Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 5 - Über die Kraft des Mitgefühls

Yudhishthira sprach:
Oh wahrhafter Kenner der Tugend, ich wünsche vom Verdienst des Mitgefühls zu hören und von den Eigenschaften frommer Menschen. Bitte, oh Herr, belehre mich diesbezüglich.

Bhishma sprach:
Zur Illustration dieses Themas wird die alte Legende von Indra und dem hochgesinnten Suka erzählt. Einst ging im Lande des Königs von Kasi ein Vogelfänger mit vergifteten Pfeilen auf die Jagd nach Antilopen. Und gierig nach Fleisch, erblickte er in einem großen Wald in seiner Nähe eine ganze Herde und schoß einen Pfeil ab. Doch der Pfeil dieses starkarmigen Jägers, der für den Tod einer Antilope bestimmt war, verfehlte sein Ziel und durchbohrte einen mächtigen Baum im Wald. Der Baum, der gewaltsam mit diesem giftigen Pfeil getroffen war, vertrocknete daraufhin und ließ seine Blätter und Früchte fallen. In einer Höhle seines Stammes hatte jedoch ein Papagei sein ganzes Leben verbracht und wollte nun aus Mitgefühl zu diesem Herrn des Waldes sein Nest nicht verlassen. Unbewegt, ohne Nahrung, still und trauernd, verwelkte dieser dankbare und tugendhafte Papagei zusammen mit dem Baum. Als Indra, der Bezwinger von Paka, diesen hochbeseelten und selbstlosen Vogel sah, der von Glück und Leid unbeeindruckt war und solche außergewöhnliche Entschlossenheit zeigte, wurde er von großer Bewunderung erfüllt. Und sogleich erhob sich im Geist von Indra die Frage:
Wie kann dieser Vogel so ein selbstloses Mitgefühl haben, wie es in der Welt der niederen Tiere kaum zu finden ist? Vielleicht ist daran auch gar nichts Wunderbares, weil man doch in allen Wesen freundliche Gefühle der Zuneigung untereinander sehen kann.

Daraufhin nahm Indra die Gestalt eines Brahmanen an, stieg zur Erde hinab und sprach zum Vogel:
Oh Suka, oh Bester der Vögel, die Enkelin von Daksha (Suki) ist wahrlich gesegnet, weil sie solche Nachkommenschaft hat. Doch ich frage dich, aus welchem Grund verläßt du diesen verwelkten Baum nicht?

Auf diese Frage hin verneigte sich der Suka vor ihm und antwortete:
Herzlich willkommen, oh Führer der Götter! Ich habe dich durch das Verdienst meiner Entsagung erkannt.

Da sprach der tausendäugige Gott „Wohlgetan! Wohlgetan!“, und lobte ihn im Geiste: „Oh, wie wunderbar ist die Erkenntnis, die er erreicht hat.“ Und um die Tiefe der tugendhaften Gesinnung und die Selbstlosigkeit des Papageien zu prüfen, befragte ihn der Vernichter von Vala über seine Zuneigung zu diesem Baum:
Dieser Baum ist verwelkt und ohne Blätter und Früchte. Er ist damit ungeeignet als Wohnort für Vögel. Warum hältst du dich daran so fest? Dieser Wald ist doch so groß, und in dieser Wildnis gibt es viele andere gute Bäume, deren Höhlen mit grünen Blättern bedeckt sind und welche du nach Belieben frei wählen kannst. Oh Geduldiger, bedenke es wohl mit deinem Verstand und verlasse diesen alten Baum, der doch nun tot und nutzlos ist, alle seine Blätter verloren hat und zu nichts Gutem mehr taugt!

Als der tugendhafte Suka diese Worte von Indra hörte, seufzte er tief und antwortete trauernd:
Oh Gemahl der Sachi und Führer der Götter, die Gebote der Götter sollten stets befolgt werden. So höre von mir den Grund, nach dem du mich gefragt hast. Hier in diesem Baum wurde ich geboren, hier in diesem Baum wuchs ich auf, und hier erwarb ich alle Tugenden. Hier in diesem Baum wurde ich als schwaches Kind vor den Angriffen meiner Feinde beschützt. Oh Sündloser, warum interessierst du dich in deiner Güte für die Motivation meines Verhaltens im Leben? Ich bin voller Mitgefühl, der Tugend hingegeben und beständig im Verhalten. Denn wahrlich, das Mitgefühl ist der große Test der Tugend unter den Guten, und eben dieses große Mitgefühl voller Selbstlosigkeit wird zur Quelle der unvergänglichen Glückseligkeit für die Tugendhaften. Alle Götter haben dich in Fragen der Tugend als Vorbild, und aus diesem Grund, oh Herr, stehst du als Führer an ihrer Spitze. So ziemt es sich nicht für dich, oh Tausendäugiger, mich jetzt zu bedrängen, diesen Baum für immer aufzugeben. Als er gesund und nützlich war, beschützte er mein Leben. Wie kann ich ihn jetzt verlassen?

Über diese wohlgemeinten Worte des Papageien war der tugendhafte Bezwinger von Paka sehr erfreut und sprach zu ihm:
Ich bin wahrlich zufrieden mit deiner selbstlosen und mitfühlenden Gesinnung. So erbitte einen Segen von mir!

Daraufhin bat der mitfühlende Papagei:
So möge dieser Baum wieder zum Leben erwachen!

Und weil Indra die große Zuneigung des Papageien zu diesem Baum und seine selbstlose Gesinnung erkannt hatte, war er wohlzufrieden und besprenkelte den Baum mit himmlischem Nektar. Damit wurde der Baum wieder belebt und erreichte eine unvergleichliche Größe aufgrund der Entsagung des Papageien. Und auch der Papagei, oh großer König, erreichte aufgrund seines Mitgefühls am Lebensende die Gesellschaft von Indra. So, oh Herr, erreichen auch die Menschen durch die Gemeinschaft mit den Frommen und Entsagenden, die voller Mitgefühl sind, alle Ziele ihrer Wünsche, wie der Baum durch seine Gemeinschaft mit dem Papagei.


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