Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 177 - Manki über die Begierde und Anhaftung

Yudhishthira sprach:
Wenn man nach Gutem strebt, aber den nötigen Reichtum nicht finden kann und im Durst nach Reichtum verzweifelt, was sollte man tun, um glücklich zu werden?

Bhishma sprach:
Wer alles mit dem Auge der Einheit betrachtet, keine Habgier mehr kennt, Wahrhaftigkeit übt, alle Anhaftungen und jede Leidenschaft zum Handeln überwunden hat, der ist, oh Bharata, ein zufriedener und glücklicher Mensch. Diese fünf, so sagen die Alten, sind die Mittel für den Erwerb der zeitlosen Stille und Befreiung. Dies nennt man den Himmel, Wahrheit und höchste Glückseligkeit. Diesbezüglich sind die Verse überliefert, die einst Manki sang, als er seine weltliche Anhaftung überwunden hatte. Höre sie, oh Yudhishthira! Nach Reichtum begehrend war Manki wiederholt enttäuscht wurden. Schließlich kaufte er mit dem kärglichen Rest seines Besitzes zwei junge Stiere mit einem Joch, um sie für die Feldarbeit heranzuziehen. Eines Tage jochte er die beiden an und ging aufs Feld. Doch beim Anblick eines Kamels, das auf der Straße ruhte, liefen die Tiere plötzlich davon und verfingen sich am Hals des Kamels. Wütend erhob sich das Kamel und schleppte die beiden jungen Ochsen schnell davon, die auf beiden Seiten hilflos in ihrem Joch hingen und langsam erstickten. Bei diesem Anblick, wie seine Stiere davongetragen wurden und starben, sprach Manki:

Wenn ihm Reichtum nicht vom Schicksal bestimmt wurde, kann selbst ein kluger Mensch keinen erwerben, der sich mit Achtsamkeit und Vertrauen bemüht und mit Sachkenntnis alles vollbringt, was dafür notwendig ist. Ich bin lange mit verschiedenen Mitteln und voller Hingabe bestrebt gewesen, Reichtum zu verdienen. Nun seht dieses Unglück, das durch das Schicksal erneut über meinen letzten Besitz gekommen ist! Meine Stiere werden davongetragen und wippen auf und ab, wie das Kamel seinen holprigen Lauf nimmt. Dieses Ereignis ist so außergewöhnlich, als würde eine Krähe von einer Kokosnuß erschlagen. Wie zwei Schmuckstücke baumeln meine lieben Stiere am Hals des Kamels! Das ist allein das Schicksal, und jede eigene Anstrengung ist hier nutzlos. Selbst wenn es so erscheint, das eigene Anstrengung eine Wirkung hätte, wenn man es tiefer betrachtet, ist es doch immer nur das Schicksal (denn jede Anstrengung ist von vielfältigen Bedingungen abhängig). Wer deshalb wirklich Glück wünscht, sollte jeder Anhaftung entsagen. Nur der zufriedene Mensch, der keinen Gewinn mehr begehrt, kann glücklich verweilen. Ach, als Suka damals das Haus seines Vaters verließ und in die großen Wälder ging, um allem zu entsagen, da hat er wahr gesprochen, als er sagte:

„Zwischen dem Verwirklichen aller Wünsche und dem Entsagen aller Wünsche ist die Entsagung vorzuziehen. Denn keiner konnte jemals an das Ende seiner unersättlichen Wünsche gelangen. Nur wer ohne Erkenntnis und Wahrheit ist, fühlt eine Begierde danach, seinen Körper und sein Leben zu beschützen. So gib jedes Verlangen als Handelnder auf!“

Oh liebe Seele, die von der Habgier besessen ist, wende dich zur Stille durch Befreiung von allen Anhaftungen! Immer wieder wurdest du (durch Wünsche und Hoffnungen) getäuscht. Warum hast du dich noch nicht von der Anhaftung befreit? Falls ich nicht den Untergang aus deinen Händen verdiene, und ich ein Ort deiner Seligkeit sein kann, dann, oh glücksuchende Seele, dränge mich nicht weiter zur Habgier! Du hast all deinen gewonnenen Besitz wiederholt verloren. Oh begehrende und unwissende Seele, wann wirst du es schaffen, dich vom Wunsch nach Anhäufung zu befreien? Schande auf meine Narrheit! Dieser Geist ist dein Spielzeug geworden und so kam es, daß ich zum Sklaven von anderen wurde. Kein Erdgeborener ist jemals zum Ende seiner vielen Begierden gelangt, und auch in Zukunft wird das keiner schaffen. Alle Taten gebe ich hin und bin schließlich aus dem Traum erwacht. Jetzt erkenne ich. Zweifellos ist dein Herz aus Stein, oh Begierde, weil es trotz hunderter Qualen immer noch nicht nachgeben wollte. Doch nun kenne ich dich, oh Begierde, und all jene Dinge, die dir so lieb sind. Solange ich suche, was dir lieb ist, werde ich kein wahres Glück finden. Oh Begierde, ich erkenne deine Wurzel. Du entspringst dem ichhaften Willen. Dem entsage ich und zerstöre damit deine Wurzel. Der Wunsch nach Reichtum kann keine Erfüllung bringen. Und wenn er auch erworben wurde, bringt er dem Besitzer unsägliche Angst. Der Verlust von Besitz ist (bitter) wie der Tod und der Erwerb höchst unsicher. Verlieren wir ihn, so erreichen wir das Ziel unserer Wünsche nicht. Was könnte schmerzlicher sein? Gewinnen wir ihn, ist man nie lange damit zufrieden und muß weiter suchen. So endlos wie das süße Wasser der Ganga vergrößert der Reichtum nur das Verlangen. Ich bin untergegangen und jetzt erwacht. Geh hin, oh Begierde! Mögen diese fünf Elemente (Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde), die in diesem Körper Zuflucht genommen haben, gehen, wohin es sein soll, und zufrieden leben, wo auch immer. Ich finde hier keine Freude an euch, solange ihr vom Selbst getrennt der Begierde und Sinneslust folgt. Euch entsagend werde ich zur Qualität der Güte (bzw. zur Wahrheit) Zuflucht nehmen. Alle Wesen in meinem Körper und Geist erkennend, meinen Verstand dem Yoga gewidmet, mein Leben den Belehrungen der Weisen und meine Seele dem Brahman werde ich zufrieden durch die Welt gehen, ohne Anhaftung und Verblendung, so daß du, oh Begierde, mich nie wieder in solche Sorgen tauchen kannst. Für mich, der ich von dir, oh Begierde, so getrieben werde, gibt es keinen anderen Ausweg, denn du bist stets die Quelle von Durst, Sorgen, Erschöpfung und Mühsal.

