Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 275 - Über den Ursprung und Untergang aller Geschöpfe

Bhishma sprach:
Zu diesem Thema wird auch die alte Geschichte über ein Gespräch zwischen Narada und Asita-Devala erzählt. Als einst Narada den altehrwürdigen Devala, diesen Ersten der Weisen, gelassen sitzen sah, da befragte er ihn über den Ursprung und Untergang aller Wesen.

Narada fragte:
Woraus, oh Brahmane, wurde dieses Weltall mit allen belebten und unbelebten Geschöpfen geschaffen? Und wenn der allumfassende Untergang kommt, wohin vergeht es? Möge der Gelehrte mir das erklären.

Und Asita sprach:
Das, woraus die Höchste Seele zur rechten Zeit alle Wesen gestaltet, die vom Wunsch nach vielfältiger Gestaltung bewegt werden, das nennen die Gelehrten die fünf großen Elemente. Aus diesen entsteht mit der Zeit durch sich selbst getrieben diese endlose Vielfalt der Geschöpfe. Wer also behauptet, daß es außer diesen noch etwas anderes gibt, der verliert sich in Unwissenheit. Wisse, oh Narada, daß diese fünf Elemente (in ihrem Wesen) ewig und unzerstörbar sind, ohne Anfang und ohne Ende. Mit der Zeit als Sechstem sind diese fünf ursprünglichen Elemente wesenhaft voll mächtiger Energie. Man nennt sie Wasser, Raum, Erde, Wind und Feuer. Zweifellos existieren keine höheren Elemente als diese. Daß nichts anderes existiert, kann jeder entsprechend den Behauptungen der Schriften und ebenso durch seine Vernunft nachvollziehen. Würde jemand wirklich die Existenz von irgend etwas anderem behaupten, dann wäre dies wahrlich sinnlos oder eitel. (Dann wären die Elemente keine Elemente.) Erkenne, daß diese Sechs alle Erscheinungen hervorbringen. Das alles, (was man wahrnehmen kann) wird Asat genannt. (Sat ist die Seele, und Asat sind alle Erscheinungen.) Die fünf Elemente, die Zeit, das Karma vergangener Taten und die Unwissenheit - diese acht ewigen Essenzen sind die Ursachen für das Werden und Vergehen aller Geschöpfe. Wenn also Wesen vergehen, dann gehen sie in diese ein, und wenn sie geboren werden, dann entstehen sie aus ihnen. Wahrlich, im Sterben löst sich jedes Wesen in die fünf ursprünglichen Elemente auf. Denn der Körper besteht aus dem Erdelement, das Ohr aus dem Raumelement, das Auge aus dem Feuerelement, der Lebensatem aus dem Windelement und das Blut aus dem Wasserelement. Augen, Nase, Ohren, Haut und Zunge sind die fünf dazugehörigen Sinne. Wie die Gelehrten wissen, existieren diese für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Objekte. Sehen, Hören, Riechen, Berühren und Schmecken sind die Funktionen der Sinne, wodurch sie sich mit den fünf Objektarten auf fünffache Weise beschäftigten. Form, Geruch, Geschmack, Fühlbarkeit und Hörbarkeit sind die fünf Eigenschaften (der Elemente), welche mittels der fünf Sinne auf fünf verschiedene Weisen begriffen werden. Dabei sind es nicht die Sinne, die diese fünf Eigenschaften ergreifen, sondern die Seele (Kshetrajna oder Feldkenner), welche sie durch die Sinne erkennt und wahrnimmt. Dazwischen liegt über den Sinnen das Sinnesbewußtsein, über dem Sinnesbewußtsein liegt das Denken, über dem Denken die Vernunft und über der Vernunft der Kshetrajna. Zuerst wirken die Sinnesobjekte auf die Sinne eines Lebewesens. Mit dem Denken werden die Eindrücke ergriffen und dann mithilfe der Vernunft eingeordnet. Denn mithilfe der Vernunft kommt man zur Gewißheit bezüglich der Sinnesobjekte (sogenannte „Wahrnehmung“). Deshalb werden die fünf Sinne, das Sinnesbewußtsein, das Denken und die Vernunft von den Gelehrten als die acht Erkenntnisorgane bezeichnet. Hände, Füße, After, Fortpflanzungsorgan und Mund gelten dagegen als die fünf Handlungsorgane. Der Mund gilt als Handlungsorgan, weil er zum Reden und Essen dient. Die Füße dienen der Fortbewegung und die Hände den verschiedensten Arbeiten. After und Zeugungsorgan dienen gemeinsam der Entleerung entsprechend für Kot und Urin. Der Weg des Urins dient darüber hinaus auch dem Lebenssamen, wenn man den Einfluß der Begierde fühlt. Als Sechstes kommt noch die Kraft hinzu. Diese sind die Namen der sechs Handlungsorgane gemäß den allgemeinen Lehren. Damit habe ich dir die Erkenntnis- und Handlungsorgane und die Eigenschaften der fünf Elemente aufgezählt.

