Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 100 - Über die Mittel zum Erfolg

Yudhishthira fragte:
Sage mir, oh Großvater, wie Könige, die nach Sieg streben, ihre Truppen zum Kampf führen sollten, auch wenn die Frage der Gerechtigkeit oft zweifelhaft ist.

Bhishma sprach:
Einige sagen, daß die Gerechtigkeit ihr Fundament in der Wahrheit hat, manche betrachten die höhere Vernunft als Basis, andere das rechtschaffene Verhalten und wieder andere die Anwendung entsprechender (fairer) Mittel. Ich werde dir jetzt erklären, was die Mittel sind, um unmittelbare Verdienste zu ernten. Man nennt die Menschen Räuber, die alle gesunden Grenzen mißachten und immer wieder das erreichte religiöse Verdienst zerstören. Um ihnen zu widerstehen und sie zurückzuhalten, werde ich dir die Mittel erklären, wie sie in den Schriften dargelegt sind und den Erfolg aller Taten fördern. Beide Arten der Klugheit, die offene und die listige, sollten dem König zu Diensten sein. Doch obwohl er beide kennt, sollte er die listige vermeiden. Er sollte sie nur verwenden, um Gefahren zu widerstehen, die ihn zu überwältigen drohen. Feinde verletzen einen König (zum Beispiel) oft, indem sie Spaltung (unter seinen Ministern, Truppen, Verbündeten oder Untertanen) provozieren. In diesem Fall kann der König, der die Mittel der Täuschung kennt, mit ihrer Hilfe diesen Feinden entgegenwirken.

Für die Zeiten des Krieges sollten das Leder von Elefanten und Rindern, Knochen, Dornen, scharfzackige Waffen aus Eisen, Rüstungen, Yak Schwänze, scharfe und wohlgehärtete Waffen, alle Arten von Rüstungen in gelb und rot, Banner und Standarten verschiedenster Farben, Schwerter, Lanzen, scharfe Säbel, Streitäxte, Speere und Schilder gesammelt, angefertigt und reichlich gelagert werden. Diese Waffen sollten stets wohlgeschärft und die Soldaten voller Mut und Entschlossenheit sein. Es ist angebracht, die Truppen in den Monaten Chaitra oder Agrahayana (April-Mai, November-Dezember) marschieren zu lassen. Das Getreide reift in dieser Zeit, und das Wasser wird auch nicht knapp. Diese Jahreszeit, oh Bharata, ist weder zu kalt noch zu heiß. Deshalb sollten die Truppen in dieser Zeit bewegt werden. Wenn man jedoch erkennt, daß der Feind momentan besonders geschwächt ist, dann sollte man sofort und zu jeder Zeit aufmarschieren. Denn dies ist die beste Gelegenheit, um den Feind zu überwältigen. Es sollten dabei Straßen gewählt werden, die genügend Wasser und Gras am Rand bieten, und die glatt und leicht zu marschieren sind. Die Bereiche in der Nähe der Straßen sollten zuvor durch erfahrene und ortskundige Spione gut erkundet werden. Die Truppen sollten niemals wie Tiere quer durch die Wälder marschieren. Könige, die den Sieg wünschen, mögen gute Straßen benutzen. An der Spitze sollte eine Abteilung tapferer Männer marschieren, die hochgeboren und voller Kraft sind. Bezüglich der Festungen sind jene lobenswürdig, die hohe Mauern, einen Wassergraben auf jeder Seite und nur einen Eingang haben. Wenn der Feind angreift, kann man ihm darin widerstehen. Beim Aufbau eines Lagers ziehen jene, die in Kriegsdingen erfahren sind, einen Ort in Waldnähe einem offenen Feld vor. Das Lager sollte für die Truppen am Waldrand aufgebaut werden. Dieser Ort des Lagers, der Wachschutz aus Fußsoldaten und stetige Kampfbereitschaft sind die Mittel, um Gefahr und Verlust abzuwehren.

Wenn man im Kampf die Sternkonstellation Ursa Major (der große Wagen oder die sieben Rishis Marichi, Atri, Angira, Pulastya, Pulaha, Kratu und Vasishta) hinter sich hat, können die Truppen im Kampf bestehen wie massive Berge. Dadurch kann man sogar Feinde besiegen, die sonst unschlagbar wären. Die Truppen sollten so aufgestellt werden, daß der Wind von hinten kommt und auch die Sonne und der Planet Sukra (Venus) von hinten scheinen. Für einen Sieg ist dabei der Wind wichtiger als die Sonne und die Sonne wichtiger als Sukra, oh Yudhishthira. Im Krieg erfahrene Männer loben den Einsatz der Kavallerie an einem Ort, der nicht schlammig, uneben, von Bächen durchzogen oder voller Steine ist. Ein Feld, das von Sumpf und Löchern frei ist, ist für Wagenkrieger geeignet. Ein Gebiet, das mit Sträuchern und großen Bäumen überwachsen ist oder unter Wasser steht, ist für Elefantenkrieger passend. Ein schwer zugängliches Gelände, das mit großen Bäumen oder Bambusrohr bedeckt, gebirgig oder waldig ist, ist für den Einsatz der Infanterie gut. Eine Armee, oh Bharata, die eine große Infanterie besitzt, wird als besonders stark betrachtet. Eine Armee, in der Wagen und Reiter vorherrschen, gilt als besonders wirksam an heiteren Tagen (ohne Regen). Eine Armee dagegen, in der Fußsoldaten und Elefanten überwiegen, ist in der regnerischen Jahreszeit kraftvoll. All diese verschiedenen Aspekte sollte ein König bezüglich der Eigenschaften von Ort und Zeit achtsam bedenken. Der König, der sich um all diese Bedingungen kümmert und unter einer günstigen Konstellation und einer verheißungsvollen Mondphase aufbricht, wird immer siegreich sein, indem er seine Truppen richtig führt.

