Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 162 - Über die Wahrhaftigkeit

Yudhishthira sprach:
Brahmanen, Rishis, Ahnen und Götter loben besonders die Aufgabe der Wahrhaftigkeit. Ich wünsche, von der Wahrhaftigkeit zu hören. Belehre mich darüber, oh Großvater! Was sind ihre Eigenschaften, oh König? Wie kann sie erworben werden? Was wird durch Wahrhaftigkeit gewonnen und wie? All das möchte ich erfahren.

Bhishma sprach:
Wie eine Vermischung der Aufgaben der vier Kasten nie gelobt wird, so besteht auch die Aufgabe der Wahrhaftigkeit in einem reinen und unvermischten Zustand. Für alle Rechtschaffenen ist Wahrhaftigkeit eine beständige Aufgabe. Wahrlich, Wahrhaftigkeit ist eine ewige Pflicht. Man sollte sich stets vor der Wahrheit ehrfürchtig verneigen, denn sie ist die höchste Zuflucht (von allen). Wahrhaftigkeit ist Aufgabe, Wahrhaftigkeit ist Entsagung, Wahrhaftigkeit ist Yoga, und Wahrhaftigkeit ist das ewige Brahman. Wahrhaftigkeit gilt als ein Opfer höchster Ordnung. Alles beruht auf Wahrhaftigkeit. Ich werde dir jetzt ihre Formen nacheinander nennen sowie ihre Merkmale in der entsprechenden Reihenfolge und schließlich auch den Weg, wie man Wahrhaftigkeit erwerben kann. Wahrhaftigkeit, oh Bharata, wie sie in der ganzen Welt existiert, erscheint in dreizehn Formen. Diese sind Unparteilichkeit, Selbstkontrolle, Vergebung, Bescheidenheit, Beständigkeit, Gutmütigkeit, Güte, Entsagung, Meditation, Würde, Aufrichtigkeit, Mitgefühl und Gewaltlosigkeit. Oh großer Monarch, dies sind die dreizehn Formen der Wahrhaftigkeit. Wahrhaftigkeit ist unveränderlich, ewig und unvergänglich. Sie kann durch Yoga und alle tugendhaften Methoden erworben werden. Wenn Begehren und Abneigung wie auch Sinneslust und Zorn überwunden werden, wird diese Eigenschaft, wodurch man auf Freund und Feind sowie Ehre und Unehre mit unvoreingenommenen Augen schaut, Unparteilichkeit genannt. Selbstkontrolle besteht in Neidlosigkeit, Geduld, Beständigkeit, Gewaltlosigkeit und wahrer Gesundheit. Selbstkontrolle kann durch Selbsterkenntnis erworben werden. Hingebungsvolle Wohltätigkeit und die Beachtung aller Aufgaben im Leben wird von den Gelehrten Gutmütigkeit genannt. Universale Gutmütigkeit entsteht durch beständige Hingabe zur Wahrhaftigkeit. Vergebung kann man daran erkennen, wenn ein geachteter und guter Mensch sowohl das Angenehme als auch das Unangenehme erdulden kann. Diese Tugend kann durch wahrhaftes Handeln gut erworben werden. Jene Tugend, wodurch ein intelligenter Mensch in Geist und Sprache ruhig wird, viele gute Taten vollbringt aber kein Lob erwartet, wird Bescheidenheit genannt. Sie wird ebenfalls durch wahrhaftes Handeln erworben. Jene Tugend, die zum Wohle der Gerechtigkeit (Dharma) und des Gewinns (Artha) vergeben kann, wird Geduld genannt und ist eine Form der Vergebung. Man erwirbt sie durch Beständigkeit und kann damit die Zuneigung der Menschen gewinnen. Das Loslassen der Anhaftung und aller irdischen Besitztümer wird Entsagung genannt. Entsagung kann nur erworben werden, wenn man ohne Wut und Böswilligkeit ist. Jene Tugend, wodurch man voller Achtsamkeit zum Wohle aller Wesen handelt, wird Güte genannt. Sie hat keine besondere Form und besteht in der Freiheit von jeglicher Ichhaftigkeit. Jene Tugend, wodurch man in Glück und Leid der Gleiche bleibt, wird Standhaftigkeit genannt. Jeder kluge Mensch, der sein Wohl wünscht, sollte diese Tugend stets üben wie auch Vergebung und Hingabe an die Wahrhaftigkeit. Ein Mensch mit Weisheit, der es schafft, Euphorie, Angst und Zorn zu zügeln, wird Standhaftigkeit gewinnen. Das Nichtverletzen aller Wesen in Gedanken, Worten und Taten, Güte und Wohltätigkeit sind die ewigen Aufgaben der Guten. Obwohl diese dreizehn Formen unterschiedlich erscheinen, haben sie doch ein und dasselbe Wesen, nämlich Wahrhaftigkeit. Alle von ihnen, oh Bharata, stützen und stärken die Wahrhaftigkeit einer Person. Es ist praktisch unmöglich, oh Monarch, die Verdienste der Wahrhaftigkeit zu erschöpfen. Aus diesen Gründen loben die Brahmanen, Ahnen und Götter besonders die Wahrhaftigkeit. Es gibt keine Aufgabe im Leben, die höher wäre als die Wahrhaftigkeit und keine schlimmere Sünde, als sich und andere zu belügen. Wahrlich, Wahrhaftigkeit ist das Fundament jeglicher Gerechtigkeit. Deshalb sollte man sie nie verlieren. Aus ihr kommt die Hingabe, das Opfer mit reichen Geschenken, die Agnihotras, die Veden und alles andere, was zur Gerechtigkeit führt. Einst wurden tausend Pferdeopfer und die Wahrhaftigkeit gegeneinander gewogen. Die Wahrhaftigkeit wog immer noch schwerer als tausend Pferdopfer.


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