Wenn aufgrund von Müdigkeit diese Sinnesorgane ihre jeweiligen Funktionen einstellen, dann sagt man, daß der Eigentümer (bzw. die Person) schläft. Wenn in diesem Schlaf das Denken weiterarbeitet, spricht man vom Träumen. Wie im wachen Zustand das Denken von den drei Gunas, nämlich von Güte, Leidenschaft und Dunkelheit geprägt wird, so ist auch im Traum das Denken davon betroffen. Deswegen fühlt man sogar im Traum noch das Glück oder Leiden des Handelns. Dabei sind Glück, Erfolg, Erkenntnis und Gelassenheit die Anzeichen von Güte (Sattwa). Welche natürlichen Qualitäten (der Güte, Leidenschaft oder Dunkelheit) von lebenden Wesen durch ihre Taten während der wachen Stunden auch immer erfahren werden, an diese erinnert sich das Denken während des Schlafes als Traum. Wie unsere (traumhaften bzw. illusorischen) Wahrnehmungen vom Wachen ins Träumen und vom Träumen ins Wachen fließen, kann man in einem höheren Bewußtseinszustand beobachten (das sogenannte „traumlose Wachen“). Das ist das Ewige, das höchste Ziel.

Damit sind es mit den fünf Erkenntnisorganen, fünf Handlungsorganen, Kraft, Denken, Vernunft, Sinnesbewußtsein und den drei Qualitäten von Sattwa, Rajas und Tamas schon siebzehn an der Zahl. Das Achtzehnte in der Aufzählung ist die ewige Seele, die im Körper wohnt. Diese achtzehn wohnen verbunden in einem Körper und sind auf die Seele gestützt. Wenn jedoch die Seele als Kshetrajna (Feldkenner bzw. Erkenntnisfähigkeit) den Körper verläßt, dann fallen alle achtzehn auseinander, und der Körper löst sich auf. Denn dieser Körper aus den fünf Elementen ist nur eine Zusammenfügung (die sich wieder auflösen muß). Es sind diese Achtzehn mit der Seele und der Lebenswärme, welche diesem Körper aus den fünf Elementen die Existenz geben. Zusammengehalten wird diese Verbindung durch die Seele mithilfe des Windes (als Prana bzw. Odem). Und wenn sich die Seele vom Körper trennt, dann geht dieser Wind als Instrument der Seele voller Macht (bzw. Karma) dahin. Welches Geschöpf auch immer geboren wird, es löst sich wieder in die fünf Elemente auf, wenn das Karma erschöpft ist, welches diesen Körper gestaltet hat. Und getrieben von dem neuen Karma, das durch die Taten im Leben angesammelt wurde, gestaltet sich entsprechend ein neues Geschöpf. Diese Wohnstätten der Seele formen sich aus Unwissenheit, Begierde und Taten. So wandert sie immer wieder von Körper zu Körper, angetrieben durch die Zeit, wie eine Person aus einem verfallenen Haus in ein neues zieht. Die Weisen, die gewisse Erkenntnis erreicht haben, betrüben sich darüber nicht. Nur die Unwissenden, welche sich irrtümlicherweise an diesen Körper gebunden fühlen, werden in Anbetracht solcher Veränderung der Wohnstätte vom Leiden überwältigt.

Doch in Wahrheit ist die Seele an nichts gebunden. Sie gehört keiner besonderen Form an, denn sie ist Alles. Sie ist ewig allein, und sie selbst schafft sich ihre Körper und ihr eigenes Glück und Leid. Diese Seele ist nie geboren, noch stirbt sie jemals. Befreit von den Banden des Körpers besteht sie in ihrem reinen, höchsten Sein. Befreit vom Körper, erreicht sie das Brahman, wenn sich das Karma aus Verdienst und Sünde vergangener Taten erschöpft hat. Für die Erschöpfung des Karmas, weist die Sankhya Lehre den Weg der Erkenntnis. Durch die Erschöpfung des Karmas wird die Seele zum Brahman, indem sie das Höchste (sich Selbst) erkennt.


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