Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 101 - Über den Schutz der Brahmanen

Yudhishthira fragte:
Oh Führer der Menschen, wohin gehen jene dummen, elenden und sündhaften Menschen, die das stehlen oder unterschlagen, was den Brahmanen gehört?

Und Bhishma sprach:
Dazu werde ich dir, oh Bharata, eine alte Geschichte über ein Gespräch zwischen einem Chandala und einem Kshatriya erzählen.

Der Kshatriya sprach:
Du erscheinst, oh Chandala, wie ein alter Mann, aber dein Verhalten gleicht einem Jungen. Dein Körper ist ganz mit Staub beschmiert, der von Hunden und Eseln aufgewühlt wurde, aber ohne diesen Staub zu bemerken, bist du um die wenigen Tropfen weißer Milch besorgt, die auf deinen Körper gefallen sind. Man weiß, daß den Chandalas jene Taten bestimmt sind, die von den Frommen getadelt werden. Warum bemühst du dich, gerade die Milchtropfen von deinem Körper zu waschen?

Der Chandala sprach:
Oh König, einem Brahmanen wurden einst (vom König) seine Kühe gestohlen. Während sie weggetrieben wurden, fiel etwas Milch von ihren Eutern auf einige Soma Pflanzen, die am Straßenrand wuchsen. Und jene Brahmanen, die den Saft der Pflanzen tranken, die solcherart mit Milch besprenkelt wurden, wie auch der König, der das Opfer durchführte, in dem der Soma getrunken wurde, mußten in die Hölle sinken. Wahrlich, weil man einen Brahmanen bestohlen hatte, mußte der König mit allen Brahmanen, die ihm im Opfer geholfen hatten, zur Hölle gehen. Auch alle anderen Menschen, Brahmanen und Kshatriyas, welche Milch, Ghee oder Quark im Palast des Königs tranken, der die Kühe des Brahmanen gestohlen hatte, mußten in die Hölle fallen. Die gestohlenen Kühe, die ihre Körper schüttelten, schlugen mit ihrer Milch nicht nur den König und die Königin sondern auch die Söhne und Enkel des Diebes, obwohl sie die Tiere mit großer Sorge und Aufmerksamkeit behandelten. Ich selbst, oh König, pflegte damals im Gelübde des Brahmacharya an jenem Ort zu leben, wo diese Kühe geweidet wurden, nachdem man sie gestohlen hatte. So wurde auch die Speise, die ich beim Betteln erhalten hatte, von ihrer Milch besprenkelt, und durch das Verzehren dieser Speise, oh Kshatriya, bin ich in diesem Leben ein Chandala geworden. Der König, der die Kühe einem Brahmanen gestohlen hatte, erfuhr ein noch schlimmeres Ende. Deshalb sollte man nie etwas stehlen oder unterschlagen, was einem Brahmanen gehört. Schau mich nur an, in welchen Zustand ich aufgrund des Verzehrens jener Speise erniedrigt wurde, die mit der Milch besprenkelt war, die einem Brahmanen gehörte! Aus diesem Grund sind auch die Soma Pflanzen für alle weisen Menschen unverkäuflich. Wer sie verkauft, wird von den Klugen getadelt. Wahrlich, oh Sohn, wer Soma verkauft oder kauft, der fällt in die Hölle namens Raurava, wenn er aus dieser Welt geht und das Reich Yamas betritt. Wer die Gebote der Veden kennt und trotzdem Soma verkauft, wird in seinem nächsten Leben ein Wucherer und trifft schnell auf seinen Untergang. Dreihundertmal muß er in die Hölle sinken und wird dann als Tier geboren, das von menschlichen Abfällen lebt. Wenn man den Dienst an einer frevelhaften und gemeinen Person, den Stolz und die Vergewaltigung der Ehefrau eines Freundes gegeneinander abwägt, dann wiegt der Stolz, der alle Selbstbeherrschung überschreitet, am schwersten. Schau diesen Hund an, so sündhaft, leidvoll, blaß und mager! Es geschieht durch den Stolz, daß lebende Wesen so leidvolle Wege gehen müssen.

Ich selbst war in einem vergangenen Leben in einer ehrwürdigen Familie geboren worden. Oh Herr, ich war ein gründlicher Meister aller Zweige des Wissens. Ich kannte die Schwere aller Schulden, aber unter dem Einfluß des Stolzes wurde ich verblendet und aß das Fleisch vom Rückgrat eines Tieres. Durch solches Verhalten und solches Essen bin ich in diesen Zustand gefallen. Schau nur, wie die Zeit alles wandelt! Wie eine Person, deren Kleidung an einem Zipfel Feuer gefangen hat, oder die von Bienen gejagt wird, so sehe mich voller Angst und mit Staub beschmiert herumlaufen. Wer ein häusliches Leben führt, kann durch das Studium der Veden und alle Arten von Geschenken aus allen Sünden gerettet werden. Das erklären die Weisen. Und ein Brahmane befreit sich von allen Sünden durch das Vedenstudium, wenn er das Leben eines Waldeinsiedlers führt und sich aller Anhaftungen enthält. Doch ich, oh Führer der Kshatriyas, bin in diesem Leben in einer sündhaften Kaste geboren. Ich kann nicht einmal klar erkennen, wie ich mich von allen Sünden reinigen könnte. Nur aufgrund verdienstvoller Taten in ehemaligen Leben habe ich die Erinnerung daran nicht verloren. Deshalb, oh König, erflehe ich deine Gnade! Ich bitte dich, löse meine Zweifel! Durch welches verdienstvolle Verhalten kann ich Befreiung erreichen? Oh Erster der Männer, durch welche Mittel kann ich diesen Zustand als Chandala wieder verlassen?

Der Kshatriya antwortete:
Oh Chandala, erfahre die Mittel, durch welche du Befreiung finden kannst. Wenn du dein Leben für die Sache eines Brahmanen opferst, wirst du ein wünschenswertes Ende erreichen. Wenn du deinen Körper im Feuer des Kampfes für einen Brahmanen als Trankopfer den Raubtieren und Raubvögeln darbringst, wirst du Befreiung finden. Durch kein anderes Mittel kannst du das erreichen.

Bhishma fuhr fort:
So angesprochen, oh Feindevernichter, goß der Chandala seinen Lebensatem als Trankopfer in das Feuer des Kampfs um den Schutz der Brahmanen. Und durch diese Tat gelangte er wieder zu Höherem. Deshalb, oh Sohn, solltest du immer die Brahmanen beschützen, wenn du den Weg zur ewigen Glückseligkeit zu gehen wünschst, oh Führer der Bharatas.


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