Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 295 - Parasara über das Dharma

Parasara sprach:
Der Brahmane gewinnt Reichtum durch das Annehmen von Geschenken, der Kshatriya durch den Sieg im Kampf, der Vaisya durch seinen Beruf und der Shudra durch fleißigen Dienst. Wie klein er auch immer sei, er ist des Lobes würdig und von größtem Nutzen, wenn er zum Erwerb der Tugend ausgegeben wird. Der Shudra gilt allgemein als Diener der drei anderen Kasten. Wenn ein Brahmane aus Mangel an Lebensunterhalt die Aufgaben eines Kshatriya oder Vaisya übernimmt, fällt er nicht von der Gerechtigkeit ab. Wenn er jedoch die Aufgaben eines Shudras betreibt, gilt er zweifellos als gefallen. Wenn ein Shudra sein Leben nicht durch den Dienst an den drei anderen Kasten fristen kann, dann darf er nach dem Gesetz auch den Handel, die Viehzucht oder ein Handwerk betreiben. Das Theaterspielen, Puppenspielen, der Verkauf von Alkohol und Fleisch sowie der Handel mit Eisen und Tierhäuten sollten nicht dem Lebenserwerb dienen, wenn man diesen Beruf nicht in der Familie geerbt hat, weil diese in der Welt als tadelnswert gelten. Man sagt, wer diese Berufe aufgibt, gewinnt damit großes Verdienst.

Wenn sich jemand, der im Leben geachtet wird, der Sünde hingibt, weil sein Geist von Stolz und Arroganz erfüllt wurde, sollten diese Taten unter keinen Umständen als Vorbild dienen. Wir haben aus den Puranas gehört, daß die Menschheit früher selbstgezügelt war, daß sie Tugend und Gerechtigkeit in großer Wertschätzung bewahrten, daß all ihre Methoden für den Lebensunterhalt mit der Vernunft und den Geboten der heiligen Schriften im Einklang standen und daß als einzige Strafe zu ihrer Züchtigung ein Wort der Schande genügte. Zu jener Zeit, oh König, von der wir sprechen, wurde allein das Dharma und nichts anderes unter den Menschen gelobt. Und weil sie in Gerechtigkeit aufgewachsen waren, so übten sie auf Erden nur tugendhaftes Handeln. Die dämonischen Kräfte jedoch konnten die Gerechtigkeit nicht ertragen, die in der Welt herrschte. Und indem sie an Energie und Menge zunahmen, traten diese Dämonen (in Form von Begierde und Haß) in die Körper der Menschen ein. So entstand der eigensinnige Stolz in ihnen, der für Tugend und Gerechtigkeit so zerstörend ist. Aus dem Stolz entstand die Überheblichkeit, und aus der Überheblichkeit entstanden Zorn und Wut. Als die Menschen davon überwältigt wurden, verschwanden sowohl bescheidenes Verhalten als auch Scham aus ihnen, und an deren Stelle trat die Verblendung. Von Verblendung überwältigt konnten sie nicht mehr klar sehen wie früher. So begannen sie, sich gegenseitig zu unterdrücken und ohne jegliche Schuldgefühle überall nach Reichtum zu jagen. Als die Menschen soweit gekommen waren, genügte das Wort der Schande nicht mehr als wirksame Strafe. Sie zeigten keine Verehrung mehr, weder für die Götter noch die Brahmanen, und begannen, sich in den Sinnesbegierden zu verlieren.

Zu jener Zeit begaben sich die Götter zu Shiva, diesem Ersten der Götter, der voller Geduld ist, von vielfältigster Erscheinung und die besten Eigenschaften hat, um seinen Schutz zu suchen. Die Götter übergaben ihm ihre vereinte Energie und daraufhin schlug der große Gott aus dem Himmel herab mit einem einzelnen Pfeil auf Erden jene drei Dämonen, nämlich Begierde, Haß und Verblendung, zusammen mit ihren Behausungen (in Tripura). Auch der grimmige und kraftvolle Anführer jener Dämonen, der die Götter mit Terror geschlagen hatte (Mahamoha, die große Unachtsamkeit), wurde von Mahadeva mit seiner Lanze getötet. Als dieser Dämonenführer tot war, gewannen die Menschen ihre Wahrhaftigkeit zurück und begannen erneut, die Veden und andere heilige Schriften zu studieren, wie in den vergangenen, goldenen Zeiten. Dann traten die sieben uralten Rishis hervor und ernannten Indra zum Führer der Götter und zum Herrscher des Himmels. Und so übernahmen sie auch wieder die Aufgabe, den Stab der Herrschaft über die Menschheit zu halten. Nach den sieben Rishis folgten Viprithu und viele andere Könige, welche alle zur Kshatriya Kaste gehörten, um die verschiedenen Stämme der Menschen zu regieren. Doch nach einiger Zeit zeigte sich in manchen alten und großen Herrscherfamilien, daß nicht alle dämonischen Neigungen vernichtet worden waren. Und aufgrund ihrer Gesinnung erschienen bald wieder zahlreiche Könige mit schrecklicher Kraft, die dämonische Taten begingen. Viele Menschen aus dem Volk, welche dies nicht erkannten, glaubten daran, nahmen sich diese übelgesinnten Taten als Vorbild und folgen ihnen bis heute.

Deshalb, oh König, ermahne ich dich im Einklang mit der Vernunft und den heiligen Schriften, daß man alle verletzenden und böswilligen Taten meiden sollte. Suche nach der Vollkommenheit durch Selbsterkenntnis! Kein Weiser sucht den Reichtum für Opfer und Wohltätigkeit auf ungerechten Wegen, welche die Tugend verletzen. Solcher Reichtum kann niemals Gutes bringen. Sei ein wahrhafter Kshatriya, zügle deine Sinne, sei deinen Freunden wohlgesinnt und bewahre gemäß den Aufgaben deiner Kaste deine Untertanen, Diener und Kinder! Durch die Verbindung von angenehm und unangenehm entstehen Freundschaften und Feindseligkeiten. Unter diesen Bedingungen kreisen beständig tausende über tausende Existenzen im Rad des Lebens. Deshalb sei dem Guten geneigt und niemals dem Unheilsamen. Die guten Qualitäten (das Sattwa) erkennt man daran, daß sie das dunkle Innere mit Heiterkeit und klarem Licht erfüllen. Denn Tugend und Sünde, oh König, existieren nur im Inneren des Menschen und nicht in den äußerlichen Dingen. Man sollte deshalb beim Erwerb des Lebensunterhalts oder der Entsagung stets eine tugendhafte Gesinnung pflegen, kein Wesen verletzen, wahrhafte Erkenntnis suchen und alle Wesen als sein eigen Selbst betrachten. Wenn der Geist von Begierde frei wird und sich alle Unwissenheit auflöst, dann kann man das Wahre, das Höchste erreichen.


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