Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 227 - Indra und Vali

Yudhishthira fragte:
Sage mir, oh Großvater, was heilsam für einen Menschen ist, der beim Verlust von Freunden oder eines ganzen Königreichs in schreckliche Qualen versinkt? Du bist in dieser Welt, oh Stier der Bharatas, der Erste unserer Lehrer. So frage ich dich und bitte um Belehrung.

Bhishma sprach:
Für den, der Söhne, Ehefrauen, Wohlstand oder anderes verloren hat und damit in schreckliche Qual fällt, ist Standhaftigkeit von höchstem Nutzen, oh König. Wer standhaft ist, der brennt innerlich durch Gram nicht aus. Und Gramlosigkeit trägt Glück in sich sowie Gesundheit als hohe Gabe. Denn mit Gesundheit kann man erneut Wohlstand erwerben. Der Weise, oh Herr, der dem tugendhaften Weg folgt, wird Geduld, Standhaftigkeit und Erfolg in all seinen Unternehmungen haben. Diesbezüglich wird eine andere alte Geschichte über ein Gespräch zwischen Vali und Vasava erzählt, oh Yudhishthira. Nach einem langen Kampf zwischen Göttern und Dämonen, in dem eine Vielzahl von Daityas und Danavas fielen, wurde einst Vali zum Weltenkönig. Doch Vishnu täuschte ihn und bekräftigte damit seine Herrschaft über alle Welten. Und Indra mit den hundert Opfern wurde erneut mit der Herrschaft über die Himmlischen betraut. Nachdem die Regentschaft der Götter auf diese Weise wiederhergestellt worden war und die vier Kasten der Menschen wieder ihre jeweiligen Aufgaben erfüllten, gediehen die drei Welten im wachsenden Wohlstand, und der Selbstexistente war damit höchst zufrieden. Damals bestieg der mächtige Indra in Begleitung der Rudras, Vasus, Adityas, Aswins, himmlischen Rishis, Gandharvas, Siddhas und anderen höheren Wesen in seiner Herrlichkeit seinen mächtigen Elefanten Airavat mit den vier Stoßzähnen und durchstreifte alle Welten. Eines Tages erblickte der Träger des Donnerkeils auf dieser Reise Vali, den Sohn von Virochana, in einer Berghöhle am Meeresufer und näherte sich diesem König der Dämonen. Doch beim Anblick des Führers der Götter, der auf dem Rücken von Airavat saß und von vielen Himmlischen umgeben war, zeigte Vali keinerlei Anzeichen von Sorge oder Aufregung. Und als Indra den unbewegten und furchtlosen Vali betrachtete, sprach er vom Rücken des Besten der Elefanten zu ihm:

Wie kommt es, oh Daitya, daß du so gelassen bist? Ist es wegen deines Heldenmutes, deiner Verehrung für die Höhergestellten oder durch einen Geist, der durch Buße gereinigt wurde? Aus welchem Grund auch immer, so ein Geisteszustand ist wahrlich schwer zu erreichen. Du wurdest aus der höchsten Herrschaft gestürzt, hast allen Besitz verloren und bist unter die Kontrolle deiner Feinde geraten. Oh Sohn des Virochana, was ist deine Zuflucht, wodurch du dich nicht grämen mußt, obwohl du jeglichen Grund dafür hättest? Früher, als du mit der Herrschaft betraut warst, waren unvergleichliche Vergnügungen dein. Doch jetzt bist du allen Wohlstandes, deiner Juwelen und der Herrschaft beraubt. Sage uns, warum du so gelassen bist. Du warst wie ein Gott, der auf dem Thron seiner Väter und Vorväter saß. Wenn dich heute deine Feinde so ärmlich sehen, warum grämst du dich nicht? Du wurdest mit den Schlingen von Varuna gebunden und mit meinem Donnerkeil geschlagen. Du hast Ehefrauen und allen Reichtum verloren. Sage uns, warum du nicht leidest und dich grämst, obwohl du ohne Wohlstand bist und aus jeglicher Fülle gefallen. Das ist wahrlich höchst bemerkenswert. Wer sonst, außer dir, oh Vali, könnte die Last der Existenz noch ertragen, wenn ihm die Herrschaft über die drei Welten genommen wurde?

Vali, der Sohn von Virochana, hörte ohne jegliche Schmerzen diese und andere scharfe Reden von Indra, der damit seine Überlegenheit demonstrierte, und antwortet furchtlos seinem Herausforderer:

Wenn mich hier das Unglück bedrückt, oh Sakra, was gewinnst du durch solche Prahlerei? Ich sehe dich, oh Purandara, heute mit erhobenem Donnerkeil in deiner Hand vor mir. Früher hättest du dies nicht gewagt. Du hast durch geschickte Mittel diese Macht gewonnen und führst jetzt solche schneidenden Reden. Wer zwar die Macht zum Strafen hat aber Mitgefühl für einen heroischen Feind zeigt, der besiegt und nun unter seiner Herrschaft ist, der wäre ein wahrlich mächtiger Herrscher. Wenn zwei kämpfen, ist der Sieg im Kampf stets zweifelhaft. Jeder kann gewinnen oder verlieren. Oh Führer der Götter, bedenke deine Gesinnung! Glaube nicht, daß du zum Herrscher aller Wesen geworden bist, weil du mit deiner eigenen Macht und Heldenkraft alle besiegt hast. Was wir geworden sind, oh Sakra, ist nicht allein unser eigenes Werk. Deshalb, oh Träger des Donners, sei nicht so stolz auf deine Taten! Was ich jetzt bin, wirst auch du irgendwann werden. So mißachte mich nicht in deinem Wahn, eine besonders schwierige Leistung vollbracht zu haben. Jedem begegnen Glück und Unglück nacheinander im Laufe der Zeit. Du hast, oh Sakra, die Herrschaft des Weltalls durch den Lauf der Zeit erhalten, aber nicht aufgrund einer besonderen Eigenschaft von dir, die sonst niemand hätte. Es ist die Zeit, die dich und auch mich auf ihrem Weg führt. Aus diesem Grund bin ich heute nicht das, was du bist, und du bist nicht das, was ich bin. Weder pflichtbewußter Dienst an den Eltern, ehrfürchtige Anbetung der Götter noch irgendeine Übung der Tugend kann das Glück von irgend jemandem garantieren. Weder Wissen, noch Buße, Geschenke, Freunde oder Angehörige können den beschützen, der durch die Zeit angegriffen wird. Auch durch tausend Mittel könnte man dann eine drohende Katastrophe nicht abwenden, und Intelligenz und Kraft werden versagen. Es gibt keinen Retter für den, der vom Lauf der Zeit bedrängt wird. Daß du, oh Indra, dich als Handelnden wähnst, ist die Wurzel aller Leiden. Wenn der vermeintliche Täter einer Handlung der wahre Handelnde wäre, dann wäre der Täter von allen anderen vollkommen unabhängig. Doch weil der vermeintliche Täter selbst das Produkt eines anderen ist, ist dieser andere höher, und am Ende steht das Höchste Wesen, über dem es nichts Höheres gibt. Mithilfe der Zeit hatte ich dich einst besiegt und mithilfe der Zeit hast du mich nun besiegt. Es ist die Zeit, die alle Wesen bewegt, und es ist Zeit, die alle Wesen zerstört.

Oh Indra, aufgrund deiner niederen Intelligenz siehst du nicht, daß allen Geschöpfen der Untergang droht. Mögen dich auch manche als einen Mächtigen betrachten, der durch seine eigenen Taten die Herrschaft der Welten gewonnen hat. Doch wie könnten wir, die den Lauf der Welt kennen, im Gram versinken, wenn wir durch die Zeit gequält werden, oder daran verzweifeln und in Verwirrung geraten? Sollte meine Vernunft oder die meinesgleichen durch ein Unglück, das uns die Zeit gebracht hat, etwa untergehen, wie ein löchriges Boot auf dem Meer? Ich, du und alle, die in Zukunft die Welten beherrschen werden, müssen diesen Weg gehen, den bereits hunderte Indras vor dir gegangen sind. Wenn deine Stunde kommt, wird auch dich die Zeit zerstören, auch wenn du jetzt so unbesiegbar erscheinst und in unvergleichlicher Herrlichkeit erstrahlst. Im Laufe der Zeit sind viele tausende Indras und andere Götter von Yuga zu Yuga abgelöst worden. Wahrlich, die Zeit ist unbesiegbar. In deiner gegenwärtigen Position wähnst du dich als Größten, fast wie der Schöpfer aller Wesen, der göttliche und ewige Brahma. Doch diese Position haben bereits viele vor dir erreicht, und keiner erwies sich als unerschütterlich und unvergänglich. Aufgrund deiner Unwissenheit scheinst du dich allein als ewig zu betrachten. Du vertraust auf etwas, was nicht vertrauenswürdig ist. Du siehst als ewig an, was vergänglich ist. Oh Führer der Götter, nur, wer von der Zeit überwältigt und verwirrt wurde, betrachtet sich auf diese illusorische Weise. Verblendet durch Narrheit siehst du deinen gegenwärtigen königlichen Wohlstand als dein Eigen an. Erkenne doch, daß diesbezüglich weder für dich, noch für mich oder andere irgendetwas sicher ist. Dieser Wohlstand hat schon unzähligen Personen vor dir gehört. Sie haben ihn verloren, nun ist er dein geworden. Er wird einige Zeit bei dir bleiben, oh Vasava, und dann auch dir seine Vergänglichkeit zeigen. Wie eine Kuh, die von einer Wasserstelle zur nächsten läuft, wird er dich sicher für jemand anderen verlassen. So viele Herrscher sind bereits vor dir gegangen, daß ich sie nicht alle aufzählen kann. Und in Zukunft, oh Purandara, werden unzählige Herrscher nach dir kommen. Wo sind heute all die Herrscher, die früher diese Erde mit ihren Bäumen, Kräutern, Juwelen, Gewässern, Fundgruben und Lebewesen genossen haben, wie Prithu, Aila, Maya, Bhima, Naraka, Samvara, Aswagriva, Puloman oder Swarbhanu mit der unermeßlich hohen Standarte, sowie Prahrada, Namuchi, Daksha, Vipprachitti, Virochana, Hrinisheva, Suhotra, Bhurihan, Pushavat, Vrisha, Satyepsu, Rishava, Vahu, Kapilaswa, Virupaka, Vana, Kartaswara, Vahni, Viswadanshtra, Nairiti, Sankocha, Varitaksha, Varaha, Aswa, Ruchiprabha, Viswajit, Pratirupa, Vrishanda, Vishkara, Madhu, Hiranyakashipu, Kaithabha und viele andere Daityas, Danavas oder Rakshasas? Diese und noch viele ungenannte aus alten und noch älteren Dynastien, welche mächtige Daityas oder Danavas waren, sind dahingegangen und haben die Erde verlassen. Sie alle wurden von der Zeit bedrängt. Die Zeit war stärker als sie alle. Sie alle hatten den Schöpfer in Hunderten von Opfern verehrt. Nicht allein nur du. Sie alle waren der Gerechtigkeit gewidmet und voller Wohltätigkeit. Sie alle konnten durch die Himmel wandern, waren große Helden, die dem Kampf nie ihren Rücken zeigten, hatten äußerst starke Körper mit mächtigen Armen wie schwere Keulen, waren Meister hunderter Illusionen und konnten jede gewünschte Gestalt annehmen. Wir haben nie gehört, daß sie im Kampf jemals besiegt wurden. Sie alle beachteten das Gelübde der Wahrhaftigkeit und erfreuten sich nach Belieben in den Welten. Sie waren den Veden und vedischen Riten gewidmet und voller Gelehrsamkeit. Mit großer Kraft waren sie gesegnet und erwarben sich höchsten Wohlstand und Fülle. Doch keiner dieser hochbeseelten Herrscher verlor sich im Stolz aufgrund seiner Macht. Sie alle waren tolerant, gaben jedem, was er verdiente und verhielten sich gerecht zu allen Wesen. So waren die Nachkommen der Töchter des Daksha. Voller Kraft, waren sie die Herrn der Schöpfung. Alles mit ihrer Energie überstrahlend, loderten sie in ihrer Herrlichkeit auf. Und doch wurden sie alle von der Zeit besiegt.

Dagegen scheinst du, oh Sakra, nachdem du die Welten genossen hast und sie irgendwann verlassen mußt, nicht fähig zu sein, deinen Kummer zu beherrschen. Überwinde diese Begierde, welche du für das Vergnügen und die angenehmen Dinge hegst! Überwinde diesen Stolz, der aus dem Reichtum geboren wird! Wenn du auf diese Weise handelst, wirst du auch fähig sein, den Kummer zu ertragen, der den Verlust der Herrschaft begleitet. Wenn die Stunde der Sorgen kommt, verliere dich nicht im Gram! Wenn die Stunde der Freude kommt, verliere dich nicht in Euphorie! Überwinde Vergangenheit und Zukunft, und lebe zufrieden in der Gegenwart! Wenn die Zeit, die niemals schläft, sogar mich überkam, der stets achtsam und pflichtbewußt war, so neige dein Herz dem Frieden, oh Indra, denn die gleiche Zeit wird auch dich bald einholen. Du hast mich mit den scharfen Pfeilen deiner Worte angegriffen und scheinst mich ängstigen zu wollen. Beim Anblick meiner Schwachheit betrachtest du dich als übermächtig. Doch wie mich die Zeit eingeholt hat, so wird sie auch dich einholen. Denn ich wurde zuerst von der Zeit besiegt. Erst danach konntest du mich schlagen, weshalb du nun voller Stolz jubelst. Wenn ich früher zornig wurde, wer in der Welt konnte mir im Kampf widerstehen? Die Zeit war stärker und hat mich überwältigt. Nur aus diesem Grund, oh Vasava, kannst du heute so vor mir stehen. Auch jene tausend (himmlischen Jahre), welche die Länge deiner Herrschaft sind, werden sicher enden. Dann wirst du fallen, und dein Körper wird ebenso jämmerlich wie der meine jetzt sein, auch wenn du heute voll mächtiger Energie bist. Nur weil ich von jenem hohen Ort gesunken bin, wo der Herrscher der drei Welten thront, kannst du jetzt der Indra im Himmel sein. So wurdest du in dieser entzückenden Welt der Wesen durch den Lauf der Zeit zum Gegenstand umfassender Verehrung. Oder kannst du mir sagen, durch welche wesentliche Tat du heute zum Indra geworden bist und wir von diesem Status abgefallen sind? Die Zeit allein ist der Schöpfer und Zerstörer. Nichts anderes war die Ursache dafür.

Niedergang und Herrschaft, Glück und Elend, Geburt und Tod - wenn diese einem Weisen begegnen, wird er weder euphorisch noch verzweifelt sein. Du kennst uns, oh Indra, und wir kennen dich, oh Vasava. Warum prahlst du auf diese Weise vor mir, oh Schamloser, und vergißt, daß dich die Zeit zu dem gemacht hat, was du bist? Du selbst warst Zeuge meiner früheren Heldenkraft. Die Energie und Macht, die ich in all meinen Kämpfen zeigte, sollten Beweis genug sein. Die Adityas, Rudras, Sadhyas, Vasus und Maruts, oh Herr der Sachi, wurden alle von mir besiegt. Du weißt es selbst, oh Sakra, wie ich in der großen Schlacht zwischen den Göttern und Dämonen die versammelten Götter durch die Wucht meines Angriffs schnell zerstreut hatte. Wir schleuderten mehrfach ganze Berge mit ihren Wäldern und Bewohnern. Unzählige Bergesgipfel mit felsigen Klippen zerbrach ich auf deinem Kopf. Doch was könnte ich heute tun? Die Zeit besiegt keiner. Wenn dem anders wäre, warum sollte ich mich zurückhalten, dich zusammen mit deinem Donner mit nur einem Faustschlag zu vernichten? Doch Gegenwärtig ist nicht die Stunde dafür, meine Heldenkraft zu zeigen. Die Zeit gebietet, mich ruhig zu verhalten und alles zu erdulden. Allein aus diesem Grund, oh Indra, ertrage ich deine ganze Unverschämtheit, die du selbst nicht ertragen könntest. Du prahlst vor einem, den die Zeit besiegt hat und der umfassend von der Zeit verbrannt und gebunden wurde. Hinter mir steht jenes dunkle Wesen, das die Welt nie besiegen kann. In tückischer Form kam es und hat mich wie ein niederes Tier mit Stricken gebunden.