Ich denke, daß das Leiden beim Verlust von Reichtum stechender und größer als alles andere ist, denn man fürchtet die Geringschätzung der Verwandten und Bekannten. Aber noch schmerzhafter als die zahllosen Erniedrigungen sind die vielen Sünden, die mit dem Eigentum verbunden sind. Dagegen ist das kurze Glück, das im Reichtum wohnt, von Anfang an mit Sorgen vermischt. Mit Vorliebe werden Reiche von Räubern erschlagen, mit verschiedenen Mitteln gequält und leben unter ständiger Angst vor ihnen. Schließlich, nach langer Zeit habe ich verstanden, daß der Wunsch nach Reichtum voller Leiden ist. Was auch immer dein Wunsch ist, oh Begierde, du zwingst mich dazu, dem nachzujagen. Du bist ohne Vernunft und zutiefst verblendet. Du bist unersättlich und kannst nie befriedigt werden. Du brennst wie ein loderndes Feuer und wirst immer heißer, je schwerer das Ziel zu erreichen ist. Wie die Hölle niemals voll wird, so findest auch du keine Erfüllung. Deine Aufgabe ist es, die Menschen in Sorgen zu verstricken. Doch von heute an, oh Begierde, kann ich nicht mehr mit dir leben. Durch die Verzweiflung über den Verlust all meines Eigentums hat sich ein Raum vollkommener Freiheit eröffnet, und ohne Anhaftung gibt es jetzt keinen Gedanken mehr an dich und dein Gefolge. Ich habe wahrlich genügend unter dir gelitten und bin nun aus diesem Traum erwacht. Ohne Eigentum zu sein, ist Entsagung, und ich kann jetzt befreit von jeder Art des Fiebers verweilen. Ich gebe dich hin, oh Begierde, mit allen Leidenschaften dieses Herzens. Du wirst weder Wohnung noch Freude in mir finden. Vergebung sei allen, die mich schmähen oder verleumden. Und werde ich auch selbst verletzt, ich werde keinen verletzen, und den Feindlichen werde ich freundlich begegnen. Voller Zufriedenheit des Herzens und mit gestillten Sinnen, möge ich von dem leben, was mir gegeben wird. Warum sollte ich die Wünsche von einem Feind wie dir befriedigen, oh Begierde?

Freiheit von Anhaftung, Güte, Zufriedenheit, Stille, Wahrheit, Selbstzügelung, Vergebung und alldurchdringendes Mitgefühl sind die Qualitäten, die sich jetzt in mir entfalten. Begierde, Stolz, Neid und Sorgen werden mich auf dem Pfad der Wahrhaftigkeit verlassen. Wenn Begierde und Stolz überwunden sind, wird Seligkeit sein. Ohne die Herrschaft der Habgier weicht das Leiden von mir, welches eine ungereinigte Seele ertragen muß. Soweit man die Begierden auflösen kann, soweit füllt sich dieser Raum mit Seligkeit. Denn wahrlich, solange man von Begierden beherrscht wird, wird das Leiden nie enden. Selbst wenn man seine Leidenschaften aus Begierde abwerfen will, folgt man doch der Qualität der Leidenschaft (dem Rajas). Sorgen, Unvernunft und Unzufriedenheit entstehen aus Begehren und Besitz. Wie man in der Hitze des Sommers in einen kühlen See eintaucht, so bin ich jetzt ins Brahman eingegangen, und jedes Werk ist vollbracht. Vom Leiden erlöst, ist nun reine Glückseligkeit. Das Glück, das aus der Befriedigung eines Wunsches kommt, oder das reinere Glück, das man im Himmel genießt, kommt nicht einem sechzehnten Teil von dem gleich, was aus der Überwindung jeglichen Durstes entsteht. Die Wurzel der Begierde habe ich abgeschlagen, die mit dem Körper eine siebenfache Anhäufung bildet und ein bitterer Feind wird, und so erreiche ich die unsterbliche Stadt von Brahma und werde meine Tage hier glücklich wie ein König verbringen.

Bhishma fuhr fort:
So befreite sich Manki, gestützt auf seine Intelligenz, von den weltlichen Anhaftungen, warf alle Begierden ab und erreichte das Brahman, diese Heimstatt höchster Glückseligkeit. Wahrlich, durch den leidvollen Verlust seiner zwei jungen Stiere gelangte Manki zur Unsterblichkeit. Er schlug die wirklichen Wurzeln der Begierde ab und gewann damit höchste Seligkeit.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter