Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 290 - Die Geschichte des Usanas

Yudhishthira sprach:
Oh Herr, noch manche Frage wohnt in meinem Geist. Oh Großvater der Kurus, belehre mich darüber: Warum handelte der himmlische Rishi, der hochbeseelte Usanas (der Lehrer der Dämonen), der auch Kavi genannt wird, zum Wohle der Dämonen und damit gegen die Interessen der Götter? Warum stehen die Dämonen in beständiger Feindschaft mit den Besten der Götter? Aus welchem Grund erhielt Usanas, der mit der Herrlichkeit eines Unsterblichen gesegnet war, den Namen Sukra? Und wie gewann er solche höchste Vorzüglichkeit? Erzähle mir alles darüber! Und warum schafft er es nicht, trotz seiner großen Energie, durch das Zentrum des Firmaments zu reisen (als Planet Venus)? Ich wünsche, oh Großvater, diesbezüglich alles zu erfahren.

Bhishma sprach:
Höre, oh König, mit Aufmerksamkeit alles was geschah. Oh Sündloser, ich werde dir berichten, wie ich es gehört und verstanden habe. Mit beständigen Gelübden und von allen geehrt handelte Usanas, dieser Nachkomme des Bhrigu, aus berechtigtem Grund gegen die Interessen der Götter. Der königliche Kuvera, der Führer der Yakshas und Rakshasas, war damals bereits der Gebieter über den Reichtum und Herr der Welt. Als der große Asket Usanas im Yoga erfolgreich war, ging er in die Person von Kuvera ein, bezwang mit seiner Yogakraft den Herrn der Schätze und beraubte ihn aller Reichtümer. Doch als der Herr der Schätze bemerkte, daß er beraubt wurde, war er höchst unzufrieden und begab sich voller Furcht und Zorn zu Mahadeva, dem Ersten der Götter. Dort erklärte Kuvera die ganze Geschichte dem unermeßlich energievollen Shiva, dem Göttergott, dem Wilden und Freundlichen, der in unendlich vielen Gestalten erscheint.

Und Kuvera sprach:
Usanas, der sich durch den Yoga vergeistigt hat, ging in meine Form ein und raubte mir all meinen Reichtum. Und nachdem er durch seine Yogakraft meinen Körper besessen hatte, verließ er ihn wieder.

Als Maheshvara, der selbst mit größter Yogamacht erfüllt war, diese Worte hörte, wurde er zornig. Oh König, seine Augen röteten sich, er ergriff seinen Speer und rief „Wo ist er? Wo ist er?“, während er diese Beste der Waffen fest im Griff hielt. Als Usanas die Absicht des yogamächtigen Mahadeva von weitem bemerkte, blieb er still und überlegte, ob er zu Maheshvara gehen, fliehen oder bleiben sollte, wo er war. Da konzentrierte sich Usanas durch die Yogakraft seiner strengen Entsagung auf den hochbeseelten Mahadeva und setzte sich auf die Spitze von Shivas Speer. Als Shiva erkannte, daß Usanas, der durch Entsagung die Vollkommenheit im Yoga erreicht und sich selbst in reine Erkenntnis umgewandelt hatte, auf der Spitze seines Speeres saß (und einsah, daß er den Speer nicht auf jemanden schleudern konnte, der darauf saß), verbog er diese Waffe mit seiner Hand. Und weil der starkarmige und mächtige Mahadeva mit unermeßlicher Energie seinen Speer gebogen hatte, wurde diese Waffe seitdem auch Pinaka („Bogen“) genannt. Dann betrachtete der Herr der Uma den Usanas, den er damit auf seine Handfläche gebracht hatte, und sogleich öffnete der Gott der Götter seinen Rachen, um ihn im Ganzen zu verschlingen. Auf diese Weise kam der hochbeseelte Usanas aus dem Bhrigu Stamm in den Bauch von Maheshvara, wo er lange umherwanderte.

Da fragte Yudhishthira:
Wie, oh König, konnte Usanas im Bauch dieser Gottheit umherwandern? Und was tat der berühmte Gott, als der Brahmane in seinem Bauch war?

Bhishma sprach:
Damals (nachdem Usanas verschlungen war), oh König, ging der gelübdetreue Mahadeva ins Wasser und verweilte dort wie ein unbeweglicher Holzpfahl für Millionen Jahre (in Meditation vertieft). Als seine strenge Askese vorüber war, erhob er sich aus dem mächtigen Meer. Da näherte sich ihm der Urgott, der ewige Brahma, und fragte nach dem Fortschritt seiner Askese und seinem Wohlergehen. Und der Gott, der den Stier als Symbol hat, antwortete: „Meine Askese ist bestens vollbracht.“ Da bemerkte Shiva, der Unvorstellbare und höchst Intelligente, der stets der Wahrheit ergeben ist, daß Usanas innerhalb seines Bauches aufgrund seiner Askese noch gewachsen war. Dieser Erste der Yogis (Usanas), der reich an Entsagung und reich an den Schätzen (des Kuvera) war, erstrahlte voller Energie hell in den drei Welten. Daraufhin begab sich Mahadeva, diese Seele des Yogas, mit dem Pinaka bewaffnet in die Yogakonzentration, woraufhin Usanas, der im Bauch des großen Gottes wanderte, von großer Furcht ergriffen wurde. So begann der große Asket ein Loblied auf diesen Gott zu singen, in dessen Bauch er war, um einen Ausgang für die Flucht zu finden. Doch Rudra blockierte alle seine Ausgänge und hielt ihn damit gefangen. Daraufhin, oh Feindevernichter, flehte der große Asket Usanas wiederholt aus dem Bauch von Mahadeva zum großen Gott: „Sei mir gnädig!“ Und Mahadeva antwortete „Entweiche durch meinen Penis!“, denn alle anderen Ausgänge meines Körpers sind verschlossen. Begrenzt von jeder Seite und unfähig, den gewiesenen Ausgang zu finden, wanderte der Asket lange umher und brannte die ganze Zeit in der Energie von Mahadeva. Schließlich fand er jedoch den Ausgang und entkam. Deshalb wurde er Sukra (der „Weiße“ oder „Sperma“) genannt, und deshalb kann er (auf seiner Wanderung als Planet Venus) nie das Zentrum des Firmaments erreichen. Als Shiva sah, wie er seinen Körper verließ und in seiner Energie wieder glänzend (am Firmament) erstrahlte, erhob er erneut zornig seinen Speer. Doch die Göttin Uma stellte sich dazwischen und verhinderte, daß ihr Gatte, der zornvolle Herr aller Wesen, den Brahmanen tötete. Und weil Uma ihren Herrn diesbezüglich zurückgehalten hatte, wird der Asket Usanas seitdem auch Sohn der Göttin genannt.

Die Göttin sprach:
Dieser Brahmane sollte nicht von dir getötet werden. Er ist mein Sohn geworden. Oh Gott, wer aus deinem Körper entspringt, sollte nicht von deiner Hand geschlagen werden.

Bhishma fuhr fort:
Oh König, durch diese Worte seiner Gattin beruhigte sich Shiva, lächelte und sprach wiederholt: „Möge er gehen, wohin er möchte!“ Und so verbeugte sich der weise und große Asket Usanas vor dem segensreichen Mahadeva und auch seiner Gemahlin, der Göttin Uma, und ging zu jenem Ort, den er sich erwählte. Damit habe ich dir, oh Führer der Bharatas, die Geschichte des hochbeseelten Usanas erzählt, wonach du mich gefragt hast.


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