Gewinn und Verlust, Glück und Leid, Lust und Zorn, Geburt und Tod, Gefangenschaft und Freiheit - alle Wesen begegnen ihnen im Laufe der Zeit. Ich bin nicht der Handelnde, noch sind sie die Handelnden. Nur der handelt, der wahrlich allmächtig ist. Die Zeit ließ mich reifen, wie die Frucht an einem Baum. Der eine erfährt mit bestimmten Taten im Laufe der Zeit Glück, während ein anderer mit den gleichen Taten im Laufe der Zeit dem Leiden begegnet. Weil ich dieses Wesen der Zeit erkannt habe, muß ich nicht im Gram versinken, wenn sie mich angreift. Aus diesem Grund, oh Sakra, bin ich gelassen. Sorgen können uns hier nicht viel nützen. Die Sorgen von einem, der sich im Gram verliert, können sein Unglück nie vertreiben. Im Gegenteil, solcher Gram zerstört ihm die ganze Kraft. Deshalb gräme ich mich nicht.

So angesprochen vom Führer der Dämonen, zügelte der tausendäugige Indra mit den hundert Opfern seinen Zorn und sprach:
Wer würde beim Anblick des erhoben Donnerkeils und der Schlinge von Varuna nicht erzittern, selbst wenn er dem Zerstörer persönlich glich? Dein Gemüt jedoch, beständig und mit der Sicht auf die Wahrheit gesegnet, blieb unerschüttert. Oh Held voll unbesiegbarer Kraft, wahrlich unbewegt bliebst du heute aufgrund deiner Standhaftigkeit. Welches verkörperte Wesen, das die Vergänglichkeit und Flüchtigkeit aller Geschöpfe dieser Welten erkannt hat, würde sein Vertrauen auf diesen Körper oder all die Sinnesdinge setzen? Wie du, so weiß auch ich, daß dieses Weltall nicht ewig ist und im verzehrenden Feuer der Zeit lodert, das zwar unsichtbar ist, aber unaufhörlich brennt. Jeder wird hier von der Zeit bedrängt. Keines unter den Geschöpfen, sei es fein- oder grobstofflich, genießt Immunität vor der Herrschaft der Zeit. Alle Dinge werden im großen Kessel der Zeit gekocht. Die Zeit hat keinen Meister. Die Zeit ist stets gegenwärtig. Die Zeit wandelt alles in sich selbst. Keiner, der einmal ins Reich der Zeit eingetreten ist, kann daraus flüchten, denn sie schreitet unaufhörlich weiter. Mögen auch alle verkörperten Wesen die Zeit ignorieren, sie selbst ist stets achtsam und vollkommen wach. Man hat noch niemanden gesehen, der die Zeit von sich vertreiben konnte. Uralt und ewig, ist sie die Verkörperung der Gerechtigkeit und für alle Wesen gleich. Die Zeit kann nicht vermieden werden und es gibt in ihrem Lauf kein Zurück. Wie ein Geldverleiher seine Zinsen, so addiert die Zeit ihre Momente als Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen und Monate. Wie ein Fluß die Wurzeln eines Baumes auswäscht, so spült die Zeit jenen davon, der spricht „Das will ich heute noch tun und das andere morgen!“, oder „Ich sah den Menschen doch erst vor kurzem. Wie kann er tot sein?“. Reichtum, Komfort, Stellung und Wohlstand werden alle zur Beute der Zeit. Sie nähert sich jedem Lebewesen und entreißt ihm sein Leben. Alle Geschöpfe, die stolz ihre Köpfe erheben, sind bereits zum Untergang bestimmt. Alles Existierende ist nur eine Form der Nichtexistenz. Alles ist vorübergehend und instabil. Solch eine Einsicht ist jedoch schwer zu erreichen. Bist du in dieser wahrhaften Sicht beständig, bleibt dein Geist unbewegt. Nicht einmal in Gedanken haftest du an dem, was du früher warst. Die Zeit ist mächtig, bedrängt das ganze Universum, durchdringt alles und zieht alles mit sich fort, ohne Rücksicht auf alt oder jung. Und trotzdem sind die Menschen, die von der Zeit gedrängt werden, sich dieser Schlinge um ihren Hals kaum bewußt. Sie verlieren sich in Neid, Hochmut, Lust, Ärger, Haß, Begierde, Unachtsamkeit und Stolz, wodurch sie verwirrt und verblendet werden.

Du jedoch kennst die Wahrheit über das Dasein. Du bist gelehrt, voller Weisheit und Entsagung. Du siehst die Zeit so klar wie eine Frucht in deiner Hand. Oh Sohn des Virochana, völlig durchschaut hast du das Wesen der Zeit, wie auch alles andere Erkennbare. Mit gereinigter Seele bist du voller Selbstkontrolle und damit höchster Verehrung würdig für alle Weisen. Du hast mit deinem Geist das ganze Universum durchdrungen. Obwohl du jede Art des Glücks genossen hast, warst du doch ohne Anhaftung und bist folglich unbefleckt geblieben. Die natürlichen Qualitäten der Leidenschaft und Dunkelheit können dich nicht verunreinigen, weil du deine Sinne überwunden hast. Du ruhst allein in deiner wahren Seele, die jenseits von Freude und Leid ist. Wenn ich dich als Freund aller Wesen ohne Feindseligkeit mit stillem Herzen sehe, neigt sich mein Herz dem Mitgefühl zu dir. Ich wünsche nicht, eine erleuchtete Person wie dich zu quälen, indem ich ihn gebunden halte. Gewaltlosigkeit ist die höchste Religion, und so habe ich auch Mitgefühl mit dir. Diese Schlingen von Varuna, mit denen du aufgrund deiner Vergehen gebunden wurdest, werden sich im Laufe der Zeit lösen. Sei gesegnet, oh großer Dämon! Wenn die Schwiegertochter die altehrwürdige Schwiegermutter für sich arbeiten läßt, wenn der Sohn in seinem Wahn dem Vater befiehlt, wenn Shudras ihre Füße von Brahmanen waschen lassen und furchtlos sexuellen Kontakt mit Frauen aus zweifachgeborenen Familien treiben, wenn die Männer ihren Samen in unreine Frauenschöße entladen, wenn der Hausmüll in Schalen und in Krügen aus hellem Messing angesammelt wird und die für Götter beabsichtigten Opfergaben in unreinen Behältern dargebracht werden, und wenn alle vier Kasten jegliche Selbstbeherrschung verlieren, dann werden sich diese Fesseln eine nach der anderen lösen. Von uns hast du nichts zu befürchten. Warte still die Zeit ab und sei glücklich, zufrieden und gesund!

So sprach der göttliche Indra zu Vali und verließ auf seinem König der Elefanten diesen Ort. Nachdem er alle Dämonen besiegt hatte, war der Führer der Götter voller Freude und wurde zum alleinigen Herrscher aller Welten. Die großen Rishis sangen ihre Lobeshymnen auf diesen Herrn aller beweglichen und unbeweglichen Wesen. Der Gott des Feuers begann erneut, die Opfergaben von geklärter Butter weiterzutragen, welche in seine sichtbare Gestaltung (dem Feuer) gegossen wurden, und der mächtige Gott bewahrte den Unsterblichkeitsnektar, der ihm anvertraut ist. Von den Ersten der Brahmanen in ihren Opfern verehrt und gepriesen, erstrahlte Indra, der Herr der Himmlischen, in seiner ganzen Pracht. Sein Zorn war beruhigt und sein Herz zufrieden. So kehrte er in seine Wohnstätte im Himmel zurück und begann, seine Tage im großen Glück zu verbringen.


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