Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 88 - Über das Gedeihen eines Königsreiches

Yudhishthira fragte:
Sage mir, oh Großvater, wie sollte sich ein König verhalten, wenn er neben Reichtum noch mehr wünscht?

Bhishma sprach:
Ein König, der nach religiösem Verdienst strebt, sollte sich dem Wohl seiner Untertanen widmen und sie mit Rücksicht auf Ort und Zeit mit seinem ganzen Wissen und seiner Macht beschützen. Er sollte in seinem Herrschaftsgebiet all die Maßnahmen ergreifen, die nach seiner Meinung ihr Wohl, wie auch das seinige sichern. Ein König sollte sein Königreich behandeln, wie man den Honig der fleißigen Bienen sammelt (so daß auch das Volk überleben kann), oder wie man eine Kuh melkt, ohne ihr Euter zu verletzen oder das Kalb hungern zu lassen. Er sollte wie ein Blutegel handeln, der das Blut sanft herauszieht, oder wie eine Tigerin ihre Jungen mit ihren Zähnen trägt, ohne sie zu verletzen, oder wie eine Maus, die trotz ihrer scharfen Zähne die Hufe von schlafenden Tieren so anknabbert, daß sie es kaum merken. Nach und nach sollte ein heranwachsender Untertan belastet und damit sein Gewinn geteilt werden, damit ein faires Gleichgewicht entsteht. Der König sollte die Lasten seiner Untertanen allmählich erhöhen, wie man auch langsam die Belastung eines jungen Ochsen vergrößert. Mit Sorge und Milde handelnd, sollte er ihnen schließlich die Zügel umlegen und schon bald werden sie sich leicht führen lassen. Wahrlich, solche Mittel sollten verwendet werden, um sie gehorsam zu machen. Reine Unterwerfung mit Gewalt kann das nie erreichen. Es ist allerdings unmöglich, sich zu allen Menschen gleich zu verhalten. Deshalb sollte man die Ersten unter ihnen versöhnen, damit sie das restliche Volk führen. Wenn Spaltung unter dem Volk entsteht, das die Lasten tragen soll, sollte der König selbst hervortreten, um sie zu befrieden und dann im Frieden genießen, was sie gemeinsam erschaffen. Der König sollte niemanden mit Steuern belasten, die nicht erträglich sind. Er sollte sie allmählich und versöhnlich zur rechten Zeit und in der rechten Form auferlegen. Diese Methoden, die ich dir erkläre, sind legitime Mittel der Königsherrschaft. Sie gelten nicht als Methoden der Täuschung. Wer versucht, Rosse durch unwürdige Methoden zu zügeln, der macht sie nur wütend. Kneipen, Prostituierte, Zuhälter, Gaukler, Spieler, Betreiber von Spielhöllen und andere Personen dieser Art, welche die Quellen von Unordnung im Staat sind, sollten abgewehrt werden. Wenn sie im Reich wohnen, quälen und erniedrigen sie die nach Tugend strebenden Untertanen.

Keiner sollte irgendetwas von irgend jemandem fordern (an Almosen, Anleihen, Steuern usw.), wenn es nicht nötig ist. Manu selbst hat in alten Zeiten dieses Gebot für alle Menschen aufgestellt. Wenn alle Menschen nur vom Fordern und Betteln lebten und sich der Arbeit enthalten würden, dann müßte diese Welt zweifellos untergehen. Ein König, der solche Menschen nicht zügelt, erntet den vierten Teil ihrer Sünden. Das erklären die Srutis. Deshalb soll sie zügeln und den vierten Teil ihrer Verdienste ernten. Denn wenn das Volk solche Abwege geht, wird der Wohlstand bald verschwinden. Und wie könnte sich ein Mensch, der solcher Begierde verfallen ist, sündigen Taten enthalten? Nur in Notzeiten sollte ein Hausvater andere um etwas bitten. Und wohltätige Menschen, die ihr Mitgefühl zeigen möchten, können der Tugend folgen und ihm das Gewünschte geben. Aber im Grunde sollte es keine Bettler in deinem Königreich geben, noch Räuber, die sich nur das Gute nehmen und keine Wohltätigkeit üben. Laß solche Menschen in deinem Reich wohnen, welche die Interessen der Gemeinschaft fördern, anderen Gutes tun und niemals andere vernichten. Auch jene Beamten, oh König, die von den Untertanen mehr nehmen, als bestimmt wurde, sollten bestraft werden. Du solltest dann andere ernennen, die nur nehmen, was der Ordnung entspricht.

Landwirtschaft, Viehhaltung, Handel und ähnliche Arbeiten sollten auf viele Untertanen nach dem Prinzipien der Arbeitsteilung verteilt werden. Wenn jedoch ein Landwirt, Viehzüchter, Händler oder Handwerker von einem Gefühl der Unsicherheit übermannt wird (aufgrund von Dieben und tyrannischen Beamten), trifft Schande den König. Er sollte vor allem seine einflußreichen Untertanen beachten, sie ehren und zu ihnen sprechen: „Fördert mit mir die Interessen des Volkes!“ Denn in jedem Königreich bilden die Wohlhabenden das Vermögen im Land. Und zweifellos ist ein Wohlhabender ein großes Vorbild. Wer weise, mutig, wohlhabend, einflußreich, rechtschaffen, sparsam, wahrhaftig oder besonders intelligent ist, hilft beim Schutz (seiner Mitmenschen). Aus diesen Gründen, oh Monarch, liebe alle Wesen und zeige selbst die Qualitäten von Wahrheit, Ehrlichkeit, Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit! So solltest du den Stab der Herrschaft ausüben, die Schatzkammer füllen, deine Freunde unterstützen und dein Königreich durch Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit festigen, unterstützt von deinen Freunden, der Schatzkammer, der Armee und deiner Macht!


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter