. Sie gelten als den Göttern ebenbürtig und wirken zum Wohle der Götter. Durch ihre strenge Entsagung wurden alle Sünden verbrannt, und so erstrahlen sie in einem Licht, das alle Himmelsrichtungen erhellt.

Andere Asketen mit gereinigten Seelen, die dem großen Mitgefühl gewidmet sind, werden Chakracharas genannt. Sie sind rechtschaffen in ihrem Verhalten, voller Heiligkeit und leben im Bereich von Soma (dem Mond). Dort wohnen sie nah genug am Reich der Ahnen und ernähren sich auf tugendhafte Weise, indem sie die Strahlen des Soma trinken. Dort gibt es noch weitere Asketen namens Samprakshalas (die nichts für Morgen aufsparen) und Asmakuttas (die nur zwei Steine benutzen, um ihr Getreide zu mahlen) und Dantolukhalas (die nur die Zähne benutzen, um ihr Getreide zu mahlen). Diese leben in der Nähe der Götter, die den Soma und die Flammen des Feuers trinken. Mit ihren anvertrauten Ehefrauen ernähren sie sich mit völlig gezügelter Leidenschaft ebenfalls von den Strahlen des Soma. Sie gießen das Trankopfer von geklärter Butter in ihre heiligen Feuer, verehren die Ahnen auf rechte Weise und führen die wohlbekannten Opfer durch. Das wird als ihr Weg betrachtet. Oh Göttin, diesen Weg der Rishis gehen jene, die das Hausleben aufgegeben haben und frei genug sind, durch jegliche Bereiche zu wandern, einschließlich der Himmel.

Darüber hinaus gibt es noch andere Klassen von Asketen, über die ich jetzt sprechen werde. Höre mir achtsam zu! Es ist notwendig, daß jeder, der die verschiedenen Wege der Rishis gehen möchte, seine Leidenschaften überwindet und die Höchste Seele erkennt. Wahrlich, nach meiner Meinung sollten Begierde und Zorn völlig überwunden werden. Mit dem Getreide, das sie nach der Unccha Weise erworben haben, sollten sie die folgenden Aufgaben erfüllen, nämlich das heilige Opferfeuer nähren, das Dharmaratri und Soma Opfer vollbringen, außergewöhnliches Wissen erwerben, Hingabe üben, tägliche Opfer und Verehrung der Ahnen und Götter durchführen sowie die Gastfreundschaft zu allen pflegen. Die Enthaltung von allen luxuriösen Speisen, die aus Kuhmilch bereitet werden, die Freude an der inneren Stille des Herzens, das Sitzen und Liegen auf bloßem Felsen oder der Erde, die Hingabe zum Yoga, die Ernährung von Kräutern, Blättern der Bäume, Früchten, Wurzeln, Moos, Wasser und Wind sind einige Methoden der Rishis, um das Höchste zu erreichen, was man Befreiung oder Erlösung nennt. Wenn kein Rauch mehr aus den Küchen aufsteigt, die Mörser schweigen und das Herdfeuer ausgelöscht wurde, wenn alle Bewohner ihr Essen verzehrt haben, keine Teller mehr von Zimmer zu Zimmer getragen werden und keine Bettler mehr auf den Straßen wandern, dann sollte ein Mensch, welcher der wahren Tugend und inneren Stille hingegeben ist, in Ermangelung anderer Gäste das verzehren, was vom Essen im Haus noch übrig ist. Wer auf diese Weise handelt, folgt dem tugendhaften Pfad der Munis. Man sollte weder arrogant, noch stolz, betrübt oder unzufrieden sein. Man sollte sich von keinem Gefühl überwältigen lassen und mit gleichem Auge auf Freund und Feind schauen. Denn wer seine hohen Aufgaben im Leben kennt, der sollte zu allen Wesen freundlich sein.


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