Keiner sollte jene töten, die schlafen, durstig oder ermattet sind, deren Rüstung abgefallen ist, die meditieren, fliehen oder sterben, die gerade trinken oder essen, die wahnsinnig oder bewußtlos geworden sind, die schwer verwundet wurden, die Schutz suchen, die bereits in einen anderen Kampf verwickelt sind, die sich vom Kampf zurückziehen, die außerhalb ihres Lagers unterwegs sind, um Nahrung oder Futter zu beschaffen, die das Lager aufbauen oder dort arbeiten, die vor den Toren des Königs oder seinen Ministern warten, sowie die Diener (der Anführer) oder die Verwalter solcher Diener. Diejenigen unter deinen Kriegern, welche die Formation der Feinde zerbrochen oder deine zerschlagenen Truppen neu gesammelt haben, sollten doppelten Sold bekommen, sowie Essen, Trinken und ehrenvolle Sitze, wie es dir gebühren würde. Wenn dieser Krieger zuvor ein Führer von zehn Soldaten war, sollte er zum Führer von hundert ernannt werden. Und wenn dieser achtsame Held bereits ein Führer von hundert Soldaten war, sollte er zum Führer von tausend gemacht werden. Vor der Versammlung der großen Krieger sollte man zu ihnen sprechen:
Laßt uns den Sieg geloben und daß wir uns nie verlassen! Mögen die Feiglinge zu Hause bleiben und auch jene, die aufgrund ihres fehlenden Heldenmutes in der Hitze der Schlacht den Tod ihrer Führer verursachen. Mögen solche Männer erscheinen, die nie aus dem Kampf fliehen oder ihre Kameraden dem Tod überlassen. Denn wer sich selbst beschützt und auch seine Kameraden, der kann zuverlässig den Feind im Kampf besiegen. Die Folgen einer Flucht aus dem Kampf sind Armut, Tod, Schande und Tadel. Unangenehme und schneidende Reden müssen diese Männer ertragen, die aus dem Kampf fliehen, ihre Lippen und Zähne (ihre Würde) verlieren, alle Waffen wegwerfen oder sich vom Feind gefangennehmen lassen. Mögen sich nur die Krieger unserer Feinde so verhalten (aber nicht unsere)! Wer aus dem Kampf flieht, ist ein Lump unter Männern. So einer erhöht nur die Anzahl der Menschen auf Erden. Wahre Männlichkeit hat er weder in dieser noch in der kommenden Welt. Wegen ihm ziehen die siegreichen Feinde, oh Herr, fröhlich dahin, von ihren Barden angesichts der fliehenden Gegner gelobt. Wenn die Feinde im Kampf den Ruhm eines Kriegers zerstören, ist das Elend, daß er dabei fühlt, so denke ich, schlimmer als der Tod selbst. Wisset, daß der Sieg die Wurzel von religiösem Verdienst und allem Glück ist. Was die Feiglinge als größtes Leiden betrachten (Tod und Schmerz), das ertragen die wahren Helden mit Heiterkeit. Mit dem Himmel als Ziel sollten wir nicht am eigenen Leben haften und entschlossen kämpfen, um zu siegen oder zu sterben und ein seliges Ende im Himmel zu erreichen. Mit diesem Schwur und bereit, unser Leben zu opfern, wollen wir Helden mutig gegen die Reihen des Feindes stürmen.

An der Spitze sollte eine Abteilung von Kriegern mit Schwertern und Schildern stehen und an der Rückfront die Abteilung der Kampfwagen. Dazwischen mögen alle anderen Arten der Kämpfer plaziert werden. Das ist die Formation, um den Feind anzugreifen. Dabei sollten die erfahrenen Veteranen in der Armee stets an der Spitze kämpfen. Sie werden ihre Kameraden hinter sich beschützen. Auch alle anderen, die als die Besten an Kraft und Mut gelten, gehören an die vorderste Front. Die von Angst und Sorge Verwirrten mögen damit getröstet und ermutigt werden. Diese schwächeren Kämpfer sollten aber trotzdem auf dem Feld aufgestellt werden, um zumindest dem Feind eine große Armee zu demonstrieren. Wenn die Truppenstärke gering ist, sollten sie den Feind konzentriert an einer Stelle angreifen. Wenn es die Führer dann befehlen, können die Reihen wieder ausgedehnt werden. Wenn eine kleine Zahl von Truppen mit einer großen Armee kämpfen soll, sollte die Formation namens Suchimukha (keilförmig mit spitzem Kopf) gebildet werden. Wenn eine kleine Armee auf eine große trifft, mögen sich die Führer der ersteren mit ihren Kriegern die Hände schütteln und weit hörbar rufen „Der Feind ist gebrochen! Der Feind ist gebrochen!“ Und die Kraftvollen sollten dem Feind widerstehen und ihren Kameraden (zur Motivation) zurufen „Frische Verstärkung ist eingetroffen! Kämpft furchtlos gegen die Feinde!“. Die Besten unter ihnen sollten ihre Kampfschreie ertönen lassen, ihre Muschel- und Kuhhörner blasen und die Trommeln, Becken und Pauken schlagen lassen.


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